Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240636/13/BMa/Mu/Se

Linz, 26.05.2008

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung der R M, L, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 3. April 2007, Zl. SanRB96-122-2006, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Geschlechtskrankheiten­gesetz nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 1. April 2008 zu Recht erkannt:

 

 

I.             Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die nach dem Geschlechtskrankheitengesetz verhängte Geldstrafe auf 50 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden) reduziert wird. Im Übrigen wird diese hingegen abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.         Die Kosten für das Verwaltungsverfahren vor der belangten Behörde reduzieren sich auf 5 Euro. Für das Berufungsverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:    § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden: AVG), BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004, iVm §§ 24, 51c und 51e Verwaltungsstraf­gesetz 1991 (im Folgenden: VStG), BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002

zu II.:  §§ 64 und 65 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Bescheid der belangten Behörde wurde über die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe von 70 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden) gemäß § 12 Abs.2 Geschlechtskrank­heitengesetz wegen einer Übertretung der §§ 1 und 7 der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz über die gesundheitliche Überwachung von Personen, die der Prostitution nachgehen, BGBl. Nr. 314/1974 idF BGBl. Nr. 591/1993 iVm § 12 Abs.2 Geschlechtskrankheitengesetz, StGBl. Nr. 152/1945 idF BGBl. Nr. 98/2001, verhängt, weil sie, wie anlässlich einer polizeilichen Kontrolle am 16.12.2006 zwischen 1.20 Uhr und 1.40 Uhr im Bordell "H-B", L, durch Beamte der Polizei­inspektion Leonding dienstlich festgestellt worden sei, an dieser Örtlichkeit nach eigenen Angaben der Prostitution nachgegangen sei und damit gewerbsmäßig sexuelle Handlungen am eigenen Körper geduldet bzw. solche an anderen vorge­nommen habe, ohne sich vor Beginn dieser Tätigkeit sowie regelmäßig im Abstand von einer Woche einer amtsärztlichen Untersuchung auf das Freisein von Geschlechtskrankheiten unterzogen zu haben, da als letzter Eintrag im Gesund­heitsbuch der 28. November 2006 ersichtlich sei.

 

1.2. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Intention des Geschlechtskrankheitengesetzes bzw. der aus diesem abgeleiteten Verordnun­gen sei es, die durch Prostitution entstehenden gesundheitlichen Risiken für Kunden und Prostituierte durch Früherkennung möglichst gering zu halten und insbesondere die weitere Verbreitung solcher Krankheiten zu verhindern. Dazu würden entsprechende amtsärztliche Untersuchungen vor Beginn der Tätigkeit dienen. Weil diesem Erfordernis nicht oder nicht vollständig nachgekommen worden sei, handle es sich um eine wesentliche Verletzung des gesetzlich geforderten Standards bzw. der zu schützenden Interessen.

Im Zuge der Strafbemessung sei erschwerend zu werten gewesen, dass die Bw der regelmäßigen Folgeuntersuchung einmal überhaupt nicht (nämlich auch nicht durch einen Facharzt) und einmal nicht ohne amtsärztliche Dokumentation nachgekommen sei.

Die Übertretung sei vorsätzlich begangen worden, dies ergebe sich aus der Stellungnahme der Bw, den wiederholten Kontrollen (bei denen die gesetzliche Lage angesprochen worden sei) sowie dem Umstand, dass sie sich als einschlägig Erwerbstätige vor Beginn der Tätigkeit mit den gesetzlichen Erfordernissen auseinandersetzen hätte müssen.

Zu ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen habe die Bw keine Angaben gemacht, es sei davon ausgegangen worden, dass sie kein relevantes Vermögen besitze und das monatliche Einkommen aus der Prostitutionstätigkeit jedenfalls 2.500 Euro betrage. Die Bw habe die Behauptung, Unterhalts- und/oder Sorgepflichten zu haben, nicht belegt. Das geschätzte Einkommen sei aber jedenfalls so hoch, dass damit der Pflegeaufwand für die in Tschechien aufwachsenden Kinder problemlos geleistet werden könne. Die im Spruch genannten Strafbeträge seien nach Ansicht der Behörde unbedingt erforderlich und auch ausreichend, die Bw von weiteren gleichartigen Übertretungen abzuhalten.

 

1.3. Gegen dieses Straferkenntnis, das der Bw am 26. April 2007 zugestellt wurde, richtet sich die vorliegende am 30. April 2007 – und damit rechtzeitig – unmittelbar bei der belangten Behörde eingebrachte Berufung.

 

1.4. Darin bringt die Bw vor, dass bereits vor Erlassung des Straferkenntnisses die Gründe für das Fehlen des Stempels (gemeint: der Eintragung im Gesundheitsbuch) der belangten Behörde mitgeteilt worden seien. Dass sie nun doch bestraft worden sei, obwohl sie ärztlich untersucht worden sei, finde sie ungerecht, da ihr aus erklärbaren Gründen nur der Stempel im Gesundheitsbuch fehle. Sie sei der Meinung, sie hätte die gleiche Strafe bekommen, wäre sie nicht beim Arzt gewesen.

