Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163018/12/Zo/Jo

Linz, 20.05.2008

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn S G, geb. , F, vom 10.03.2008 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 21.02.2008, Zl. VerkR96-5502-2007, wegen einer Übertretung der StVO nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 13.05.2008 zu Recht erkannt:

 

I.                   Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.                 Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 45 Abs.1 Z1 VStG;

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 01.08.2007 um 08.15 Uhr auf der B127 bei Strkm. 3,7, stadteinwärts fahrend, den Fahrstreifen gewechselt habe, ohne sich davon zu überzeugen, dass dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist.


 

Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 11 Abs.1 StVO begangen, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 80 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe 32 Stunden, verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 8 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber aus, dass durch sein Fahrverhalten der Anzeiger nicht gefährdet oder behindert worden sei. Es sei nicht wahr, dass er die Fahrspur gewechselt habe, ohne sich zu überzeugen. Der Sicherheitsabstand zwischen den Fahrzeugen sei immer ausreichend groß gewesen. Er fahre ein sehr kleines KFZ, weshalb er aus Sicherheitsgründen einen vorausschauenden und überlegten Fahrstil an den Tag lege. Es habe damals aufgelockerter Kolonnenverkehr mit einer Geschwindigkeit zwischen 80 und 90 km/h geherrscht, der Anzeiger sei mit 70 km/h auf der linken Fahrspur gefahren.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Urfahr-Umgebung hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 13.05.2008. An dieser hat der Berufungswerber teilgenommen und es wurde der Anzeiger, Herr M G als Zeuge vernommen.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Sowohl der Zeuge G als auch der Berufungswerber lenkten zur Vorfallszeit ihre Fahrzeuge auf der B127 in Fahrtrichtung stadteinwärts. Die B127 weist in diesem Bereich eine Busspur sowie zwei Fahrstreifen in Fahrtrichtung stadteinwärts auf. Diese beiden Fahrstreifen verengen sich in weiterer Folge ungefähr bei km 3,6 auf einen Fahrstreifen, wobei bereits einige Zeit vorher, ca. bei km 4 eine 70 km/h-Beschränkung beginnt. Vorher beträgt die erlaubte Höchstgeschwindigkeit 100 km/h.

 

Die Schilderungen des Vorfalles, der dem Berufungswerber vorgeworfen wird, weichen stark voneinander ab. Der Zeuge G behauptete in seiner Anzeige vom 01.08.2007, dass er sich im Bereich der Urfahrwänd auf dem äußerst linken Fahrstreifen befunden habe und ganz überraschend vom Angezeigten rechts überholt und stark geschnitten worden sei. Der Angezeigte habe unmittelbar vor ihm die Spur auf seinen Fahrstreifen gewechselt, sodass er stark habe abbremsen müssen. Durch dieses Manöver habe er sich gefährdet gefühlt, weshalb er die Anzeige erstatte. Der Angezeigte habe kurz darauf einen anderen PKW-Lenker auf der rechten Spur geschnitten. In dieser Anzeige sind keine nachprüfbaren Angaben bezüglich des genauen Vorfallsortes enthalten und Angaben zur erlaubten Höchstgeschwindigkeit bzw. zu der vom Zeugen eingehaltenen Geschwindigkeit fehlen zur Gänze. In seiner Zeugenaussage vom 18.01.2008 verwies der Zeuge wiederum auf diese Anzeige und führte ergänzend aus, dass auf beiden Fahrspuren aufgelockerter Kolonnenverkehr geherrscht habe und er mit ca. 80 bis 90 km/h gefahren sei. Der Angezeigte habe immer wieder von links nach rechts und zurück gewechselt. In der mündlichen Berufungsverhandlung konnte sich der Zeuge nur noch grob an den Vorfall erinnern, was aufgrund der seither verstrichenen Zeit gut verständlich ist. Er gab dabei an, dass sich der Vorfall jedenfalls bereits in der 70 km/h-Beschränkung ereignet habe und er mit einer Geschwindigkeit von ungefähr 60 bis maximal 70 km/h gefahren sei. Den Angezeigten habe er erst gesehen, als dieser schon rechts neben ihm gewesen sei, dieser sei deutlich schneller als er gewesen und habe sich knapp vor ihm wieder auf den linken Fahrstreifen gezwängt. Deshalb habe er sein Fahrzeug stark abbremsen müssen und er habe sich gefährdet gefühlt.

 

Der Berufungswerber schilderte den Vorfall im gesamten erstinstanzlichen Verfahren und in der mündlichen Berufungsverhandlung im Wesentlichen gleichbleibend. Er sei auf dem linken Fahrstreifen unter Einhaltung des Tempolimits gefahren, wobei er auf ein langsamer fahrendes Fahrzeug auf dem linken Fahrstreifen aufgelaufen sei. Dieses Fahrzeug habe keine Anstalten gemacht, auf den rechten Fahrstreifen zu wechseln, obwohl dort genügend Platz gewesen sei. Er habe deshalb auf den rechten Fahrstreifen gewechselt und sei mit etwa gleichbleibender Geschwindigkeit an dem auf dem linken Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug vorbeigefahren. Vor diesem Fahrzeug habe er dann wieder auf die linke Spur gewechselt. Dabei habe er einen ausreichenden Sicherheitsabstand eingehalten, er habe die beiden Fahrstreifenwechsel auch mit dem Blinker angezeigt. Er sei auf dem linken Fahrstreifen mit gleichbleibender Geschwindigkeit weitergefahren. Seine Geschwindigkeit habe während der gesamten Zeit ca. 80 bis 90 km/h betragen, der Vorfall habe sich jedenfalls noch deutlich vor der 70 km/h-Beschränkung ereignet.

