Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163173/7/Br/Ps

Linz, 28.05.2008

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn G K, geb. am, B, S, vertreten durch RAin Mag. T J, L, M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmann­schaft Eferding vom 7.4.2008, Zl. VerkR96-3109-2007-Mg/Pü, nach der am 28.5.2008 im Rahmen eines Ortsaugenscheins durchgeführten mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

I.   Die Berufung wird im Spruchpunkt 1) als unbegründet abgewiesen. Es ist jedoch der Tatvorwurf dahingehend zu ergänzen, dass "links" überholt wurde. In den Punkten 2) u. 3) wird das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z2 VStG eingestellt.

 

II. Im Punkt 1) wird dem Berufungswerber zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten ein Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren von 18,-- Euro (20 % der verhängten Geldstrafe) auferlegt. Im Übrigen entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008 - AVG iVm § 19, § 24, § 45 Abs.1 Z2, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5 /2008 - VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 u. 2, § 66 Abs.1 u. 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Eferding hat mit dem o.a. Straferkenntnis wider den Berufungswerber wegen der Übertretungen nach § 16 Abs.2 lit.a, § 9 Abs.1 u. § 9 Abs.6 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 Geldstrafen in Höhe von 90,-- Euro, 58,-- Euro und 36,-- Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit 36 u. 2 x 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafen verhängt, wobei wider ihn folgende Tatvorwürfe erhoben wurden:

"Tatort:     Gemeinde Rohr im Kremstal, Voralpen-Bundesstraße, B 122, km 55,100 bis km 55,188

Tatzeit:     12.10.2007,12:55 Uhr

Fahrzeug:  Personenkraftwagen,

 

1)    Sie haben auf einer Straßenstrecke, die durch das Vorschriftszeichen 'ÜBERHOLEN VERBOTEN' gekennzeichnet ist, ein mehrspuriges Kraftfahrzeug überholt;

2)    Sie haben die auf der Fahrbahn angebrachte Sperrfläche überfahren;

3)    Sie haben sich auf dem Fahrstreifen für Linksabbieger eingeordnet, die Fahrt jedoch nicht im Sinne der auf der Fahrbahn angebrachten Richtungspfeile fortgesetzt, sondern sind geradeaus weitergefahren."

 

1.1. Die Behörde erster Instanz führte begründend aus wie folgt:

"Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat Ihnen mit Strafverfügung vom 30.10,2007 die be­zeichneten Verwaltungsübertretungen angelastet und Geldstrafen in der Höhe von insgesamt 184,00 Euro verhängt.

 

Dagegen erhoben Sie mit Eingabe vom 20.11.2007 Einspruch und stellten den Antrag, das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu von der Verhängung einer Strafe abzusehen, in eventu eine Verwarnung auszusprechen, in eventu die Strafe der Höhe nach zu mindern. Sie räumten ein, am 12.10.2005 (gemeint wohl: 12.10.2007) im Gemeindegebiet von Rohr im Kremstal auf der B 122 unterwegs gewesen zu sein. Sie hätten das Abblendlicht ein­geschaltet. Tatsächlich hätten Sie jedoch zu keinem Zeitpunkt einen Überholvorgang vorge­nommen. Sie hätten Ihr Fahrzeug die ganze Fahrt hindurch vorschriftsmäßig gelenkt. Bereits auf Grund fehlender Sicht sei an dem seitens der Behörde angeführten Straßenabschnitt ein Überholmanöver schon aus technischer Sicht nicht möglich. Zudem würde ein Überholmanöver an der bezeichneten Stelle Gefahr für Leib und Leben bedeuten, in die Sie sich keinesfalls be­geben würden. In eventu sei auszuführen, dass die Höhe der Verwaltungsstrafe keinesfalls an­gemessen sei. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Strafe nicht am äußersten Mindest­strafmaß gemessen werde.

