Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521977/2/Bi/Se

Linz, 16.06.2008

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn Mag. R P, L, vom 30. Mai 2008 gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 27. Mai 2008, AZ:08/190376, wegen Einschränkung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

 

 

     Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde gemäß § 24 Abs.1 Z2 FSG die Gültigkeit der dem Berufungswerber (Bw) von der BPD am 27. Mai 2008, Zl. 08/190376, für die Klasse B erteilten Lenkberechtigung  durch Auflagen insofern eingeschränkt, als beim Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B das Tragen einer geeigneten Brille oder von geeigneten Kontaktlinsen erforderlich sei und der Bw sich in Abständen von vier Monaten einer ärztlichen Kontrolluntersuchung auf Kokain im Harn (laut amtsärztlichem Gutachten vom 20.5.2008) zu unter­ziehen habe und bis spätestens 20.9.2008, 20.1.2009 und 20.5.2009 der Behörde persönlich oder per Post Facharzt­gutachten für Labormedizin im Original vorzulegen habe.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte mit 27. Mai 2008.

 

2. Gegen die Auflage der viermonatigen Kontrolluntersuchungen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2.Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, Dr. M habe ihm bestätigt, er habe in seine Stellungnahme den "üblichen" Standardpassus aufnehmen müssen, auch wenn er diesbezüglich keine Veranlassung sehe; dieser Passus müsse aber vom Amtsarzt nicht übernommen werden. Er sei durch die Eintragung im Führerschein benachteiligt, da er diesen beruflich benötige und die Eintragung unweigerlich zu seiner persönlichen Ruf­schädigung führe, was sich negativ auf seinen beruflichen Werdegang auswirke. Er habe bereits 220 Euro für das psychiatrische Gutachten und 30 Euro für die Labor­unter­suchung bezahlt und durch die Auflage entstünden weitere Kosten von 180 Euro für 3 Laboruntersuchungen und 2 neue Führerscheine. Im Hinblick auf die geringfügige Menge/Häufigkeit und des großen Zeitraumes seit dem letzten Konsum ersuche er um Bescheidaufhebung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass der Bw auf der Grundlage der Aussage des M.S. vom Jänner 2008, H.T. habe ihm in den Jahren 2003 oder 2004 in einem bestimmten Lokal in Linz Kokain verkauft, und seiner eigenen Aussage vom 21. Jänner 2008, er habe zurückliegend mit Kokain Kontakt gehabt, aber an seinem Geburtstag im Juli 2007 aus eigenen Stücken damit aufgehört, mit Bescheid der Erstinstanz vom 19. März 2008 gemäß § 24 Abs.4 FSG aufgefordert wurde, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen und die erforderlichen Befunde beizubringen.

Der Bw wurde am 20. Mai 2008 vom Polizeiarzt Dr. G gemäß § 8 FSG  untersucht und legte einen negativen Drogenharnbefund auf Kokain vom 30. April 2008 sowie eine Stellungnahme Dris A M, FA für Psychiatrie, vom 14. Mai 2008 vor, wonach bei der Diagnose "Gelegenheitskonsum von Kokain (gegenwärtig remittiert)" ein unauffälliger psychopathologischer Befund bestehe und sich bei unauffälligem Laborbefund auf Kokain-Metabolite im Harn kein Hinweis auf Beein­trächtigung durch Drogen oder eine Entzugssymptomatik ergebe. Abschließend führt Dr. M aus, durch die vorliegende Befund­konstellation ergebe sich derzeit kein Hinweis für einen Missbrauch oder einen Abhängigkeit von Kokain. Aus psychiatrischer Sicht bestehe daher gegenwärtig kein Einwand gegen die Weitererteilung der Lenkberechtigung für die Klasse B – "Im Sinne der Risiko­minimierung sollten allerdings innerhalb des nächsten Jahres der Behörde nach kurzfristiger Aufforderung noch drei einschlägige Harnbefunde vorgelegt werden."

Laut amtsärztlichem Gutachten Dris G ist der Bw zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B "bedingt geeignet 12 Monate" unter den Auflagen der Verwendung einer Brille bzw von Kontaktlinsen sowie Kontrollunter­suchungen auf Kokain im Harn durch einen FA für Labormedizin in 4, 8 und 12 Monaten. Begründet wurde dies zum einen mit den Aussagen des Bw, drei- bis viermal im Jahr ausschließlich Kokain konsumiert zu haben, erstmals vor drei Jahren, letztmalig im Juli 2007. Trotz fehlender nachteiliger Beeinträchtigungen wurde "in enger Anlehnung an das psychiatrische Gutachten im Sinne der Risikominimierung eine längerfristige Observanz der Konsummuster" für notwendig erachtet und drei Drogenharnbefunde auf Kokain vorgesehen, wobei bei entsprechender Bewähr­ung am Ende des Überwachungszeitraumes von einer stabilen Abstinenz gesprochen werden und eine Aufhebung der Bedingung ins Auge gefasst werden könne.

