Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150634/5/Lg/Hu

Linz, 18.05.2008

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des P D, G, R, D, vertreten durch Rechtsanwälte B & K, M, S, D, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 4. Dezember 2007, Zl. BauR96-150-2007, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

I.                  Der Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

II.              Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in der Höhe von 80 Euro zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 16 Abs. 2, 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.     Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 33 Stunden verhängt, weil er am 31. Jänner 2007 um 23.15 Uhr als Lenker eines Lkw mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen und dem behördlichen Kennzeichen die mautpflichtige Innkreisautobahn A8, ABKM 37,400, Gemeinde Weibern, Bezirk Grieskirchen, Oberösterreich, Fahrtrichtung Knoten Voralpenkreuz, benützt habe, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu  haben, obwohl die Benutzung des mautpflichtigen Straßennetzes mit mehrspurigen Fahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut unterliegt. Es wurde festgestellt, dass für das tatgegenständliche Kennzeichen kein Vertrag im Mautsystem hinterlegt war, wodurch die fahrleistungsabhängige Maut nicht entrichtet wurde und derjenige eine Verwaltungsübertretung begeht, wer die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet.

 

2.     In der Berufung wird vorgebracht, dass der Bw (wie bereits mit Schreiben vom 4.9.2007 dargelegt) in der betreffenden Zeit sowohl an der Tankstelle Passau-Suben als auch bei der Tankstelle Haag vergeblich versucht habe, eine funktionsfähige GO-Box zu erwerben, dies aber erst an der darauffolgenden Tankstelle Meggenhofen möglich gewesen sei und ihm auf ausdrückliche Nachfrage versichert worden sei, dass die Verrechnung mit der bereits ohne Maut zurück gelegten Strecke „in Ordnung“ gehe. Obwohl der Bw für diesen Vorgang in dem genannten Schreiben den „zweiten“ Fahrer als Zeugen angegeben habe, sei dieser vor Erlass des Straferkenntnisses weder mündlich noch auf schriftlichem Wege befragt worden. Warum die Befragung des Zeugen unterblieben sei, sei weder im Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 8.10 noch in dem hier gegenständlichen Straferkenntnis vom 4.12.2007 begründet worden. Hierin sei ein Verfahrensfehler zu sehen und das Straferkenntnis hätte nicht ohne Würdigung der angebotenen Zeugenaussage erlassen werden dürfen.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG vom 20.4.2007 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Weiters ist angegeben, dass für das tatgegenständliche Kennzeichen kein Vertrag im Mautsystem hinterlegt sei und dadurch die fahrleistungsabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet worden sei.

Gemäß § 19 Abs.4 BStMG sei der Zulassungsbesitzer am 6.3.2007 schriftlich zur Zahlung der Ersatzmaut aufgefordert worden, dieser Aufforderung sei aber nicht entsprochen worden, da die Ersatzmaut nicht binnen drei Wochen auf dem angegebenen Konto gutgeschrieben worden sei.

 

Der Zulassungsbesitzer benannte am 8.5.2007 den Bw als Lenker des gegenständlichen Kfz zur Tatzeit und gab an, der Bw habe für dieses Fahrzeug eine GO-Box mit der Nr. gekauft und 150 Euro aufgebucht. Weiters legte er die Abrechnung der D E S GmbH + Co KG, den GO-Box Rückgabeschein und den Beleg über die Rückerstattung der Mautwerte in Kopie vor.

 

Nach Strafverfügung vom 12.6.2007 erhob der Bw Einspruch und äußerte sich im Wesentlichen wie in der Berufung und legte Kopien der Rechnung der D E S GmbH + Co KG und des Schreibens der Fa. B betreffend Lenkerauskunft vom 8.5.2007 vor.

 

Einer Stellungnahme der ASFINAG vom 19.7.2007 ist zu entnehmen, dass laut ihren Systemaufzeichnungen zum Tatzeitpunkt keine GO-Box angebracht war, sondern am 1. Februar 2007 um 00.31 Uhr eine solche für das gegenständliche Fahrzeug gelöst wurde und Abbuchungen erst ab 00.38 Uhr am 1.2.2007 stattgefunden haben. Weiters ist festgehalten, dass zum Tatzeitpunkt kein Vertriebsstellenausfall gemeldet wurde. Beilegt sind die Einzelleistungsinformation und zwei Fotos.

 

Vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt, äußerte sich der Bw im Wesentlichen wie in der bisherigen Stellungnahme,  beantragte die Einvernahme des zweiten Fahrers, Herrn D K, sowie die beiden Vertriebsstellen zur Verifizierung des dargestellten Sachverhaltes schriftlich zu befragen. Zusätzlich wird vorgebracht, der Bw sei zu keinem Zeitpunkt mit einer zu zahlenden Ersatzmaut konfrontiert worden, da er dies ansonsten mit seinem Arbeitgeber abgeklärt und keinerlei Eigeninteresse hätte, anfallende Mautgebühren nicht zu bezahlen. Soweit der Arbeitgeber des Bw eine möglicherweise berechtigte Ersatzmaut nicht bezahlt hätte, könne dies nicht zum Schaden des Bw führen. Nachdem die für den betreffenden Zeitabschnitt anfallende Mautgebühr ganz offensichtlich vom Bw ohne Verschulden nicht entrichtet wurde, solle die Angelegenheit mit Ausgleich eines Differenzbetrages seitens des Arbeitgebers des Bw auszugleichen sein.

