Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521931/5/Bi/Se

Linz, 16.06.2008

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn S O, P, vom  2. April 2008 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Braunau/Inn vom 20. März 2008; GZ: 07/457390, wegen Abweisung des Antrages auf Erteilung einer Lenkberechtigung für die Klasse B, zu Recht erkannt:

 

 

     Der Berufung wird keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass der Bw zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B gesundheitlich nicht geeignet ist.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde der Antrag des Berufungswerbers (Bw) auf Erteilung einer Lenkberechtigung für die Klasse B vom 26. November 2007 gemäß §§ 3 Abs.1 Z2 und 7 FSG abgewiesen. Begründet wurde dies mit zwei Alkoholübertretungen vom Jänner 2008 und vom Juni 2007, die der Bw als Lenker eines Fahrrades begangen habe.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte mit 26. März 2008.

 

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz  AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungs­ver­handlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er habe am 29. Jänner 2008 das Fahrrad nicht gelenkt, sondern sei ein paar Meter daneben gestanden und habe den Tannenwald betrachtet, als die Polizei aus dem Hinterhalt auf ihn losge­stürmt sei. Sie hätten ihn schon einmal krankenhausreif geschlagen und dann gesagt, er sei im Rausch in der Nacht auf den Kopf gefallen. Diese besonders geschulten Organe seien in Wahrheit nur primitive Schläger und farbenblind, weil sie unterschiedliche Fahrräder nicht voneinander unterscheiden könnten. Es gebe kein Foto, die Beamten seien immer zu zweit, könnten sich alles erlauben und im Notfall decke einer den anderen.

Beim Vorfall vom 3. Juni 2007 seien sie 200m vor seinem Haus aus dem Hinter­halt ohne Beleuchtung gekommen, obwohl er sein Fahrrad geschoben habe. Er sei schon fast zu Hause gewesen als er aufgestiegen sei; so ähnlich sei es die vorigen Male auch gewesen.

Er hätte nicht so gute Leber- und Langzeitwerte, wenn er Alkoholiker wäre. Er habe niemanden gefährdet und in der Nacht sei auf den paar Metern schon fast bei ihm zu Hause niemand da gewesen. Den Stinkefinger habe er ihnen gezeigt, weil sie ihn beim letzten Mal ins Auto getreten hätten. Er ersuche, das extreme Radfahrverbot auch noch einmal zu überdenken, zumal er für seine asthma­kranke Mutter, die an grünem Star leide, vieles erledigen müsse.

Im Alltag sei er nicht betrunken und ein disziplinierter Rad- und Autofahrer und würde nie mehr betrunken mit einem Auto fahren. Die paar Male nachts nach dem Ausgehen habe er wirklich unglaubliches Pech mit der Polizei gehabt. Vor dem letzten Vorfall habe er fünf Monate nichts getrunken und den Führerschein schon fast wieder gehabt.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus ergibt sich, dass der Bw am 26. November 2007 einen Antrag auf Ertei­lung einer Lenkberechtigung für die Klasse B gestellt hat. Am selben Tag wurde er von der Amtsärztin der Erstinstanz Frau Dr. N im Hinblick auf seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B unter­sucht. Im Befund nimmt die Amtsärztin Bezug auf das "alkoholische Vorleben" des Bw insofern, als dieser bereits mehrere Führerscheinentzüge wegen Alkohol gehabt habe, zuletzt habe er zwischen 2003 und 2005 vier Alkoholdelikte als Lenker eines Fahrrades begangen. Nachdem er 2007 der Aufforderung, sich vom Amtsarzt untersuchen zu lassen, nicht Folge geleistet habe, wurde ihm die Lenk­berechtigung ab 4. September 2007 auf unbestimmte Zeit entzogen.

Der Bw weist weiters eine rechtskräftige Vormerkung vom 28. Juni 2007 wegen Verweigerung des Alkotests nach dem Lenken eines Fahrrades auf. Nach eigener Mitteilung habe er zuletzt drei Monate keinen Alkohol mehr getrunken, habe im August 2007 eine Alkoholentgiftung im KH Braunau gemacht, sei zwei Wochen auf der Psychiatrie gewesen, danach in einer Therapiegruppe. Zuvor habe er beim Ausgehen ein- bis zweimal pro Woche 3 bis 5 Halbe Weiß­bier getrunken.

Die Amtsärztin stellte eine Zuweisung an einen Facharzt für Psychiatrie aus (Diagnose: "Zustand nach Alkoholentgiftungsbehandlung September 2007 nach Alko­hol­intoxikation, Alkoholselbsthilfegruppe, im vorangegangenen Zeitraum zumindest Alkoholmissbrauch angenommen, derzeit FS-Entzug"). Außerdem wurde der Bw zur Beibringung von Leberlaborwerten aufgefordert – GOT, GGT, CDT, GPT waren laut Befund Dris S vom 10. Dezember 2007 normwertig, MCV etwas erhöht.

Der Bw wurde von der Amtsärztin zu einem Facharzt für Augenheilkunde und Opto­metrie zugewiesen wegen reduziertem Visus und Verdacht auf funktionelle Einäugigkeit – der Befund Dris Tide vom 29. November 2007 war normwertig mit Korrektur (Fernbrille).

Einen Befund des Facharztes für Psychiatrie legte der Bw bislang nicht vor.

