Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150624/2/Bm/Hue

Linz, 28.05.2008

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des M S, G, M, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 6. November 2007, Zl. BG-BauR-7148-2007e Ma, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

I.                  Die Berufung wird dem Grunde nach abgewiesen. Die Geldstrafe wird auf 200 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 17 Stunden herabgesetzt. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses ist dahingehend zu korrigieren, dass nach der Wortfolge "ohne dass die für die Benützung von Autobahnen vorgeschriebene fahrleistungsabhängige Maut" und vor den Wörtern "entrichtet wurde" das Wort "ordnungsgemäß" eingefügt wird.

II.              Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten. Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich auf 20 Euro.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 16 Abs.2, 19, 20, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.     Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden verhängt, weil er am 11. Juni 2007 gegen 15.44 Uhr als Lenker eines Kfz über 3,5 t und dem behördlichen Kennzeichen  die A25, Mautabschnitt Wels ÖBB-Terminal Wels bis zu km 14.58 benützt habe, ohne dass die für die Benützung von Autobahnen vorgeschriebene fahrleistungsabhängige Maut entrichtet worden sei. Die Achsenzahl des Kraftfahrzeuges (4) sei höher gewesen als die mit 2 eingestellte Kategorie/Achsenzahl am Fahrzeuggerät.

 

2.     In der Berufung brachte der Bw vor, dass er die GO-Box vom Händler voreingestellt übernommen habe und dem Bw gesagt worden sei, dass er keinerlei Umstellungen vorzunehmen hätte. Erst durch das erste Ersatzmautangebot sei dem Bw nach telefonischer Nachfrage mitgeteilt worden, dass die GO-Box doch noch einmal umgestellt hätte werden müssen. Dies sei vom Händler jedoch nicht erläutert worden. Der Arbeitgeber des Bw hätte die "Ersatzmaut-Kosten" überwiesen. Eine weitere Bezahlung sei aufgrund der finanziellen Lage des Bw nicht mehr möglich, weshalb um Verzicht der Forderung "auf kulanter Basis" gebeten wird.

 

3. Der Magistrat Wels hat die Berufung samt bezughabenden Verfahrensakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Auf die Durchführung einer Berufungsverhandlung konnte gem. § 51e VStG verzichtet werden.  

 

4.1 Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG vom 20. August 2007 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Als Beanstandungsgrund ist angegeben, dass die Achsenzahl des Kraftfahrzeuges mit 4 höher gewesen sei als die mit 2 eingestellte Kategorie/Achsenzahl am Fahrzeuggerät. Gem. § 19 Abs. 4 BStMG sei dem Zulassungsbesitzer am 19. Juni 2007 die Ersatzmaut angeboten, diesem Angebot jedoch nicht (zeitgerecht) entsprochen worden. 

 

Nach Strafverfügung vom 14. September 2007 äußerte sich der Bw wie in der später eingebrachten Berufung. Als Beilage ist die Kopie einer Sammelrechnung des "GO-Service-Teams" mit einer Auflistung von 12 Ersatzmautforderungen, welche mit dem Vermerk "nicht ordnungsgemäß bezahlt" versehen sind,  angeschlossen.

 

Einer ergänzenden Stellungnahme der ASFINAG vom 10. Oktober 2007, in der auf die Mitwirkungspflicht des Fahrzeuglenkers und auf die bestehende Rechtslage hingewiesen wird, sind zwei Beweisbilder und eine Einzelleistungsinformation vom Tattag angeschlossen. Weiters erging der Hinweis, dass die Ersatzmauten verspätet einbezahlt und somit dem Konto der ASFINAG erst am 26. September 2007 gutgeschrieben worden seien, weshalb eine Rücküberweisung erfolgt sei.  

 

Diese ASFINAG-Stellungnahme wurde dem Bw im Rahmen einer "Aufforderung zur Rechtfertigung" vom 16. Oktober 2007 zur Kenntnis gebracht.

 

Dazu äußerte sich der Bw wie bisher bzw. wie in der später eingebrachten Berufung.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.  

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

5.1 Gemäß § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten. Die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft hat zur Mautabwicklung eine in Artikel 2 der Richtlinie 2004/52/EG genannte Technik zu nutzen.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Gemäß § 8 Abs. 2 BStMG haben sich Lenker bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden.

