Linz, 10.06.2008
E r k e n n t n i s
(Bescheid)
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung der Frau S L, geb. , L S, B S gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 30.04.2008, VerkR22-3-42-2008 betreffend Anordnung einer Nachschulung und Verlängerung der Probezeit, zu Recht erkannt:
Der Berufung wird stattgegeben und der erstinstanzliche Bescheid aufgehoben.
Rechtsgrundlage: § 4 Abs.1 FSG
Entscheidungsgründe:
Die belangte Behörde hat der nunmehrigen Berufungswerberin (Bw) am Dienstag, 21. Februar 2006 die Lenkberechtigung für die Klasse B erteilt.
Die Bw lenkte am 21.02.2008 um 19.28 Uhr einem dem Kennzeichen nach näher bestimmten Pkw auf einer näher bezeichneten Straße mit öffentlichem Verkehr in Wels. Dabei hat sie das Rotlicht der Verkehrslichtsignalanlage nicht beachtet.
Die Bundespolizeidirektion Wels hat mit Straferkenntnis vom 26.03.2008, über die Bw wegen der Verwaltungsübertretung nach § 38 Abs.5 StVO eine Geldstrafe verhängt.
Dieses Straferkenntnis ist – durch Rechtsmittelverzicht – in Rechtskraft erwachsen.
Die belangte Behörde hat daraufhin mit dem in der Präambel zitierten Bescheid die Bw gemäß § 4 Abs.3 FSG verpflichtet
- sich auf ihre Kosten innerhalb von vier Monaten – gerechnet ab Zustellung dieses Bescheides – einer Nachschulung zu unterziehen sowie
- den Führerschein zwecks Eintragung der Probezeitverlängerung / Neuausstellung eines Scheckkartenführerscheines der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen innerhalb einer näher bezeichneten Frist vorzulegen.
Gegen diesen Bescheid hat die Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 07.05.2008 erhoben.
Hierüber hat er Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 67a Abs.1 AVG) erwogen:
Die belangte Behörde hat – wie bereits dargelegt – der Bw am Dienstag, dem 21. Februar 2006 die Lenkberechtigung für die Klasse B erteilt.
Gemäß § 4 Abs.1 erster Satz FSG unterliegen Lenkberechtigungen für die Klasse B – welche Personen erteilt werden, die vorher keine Lenkberechtigung besessen haben – einer Probezeit von zwei Jahren.
Es bedarf keiner näheren Erläuterung, dass die Probezeit sofort nach Erteilung der Lenkberechtigung/Ausfolgung des Führerscheines – und nicht erst mit Ablauf des betreffenden Tages – beginnt.
Begeht der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der Probezeit eine Verwaltungsübertretung nach § 38 Abs.5 StVO,
so ist gemäß § 4 Abs.3 iVm § 4 Abs.6 Z1 lit.f FSG
- eine Nachschulung anzuordnen und
- die Probezeit um ein Jahr zu verlängern.
Gemäß § 32 Abs.2 AVG enden Fristen, welche nach Jahren bestimmt sind, mit dem Ablauf desjenigen Tages, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat.
Nach der Fristenberechnung gemäß § 32 Abs.2 AVG wäre somit bei der Bw das Ende der Probezeit am 21. Februar 2008, 24.00 Uhr.
Nach der Judikatur des VwGH beginnen nach Jahren bestimmte Fristen an dem Tag – und zwar um 24.00 Uhr dieses Tages – zu laufen, an dem das den Fristenlauf bestimmende Ereignis stattgefunden hat. Diese Fristen enden um 24.00 Uhr des gleich bezeichneten Tages des entsprechenden Jahres;
siehe dazu die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band I, 2. Auflage, E 16 zu § 32 AVG (Seite 453) zitierten zahlreichen VwGH-Erkenntnisse.
Gemäß dieser Judikatur ist somit – rechtstheoretisch – der Zeitraum von einem oder mehreren Jahren auf die Stunde genau zu berechnen!
Der Bw wurde von der belangten Behörde – wie dargelegt – am Dienstag, 21. Februar 2006 spätestens um 17:00 Uhr – die Kundenzeiten enden an einem Dienstag um diese Uhrzeit – die Lenkberechtigung für die Klasse B erteilt und hat – wie bereits ausgeführt – die Probezeit sofort begonnen.
Nach der "stundengenauen" Fristenberechnung gemäß der zitierten Judikatur des VwGH wäre somit das Ende der Probezeit: 21. Februar 2008, (spätestens) 17.00 Uhr!
Die Bw war im Zeitpunkt der Übertretung des § 38 Abs.5 StVO (21.02.2008, 19.28 Uhr), nachweislich seit mehr als zwei Jahren – nämlich seit zwei Jahren + (mindestens) 2 1/2 Stunden – im Besitz der Lenkberechtigung für die Klasse B!
Die Anordnung einer Nachschulung würde somit weder einen rechtlich vertretbaren, noch einen im öffentlichen Interesse gebotenen Härtefall bedeuten;
vgl. dazu allgemein die Judikatur des VfGH zum "Gleichheitsgrundsatz".
Es war daher der Berufung stattzugeben, der erstinstanzliche Bescheid aufzuheben und spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 [ab 1. Juli 2008: 220] Euro zu entrichten.
Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 13,20 Euro angefallen.
Mag. Josef Kofler