 

Mit inzwischen in Rechtskraft erwachsenem (Mandats-)Bescheid des Bezirks­haupt­mannes von Braunau/I. vom 20. Februar 2008, VerkR21-134-2008/BR, wurde dem Bw das Lenken von Fahrrädern für das Gebiet des Bundeslandes Oberösterreich für die Dauer von 24 Monaten gemäß § 59 Abs.1 lit.b und Abs.2 StVO 1960 verboten. Grundlage dafür war der Vorfall vom 29. Jänner 2008, 15.56 Uhr, bei dem der Bw ein Kinderfahrrad in einem durch Alkohol beein­trächtigten Zustand mit 1,15 mg/l Atemalkoholgehalt auf einem Gehweg im Gemeindegebiet  Braunau/I. lenkte – das Straferkenntnis vom 15. April 2008, VerkR96-1242-2008, wegen Übertretung gemäß § 5 Abs.1 StVO 1960 ist mittlerweile ebenso rechts­kräftig. Außerdem habe er am 3. Juni 2007, 1.25 Uhr,  ein Herrenfahrrad auf der M-straße in Braunau/I. in vermutlich alkohol­beeinträchtigtem Zustand gelenkt und sich geweigert, der Aufforderung zum Alkotest Folge zu leisten – das Straferkenntnis vom 28. Juni 2007, VerkR96-4641-2007, wegen Übertretung gemäß §§ 5 Abs.2 StVO 1960 ist ebenso rechtskräftig.

Seit dem Jahr 2003 sei er insgesamt sechsmal in einem durch Alkohol beein­trächtigten Zustand beim Lenken von Kraftfahrzeugen bzw Fahrrädern betreten worden. Durch sein Verhalten, insbesondere den enormen Alkoholein­fluss, bilde er eine große Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs und das Lenken in der Nacht ohne Beleuchtung stelle ein großes Risiko dar.

Der Bw weist außer den bereits oben angeführten weitere vier rechtskräftige Vormerkungen wegen § 5 Abs.1 und 2 StVO aus den Jahren 2003 bis 2005 auf.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 3 Abs.1 FSG darf eine Lenkberechtigung ua nur Personen erteilt werden, die ua 2. verkehrszuverlässig und 3. gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahr­zeug zu lenken.

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) ange­nommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraft­fahrzeugen ua die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird. Als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 FSG hat gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG insbesondere zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 begangen hat.

 

Auf der Grundlage des Beweisverfahrens war davon auszugehen, dass der Bw die beiden von der Erstinstanz als Entscheidungsgrundlage herangezogenen Alkohol­übertretungen jeweils als Lenker eines Fahrrades, dh nicht eines Kraftfahr­zeuges, begangen hat. Wenngleich die Formulierung "insbesondere" ausdrückt, dass hier eine bloß beispielsweise (und daher von der Behörde grundsätzlich ergänzbare) Aufzählung erfolgt ist, sodass auch eine jedenfalls der Z1 gleich­wertige Alkohol­übertretung als bestimmte Tatsache angesehen werden könnte, ist letztlich nicht davon auszugehen, dass ein Lenker eines Fahrrades mit 1,15 mg/l AAG die Verkehrssicherheit in gleichem Maß gefährdet wie der Lenker eines Kraftfahr­zeuges, selbst wenn dies wiederholt der Fall ist und die Voraus­setzungen des § 59 Abs.1 StVO 1960 für den Ausspruch eines Lenkverbotes für Fahrräder für die Dauer von 24 Monaten für gegeben erachtet wurden.   

Das Lenkverbot für Fahrräder für 24 Monate (gerechnet ab Zustellung des Bescheides vom 20. Februar 2008 an den Bw) ist im übrigen rechtskräftig, sodass ein "Über­denken" seitens der Behörde nicht in Betracht kommt. Dass seine Mutter seine Hilfe gebraucht hätte, musste dem Bw schon vor Begehung der genannten Übertretung bewusst sein.

 

Gemäß § 14 Abs.1 FSG-GV darf ua Personen, die von Alkohol abhängig sind oder den Konsum von Alkohol nicht so weit einschränken können, dass sie beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt sind, eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden. Personen, bei denen ua der Verdacht einer Alkoholabhängigkeit besteht, haben eine fachärztliche psychiatrische Stellung­nahme beizubringen.

Zur Frage der gesundheitlichen Eignung des Bw ist festzustellen, dass diesbezüglich kein amtsärztliches Gutachten gemäß § 8 FSG vorliegt, weil der Bw trotz Zuweisung an einen Facharzt für Psychiatrie seiner Wahl wegen der seit Jahren offensicht­lichen Alkoholproblematik bislang die verlangte FA-Stellung­nahme nicht vorlegen konnte.

Der Bw wurde mit h. Schreiben vom 27. Mai 2008 aufgefordert, diese FA-Stellungnahme vorzulegen, worauf er mit Schreiben vom 11. Juni 2008 mitteilte, er habe den Termin abgesagt und bekomme erst in drei Monaten einen neuen FA-Termin, weil es in Braunau nur zwei solche Gutachter gebe.

 

Ohne eine zumindest auf "bedingt geeignet zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B" lautende Stellungnahme eines Facharztes für Psychiatrie ist keine positive Feststellung über eine gesundheitliche Eignung des Bw diesbezüglich zu treffen, sodass die Berufung aus diesem Grund abzuweisen war. Sobald eine solche positive FA-Stellungnahme vorliegt, steht es dem Bw jederzeit frei, einen neuen Antrag auf Erteilung einer Lenkberechtigung zu stellen.

  

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro (ab 1. Juli 2008 220 Euro) zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

Alkohol Lenken eines Fahrrades ist keine Verkehrsunzuverlässigkeit iSd § 7 FSG, aber gesundheitliche Nichteignung mangels psychiatrischer Stellungnahme –> Bestätigung

 

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