Abschließend wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft von Linz-Land zu SanRB96-122-2006 und am

1. April 2008 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt.

 

Zu dieser Verhandlung ist trotz ordnungsgemäßer Ladung keine der Parteien erschienen, sodass der gesamte Akt verlesen wurde.

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Folgender rechtlich relevanter Sachverhalt wird festgestellt:

Im Zuge der von der PI Leonding am 16. Dezember 2006 zwischen 1.20 Uhr und 1.40 Uhr durchgeführten Kontrolle des bordellmäßig geführten Betriebes "H-B" in der L, wurde festgestellt, dass R M als Prostituierte in dieser Bar seit längerer Zeit arbeitete. Als letzter Eintrag in ihrem Gesundheitsbuch scheint der 28. November 2006 auf.

Nachdem die Bw gegen die Strafverfügung des Bezirkshauptmanns von Linz-Land vom 20. Dezember 2006, SanRB69-122-2006, Einspruch erhoben hatte, wurde das ordentliche Ermittlungsverfahren eingeleitet. Ein Vertreter der Bw gab an, R M habe sich am 15. Dezember 2006 (gemeint: 14. Dezember 2006, Donnerstag Nachmittag) beim Facharzt auf das Freisein von Geschlechtskrankheiten untersuchen lassen. Frau M sei unterhaltspflichtig für drei Kinder im Alter von 10, 13 und 17 Jahren, der Vater zahle keinen Unterhalt.

Es wurde eine Bestätigung über durchgeführte Untersuchungen, gezeichnet von Dr. J T, FA f. Gynäkologie und Geburtshilfe, vorgelegt, aus der hervorgeht, dass sich die Bw einer Untersuchung am 14. Dezember 2006 unterzogen hatte.

Aus einem Aktenvermerk eines Bearbeiters der belangten Behörde geht hervor, dass die Amtsärztinnen hinsichtlich der nach AIDS- und Geschlechtskrankheitengesetz vorgeschriebenen Untersuchungen über den fachärztlichen Befund hinaus keine weiteren Untersuchungen durchführen würden, das persönliche Erscheinen der Prostituierten sei, abgesehen von der Erstbeantragung des Gesundheitsbuchs, hiebei nicht erforderlich.

Negative Folgen der Unterlassung der Eintragung der Untersuchung sind keine zutage getreten.

Entgegen dem von der belangten Behörde angenommenen Verschuldensgrad von vorsätzlichem Handeln ist im konkreten Fall von Fahrlässigkeit auszugehen, weil die Bw glaubhaft vorgebracht hat, sie habe den Modus der Eintragung im Gesundheitsbuch bereits seit längerer Zeit praktiziert und dies habe noch zu keinen Beanstandungen geführt.

Mangels entsprechender Aufzeichnungen im Vorlageakt ist von der absoluten verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit der Bw auszugehen.

 

3.2. Der festgestellte Sachverhalt wird von der Bw nicht bestritten. Das Anführen in der Berufung, "mir fehlte aus erklärbaren Gründen bloß der Stempel im Gesundheitsbuch", zielt auf Angaben ab, wonach sie in ihrem Einspruch vom 5. Jänner 2007 angegeben hatte, sie sei am 14. Dezember 2006 nachweislich bei Dr. T in Traun zur Kontrolle gewesen und fahre normalerweise jeden Montag zur Bezirkshauptmannschaft, um sich den Stempel ins Buch geben zu lassen. Sie habe nicht bis Freitag 12.00 Uhr zur Bezirkshauptmannschaft kommen können, weil sie am Donnerstag nach der Kontrolle bis 6 Uhr morgens gearbeitet und daher am Vormittag geschlafen habe.

 

3.3. In rechtlicher Hinsicht hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.3.1. Zu den rechtlich relevanten Vorschriften des § 12 Abs.2 Geschlechtskrankheitengesetz, § 1 der Verordnung des Bundesministeriums für Gesundheit und Umweltschutz über die gesundheitliche Überwachung von Personen, die der Prostitution nachgehen und § 7 der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz über die gesundheitliche Überwachung von Personen, die der Prostitution nachgehen, wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf das bekämpfte Straferkenntnis verwiesen.

 

Weil bei der Kontrolle am 16. Dezember 2006 als letzter Eintrag im Gesundheitsbuch der Berufungswerberin der 28. November 2006 aufscheint, hat sich die Bw nicht regelmäßig im Abstand einer Woche einer amtsärztlichen Untersuchung auf das Freisein von Geschlechtskrankheiten unterzogen, obwohl sie unstrittig der Prostitution nachgegangen war.