Als Beweismittel führten Sie an: PV; zeugenschaftliche Einver­nahme von K B, Durchführung eines Lokalaugenscheines. In Ihrer am 24.1.2008 eingelangten Stellungnahme verwiesen Sie auf Ihr bisheriges Vorbringen. Der Zeu­ge K B habe in seiner Einvernahme angegeben, dass Sie zu keinem Zeitpunkt den Fahrstreifen gewechselt und auch kein Überholmanöver gesetzt hätten. Der Zeuge H hingegen habe in seiner Einvernahme nicht einmal dargelegt, wie die angebliche Verwaltungsübertretung durch seine Person wahrgenommen werden sein soll. Auf Grund der Lichtbilder ergebe sich insbesondere sehr wohl, dass ein Überholmanöver an besagter Stelle äußerst gefährlich sei, zumal es sich um einen Kreuzungsbereich handle.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat die Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 29 a VStG. an die Bezirkshauptmannschaft Eferding abgetreten, da Sie im Bezirk Eferding Ihren Wohnsitz haben. Die Bezirkshauptmannschaft Eferding hat daher das Verwaltungsstrafverfahren durchgeführt und Beweis erhoben durch die Anzeige der Polizeiin­spektion Kremsmünster vom 17.10.2007, die Lichtbildbeilage vom 15.10.2007, das Ergebnis der Lenkererhebung, Ihr Vorbringen sowie die Einvernahmen der Zeugen B K und Gl. G H.

 

In der Anzeige der Polizeiinspektion Kremsmünster vom 17.10.2007. werden dem Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen  die im Spruch angeführten Verwaltungsüber­tretungen angelastet. Weiters wird ergänzend zur Tatbeschreibung ausgeführt: "Der Lenker des betreffenden PKW überholte trotz Vorschriftzeichen "ÜBERHOLEN VERBOTEN" den vor ihm fahrenden PKW, Kennzeichen: , wobei er über den Fahrstreifen für Linksabbieger fuhr, die Fahrt jedoch nicht im Sinne der auf der Fahrbahn angebrachten Richtungspfeile für Linksabbieger fortsetzte."

 

Auf die Lenkererhebung der Behörde hin gab der Zulassungbesitzer Herr G B bekannt, dass Sie das Fahrzeug mit dem Kennzeichen  zur angegeben Zeit am ge­nannten Tatort gelenkt haben.

 

Herr B K sagte zeugenschaftlich befragt am 20.12.2007 wie folgt aus: "Am 12.10.2007 fuhr ich als Beifahrer im Wagen meines Arbeitskollegen Herrn K G mit. Wir fuhren um ca. 12.45 Uhr von Bad Hall Richtung Kremsmünster weg. Wir bogen von der Nebenstraße, welche von Pfarrkirchen kommt, auf die Voralpenbundesstraße ein. Herr K reihte sich auf den rechten Fahrstreifen ein und setzte seine Fahrt Richtung Kremsmünster fort ohne je den Fahrstreifen gewechselt zu haben. Ob ein Fahrzeug vor uns fuhr, kann ich nicht sagen. Mit ist nicht aufgefallen, dass Herr K auf diesem Straßenabschnitt überholt hat Hätte er überholt, hätte ich ihn darauf aufmerksam gemacht, dass hier ein Überholverbot ist, da wir diese Strecke fast täglich fahren."

 

Der Meldungsleger GI. H wurde am 14.12.2007 zeugenschaftlich befragt. Er sagte aus: "Ich verweise vorerst vollinhaltlich auf meine Anzeige vom 17.10.207, GZ: A1/8361/2007. Zu den Rechtfertigungsangaben des Beschuldigten (G K) über die Rechtsanwältin Mag. T J gebe ich an, dass ich am 12.10.2007 um 12.55 Uhr als Lenker meines PKW, Kennzeichen , auf der Voralpen-Bundesstraße (B122) zur Polizeiinspektion Kremsmünster unterwegs war. Ich war alleine im Fahrzeug, weshalb kein weiterer Beamter zeuge dieses Vorfalles gewesen ist. Auch aus technischer Sicht ist an er besagten Stelle (Strkm 55,100) ein Überholmanöver möglich, da dort in Fahrtrichtung Kremsmünster bis zur nächsten Rechtskurve eine freie Sicht von mindestens 300 Metern besteht. Siehe Lichtbilder 2 und 3 der betreffenden StVO-Anzeige. Für den Fall, dass kein Gegenverkehr herrscht, bedeu­tet ein in Richtung Kremsmünster vorgenommenes Überholmanöver keinesfalls eine Gefahr für Leib und Leben, jedoch aufgrund des Überholverbotes und vorhandener Bodenmarkierungen dementsprechend Verwaltungsübertretungen, wie sie der Beschuldigte am 12.10.2007 um 12.55 Uhr gesetzt hat."               

