Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281037/14/Py/Da

Linz, 29.05.2008

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn H O, G, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J K, P, G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 13. August 2007, AZ: Ge96-71-2006-GRO, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutz­gesetz (ASchG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 11. April 2008 zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass im Spruch anstelle von "§ 9 Abs.2 VStG 1991" "§ 9 Abs.1 VStG 1991" zu zitieren ist und die Strafnorm iSd § 44a Z3 VStG zu lauten hat:     "§ 130 Abs.5 Einleitung ASchG".

 

II.              Der Berufungswerber hat einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat von 20 % der verhängten Geldstrafe zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 5, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  § 64 VStG.

 

 


 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 13. August 2007, AZ: Ge96-71-2006-GRO, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe von 1.600 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 130 Abs.5 Z1 iVm § 118 Abs.3 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) BGBl. Nr. 450/1994 idgF iVm § 7 Abs.1 iVm § 7 Abs.2 Z4 Bauarbeiterschutzverordnung (BauV), BGBl. Nr. 340/1994 idgF verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma "F O GmbH" (protokolliert beim Firmenbuch des Landesgerichtes Wels unter FN ), persönlich haftende Gesellschafterin der Firma F O GmbH & Co (protokolliert beim Firmenbuch des Landesgerichtes Wels unter FN ), mit Sitz in G, L, und somit als zur Vertretung nach außen berufendes Organ (§ 9 Abs.2 VStG 1991 idgF) und Arbeitergeber zu verantworten habe, dass im Zuge einer am 20. Juni 2006 von einem Organ des Arbeitsinspektorates Linz durchgeführten Kontrolle auf der Baustelle X, E, S, festgestellt wurde, dass die gesetzlichen Bestimmungen der Bauarbeiterschutzverordnung nicht erfüllt waren.

Am 20. Juni 2006 waren vier Arbeitnehmer der O F GmbH & Co in ca. 13 m Höhe mit der Verlegung von Stahlbetonfertigteilen beschäftigt. Obwohl Absturzgefahr aus mehr als 2 m, nämlich ca. 13 m Höhe, bestand, waren keine geeigneten Absturzsicherungen (iSd § 8 BauV), Abgrenzungen (iSd § 9 BauV) oder Schutzeinrichtungen (iSd § 10 BauV) angebracht. Die Arbeitnehmer waren auch nicht mittels Sicherheitsgeschirr gegen Absturz gesichert. Absturzgefahr liegt gemäß § 7 Abs.2 Z4 BauV an sonstigen Arbeitsplätzen und Standplätzen bei mehr als 2,0 m Absturzhöhe vor.

 

In der Begründung verweist das angefochtene Erkenntnis auf die Feststellungen des Arbeitsinspektorates in der Anzeige vom 30. Juni 2006 und führt unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtslage aus, dass kein Anlass bestehe an den Feststellungen des Arbeitsinspektorates Linz zu zweifeln. Vom Bw konnte das Vorliegen eines wirksamen Kontrollsystems, welches seine Entlastung bewirken würde, nicht glaubhaft gemacht werden.

 