Damit hat sie das Tatbild der ihr vorgeworfenen Rechtsnorm erfüllt.

 

3.3.2. Bei den Verwaltungsübertretungen handelt es sich um Ungehorsamsdelikte im Sinne des § 5 Abs.1 VStG. Bei diesen Delikten besteht nach § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG die Rechtsvermutung für das Verschulden (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters. Bestreitet er dieses, so hat er nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes initiativ alles darzutun, was für seine Entlastung spricht, insbesondere, dass er solche Maßnahmen getroffen habe, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen mit Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften erwarten ließen. Ansonsten wäre er selbst dann strafbar, wenn die Verstöße ohne sein Wissen und ohne seinen Willen begangen wurden (vgl. das Erkenntnis vom 27. Februar 1995, Zl.90/10/0078 und vom 6. Mai 1996, Zl. 94/10/0116).

 

Die Bw hat glaubhaft dargetan, dass sie in der Vergangenheit Untersuchungen durchgeführt hat und diese im Gesundheitsbuch eintragen hat lassen. Abgesehen davon, dass die durchgeführte Untersuchung am 14. Dezember 2006 mehr als eine Woche nach dem letzten Eintrag im Gesundheitsbuch vom 28. November 2006 erfolgte, gab die Bw bereits in ihrer ersten Vernehmung vor der Polizei Leonding an, vergessen zu haben, die Eintragung bei der Behörde zu tätigen. Auch aus ihrem Einspruch vom 5. Jänner 2007 geht hervor, dass sie aus Müdigkeit, nachdem sie nach der Untersuchung am Donnerstag Nachmittag bis Freitag 6 Uhr morgens gearbeitet hatte, nicht bis 12 Uhr zur Bezirkshauptmannschaft Linz-Land gefahren war, um den Eintrag vornehmen zu lassen.

Es ist ihr aber vorwerfbar, dass sie, obwohl sie die Tätigkeit einer Prostituierten ausgeübt hat, sich nicht über die rechtlichen Bestimmungen erkundigt hat, dass sie sich regelmäßig im Abstand von einer Woche einer amtsärztlichen Untersuchung auf das Freisein von Geschlechtskrankheiten zu unterziehen habe. Die bloße Untersuchung bei einem Facharzt ist in dem Zusammenhang nicht ausreichend.

 

Ihre Strafbarkeit ist daher gegeben.

 

3.3.3. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folge nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

Der Strafrahmen der Geldstrafe des § 12 Abs.2 des Geschlechtskrankheiten-gesetzes und §§ 1 und 7 der Verordnung über die gesundheitliche Überwachung von Personen, die der Prostitution nachgehen, beträgt bis zu 70 Euro.

 

Hinsichtlich der verhängten Strafe ist die Bw darauf hinzuweisen, dass deren höhenmäßige Festsetzung eine Ermessensentscheidung der Strafbehörde darstellt, die sie unter Bedachtnahme auf die objektiven und subjektiven Strafzumessungskriterien des § 19 vorzunehmen hat. Die Behörde erster Instanz hat bei der Strafbemessung eine Schätzung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse vorgenommen, die auch diesem Erkenntnis zu Grunde gelegt wird, weil die Bw kein konkretes Vorbringen dagegen erstattet hat.

 

Die Bw hat sich einer fachärztlichen Untersuchung unterzogen, diese jedoch nicht in ihr Gesundheitsbuch eintragen lassen. Bei ihrer Ermessensentscheidung hat die erstinstanzliche Strafbehörde außer Acht gelassen, dass die Nichteintragung der Untersuchungen in das Gesundheitsbuch keine negativen Folgen nach sich gezogen hat.

Im Hinblick auf den geringen Verschuldensgrad und die Folgenlosigkeit der Straftat sowie die absolute verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit der Rechtsmittelwerberin konnte die Herabsetzung der verhängten Geldstrafen auf die nunmehrige Höhe vorgenommen werden. Der Oö. Verwaltungssenat hält die nunmehr verhängte Geldstrafe für ausreichend, um die Bw in Hinkunft von gleichartigen Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

Eine Anpassung der Ersatzfreiheitsstrafe prozentuell an die Strafbemessung der Geldstrafe konnte wegen des Verbots der reformatio in peius ( § 51 Abs. 6 VStG) nicht erfolgen, war doch die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe nicht in Relation zur verhängten Geldstrafe festgesetzt, sondern sehr milde bemessen, sodass die verhängten 72 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe auch noch nicht in Relation zur herabgesetzten Geldstrafe stehend bemessen sind. 

 

4. Gemäß § 64 Abs.2 VStG waren die Kosten für das Verfahren vor der Behörde erster Instanz mit 10% der verhängten Geldstrafe, das sind 5 Euro zu bemessen. Für das Berufungsverfahren war kein Kostenbeitrag vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. Bergmayr-Mann

 

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