Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-390239/3/SR/Ri

Linz, 03.06.2008

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine

 

9. Kammer

 

                            unter dem Vorsitz von    Dr. Grof,

                            dem Berichter                 Mag. Stierschneider

                            und der Beisitzerin          Mag. Bergmayr-Mann

 

über die Berufungen des F S und der M P GmbH, Astraße, S, vertreten durch Dr. M P, Dr. R P, Mag. A H, Dr. C E, Dr. C B und Dr. B P, Rechtsanwälte in S, E-K-S,  gegen das Straferkenntnis des Fernmeldebüros für Oberösterreich und Salzburg vom 27. März 2008, GZ. BMVIT-635.540/0180/08 wegen Übertretungen des Telekommunikationsgesetzes zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Aus Anlass der Berufungen wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II.              Die Berufungswerber haben weder einen Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Fernmeldebehörde (Fernmeldebüro für Oberösterreich und Salzburg - im Folgenden: FMB) wurde der Berufungswerber wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"Herr F S hat als Geschäftsführer, und damit als gemäß § 9 Abs. 1 VStG, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 137/2001, zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Fa. M GmbH, Astrasse, S, zu verantworten, dass

1)      durch die Fa. M GmbH bis zum 22.02.2008 der Regulierungsbehörde (Rundfunk & Telekom RegulierungsGmbH) keine Entgeltbestimmungen betreffend den seit 01.01.2007 von der Fa. M erbrachten Dienst: `Öffentliche Telefondienste an festen Standorten bzw. für mobile Teilnehmer´, und damit jedenfalls nicht rechtzeitig vor Aufnahme des Dienstes angezeigt worden sind, und

2)      durch die Fa. M GmbH bis zum 22.02.2008 der Regulierungsbehörde (Rundfunk & Telekom RegulierungsGmbH) keine Entgeltbestimmungen betreffend den seit 01.07.2007 von der Fa. M erbrachten Dienst: `Andere öffentliche Kommunikationsdienste´, und damit jedenfalls nicht rechtzeitig vor Aufnahme des Dienstes angezeigt worden sind.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

Zu 1) und 2) jeweils

§ 25 Abs. 1 iVm § 109 Abs. 4 Zif. 3 Telekommunikationsgesetz (TKG), BGBl. I Nr. 70/2003, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 133/2005

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

 

Geldstrafe von        

Zu 1)

2500.— Euro

Zu 2)

2500,-- Euro

Gesamt daher:

5000,-- Euro

Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von    

2 Tage

 

2 Tage

gemäß

 

§ 109 Abs. 4 Zif. 3 TKG

 

§ 109 Abs. 4 Zif. 3 TKG

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

500,-- Euro  als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 5500.-- Euro"

 

In der Sachverhaltsdarstellung der Begründung führte die belangte Behörde aus, dass die Regulierungsbehörde (Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH - im Folgenden: RTR) am 29. Jänner 2008 beim FMB Anzeige erstattet habe, da die M M GmbH die im Spruch angeführten Dienste ohne vorherige Bekanntgabe der "Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Entgeltbestimmungen" erbracht habe.

 

Aufgrund des Ermittlungsverfahrens und des Geständnisses sei ein Gesetzesverstoß in objektiver Hinsicht als erwiesen anzunehmen. Die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens habe der Beschuldigte nicht einmal ansatzweise versucht, sondern er sei selbst von einem geringen Verschulden ausgegangen. Dieser Beurteilung habe sich die belangte Behörde nicht anschließen können und eine grobe Sorgfaltswidrigkeit darin erblickt, dass der Beschuldigte seinen gesetzlichen Verpflichtungen erst nach der Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens nachgekommen sei.

 

Nach ausführlicher Begründung und Bedachtnahme auf § 19 VStG erachtete die belangte Behörde die verhängte Strafe (weniger als 5 % der möglichen Höchststrafe) als tat- und schuldangemessen.

 

2. Das vorliegende Straferkenntnis wurde den Rechtsvertretern der Berufungswerber am 2. April 2008 zu eigenen Handen zugestellt. Innerhalb offener Frist haben diese dagegen das Rechtsmittel der Berufung eingebracht und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bekämpft.

 

Im Wesentlichen hat der Berufungswerber vorgebracht, dass die M GmbH im vorigen Jahr neu gegründet worden sei (Eintragung im Firmenbuch am 22. Juni 2007) und ihre Dienste am 1. Juli 2007 aufgenommen habe. Irrtümlicherweise seien die Allgemeinen Geschäftsbedingungen und die Entgeltbestimmungen aufgrund eines Versehens einer grundsätzlich überaus zuverlässigen Mitarbeiterin nicht an die RTR übermittelt worden. Das Verschulden sei - entgegen der behördlichen Annahmen - als gering einzustufen, da der Berufungswerber ständig mit der RTR in Kontakt gestanden und den gewünschten Änderungen nachgekommen sei.  Infolge der Nachreichung der Entgeltbestimmungen sei auch das Aufsichtsverfahren von der RTR eingestellt worden.