 

4.2. Dazu ist in freier Beweiswürdigung Folgendes festzuhalten:

 

Es ist bereits unklar, wo genau sich der gegenständliche Vorfall ereignet hat, entsprechend den Angaben in der Anzeige bei km 3,7 und damit bereits im Bereich der 70 km/h-Beschränkung, nur noch ca. 100 m vor jener Stelle, wo sich die beiden Fahrstreifen auf einen verengen. Andererseits behauptet der Berufungswerber während des gesamten Verfahrens, dass sich der Vorfall bereits früher, nämlich noch in jenem Bereich ohne Geschwindigkeitsbeschränkung ereignet hat. Dazu passt die Angabe des Zeugen in seiner Einvernahme vom 18.01.2008, wonach er eine Geschwindigkeit von ca. 80 bis 90 km/h eingehalten habe. Diese Aussage steht in einem klaren Widerspruch zu seinen sonstigen Angaben und insbesondere zu seinen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung, wonach sich der Vorfall bereits innerhalb der 70 km/h-Beschränkung ereignet hätte und er mit einer Geschwindigkeit von 60 bis 70 km/h gefahren sei. Es verbleiben also doch Zweifel an den Angaben des Zeugen, wobei auch noch zu berücksichtigen ist, dass der Berufungswerber nach diesem – aus Sicht des Zeugen gefährlichen – Fahrstreifenwechsel nach den Angaben des Zeugen noch einen weiteren Fahrstreifenwechsel nach rechts durchgeführt haben soll, um schneller voranzukommen. Hätte sich der Vorfall tatsächlich erst bei km 3,7, also kurz vor der Fahrbahnverengung ereignet, so wäre dieser weitere Fahrstreifenwechsel des Berufungswerbers nicht mehr sinnvoll.

 

Weiters ist anzuführen, dass der Berufungswerber nach dem Wechsel auf den linken Fahrstreifen jedenfalls seine Geschwindigkeit nicht verringert hat. Dies hat auch der Anzeiger nie behauptet. Nachdem der Berufungswerber aber nach den übereinstimmenden Angaben schneller gefahren ist als der Anzeiger, muss sich der Abstand zwischen den beiden Fahrzeugen ohnedies rasch erhöht haben, sodass – objektiv gesehen – für den Anzeiger kein vernünftiger Grund bestand, sein Fahrzeug stark abzubremsen.

 

Der Anzeiger ist durch den Fahrstreifenwechsel des Berufungswerbers erschrocken, was dafür spricht, dass dieser Fahrstreifenwechsel tatsächlich sehr knapp gewesen ist. Andererseits darf nicht übersehen werden, dass der Anzeiger nach seinen eigenen Angaben auf dem linken Fahrstreifen gefahren ist und dabei die erlaubte Höchstgeschwindigkeit nicht eingehalten hat. Unter diesen Umständen musste er damit rechnen, dass sich von hinten schnellere Fahrzeuge nähern, weshalb er den nachkommenden Verkehr im Rückspiegel hätte beobachten müssen. Dies hat er offenbar nicht gemacht, weil er sonst den Angezeigten früher wahrgenommen hätte. Er hat ihn eben erst gesehen, als sich dieser bereits auf gleicher Höhe mit ihm befand und dann unmittelbar vor ihm auf den linken Fahrstreifen gewechselt hat. Dadurch ist er erschrocken, was gut nachvollziehbar ist, wobei es auch leicht möglich ist, dass der Fahrstreifenwechsel des Berufungswerbers nicht mit einem ausreichenden Sicherheitsabstand durchgeführt wurde. Andererseits gibt es dafür keine objektiv nachvollziehbaren Fakten, sondern lediglich die Angaben des Anzeigers, welcher wegen des Vorfalles erschrocken ist. Dieses Erschrecken ist aber – zumindest zu einem erheblichen Teil – auch darauf zurückzuführen, dass der Anzeiger den nachkommenden Verkehr nicht ausreichend beachtet hat.

 

Unter Abwägung all dieser Umstände ist es nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit erwiesen, dass der Berufungswerber beim Wechsel des Fahrstreifens keinen ausreichenden Sicherheitsabstand eingehalten hat.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 11 Abs.1 StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges die Fahrtrichtung nur ändern oder den Fahrstreifen wechseln, nachdem er sich davon überzeugt hat, dass dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist.

 

5.2. Wie bereits oben dargelegt wurde, ist nicht mit Sicherheit beweisbar, dass der Berufungswerber tatsächlich einen gefährlichen Fahrstreifenwechsel durchgeführt hat. Im Übrigen ist er unbestritten auch nach dem Fahrstreifenwechsel schneller gefahren als der Anzeiger, sodass – objektiv betrachtet – das vom Anzeiger behauptete starke Abbremsen nicht notwendig gewesen ist. Dies war wohl eher durch das Erschrecken des Anzeigers bedingt.

 

Nachdem die dem Berufungswerber vorgeworfene Verwaltungsübertretung nicht ausreichend sicher bewiesen werden kann, war seiner Berufung stattzugeben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 


 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 [ab 1. Juli 2008: 220] Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

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