 

Zu Ihrem Einwand, Herr GI H habe nicht einmal dargelegt, wie er die angebliche Ver­waltungsübertretung wahrgenommen habe, ist zu entgegnen, dass sich aus seinem Vorbringen eindeutig ergibt, dass er den PKW mit dem Kennzeichen  lenkte, als er vom PKW mit dem Kennzeichen  überholt wurde. Er berichtete von seinen eigenen Wahrneh­mungen. Es ist nicht ersichtlich, wieso er lügen sollte. Die Behörde legt daher die Zeugenaus­sage des Herrn Gl H den im Spruch getroffenen Feststellungen zugrunde, da Herr Gl H bei seiner Aussage unter Wahrheitspflicht stand, während Sie sich als Beschuldigter in jede Richtung verantworten dürfen. Ihrem Beifahrer Herr B K ist zwar nicht aufgefallen, dass Sie überholt haben. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung widmet jedoch ein Beifahrer dem Geschehen im Straßenverkehr nicht immer allzu hohe Aufmerksamkeit. Herrn B wird daher das Überholmanöver wohl entgangen sein. Soweit Sie vorbringen, auf Grund fehlender Sicht sei an dem angeführten Straßenabschnitt ein Überholmanöver schon aus technischer Sicht nicht möglich, ist festzuhalten, dass dies durch die im Akt befindli­chen Lichtbilder widerlegt ist. Wie schon der Zeuge GI. H glaubwürdig ausgeführt hat, ist ein derartiges Überholmanöver vor Ort ohne Weiteres möglich. Da der relevante Sachver­halt bereits feststeht, wird von der beantragten Durchführung eines Lokalaugenscheines Ab­stand genommen. Die Ihnen angelasteten Verwaltungsübertretungen sind in objektiver wie auch in subjektiver Hinsicht erwiesen. Die Behörde geht von fahrlässiger Tatbegehung aus.

 

Zur Strafbemessung:

 

Die Strafbemessung erfolgte entsprechend den Bestimmungen des § 19 VStG unter Berück­sichtigung der nicht widersprochenen Schätzung der Behörde, dass Sie über ein Einkommen von ca. 1.300,00 Euro verfügen, kein Vermögen besitzen und keine Sorgepflichten haben.

 

Der Unrechtsgehalt der Übertretung sowie das Ausmaß Ihres Verschuldens mussten der Straf­bemessung zu Grunde gelegt werden. Straferschwerungs- und Strafmilderungsgründe sind im Verfahren nicht hervorgetreten.

 

§ 99 Abs. 3 lit. a StVO sieht für die Verwaltungsübertretungen Geldstrafen bis zu 726,00 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit Arrest bis zu 2 Wochen vor.

Gemäß § 21 Abs. 1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung ei­ner Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hin­weis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforder­lich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten. Der Tatbestand des § 21 Abs. 1 VStG ist erfüllt, wenn - unabhängig von der Schuldform (Vor­satz oder Fahrlässigkeit) - das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffen­den Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt, (vgl VwGH 21. April 1999, 98/03/0356). Es liegen keine Umstände vor, die daraufschließen lassen würden, dass das tatbildmäßige Verhalten hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Un­rechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleiben würde. Die Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 VStG sind damit nicht erfüllt.

 

Die verhängten Strafen, die sich ohnedies im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmen befinden, sind angemessen und geeignet, Sie in Hinkunft von derartigen Übertretungen abzu­halten. Die Vorschreibung der Verfahrenskosten ist gesetzlich begründet.

 

Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden."

 

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht durch seine ausgewiesene Rechtsvertreterin erhobenen Berufung:

"In umseits näher bezeichneter Verwaltungsstrafsache gibt der Berufungswerber be­kannt, Frau Mag. T J, Rechtsanwältin, L, M, mit seiner rechtsfreundlichen Vertretung beauftragt zu haben.

 

Die einschreitende Rechtsanwältin beruft sich auf die gemäß § 8 (1) RAO erteilte Vollmacht.