 

Nach weitergehenden Ausführungen zur Fahrlässigkeit und zum vorliegenden Ungehorsamsdelikt kam der Berufungswerber zum Schluss, dass – wenn überhaupt – nur von einem geringen Verschulden auszugehen sei und allenfalls mit einer Ermahnung das Auslangen gefunden werden hätte können.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des FMB für Oberösterreich und Salzburg zu Zl. BMVIT-635.540/0180/08; da sich bereits aus diesem der entscheidungsrelevante Sachverhalt klären ließ und das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war, konnte von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. Über die Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 109 Abs. 4 Z 3 TKG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 58.000 Euro zu bestrafen, wer entgegen § 25 Abs. 1 oder 2 TKG Allgemeine Geschäftsbedingungen oder Entgeltbestimmungen oder Änderungen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Entgeltbestimmungen der Regulierungsbehörde nicht rechtzeitig vor Aufnahme eines solchen Dienstes oder das In-Kraft-Treten der Änderung anzeigt.

Nach § 25 Abs. 1 TKG haben Betreiber von Kommunikationsnetzen oder ‑diensten Allgemeine Geschäftsbedingungen zu erlassen, in welchen auch die angebotenen Dienste beschrieben werden, sowie die dafür vorgesehenen Entgeltbestimmungen festzulegen. Allgemeine Geschäftsbedingungen und Entgeltbestimmungen sind der Regulierungsbehörde vor Aufnahme des Dienstes anzuzeigen und in geeigneter Form kundzumachen.

Gemäß § 25 Abs. 2 TKG sind Änderungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Entgeltbestimmungen vor ihrer Wirksamkeit der Regulierungsbehörde anzuzeigen und in geeigneter Form kundzumachen. Bei den Teilnehmer nicht ausschließlich begünstigenden Änderungen gilt eine Kundmachungs- und Anzeigefrist von zwei Monaten. Die Bestimmungen des Konsumentenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 140/1979, (KSchG), sowie des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches bleiben unberührt.

4.2.1. Nach § 31 Abs. 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2 und 3) vorgenommen worden ist.

Gemäß § 31 Abs. 2 VStG beträgt die Verjährungsfrist bei Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben ein Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen sechs Monate. Diese Frist ist ab dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

4.2.2. Der Beginn des Laufes der Verjährungsfrist hängt vom einzelnen Tatbild ab. Besteht das Tatbild in einer Unterlassung, so läuft sie ab dem Zeitpunkt, ab dem die Unterlassung beendet ist. Die Verjährung beginnt daher solange nicht, als die Verpflichtung zu handeln besteht.

Im vorliegenden Fall ist von einem echten Unterlassungsdelikt auszugehen, da ausschließlich die Nichtvornahme eines gebotenen Tuns (Unterlassen der Anzeige der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Entgeltbestimmungen an die RTR vor Aufnahme des Dienstes) pönalisiert ist. Der Gesetzgeber hat im § 25 Abs. 1 TKG einen Zeitpunkt festgelegt, bis zu dem die Anzeige an die RTR zu erstatten ist. § 109 Abs. 4 Z. 3 TKG kann nicht entnommen werden, dass auch die Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Zustandes strafbar ist. Erfolgt daher bis zur Aufnahme des Dienstes keine Anzeige an die RTR, beginnt ab diesem Zeitpunkt die Verjährungsfrist zu laufen.

Folgt man den unwidersprochen gebliebenen Feststellungen der belangten Behörde, die sich auf die Anzeige der RTR stützen, so hat die My Phone GmbH ihre Dienste am 1. Jänner 2007 (Spruchpunkt 1) bzw am 1. Juli 2007 (Spruchpunkt 2) aufgenommen.

Mit Schreiben vom 29. Jänner 2008 hat die RTR dem FMB mitgeteilt, dass die M GmbH die Entgeltbestimmungen gemäß § 25 TKG nicht angezeigt habe.

Als zuständige Fernmeldebehörde (§ 112 TKG) hat das FMB den erstgenannten Berufungswerber mit Schreiben vom 5. Februar 2008 zur Rechtfertigung aufgefordert und ihm den verwaltungsstrafrechtlichen Vorwurf gemacht, dass er „bisher der RTR keine Entgeltbestimmungen betreffend den seit 01.01.2007 (bzw. 01.07.2007) erbrachten Dienst“ angezeigt habe.

Die Abfertigung des Aufforderungsschreibens am 5. Februar 2008 stellt die erste behördliche Verfolgungshandlung dar. Im Hinblick auf § 31 VStG hätte eine behördliche Verfolgungshandlung jedoch zu Spruchpunkt 1 vor dem 1. Juli 2007 und zu Spruchpunkt 2 vor dem 1. Jänner 2008 vorgenommen werden müssen.

Wie die Spruchausführungen zeigen, dürfte die belangte Behörde von einem Unterlassungsdelikt ausgegangen sein, das die Wirkung eines Dauerdeliktes aufweist (arg.: "bis zum 22.02.2008 keine Entgeltbestimmungen .... und damit jedenfalls nicht rechtzeitig vor Aufnahme des Dienstes angezeigt"). Im Hinblick auf die einschlägige Strafbestimmung und § 25 TKG ist dieser Ansatz jedoch verfehlt. 

4.2.3. Da innerhalb der Verjährungsfrist von 6 Monaten keine behördliche Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist, war das angefochtene Straferkenntnis gemäß § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG aufzuheben und die Einstellung zu verfügen. 

5. Aufgrund dieses Verfahrensergebnisses haben die Berufungswerber keinen Kostenbeitrag zu leisten.  

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 [ab 1. Juli 2008: 220] Euro zu entrichten.

 

Dr. Grof

 

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