2. Dagegen wurde vom Bw im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung fristgerecht Berufung erhoben und die Aufhebung und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt. Begründend wird ausgeführt, dass dem Spruch des Straferkenntnisses eine konkrete Tatzeitumschreibung fehle und auch die Namen der vier Arbeitnehmer im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses einbezogen hätten werden müssen. Auch wäre es erforderlich gewesen, im Spruch das konkrete Unterlassen, das der Berufungswerber zu verantworten hätte, auszuführen sowie fehle die Nennung des Ortes, an welchem die als geboten angesehene Vorsorgehandlung unterlassen worden sei. Auch hätte nicht der § 130 Abs.5 Z1 ASchG als Strafbestimmung herangezogen werden dürfen, weshalb der angefochtene Bescheid aus mehreren Gründen gegen die Bestimmungen des § 44a VStG verstoße. Desweiteren hafte dem angefochtenen Straferkenntnis ein Begründungsmangel an und sei nicht nachvollziehbar, welche konkreten Verwaltungsübertretungen nach dem ASchG als straferschwerend herangezogen wurden. Zum Verschulden wird ausgeführt, dass Herr M S für die Einhaltung der Arbeitnehmer­schutzbestimmungen verantwortlich sei und die Mitarbeiter der Firma F O GmbH & Co. in den jeweiligen Sicherheitsmaßnahmen unterwiesen wurden, weshalb bei richtiger Würdigung der im Erstverfahren durchgeführten Zeugeneinvernahme das Vorliegen eines funktionierenden Kontrollsystems festgestellt hätte werden müssen und ein Verschulden des Bw nicht vorliege. Im Übrigen sei es dem Bw bei einem Unternehmen in der Größe wie es jenes des Bw ist nicht möglich, dass sich dieser selbst an jeder Baustelle über die Einhaltung der sicherheitstechnischen Vorschriften informiert, jedoch habe der Bw im Verwaltungsstrafverfahren ausreichend dokumentiert, dass er alles veranlasst habe, um den ihm obliegendem Sorgfaltsmaßstab nachzukommen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land mit Schreiben vom 10. September 2007 die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 11. April 2008. An dieser haben die Rechtsvertreterin des Bw, ein Vertreter des Arbeitsinspektorates Linz und ein Vertreter der belangten Behörde als Parteien teilgenommen. Als Zeuge wurde der Arbeitsinspektor Ing. K P einvernommen. Die ebenfalls zur Verhandlung geladenen Zeugen M S und F O wurden von der Rechtsvertreterin des Bw für die Verhandlung entschuldigt und der Verlesung ihrer Aussagen in der mündlichen Berufungsverhandlung zum Verfahren VwSen-281026 am 18. Oktober 2007 zugestimmt. Ergänzend zu den bereits im Akt einliegenden Fotos legte der Vertreter des Arbeitsinspektorates Linz zusätzliche bzw. vergrößerte Aufnahmen von der Baustelle X vom 20. Juni 2006 vor, die ebenfalls in das Verfahren einbezogen wurden.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Berufungswerber ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma F O GmbH, die ihrerseits persönlich haftende Gesellschafterin der Firma F O GmbH & Co mit Sitz in G, L ist.

 

Am 20. Juni 2006 wurde eine Kontrolle durch das Arbeitsinspektorat Linz auf der Baustelle X in S, E, durchgeführt und wurde dabei festgestellt, dass vier Arbeitnehmer der F O GmbH & Co in einer Höhe von ca. 13 m mit dem Versetzen von Stahlbetonfertigteilen beschäftigt wurden. Es waren keine Absturzsicherungen, Abgrenzungen oder Schutzeinrichtungen vorhanden. Die Arbeitnehmer waren auch nicht mittels Sicherheitsgeschirr gegen Absturz gesichert, obwohl Absturzgefahr bestand. Es war die Absturzkante zum Innenhof ungesichert. An den Bauteilen, an denen gearbeitet wurde, fehlten Absturzsicherungen. Der vor Ort tätige Polier erklärte das Fehlen der Absturzsicherung mit Termindruck und wies darauf hin, dass irgendwo auf der Baustelle sicher auch persönliche Schutzausrüstungen vorhanden wären. Es war kein wirksames Kontrollsystem für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften im Unternehmen eingerichtet.

 

Diese Feststellungen gründen auf die nachvollziehbaren und glaubwürdigen Aussagen des als Zeugen einvernommenen Arbeitsinspektors über seine Wahrnehmungen auf der Baustelle. Aus den im Akt einliegenden und anlässlich der mündlichen Verhandlung vorgelegten Fotos, die bei der Kontrolle gemacht wurden, ist sowohl das Fehlen jeglicher persönlicher Schutzausrüstung als auch das Fehlen von Absturzsicherungen auf jenen Bauteilen, auf denen gerade gearbeitet wurde, einwandfrei ersichtlich. Auch geht aus diesen Bildern hervor, dass die Arbeiter offenbar auf einer Höhe von 12 – 14 m ungeschützt tätig waren.