 

I. Sachverhalt

 

Am 12.10.2007 um 12.55 Uhr habe der Berufungswerber in der Gemeinde Rohr im Kremstal, Voralpen-Bundesstraße, B122 bei km 55.100, mit dem Kfz mit dem behörd­lichen Kennzeichen , auf einer Straßenstrecke, die durch das Vorschriftszei­chen berholen verboten" gekennzeichnet ist, ein mehrspuriges Fahrzeug überholt, weiters eine Sperrfläche überfahren sowie auf einem Fahrstreifen für Linksabbieger die Fahrt nicht im Sinne der auf der Fahrbahn angebrachten Richtungspfeile fortge­setzt.

 

Aufgrund dieses Vorfalls erging von der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 30.10.2007 eine Strafverfügung, durch welche dem Berufungswerber die oben näher bezeichneten Straftaten angelastet wurden.

 

Mit Einspruch vom 20.11.2007 führte der Berufungswerber dazu aus, dass er zu kei­nem Zeitpunkt einen Überholvorgang vorgenommen hat. Der Berufungswerber hat sein Fahrzeug die ganze Fahrt hindurch über vorschriftsmäßig gelenkt. Bereits auf­grund fehlender Sicht ist an dem seitens der Behörde angeführten Straßenabschnitt ein Überholmanöver schon aus technischer Sicht nicht möglich. Zudem würde ein Überholmanöver an der bezeichneten Stelle Gefahr für Leib und Leben bedeuten, in die sich der Berufungswerber keinesfalls begeben würde.

 

In einer weiteren Stellungnahme wiederholte der Berufungswerber im Wesentlichen die Ausführungen zu seiner Fahrweise und verwies insbesondere auf den Zeugen K B, der die Aussagen des Berufungswerbers untermauerte. In dieser Eingabe des Berufungswerbers führt dieser nochmals ausführlich ins Treffen, dass ihn kein Verschulden an gegenständlichem Vorfall trifft.

 

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von insgesamt 184,00 verhängt.

 

Der Berufungswerber habe eine Verwaltungsübertretung nach den Bestimmung der §16 Abs. 2 lit. a i.V.m. § 99 Abs. 3 lit. a StVO, § 9 Abs.1 i.V.m. § 99 Abs. 3 lit. a StVO und § 9 Abs. 6 i.V.m. § 99 Abs. 3. lit. a StVO begangen, weshalb er nach der Bestim­mung des § 99 Abs. 3 lit. a StVO zu bestrafen gewesen sei.

Dieses Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber am 08.04.2008 zugestellt.

 

Gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft vom 07.04.2008, GZ:VerkR96-3109-2007-Mg/Pü, dem Berufungswerber zugestellt am 08.04.2008, er­hebt der Berufungswerber in offener Frist durch seine ausgewiesene Vertreterin

 

Berufung

 

an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich und stellt die

 

Anträge,

 

der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge

 

1.  das angefochtene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 07.04.2008, GZ:VerkR96-3109-2007-Mg/Pü ersatzlos aufheben und das Verwal­tungsstrafverfahren einstellen.

2.   eine öffentliche Verhandlung durchführen, in deren Zuge die Einvernahme des Zeugen K B sowie ein Lokalaugenschein durchzuführen ist.

3.   n eventu das angefochtene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 07.04.2008,   GZ:VerkR96-3109-2007-Mg/Pü, ersatzlos aufheben und eine Ermahnung im Sinne des § 21 VStG aussprechen;

4. in eventu die Strafhöhe herabsetzen.

 

III.

 

Die Anträge werden begründet im Einzelnen wie folgt:

 

Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung berechtigt die Behörde nicht, davon aus­zugehen, dass allein die Eigenschaft des als Zeugen vernommenen und unter Wahr­heitspflicht" stehenden Organes der öffentlichen Sicherheit schon ausreicht, den leugnenden Beschuldigten der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung als un­widerlegbar überführt und damit als schuldig anzusehen (VwGH 26.06.1978, Slg 9602/A -verstärkter Senat).