 

Mit Schreiben vom jeweils 18.9.2007 befragte die Behörde drei Vertriebsstellen im Bereich Suben und eine Vertriebsstelle in Haag bezüglich „Vertriebsstellenausfall (GO-Box)“ im Zeitraum 31.1.2007 – 1.2.2007. Von diesen wurde ein Systemausfall nicht bestätigt bzw. an die ASFINAG rückgewiesen.

 

Eine weitere Aufforderung zur Stellungnahme zum Beweisergebnis blieb unbeantwortet.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.


4.     Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

4.1 Gemäß § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Gemäß Punkt 7.1 der Mautordnung besteht für ordnungsgemäß zum Mautsystem und mit einem zugelassenen Fahrzeuggerät ausgestattete Kraftfahrzeuge die Möglichkeit der Nachzahlung der Maut im Falle einer Nicht- oder Teilentrichtung der geschuldeten Maut, die auf ein technisches Gebrechen des zugelassenen Fahrzeuggerätes oder des Mautsystems, auf einen zu niedrigen Pre-Pay-Kontostand, ein gesperrtes Zahlungsmittel oder die Verwendung einer falschen (zu niedrigen) Kategorie zurückzuführen ist; dies jedoch ausnahmslos nur wenn alle in der Mautordnung näher definierten Bedingungen erfüllt werden.

 

Gemäß § 20 Abs. 2 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis 4.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG wird eine Übertretung gemäß § 20 Abs. 2 BStMG straflos, wenn der Mautschuldner fristgerecht die in der Mautordnung festgesetzte Ersatzmaut bezahlt.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 300 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gem. § 20 zu keiner Betretung, so ist die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft ermächtigt, im Falle einer Verwaltungsübertretung gem. § 20 Abs. 1 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung beruht, im Falle einer Verwaltungsübertretung gem. § 20 Abs. 2 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen drei Wochen ab Ausfertigung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs.4).

 

4.2. Im gegenständlichen Fall steht unbestritten fest, dass der Bw der Lenker des gegenständlichen Kfz war und ihm im Sinne des § 19 Abs. 5 BStMG die Ersatzmaut angeboten worden ist, diesem Angebot jedoch nicht nachgekommen wurde.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat geht im Zweifel von der Richtigkeit der Behauptungen des Bw aus. Demnach war es ihm erst in der Vertriebsstelle Meggenhofen möglich, die GO-Box zu erwerben und erhielt er dort die Auskunft, dass eine Nachentrichtung der Maut nicht erforderlich sei.

Aus rechtlicher Sicht ist dazu festzustellen, dass das Fahrzeug vor Befahren der mautpflichtigen Strecke mit entsprechendem Gerät auszurüsten ist (§ 8 Abs.1 BStMG).

 

Da der Bw die mautpflichtige Strecke ohne entsprechende Ausrüstung (Anbringen der GO-Box) befahren hat, ist der Tatbestand in objektiver Hinsicht verwirklicht. Die allfällige irrtümliche Meinung, dass das Befahren der Autobahn ohne GO-Box bis zu einer Vertriebsstelle, an der eine Go-Box erhältlich ist, zulässig ist, entschuldigt den Bw nicht, da nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch für ausländische Kraftfahrer die Verpflichtung besteht, sich über die Rechtsvorschriften, die er bei der Teilnahme am Straßenverkehr in Österreich zu befolgen hat, ausreichend zu unterrichten (vgl. u.a. VwGH 97/06/0224 v. 18.12.1997).

 

Zum Vorbringen, dass die Nachentrichtung der Maut nicht ermöglicht worden sei, ist festzuhalten, dass die Möglichkeit der Nachentrichtung der Maut die Anmeldung der GO-Box (wieder: vor Benützung der mautpflichtigen Strecke) für das gegenständliche Fahrzeug voraussetzt (Pkt. 7.1. der Mautordnung). An dieser Rechtslage würde selbst eine unrichtige Rechtsauskunft in der Vertriebsstelle nichts ändern.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin die gesetzlich vorgesehene Mindestgeldstrafe (und eine entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde, weshalb die konkreten
Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw unerheblich sind.  Nicht entschuldigend würde eine allenfalls geltend gemachte Unkenntnis der österreichischen Rechtslage wirken, da nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch für ausländische Kraftfahrer die Verpflichtung besteht, sich über die Rechtsvorschriften, die er bei der Teilnahme am Straßenverkehr in Österreich zu befolgen hat, ausreichend zu unterrichten (vgl. u.a. VwGH 97/06/0224 v. 18.12.1997). Mildernd wirkt lediglich die Unbescholtenheit. Überwiegende Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG sind nicht ersichtlich. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt wäre. Insbesondere ist das Verschulden (Rechtsunkenntnis) nicht als geringfügig anzusehen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro (ab 1. Juli 2008: 220 Euro) zu entrichten.

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

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