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VwSen-230999/2/Gf/Mu/Se

Linz, 30.05.2008

Polizeidirektors von Steyr vom 3. März 2008, GZ S7664/ST/06, wegen einer Übertretung des Versammlungs­gesetzes zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.

 

II.              Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbei­trag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 66 Abs. 1 VStG.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Polizeidirektors von Steyr vom 3. März 2008, GZ S7664/ST/06, wurde über den Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe in Höhe von 150 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 60 Stunden) verhängt, weil er am 10. Dezember 2006 von 17.32 Uhr bis 17.34 Uhr in Steyr an einer Versammlung organisatorisch führend teilgenommen habe, ohne diese zuvor bei der zuständigen Behörde schriftlich angezeigt zu haben und obwohl eine für denselben Tag angezeigte Veranstaltung durch die Bezirkshauptmannschaft Ried bescheidmäßig untersagt worden sei. Dadurch habe er eine Übertretung des § 2 Abs. 1 des Versammlungsgesetzes, BGBl.Nr. 98/1953, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 127/2002 (im Folgenden: VersG), begangen, weshalb er nach § 19 VersG zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die dem Beschwerde­führer angelastete Tat auf Grund von mehreren telefonischen Anzeigen durch Passanten, entsprechenden dienstlichen Wahrnehmungen der einschreitenden Sicherheitsorgane sowie im Wege des von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung sei dem Rechtsmittelwerber seine bisherige, zumindest während der letzten fünf Jahre einschlägige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit zugute gehalten worden; hingegen seien zwei gerichtliche Vorstrafen wegen Übertretung des § 3g des Verbotsgesetzes als erschwerend zu werten gewesen. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen geschätzt worden.

1.2. Gegen dieses ihm am 10. März 2008 durch Hinterlegung zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 25. März 2008 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

Darin wird vorgebracht, dass die Sachverhaltsdarstellung in der Begründung des gegenständlichen Straferkenntnis völlig falsch sei. Denn der Umstand, dass er an diesem Tag in Ried im Innkreis und danach auch in Steyr gewesen sei, bedeute noch nicht, dass er auch an den jeweiligen Versammlungen teilgenommen habe. Völlig absurd sei es, ihm zu unterstellen, dass er sogar der Organisator dieser Veranstaltung gewesen sei. Tatsächlich habe er weder an diesem noch an einem anderen Tag an irgendeiner Kundgebung in Steyr teilgenommen, sondern er sei nur ein normaler Christkindlmarktbesucher gewesen, was seine Begleitpersonen auch jederzeit bezeugen könnten. Wie die Behörde dazu komme, dass er an dieser Versammlung organisatorisch führend teilgenommen habe, sei auch aus dem Straferkenntnis nur sehr undeutlich erkennbar.

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bundespolizeidirektion Steyr zu GZ S-7664/ST/06; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 2 Z. 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Weil im angefochtenen Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, ist im gegenständlichen Fall der UVS durch ein Einzelmitglied zur Entscheidung berufen (§ 51c VStG).

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 19 i.V.m. § 2 Abs. 1 VersG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 720 Euro zu bestrafen, der eine Versammlung ohne Beschränkung auf geladene Gäste veranstalten will, ohne dies wenigstens 24 Stunden vor der Abhaltung dieser Versammlung der Behörde schriftlich angezeigt zu haben.

3.2. Wenn § 44a Z. 1 VStG als einen allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsstrafverfahrens anordnet, dass der Spruch des Straferkenntnisses den Tatvorwurf genau zu bezeichnen hat, so wird der hier angefochtene Bescheid diesem Erfordernis insbesondere schon deshalb nicht gerecht, weil dort nur angeführt ist, dass der Beschuldigte "organisatorisch führend daran teilgenommen hat", ohne die Versammlung bei der für den angeführten Zeitraum bei der örtlichen zuständigen Versammlungsbehörde schriftlich angezeigt zu haben,.

Wie jedoch aus § 2 Abs. 1 VersG hervorgeht, liegt eine Übertretung nur dann vor, wenn zwei wesentliche Tatbestandselemente gleichzeitig erfüllt sind, nämlich einerseits die Veranstaltung einer zweckgebundenen Versammlung an einem bestimmten Ort und zu einer bestimmten Zeit und andererseits die Unterlassung der diesbezüglichen Anzeige dieser Veranstaltung bei der zuständigen Behörde (vgl. VwGH vom 21. März 1990, Zl. 90/01/0019). Im vorliegenden Fall wurde aber dem Rechtsmittelwerber im Spruch des Straferkenntnis weder zur Last gelegt, welchen Zweck die Versammlung verfolgte; insbesondere ist aber eine Anlastung dahin unterblieben, auf Grund welcher konkreten Umstände die belangte Behörde zu dem Schluss kommen konnte, dass der Rechtsmittelwerber an dieser "organisatorisch führend teilgenommen" – also dass er z.B. andere Teilnehmer durch entsprechende verbale Aufforderungen zu einer gemeinsamen Willenskundgebung animiert etc. – hat.

Denn nach § 2 Abs. 1 i.V.m. § 19 VersG kann eine Person nur dann als Veranstalter einer Versammlung belangt werden, wenn von der Behörde diesbezüglich auf Grund geeigneter Beweismittel konkrete Sachverhaltsfeststellungen getroffen werden konnten.

Im gegenständlichen Fall hat erscheint die Begründung des Straferkenntnisses allgemein betrachtet zwar durchaus schlüssig und glaubwürdig; allerdings liegen keine verwertbaren konkreten Beweismittel hinsichtlich der Person des Beschuldigten (z.B. durch bildliche Dokumentationen oder entsprechende Zeugeneinvernahmen von unbeteiligten Passanten) vor, selbst wenn Erfahrungswerte und Indizien gegen den Rechtsmittelwerber sprechen mögen.

Dieser Umstand ist insbesondere unter dem Aspekt von entscheidender Bedeutung, dass eine bloße Teilnahme an einer unangemeldeten Versammlung nach der derzeit maßgeblichen Gesetzeslage – vom Ausnahmefall des (hier nicht einschlägigen) § 9 VersG abgesehen – nicht strafbar ist; vielmehr kann die Behörde bei einem bloßen Verstoß gegen § 2 Abs. 1 VersG allenfalls mit einer Auflösung der Versammlung (§ 13 VersG) vorgehen.

3.3. Im Ergebnis wurde dem Beschwerdeführer jedenfalls eine Tat angelastet, die er so nicht begangen hat. Deshalb war der gegenständlichen Berufung schon aus diesem Grund gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG insoweit stattzugeben, als das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war.

Im Hinblick auf die noch offene Verfolgsverjährungsfrist war hingegen eine Einstellung des Strafverfahrens nicht zu verfügen; ob und in welchem Umfang dieses weiterzuführen ist, hat vielmehr die belangte Behörde aus eigenem zu beurteilen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Rechtsmittelwerber gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belang­ten Behörde ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Grof

 

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