 

§ 5 Abs.1 VStG normiert nur eine Schuldvermutung, nicht eine Vermutung, dass der Beschuldigte das ihm vorgeworfene Verhalten gesetzt hat und dass dies rechtswidrig gewesen ist. Die Begehung des angelasteten Delikts (objektive Tatseite) hat daher die Behörde nachzuweisen. Die Verwaltungsstrafbehörde I. Instanz hat aber den maßge­benden Sachverhalt nicht genügend ermittelt, um zu einem Schuldspruch zu gelan­gen. Die objektive Tatseite wurde somit nicht ausreichend ermittelt.

 

Die Verwaltungsstrafbehörde I. Instanz stützte sich hinsichtlich der Verwaltungsüber­tretung lediglich auf die Angaben des Meldungslegers.

 

Die Verwaltungsbehörde I. Instanz durfte nicht ohne weitere Ermittlungen davon ausgehen, dass der Meldungsleger, die Situation verlässlich schätzen konnte, sodass die angelasteten Verwaltungsübertretungen als erwiesene Tatsache angenommen werden kann.

 

Zudem stehen den Aussagen des Meldungslegers auch die Aussagen des Zeugen K B gegenüber, der die Verkehrssituation direkt als Beifahrer beo­bachten konnte. Warum seinen Ausführungen nicht gefolgt werden konnte, ist uner­klärlich. Bei den Ausführungen der Behörde, ein Beifahrer schenke dem Verkehrsauf­kommen zu wenig Aufmerksamkeit, handelt es sich jedenfalls um eine Scheinbegrün­dung.

 

Diesbezüglich mangelt es dem Straferkenntnis an ausreichenden Feststellungen und der bezughabenden Begründung.

 

Der Berufungswerber hingegen hat seine Ansicht, warum im gegenständlichen Fall keinesfalls von seinem Verschulden auszugehen ist, ausreichend dargetan und wur­den diese Ausführungen von der Behörde nicht gewürdigt. Es liegt somit eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens vor, welche zu einem unrichtigen Ergebnis bei der Ent­scheidung der Behörde geführt hat.

 

Der seitens des Berufungswerbers beantragte Lokalaugenschein wurde seitens der Behörde zu keinem Zeitpunkt durchgeführt. Auch hier wurden lediglich auf die Aus­sagen des Meldungslegers zurückgegriffen. Somit wurden beantragte Beweismittel nicht durchgeführt.

Gemäß § 25 Abs. 2 VStG sind die der Entlastung des Beschuldig­ten dienlichen Umstände in gleicher Weise zu berücksichtigen wie die entlastenden. Hätte sich die Behörde ein ausreichendes Bild über den Straßenabschnitt gemacht, hätte sie zu einem anderen Ergebnis kommen können.

 

Die verhängte Strafe ist nicht tat- und schuldangemessen. Bei korrekter Abwägung der Erschwernis- und Milderungsgründe wäre eine geringere Strafe angemessen. Im gegenständlichen Fall ist auch mit einer Ermahnung im Sinne des § 21 VStG das Aus­langen zu finden.

 

Aus  all  diesen  Gründen  möge  der  Unabhängige  Verwaltungssenat  des   Landes Oberösterreich wie beantragt entscheiden.

 

 

M, am 21.04.2008                                                                             G K"

 

3. Die Behörde erster Instanz hat den Akt dem Oö. Verwaltungssenat zur Berufungsentscheidung vorgelegt; dieser hat, da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durch­führung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war insbesondere wegen des gesonderten Antrages zwingend durchzuführen (§ 51e Abs.1 Z1 VStG).

Bei der vor Ort durchgeführten Berufungsverhandlung wurde der Meldungsleger zeugenschaftlich einvernommen. Weder der Berufungswerber noch ein Vertreter der Behörde erster Instanz nahmen an der Berufungsverhandlung teil.

 

4. Wie die mit der Anzeige übermittelte Bilddokumentation verdeutlicht, verläuft die B 122 im fraglichen Bereich auf mehrere hundert Meter übersichtlich. Das dort auf eine Distanz von etwa 500 m verordnete Überholverbot ist in den in beiden Richtungen eingerichteten Linksabbiegespuren begründet. Während in der Fahrtrichtung des Berufungswerbers sich drei Zufahrten zu den drei knapp an der B 122 befindlichen Liegenschaften befinden, ist in der Gegenrichtung die Zufahrt zu einer nahe gelegenen Ortschaft bedingt. Es besteht dort keine Geschwindigkeitsbeschränkung.