 

Punkt 8.2.2 der Mautordnung besagt, dass bei Ausgabe der GO-Box eine Basiskategorie entsprechend der vorhandenen Achsenanzahl des mautpflichtigen Kraftfahrzeuges eingestellt wird (die Basiskategorie stellt die Untergrenze für eine manuelle Umstellung durch den Nutzer dar). Der Kraftzeuglenker hat vor jedem Fahrtantritt die Kategorie entsprechend Punkt 8.2.4.2 zu überprüfen.

 

Nach Punkt 8.2.4.2 der Mautordnung hat sich der Nutzer vor dem Befahren des mautpflichtigen Straßennetzes über die Funktionstüchtigkeit der GO-Box durch einmaliges Drücken (kürzer als zwei Sekunden) der Bedientaste zu vergewissern (Statusabfrage). Diese Überprüfungspflicht umfasst jedenfalls auch die korrekte Deklarierung und Einstellung der Kategorie gemäß Punkt 8.2.2.

 

Gemäß Punkt 7.1 der Mautordnung besteht für ordnungsgemäß zum Mautsystem und mit einem zugelassenen Fahrzeuggerät ausgestattete Kraftfahrzeuge die Möglichkeit der Nachzahlung der Maut im Falle einer Nicht- oder Teilentrichtung der geschuldeten Maut, die auf ein technisches Gebrechen des zugelassenen Fahrzeuggerätes oder des Mautsystems, auf einen zu niedrigen Pre-Pay-Kontostand, ein gesperrtes Zahlungsmittel oder die Verwendung einer falschen (zu niedrigen) Kategorie zurückzuführen ist; dies jedoch ausnahmslos nur wenn alle in der Mautordnung näher definierten Bedingungen erfüllt werden.

 

Gemäß § 20 Abs. 2 BStMG begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis zu 4.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG werden Übertretungen gem. Abs.1 und Abs.2 straflos, wenn der Mautschuldner fristgerecht die in der Mautordnung festgesetzte Ersatzmaut zahlt.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 300 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gem. § 20 zu keiner Betretung, so ist die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft ermächtigt, im Falle einer Verwaltungsübertretung gem. § 20 Abs. 1 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung beruht, im Falle einer Verwaltungsübertretung gem. § 20 Abs. 2 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen drei Wochen ab Ausfertigung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs. 4).

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht (Abs.6).

 

5.2. Im gegenständlichen Fall steht unbestritten fest, dass der Bw eine Mautstrecke ohne ordnungsgemäße Mautentrichtung (nämlich mit falsch eingestellter Achsenzahl bei der GO-Box) benützt hat. Unstrittig ist ferner, dass gem. § 19 Abs. 4 BStMG die Zahlung einer Ersatzmaut angeboten worden ist.

 

Der Bw vermeint, dass der GO-Box-Händler die Kategorie/Achsenzahl bei der GO-Box voreingestellt bzw. der Bw moniert, dass der GO-Box-Händler ihn nicht auf die Verpflichtung zur Kontrolle der eingestellten Kategorie vor jeder Fahrt auf einer Mautstrecke aufmerksam gemacht habe. Dazu ist zu entgegnen, dass es dem GO-Box-Händler lediglich möglich ist, die Basiskategorie gem. Punkt 8.2.2 der Mautordnung einzustellen und der Bw als Lenker dazu verpflichtet ist, sich in eigener Verantwortung mit den rechtlichen und faktischen Voraussetzungen der legalen Benützung mautpflichtiger Strecken, insbesondere über die Gebrauchsvorschriften für die GO-Box, auf geeignete Weise vertraut zu machen.

Unbeschadet der vorherigen Ausführungen ergeht der Hinweis, dass jeder GO-Box eine Gebrauchsanweisung ("GO-Box Guide") beiliegt, welche u.a. über die Notwendigkeit der Einstellung der Kategorie bei der GO-Box Auskunft gibt.   