Dem hat sich die Erstinstanz laut Begründung des angefochtene Bescheides angeschlossen.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (dazu gehört gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG die gesundheitliche Eignung) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit 1. die Lenkbe­rechtigung zu entziehen oder 2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auf­lagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzu­schränken. Diesfalls ist gemäß § 13 Abs.5 ein neuer Führerschein auszustellen.  

Gemäß § 14 Abs.5 FSG-GV ist ua Personen, die mit Suchtmitteln gehäuften Missbrauch begangen haben, nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellung­nahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenk­berechtigung der Gruppe 1 (wieder) zu erteilen.

 

Zusammenfassend ist davon auszugehen, dass der Bw gelegentlich in den Jahren 2004 bis 2007, zuletzt Juli 2007, ausschließlich Kokain konsumiert hat; dass er in einem durch Kokain beein­trächtigten Zustand als Lenker eines Kraftfahrzeuges am Straßenverkehr teilgenommen hätte, wird nicht ein­mal behauptet und liegen dafür auch keine Anhaltspunkte vor. Der von ihm selbst später sogar näher ausgeführte gelegentliche Konsum von Kokain kam zufällig durch Aussagen von Beteiligten im Rahmen gerichtlicher Erhebungen hervor, wobei der Drogen­harnbefund vom April 2008 eindeutig negativ war und die psychiatrische Stellungnahme sowohl Kokainmissbrauch als auch –ab­hän­gig­keit eindeutig ausschloss.

 

Der VwGH führt im Erkenntnis vom 25. Mai 2005, 2003/11/0310 (wie auch schon in den Erkenntnissen vom 24. August 1999, 99/11/0092, vom 23.5.2000, 99/11/0340, und vom 24.8.1999, 99/11/0092, 0175), aus, wie sich aus § 14 FSG-GV ergebe, berühre ein geringfügiger Suchtmittelgenuss - wie auch ein geringfügiger Alkoholgenuss ohne Zusammenhang mit dem Lenken eines Kraftfahrzeuges – die gesundheitliche Eignung (noch) nicht. Erst dann, wenn der Konsum zu einer Abhängigkeit zu führen geeignet sei oder wenn die Gefahr bestehe, dass die betreffende Person nicht in der Lage sein könnte, den Konsum so weit einzuschränken, dass ihre Fähigkeit zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht (mehr) beeinträchtigt sei, läge ein Grund vor, unter dem Aspekt eines festgestellten - wenn auch verbotenen - Suchtmittelkonsums die gesundheitliche Eignung begründeterweise in Zweifel zu ziehen. Im Erkenntnis vom 23. Mai 2000, 99/11/0340, führte der VwGH unter Bezugnahme auf das  Erkenntnis vom 24. August 1999, 99/11/0092, aus, Voraussetzung für die Einleitung eines Verfahrens zur Entziehung der Lenkberechtigung seien begründete Bedenken, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z. 2 bis 4 FSG) noch gegeben seien.

Im Erkenntnis vom 18. März 2003, 2002/11/0209, führte der VwGH im Zu­sammen­hang mit der Frage, ob gehäufter Missbrauch im Sinne des § 14 Abs. 5 FSG-GV vorliege, überdies aus, um von einem gehäuften Missbrauch von Sucht­mitteln im Sinne dieser Verordnungsstelle sprechen zu können, genüge nicht ein gelegentlicher wiederholter Missbrauch, sondern es müsse sich um häufigen Missbrauch innerhalb relativ kurzer Zeit handeln, ohne dass allerdings der Nachweis einer früher bestehenden Suchtmittelabhängigkeit erforderlich sei.

 

Für den ggst Fall ist unter Zugrundelegung der VwGH-Rechtsprechung davon auszugehen, dass beim Bw aufgrund der vorgelegten eindeutigen Befunde kein Anlass besteht, seine gesundheitliche Eignung aufgrund des nun bereits fast ein Jahr zurückliegenden gelegentlichen Kokain­konsums in Zweifel zu ziehen. Eine Begrün­dung für die von Dr. M vorgeschlagene "kurzfristige Aufforderung, noch drei einschlägige Harnbefunde vorzulegen", ist im Sinne einer "Risiko­minimierung" zu sehen, lässt sich aber aus der Kokain-Vorgeschichte des Bw nicht ableiten. Eine Kontrolluntersuchung zum Zweck der "Überwachung einer stabilen Abstinenz" ist daher nicht (mehr) erforderlich, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro (ab 1. Juli 2008 220 Euro) zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

Gelegentlicher Kokainkonsum 2004 – Juli 2007, Keine Lenkung eines Kfz in suchtgiftbeeinträchtigtem Zustand, Drogentest negativ, FA befristete Kontrolluntersuchung für 1 Jahr alle 4 Monate nicht gerechtfertigt -> Aufhebung

 

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