Der Meldungsleger bog ca. 300 m östlich aus Bad Hall kommend nach links in die B 122 ein, wobei er im Zuge der Beschleunigung seines Fahrzeuges von dem in gleicher Richtung fahrenden Berufungswerber überholt wurde. Dies jedoch bereits im Bereich des Überholverbotes, wobei dadurch zwangsläufig auch die Bodenmarkierungen befahren wurden (werden mussten).

Diesen Bodenmarkierungen kann als Ordnungscharakter lediglich die Spurführung zum jeweiligen Linksabbiegen zugedacht werden.

 

4.1. Im Rahmen der Berufungsverhandlung erklärte der Zeuge GI H den Vorgang plausibel und logisch nachvollziehbar. Auch das Motiv zum Überholten wurde vom Zeugen dahingehend vermutet, weil offenbar der Berufungswerber seinen Schwung nicht wegbremsen wollte und dieser sein noch in Beschleunigung befindliches Fahrzeug ohne Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit überholte. Die Beendigung des Überholvorganges bezeichnete der Zeuge kurz vor dem Ende des Überholverbotes.

Geht man nun davon aus, dass der Zeuge nach dem Einbiegen sein Fahrzeug erst beschleunigen musste, macht dies die Schilderung des Überholverlaufes durchaus logisch nachvollziehbar. Der Zeuge selbst räumte ein, dass hierdurch kein anderer Verkehrsteilnehmer gefährdet wurde, weil – wie auch die Bilder und das Ergebnis des Ortsaugenscheins evident belegen – die Gefahrensichtweite geschätzt mit mehr als 400 m angenommen werden kann. Auch die Hauszufahrten und der Kreuzungsbereich nach rechts sind gut einsehbar, sodass in dieser Ordnungswidrigkeit selbst kaum von einer abstrakten Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgegangen werden kann.

Der Berufungswerber war andererseits jedoch offenkundig nicht geneigt, sich vor der Berufungsbehörde zu verantworten. Auch sein als Zeuge vorerst angekündigter  Beifahrer erschien letztlich nicht. Auf dessen Befragung wurde seitens der Verteidigung verzichtet.

 

4.2. Weder der Berufungswerber selbst noch dessen im erstinstanzlichen Verfahren einvernommene Beifahrer vermochte den schlüssigen Darstellungen des Meldungslegers nichts von Substanz entgegensetzen. Der Beifahrer vermeinte etwa lediglich, sich an einen Überholvorgang nicht erinnern zu können. Dies ist zwei Monate nach dem Vorfall auch nicht verwunderlich. Der Meldungsleger jedoch erstattete die Anzeige bereits fünf Tage nach dem Vorfall, wobei er dies in seiner Funktion als Organ der Straßenaufsicht getan hat.

Der Meldungsleger hätte wohl keine Veranlassung, ein nicht stattgefundenes Ereignis anzuzeigen oder einen ihm völlig fremden Fahrzeuglenker wahrheitswidrig zu belasten.

Der Meldungsleger hinterließ im Rahmen der Berufungsverhandlung einen überhaus sachlichen und überzeugenden Eindruck. Seiner Darstellung war daher zu glauben, während der Berufungswerber dem in Wahrheit nichts von inhaltlicher Substanz entgegenzuhalten vermochte.

 

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat hierzu erwogen:

 

§ 16 Abs.2 lit.a StVO lautet: "Außer in den im Abs. 1 angeführten Fällen darf der Lenker eines Fahrzeuges nicht überholen:

  a) mehrspurige Kraftfahrzeuge auf Straßenstrecken, die durch das Vorschriftszeichen "Überholen verboten" gekennzeichnet sind; es darf jedoch überholt werden, wenn rechts zu überholen ist, …"

 

Wenn hier der Berufungswerber mit dem Verstoß gegen das kundgemachte Überholverbot zwangsläufig auch die dort die Spurführung bedingenden Bodenmarkierungen befuhr, wird der damit herbeigeführte Tatunwert bereits im Überholverbot erschöpft bzw. ist der Strafzweck bereits mit der Ahndung des Überholverbotes vollinhaltlich erfüllt.