 

Der Bw weist in seinen Schriftsätzen auf das Vorliegen eines wirksamen Kontrollsystems zur Einhaltung der ArbeitnehmerInnenschutzvorschriften hin. Zu diesem Vorbringen wird auf die Aussage der im Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu VwSen-281026 gemachten Aussagen des für Stahlfertigteilverlegung an der gegenständlichen Baustelle zuständigen Bauleiters, Herrn M S und des vor Ort tätigen Baupoliers, Herrn F O verwiesen werden. Herr S war ca. drei- bis viermal pro Woche auf der Baustelle anwesend um sich über den Baufortschritt zu erkundigen, die Personaleinteilung vorzunehmen und stichprobenartig die Arbeitnehmerschutzbestimmungen bzw. Absturzsicherungen zu kontrollieren, wobei er nicht jedes Mal die gesamte Baustelle durchgegangen ist. Der ihm unterstellte Baupolier F O ist für die Baustelle verantwortlich. Das Absturzsicherungssystem an sich wird vom Bauleiter bestimmt, die konkrete Anbringung je nach Baufortschritt bestimmt der Polier vor Ort, wobei immer wieder nachgearbeitet werden muss um die Absturzsicherungen anzubringen. Üblicherweise werden von der Firma O Absturzsicherungen nicht vorgenommen sondern von der jeweiligen Baufirma, an der gegenständlichen Baustelle war ausnahmsweise die Firma O für die Absicherung verantwortlich und war dies auch im Leistungsumfang des Auftrages enthalten. Die Firma O hat für die Baustellen ein vorgefertigtes Stecksystem, welches einfach funktioniert und daher keine gesonderten Unterweisungen benötigt. Teilweise wurde mit Zwingen und eingeschobenen Latten gearbeitet, dort wo Unterzüge vorhanden waren, mit Stecksystem und Einhängen der Latten. Es gibt generell für die Baustellen eine Unterweisung, nicht aber speziell für dieses Absicherungssystem. Sicherheitsgeschirre gibt es für jeden Arbeitnehmer auf der Baustelle im Baucontainer. Die Arbeitnehmer haben Anweisung, die Sicherheitsgeschirre zu verwenden. Diese Anweisungen erfolgen mehrmals im Jahr. Einmal im Jahr findet eine Schulung u.a. über Sicherheitsvorkehrungen, wie persönliche Schutzausrüstung, statt, bei welcher auch die Poliere verpflichtend anwesend sind. An der Baustelle werden anhand einer Mappe die gängigen Sicherheitsvorkehrungen wie Helm, Sicherheitsgeschirr, Steiger usw. besprochen und wird jedem Polier die blaue AUVA-Mappe übergeben. Der Bauleiter S untersteht dem Prokuristen P, Baumeister D und dem Berufungswerber. Diese besichtigen in der Regel ein- bis zweimal im Monat die Baustellen, meist im Zug einer Baustellenbegehung mit den Kunden. Eine Kontrolle der Arbeitnehmer wird bei diesen Begehungen nicht gemacht. Bis zum Tatzeitpunkt waren weder der Berufungswerber noch der Prokurist oder der Baumeister auf der Baustelle. Dem im gegenständlichen Fall zuständigen Baupolier unterstanden ca. 10 Arbeitnehmer. Er war jeden Tag auf der Baustelle, geht auch jeden Tag die Baustelle durch und sieht nach den Absturzsicherungen. Es waren zwei Arbeitnehmer dafür verantwortlich, dass Absturzsicherungen angebracht werden. Je nach Baufortschritt muss mit den Absturzsicherungen nachgearbeitet werden, wobei es aber vorkommt, dass ohne Sicherungsmaßnahmen weitergearbeitet wird. Es gab auch Anweisungen an die Arbeitnehmer, dass sie sich angurten müssen. Seile und Geschirr waren auf der Baustelle vorhanden, wobei der Polier zum Tatzeitpunkt nicht genau sagen konnte, wo genau. Vor Beginn der Baustelle werden die Arbeitnehmer über die Sicherheitsbestimmungen, nämlich das Tragen des Helms, der Sicherheitsgeschirre und über das Aufpassen im Steiger vom Baupolier unterwiesen. Es gab diesbezüglich Anweisungen von Herrn S. Bei Beanstandungen durch das Arbeitsinspektorat wird dies vom Baupolier an den Bauleiter weitergemeldet. Wenn Arbeitnehmer weisungswidrig handeln, meldet dies der Baupolier dem Bauleiter und dieser trifft dann weitere Vorkehrungen, z.B. Sanktionen.