 

Der Bw bringt vor, dass vom Arbeitgeber (Zulassungsbesitzer) die Ersatzmaut einbezahlt worden sei. Dazu ist festzuhalten, dass der Zulassungsbesitzer – unbestritten – am 19. Juni 2007 zur Zahlung der Ersatzmaut aufgefordert worden ist. Diese Ersatzmaut wurde dem Konto der ASFINAG jedoch erst am
26. September 2007 gutgeschrieben, wodurch die gesetzlich vorgesehene dreiwöchige Frist für die Bezahlung der Ersatzmaut (gerechnet ab Ausfertigung am 19. Juni 2007) offensichtlich (wesentlich) überschritten wurde, weshalb die Geldbeträge von der ASFINAG zurück überwiesen worden sind. Dieses Fristversäumnis ließ den Strafausschließungsgrund der (rechtzeitigen) Ersatzmautentrichtung nicht zustande kommen.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass weder dem Fahrzeuglenker noch dem Zulassungsbesitzer das Recht auf Übermittlung einer Aufforderung zur Zahlung einer Ersatzmaut zukommt (idS klarstellend die EB, 1262 Blg. NR 22. GP, S. 5, iVm § 19 Abs. 6 BStMG).

 

Dem Bw ist deshalb vorzuwerfen, dass er seinen Pflichten als Fahrzeuglenker nicht nachgekommen ist, da er vor Befahren einer mautpflichtigen Strecke die geänderte Achsenzahl nicht korrekt umgestellt hat bzw. er seiner Verpflichtung zur Überprüfung der eingestellten Kategorie bei der GO-Box iSd Punktes 8.2.2 der Mautordnung vor Beginn jeder Fahrt nicht nachgekommen ist, weshalb es zur Verwaltungsübertretung gekommen ist.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und – da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Nicht entschuldigend würde eine allenfalls geltend gemachte Unkenntnis der österreichischen Rechtslage wirken, da nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch für ausländische Kraftfahrer die Verpflichtung besteht, sich über die Rechtsvorschriften, die er bei der Teilnahme am Straßenverkehr in Österreich zu befolgen hat, ausreichend zu unterrichten (vgl. u.a. VwGH 97/06/0224 v. 18.12.1997). Im Zweifel ist zugunsten des Bw von Fahrlässigkeit auszugehen, nämlich in dem Sinne, dass er übersehen hat, die eingestellte Achsenzahl vor jedem Befahren einer Mautstrecke zu überprüfen, korrekt umzustellen bzw. er verabsäumt hat sich (ausreichend) über die rechtlichen Vorschriften zu informieren.

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass ohnehin die gesetzliche Mindestgeldstrafe (und eine entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde, weshalb die konkreten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw unerheblich sind. Die gesetzliche Mindeststrafe ist aus dem bloßen Grund einer schlechten finanziellen Situation des Bw nicht unterschreitbar. Mitbestimmend für die Angemessenheit der Verhängung der Mindeststrafe ist die fahrlässige Begehungsweise. Im Hinblick jedoch darauf, dass zur Unbescholtenheit und dem Tatsachengeständnis als weiterer Milderungsgrund die wenigstens teilweise Mautentrichtung tritt (ein Umstand, der auch nach der Mautordnung die Höhe der Ersatzmaut beeinflusst und regelmäßig zum Aufgriff der Täter führt), erscheint es vertretbar unter Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechts (§ 20 VStG) die Strafe auf die Hälfte herabzusetzen, zumal aktenkundig ist, dass – wenn auch wesentlich verspätet und damit untauglich – versucht wurde, die Ersatzmaut einzuzahlen. Die Tat bleibt aber nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt wäre. Der Schuldgehalt in Form der Nichtüberprüfung der eingestellten Kategorie bei der GO-Box ist nicht als geringfügig einzustufen, da die Vorsorge für die korrekte Einstellung der GO-Box im gegebenen Zusammenhang die zentrale Lenkerpflicht darstellt.

Da der Straftatbestand des § 20 Abs. 2 BStMG auf eine nicht ordnungsgemäß entrichtete Maut abstellt, war der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses im Hinblick auf § 44a VStG entsprechend zu ergänzen, zumal in der noch innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist ergangenen "Aufforderung zur Rechtfertigung" vom 16. Oktober 2007 der Tatvorwurf im korrekten Umfang umschrieben wurde.

Es war deshalb spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro (ab 1. Juli 2008:
220 Euro) zu entrichten.

Mag. Michaela Bismaier

 

 

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