Zum Kumulationsprinzip im Verwaltungsstrafverfahren besagt die Literatur, wenn die einzelnen Tathandlungen eine zeitliche, örtliche und sachliche Einheit darstellen und sind sie von einem Gesamtvorsatz getragen, ist von bloß einer Tat auszugehen. So verneint auch der VwGH - in Anlehnung an die ständige Judikatur des OGH zu dieser Frage - das Vorliegen einer Realkonkurrenz  (Stadlmayer ZVR 1980, 65; mit Hinweis auf VwGH 26. 4. 1973, 601/72; 20.11.1974, 587/74; sowie auch ZfVB 560/1976, 988/1976). Dies trifft auf diese Fallgestaltung in sehr typischer Weise zu!

Wenngleich der Verfassungsgerichtshof in einer Regelung der zur Folge gemäß eine Tat (conduct) mehrere Delikte verwirklicht werden (Idealkonkurrenz) wohl grundsätzlich noch nicht dem Doppelbestrafungsverbot des Art.4 Abs.1 des 7. ZPEMRK zuwider erachtet, zieht er jedoch verfassungsrechtliche Grenzen einer Doppel- oder Mehrfachbestrafung im Sinne dieses Konventionsprotokolls dort, "wo der herangezogene Deliktstypus den Unrechts- und Schuldgehalt eines Täterverhaltens vollständig erschöpft, sodass ein weitergehendes Strafbedürfnis entfällt, weil das eine Delikt den Unrechtsgehalt des anderen Delikts in jeder Beziehung mitumfasst" (VfGH 5.12.1996, G9/96 u.a. mit Hinweis auf VfGH 11.3.1998, G262/97,G328/97 und auf Kienapfel, Grundriss des österreichischen Strafrechts, 6. Aufl., 1996, 245).

 

5.1. Insbesondere die jüngste Rechtsprechung des EGMR zum Art.4 7. ZP gebietet es jedoch in verfassungskonformer Gesetzesauslegung und Anwendung, ein sich als Einheit in Tatverlauf und Tatvorsatz gestaltendes Verhalten  nicht mehrfach zu ahnden (vgl. h. Erk. v. 20.5.2008, Zl. VwSen-162981/8/Ki/Jo).

Nicht zuletzt entbehrt es aber jeder sachlichen Logik dem Berufungswerber mit dem Verstoß gegen das Überholverbot auch vorzuwerfen, er habe nicht auch gleichzeitig links abgebogen, weil er sich im Zuge seines verbotenen Überholens für Sekundenbruchteile auch auf einer Linksabbiegespur bewegt hat. Dass letztlich für das Befahren der die Linksabbiegespur optisch darstellenden Sperrflächen ebenfalls kein gesonderter Unwertgehalt mehr zugeordnet werden kann, ist bei logischer Betrachtung wohl nicht in Frage zu stellen.

Daher waren die Punkte 2) u. 3) nach § 45 Abs.1 Z2 VStG zu beheben und das Verfahren diesbezüglich einzustellen.

 

6. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

6.1. Gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die von der Behörde nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt etwa dann vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Davon ist beim zweitgenannten Straferkenntnis nicht auszugehen.

Die Behörde hat in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist. Diese Ermessensentscheidung ist nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen (VwGH 4.4.2001, 99/09/0140 mit Hinweis auf Erk. VwGH [verst. Senat] 25.3.1980, 3273/78, VwSlg 10077 A/1980).

Die im Punkt 1) mit 90,-- Euro bemessene Geldstrafe erscheint aber trotz des Umstandes, dass mit der Tat keinerlei nachteiligen Folgen verbunden waren und auch die subjektive Tatschuld, ob der Umstände die hier zum Überholen geführt haben dürften, als gering zu bezeichnen ist, dennoch nicht als überhöht.  Auf den bis zu 726,-- Euro reichenden Strafrahmen ist in Verbindung mit dem von der Behörde erster Instanz auf 1.300,-- Euro geschätzten Monatseinkommen und den Milderungsgrund der bisherigen Unbescholtenheit ebenfalls hinzuweisen. Die Anwendung des § 21 VStG muss für diese Übertretung unter Hinweis auf die Judikatur außer Betracht bleiben.

Es war demnach spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro [ab 1.7.2008: 220 Euro] zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 

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