 

Diese Feststellungen gründen sich insbesondere auf die Aussagen der als Zeugen im Verfahren zu VwSen-281026 in der Berufungsverhandlung vom 18. Oktober 2007 einvernommenen Bauleiters und Baupoliers, deren Verlesung die Parteien im gegenständlichen Verfahren zugestimmt haben. Im Übrigen decken sie sich auch mit den Aussagen des Arbeitsinspektors. Die Feststellung, dass der Baupolier ihm gegenüber aussagte, dass irgendwo auf der Baustelle wohl persönliche Schutzausrüstung vorhanden sein müsse, wurde vom Arbeitsinspektor glaubwürdig dargelegt, auch im Hinblick auf den Umstand, dass er ansonsten zur Schließung der Baustelle verpflichtet gewesen wäre.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortlich Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Bw als handelsrechtlicher Geschäftsführer für die vorgeworfene Verwaltungsübertretung wurde nicht bestritten. Die Berufungsbehörde ist nicht nur berechtigt, sondern im Hinblick auf § 44a Z1 VStG sogar verpflichtet, dass die Verantwortlichkeit des Beschuldigten konstituierende Merkmal im Rahmen der von ihr zu treffenden Entscheidung richtig und vollständig anzugeben, was eine Richtigstellung des von der Erstbehörde angesprochenen, von der Berufungsbehörde aber nach dem Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens als unzutreffend erkannten Verantwortlichkeitsmerkmales einschließt, weshalb der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses diesbezüglich zu berichtigen war (vgl. VwGH vom 30.7.1992, Zl. 92/18/0183).

 

5.2. Gemäß § 7 Abs.1 Bauarbeiterschutzverordnung – BauV, BGBl. Nr. 340/1994 idF BGBl. II Nr. 242/2006, sind bei Absturzgefahr Absturzsicherungen (§ 8), Abgrenzungen (§ 9) oder Schutzeinrichtungen (§ 10) anzubringen.

 

Gemäß § 7 Abs.2 Z4 BauV liegt Absturzgefahr vor an sonstigen Arbeitsstätten, Standplätzen und Verkehrswegen bei mehr als 2 m Absturzhöhe.

 

Gemäß § 118 Abs.3 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) BGBl. Nr. 450/1994 idF BGBl. I Nr. 113/2006, gilt die Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

 

Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis zu 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/In den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

 

Im Grunde des als erwiesen festgestellten Sachverhaltes, nämlich dass bei einer Absturzhöhe von ca. 13 m ohne Absturzsicherungen Arbeiten vorgenommen wurden, ist der objektive Tatbestand der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung erfüllt.

