Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163028/6/Sch/Ps

Linz, 03.06.2008

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn J H, geb., B, E, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 22. Jänner 2008, Zl. VerkR96-7444-2007, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung (StVO) 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 20. Mai 2008 zu Recht erkannt:

 

I.                   Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.                Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z1 und 3 VStG.

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 22. Jänner 2008, Zl. VerkR96-7444-2007, wurde über Herrn J H wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 26 Abs.5 StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von 50 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden, verhängt, weil er am 9. Juli 2007 um 22.00 Uhr den Pkw S mit dem Kennzeichen in der Gemeinde Moosdorf, Ortsgebiet, Hackenbucher Landesstraße, bei Strkm. 3,100, in Fahrtrichtung Frankinger Landesstraße, gelenkt und dabei einem Einsatzfahrzeug, welches sich im Einsatz befand (mit eingeschaltetem Blaulicht), nicht Platz gemacht habe.

 

Überdies wurde der Berufungswerber gemäß § 64 VStG zu einem Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren in der Höhe von 5 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Am Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses fällt auf, dass als Tatort der Strkm. 3,100 der Hackenbucher Straße angeführt ist. Nach der Beweislage war dies allerdings der Anhalteort und kommt somit nicht als Tatort in Frage, wo der Berufungswerber einem Einsatzfahrzeug nicht Platz gemacht habe. Aus der Polizeianzeige geht zweifelsfrei hervor, dass der Meldungsleger ab Strkm. 2,700 dem Fahrzeug des Berufungswerbers mit Blaulicht nachgefahren ist. Diesbezüglich wäre der Spruch des Straferkenntnisses aber einer Verbesserung durch die Berufungsbehörde zugänglich, da dem Berufungswerber die Polizeianzeige innerhalb der Frist des § 31 Abs.2 VStG, nämlich am 12. Oktober 2007 (Vorfallszeitpunkt 9. Juli 2007) zur Kenntnis gebracht worden ist.

 

Allerdings ist der Bescheidspruch noch in einem weiteren Punkt unpräzise. Gemäß § 26 Abs.5 StVO 1960 haben alle Straßenbenützer einem herannahenden Einsatzfahrzeug Platz zu machen.

Die Pflicht, Platz zu machen, setzt also voraus, dass das Einsatzfahrzeug im Herannahen ist. Dieses Tatbestandselement müsste nach Ansicht der Berufungsbehörde in den Spruch eines Strafbescheides Eingang finden und sind in diesem Sinne auch entsprechende fristgerechte Verfolgungshandlungen erforderlich, die gegenständlich aber nicht vorliegen.

 

Die eingangs angeführte und mit einem Lokalaugenschein verbundene Berufungsverhandlung hat zudem ergeben, dass es dem Meldungsleger darum ging, den vor ihm fahrenden Berufungswerber zum Anhalten zu bewegen, um eine Lenker- und Fahrzeugkontrolle durchführen zu können. Es war also in erster Linie vorgesehen, den Berufungswerber bereits bei der Nachfahrt durch das eingeschaltete Blaulicht und die zusätzliche Abgabe von Lichthupsignalen zum Anhalten zu bewegen. Dieses Vorhaben des Meldungslegers ist allerdings misslungen, da der Berufungswerber nach Angaben des Zeugen weitergefahren ist. Ein Überholen des Fahrzeuges des Berufungswerbers schien dem Meldungsleger zu gefährlich, es war letztlich auch nicht mehr erforderlich, da der Berufungswerber schließlich doch angehalten hat, und zwar etwa bei Strkm. 3,100.

 

Die Hackenbucher Straße im tatörtlichen Bereich weist zwei Fahrstreifen auf, die einen Begegnungsverkehr von mehrspurigen Kraftfahrzeugen ohne weiteres ermöglichen. Sie nimmt auch einen weitgehend geraden Verlauf, sodass auch ein Überholmanöver grundsätzlich als vorschriftsgemäß möglich eingestuft werden kann. Ein "Platzmachen" durch den zu überholenden Fahrzeuglenker, etwa durch Zufahren in eine Haus- und Grundstückseinfahrt, ist dafür nicht erforderlich.

 

Dem Meldungsleger ist durchaus zuzubilligen, dass er zum Vorfallszeitpunkt seine Einsatzfahrt im Sinne einer Gefahrenminimierung so gestaltet hat, dass er von einem Überholen des Berufungswerbers – er vermutete einen Alkolenker, der Verdacht hat sich bei der Amtshandlung aber nicht bestätigt – und anschließender Anhaltung Abstand genommen hat. Nach der sich der Berufungsbehörde beim erwähnten Lokalaugenschein darstellenden Situation wäre eine Reaktion des Berufungswerbers für ein "Platzmachen", etwa durch Rechtsheranfahren, nicht zwingend erforderlich gewesen bzw. kann die vom Meldungsleger gewünschte und vom Berufungswerber nicht gesetzte Reaktion nicht mit der für eine Bestrafung erforderlichen Sicherheit als Behinderung des Einsatzfahrzeuges gewertet werden.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 [ab 1. Juli 2008: 220] Euro zu entrichten.

 

 

S c h ö n

 

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