 

Die Behauptung der mangelhaften Angabe des Tatzeitpunktes im Berufungsvorbringen stellt sich als unrichtig heraus, zumal im Spruch des Straferkenntnisses als Tattag eindeutig der 20. Juni 2006 angeführt ist und nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Angabe einer Uhrzeit nicht erforderlich ist (vgl. VwGH vom 31.3.2006, Zl. 2004/02/0366). Auch der Tatort ist eindeutig umschrieben, es ist der Sitz der Firma F O GmbH & Co in G, L, aus dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses eindeutig zu entnehmen. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist bei Unterlassungsdelikten als Tatort der Sitz der Unternehmensleitung anzunehmen, nämlich als der Ort, von wo aus die entsprechenden Vorsorgemaßnahmen hätten getroffen werden müssen. Dies ist im Bezug auf Arbeitnehmerschutzbestimmungen der Sitz der Unternehmensleitung (vgl. VwGH vom 15.7.2004, Zl. 2001/02/0042).

 

Da dem Berufungswerber das Fehlen von technischen Sicherungseinrichtungen vorgehalten wurde, ist die namentliche Nennung der angetroffenen Arbeitnehmer nicht erforderlich. Entsprechend hat die belangte Behörde auch nur ein Delikt angenommen. Auch hat nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes der Spruch des Straferkenntnisses hinsichtlich der Unterlassung der erforderlichen Einhaltung der Arbeitnehmer­schutzbestimmungen nicht konkret jene Maßnahmen anzuführen, die der Arbeitgeber hätte treffen müssen (vgl. VwGH vom 11.5.2004, Zl. 2003/02/0248). Hinsichtlich der Strafbestimmung ist auszuführen, dass sowohl nach § 118 Abs.3 iVm § 130 Abs.5 Z1 ASchG als auch Übertretungen der BauV nach § 130 Abs.5 Z1 ASchG eine Verwaltungsübertretung bilden und zu bestrafen sind. Auf die zahlreiche Judikatur des VwGH wird hingewiesen.

 

5.3. Hinsichtlich des Verschuldens macht der Berufungswerber geltend, dass ein wirksames Kontrollsystem zur Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften vorgelegen sei in dem die Arbeitnehmer unterwiesen wurden, auf der Baustelle der Baupolier zuständig war und der Bauleiter die Baustelle kontrollierte. Diese Ausführungen können allerdings eine Entlastung des Berufungswerbers nicht bewirken. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinn der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Berufungswerber kein Entlastungsnachweis erbracht wird.

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof schon mehrfach ausgesprochen hat, ist entsprechend für die Befreiung von der Verantwortlichkeit des Arbeitgebers für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems (VwGH vom 9.9.2005, Zl. 2005/02/0018). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Berufungswerber initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus.

 

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutz­gesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Allerdings kann der Berufungswerber nach § 5 Abs.1 VStG den ihm obliegenden Entlastungsnachweis nicht allein dadurch erbringen, dass er die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen hat, es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 13.12.1990, 90/09/0141 ua.). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer "Oberaufsicht" nicht aus. Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In seinem Erkenntnis vom 20.12.2002, Zl. 99/02/0220 hat dazu der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem genügt.

 

Es reicht daher nicht aus, dass sich der Berufungswerber darauf stützt, dass er einen geeigneten Polier eingesetzt hat, der auch Unterweisungen erhalten hat und dass dieser Polier seinerseits vom Bauleiter kontrolliert wird. Es hätte vielmehr auch eines weiteren Nachweises bedurft, wie der Berufungswerber Kontrollen durchführt, wie oft er diese durchführt und welche konkreten Maßnahmen getroffen wurden, um unter den vorhersehbaren Umständen die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften gewährleisten zu können. Ein solches Vorbringen fehlt jedoch zur Gänze und kann dies auch mit dem Hinweis auf die Größe des vom Bw geführten Unternehmen nicht dargelegt werden. Indem die Bestellung eines verantwortlich Beauftragten für einen konkreten räumlichen und sachlichen Bereich nicht erfolgte, obliegt es dem Bw, das Vorliegen eines lückenlosen Kontrollnetzes im Unternehmen für einen Entlastungsnachweis darzulegen. Indem ihm dies nicht gelungen ist, ist zumindest von fahrlässiger Tatbegehung und somit vom Verschulden des Bw auszugehen, zumal der in das Kontrollsystem eingebundene Bauleiter selbst nur stichenprobenartige Baustellenkontrollen hinsichtlich der Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvor­schriften durchführt.

 

5.4. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1). Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die belangte Behörde hat zu Recht auf den Unrechtsgehalt der Tat hingewiesen, insbesondere auf die erhöhte Gefährdung von Leben und Gesundheit der Arbeitnehmer. Im Verfahren konnte zwar nicht zweifelsfrei festgestellt werden, dass bereits vor dem gegenständlichen Vorfall eine Baustellenkontrolle mit entsprechenden Feststellungen durch den Arbeitsinspektor erfolgte, jedoch ist aufgrund der Angaben des als Zeugen einvernommenen Arbeitsinspektors in der Berufungsverhandlung mit hoher Wahrscheinlichkeit von einer bereits vor dem gegenständlichen Tatzeitpunkt durchgeführten Kontrolle auszugehen. Ein Rechtsanspruch des wegen Übertretung einer Arbeitnehmerschutzvorschrift Beschuldigten auf Unterbleiben einer Anzeige an die Verwaltungsstrafbehörde bzw. Nichtbestrafung, wenn das Arbeitsinspektorat eine Aufforderung iSd § 9 Abs.1 ArbIG unterlässt, ist § 9 Abs.1 und 3 ArbIG nicht zu entnehmen (vgl. VwGH vom 25.5.2007, Zl. 2006/02/0322). Im Übrigen ist auf die erhöhte Gefährdung von Leib und Gesundheit der Arbeitnehmer bei ungesicherten Arbeiten in Höhe von 13 m hinzuweisen, weshalb die Erstattung der Strafanzeige durch das Arbeitsinspektorat jedenfalls auch ohne vorausgehende Aufforderung nach § 9 Abs.1 ArbIG gerechtfertigt war. Vielmehr liegt auf Grund dieser schwerwiegenden Übertretung auch eine erhebliche Verletzung des Schutzzweckes der Norm vor. Milderungsgründe konnten auch im Berufungsverfahren nicht festgestellt werden, wohingegen dem Berufungswerber bereits zwei rechtskräftige einschlägige Vorstrafen wegen Übertretungen von Arbeitnehmerschutzbestimmungen anzulasten sind. Eine ausdrückliche Anführung dieser Vorstrafen in der Bescheidbegründung ist nicht erforderlich, zumal die Strafen gegen den Bw ergangen sind und daher ihm bekannt sein müssen. Die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe erscheint daher nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates im Hinblick auf den Unrechtsgehalt der Tat gerechtfertigt und erforderlich, ihn künftig zu einem gesetzeskonformen Verhalten anzuleiten.

Macht der Berufungswerber Mängel in der Strafbemessung geltend, so obliegt es ihm im Rahmen der Mitwirkungspflicht entsprechende Angaben der Behörde gegenüber zu machen.

 

Milderungsgründe wurden nicht vorgebracht und traten, wie bereits angeführt, auch nicht hervor, sodass von einer außerordentlichen Milderung gemäß § 20 VStG nicht auszugehen war. Auch lagen die kumulativ erforderlichen Voraussetzungen nach § 21 VStG, nämlich geringfügiges Verschulden und unbedeutende Folgen, nicht vor, zumal das Tatverhalten des Berufungswerbers nicht wesentlich hinter dem in der Strafdrohung zum Ausdruck kommenden Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückblieb.

 

Da der gesetzlich vorgesehene Strafrahmen sich im Einleitungssatz zu § 130 Abs.5 ASchG befindet, war entsprechend dieser Bestimmung die Strafnorm im Spruch des Straferkenntnisses zu berücksichtigen.

 

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 320 Euro, festzusetzen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. Andrea Panny

 

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