Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150674/3/Lg/Hue

Linz, 03.06.2008

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des D G, F, F, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 27. März 2008, Zl. BauR96-108-2008, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.  

II.              Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

Rechtsgrundlagen:

Zu I: §§ 16 Abs.2, 24, 45 Abs. 1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.     Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 300 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 33 Stunden verhängt, weil er am 11. August 2007 um 9.00 Uhr als Lenker des Kfz mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen und dem behördlichen Kennzeichen  die mautpflichtige A8 Innkreisautobahn, ABKM 37.400, Gemeinde Weibern, in Fahrtrichtung Knoten Voralpenkreuz  benützt habe, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benutzung des mautpflichtigen Straßennetzes mit mehrspurigen Fahrzeugen, deren höchst zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut unterliege. Es sei festgestellt worden, dass das Fahrzeuggerät ein ungenügendes Mautguthaben aufgewiesen habe und dadurch die fahrleistungsabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet worden sei. 

 

2. In der Berufung wird darauf hingewiesen, dass es aufgrund eines vom Bw ergriffenen Rechtsmittels durch ihn in einem ähnlich gelagerten Fall zu einer verfassungsrechtlichen Überprüfung des betreffenden Paragraphen des BStMG gekommen sei. Der Bw sei seiner Pflicht zur ordnungsgemäßen Nachzahlung der Maut nachgekommen. Es sei nicht allgemein bekannt und es werde auch nicht in den "Broschüren" für die GO-Box darauf aufmerksam gemacht, dass es nur eine bestimmte Frist zur Nachentrichtung der Maut gebe.

Als Beilage ist die Kopie eines Antrages des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg an den Verfassungsgerichtshof betreffend § 33 Abs. 6 BStMG angeschlossen.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG vom 6. November 2007 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach habe die GO-Box ein ungenügendes Mautguthaben aufgewiesen.

 

Nach Strafverfügung vom 15. Jänner 2008 brachte der Bw vor, dass ihm während der Fahrt aufgefallen sei, dass die GO-Box nicht ordnungsgemäß funktioniere. Der Bw habe die Autobahn zum Aufladen der GO-Box verlassen, was jedoch an dieser Tankstelle nicht möglich gewesen sei. Eine Aufladung der GO-Box und auch Nachzahlung sei dann an der nächsten Tankstelle erfolgt. Da das Kfz erst kurz vorher umgemeldet worden sei, sei es sehr wahrscheinlich, dass die im Kfz befindliche GO-Box noch unter einer anderen Nummer registriert und deshalb vom Mautsystem nicht erkannt worden ist. Kurz darauf sei die GO-Box ausgetauscht worden.

 

Einer zusätzlichen Stellungnahme der ASFINAG vom 12. Februar 2008 ist die Wiedergabe des Anzeigeninhaltes bzw. rechtlicher Bestimmungen zu entnehmen. Zusätzlich ist angemerkt, dass am Tattag um 11.04 Uhr die GO-Box aufgeladen und eine Nachzahlung der Maut in der Höhe von 22,20 Euro geleistet worden sei. Für den gegenständlichen Tatort habe die Maut aufgrund der bereits überschrittenen Frist von 70 km nicht mehr nachentrichtet werden können. Zudem sei die gegenständliche GO-Box auf das Kennzeichen  angemeldet gewesen. Als Beilage ist eine Einzelleistungsinformation angeschlossen.

 

Dazu rechtfertigte sich der Bw wie bisher.  

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. Auf Anforderung übermittelte die ASFINAG dem Unabhängigen Verwaltungssenat am 3. Juni 2008 eine Auflistung aller vom Bw am Tattag durchfahrenen Mautbalken mit Angabe jener Mautabschnitte, für die die Maut nachentrichtet worden ist.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

5.1. Gemäß § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten. Die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft hat zur Mautabwicklung eine in Artikel 2 der Richtlinie 2004/52/EG genannte Technik zu nutzen.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Gemäß § 8 Abs. 2 BStMG haben sich Lenker bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden.

 

Punkt 8.2.4.2 der Mautordnung besagt u.a., dass der Kraftfahrzeuglenker im eigenen Ermessen und in eigener Verantwortung für ein rechtzeitiges Wiederaufladen des Mautguthabens zu sorgen hat.

 

Gemäß Punkt 8.2.4.3.1 der Mautordnung gelten folgende Signale als Information für den jeweiligen Nutzer:

Ein kurzer Signalton: Die Mautentrichtung wird auf Basis der eingestellten Kategorie bestätigt.

Zwei kurze Signaltöne: Die Mautentrichtung hat auf Basis der eingestellten Kategorie ordnungsgemäß stattgefunden, aber das Mautguthaben (nur im Pre-Pay-Verfahren) ist unter den Grenzwert in der Höhe von 30 Euro gefallen (der Nutzer hat für eine rechtzeitige Aufbuchung von Mautwerten zu sorgen), das Mautguthaben verfällt innerhalb der nächsten zwei Monate (nur im Pre-Pay-Verfahren), oder die GO-Box wird zur Kontrolle (zum ASFINAG Maut Service Center oder an die nächste GO Vertriebsstelle) zurückgerufen.

 

Gemäß Punkt 8.2.4.3.2 der Mautordnung sind vier kurze Signal-Töne vom Nutzer zu beachtende akustische Signale: Es hat keine Mautentrichtung stattgefunden, weil insbesondere vom Nutzer Bestimmungen der Mautordnung Teil B nicht beachtet wurden, oder bei GO-Box Sperre aufgrund technischer Mängel bzw. festgestellter Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Mauteinhebung. In diesem Fall hat dann jeder Nutzer seiner Nachzahlungsverpflichtung im Sinne von Punkt 7.1 im vollen Umfang nachzukommen, andernfalls der Tatbestand der Mautprellerei gemäß Punkt 10 verwirklicht wird.

 

Punkt 7.1 der Mautordnung besagt, dass für ordnungsgemäß zum Mautsystem angemeldete und mit einem zugelassenen Fahrzeuggerät ausgestattete Kraftfahrzeuge die Möglichkeit der Nachzahlung der Maut im Falle einer Nicht- oder Teilentrichtung der geschuldeten Maut, die auf technisches Gebrechen des zugelassenen Fahrzeuggerätes oder des Mautsystems, auf einen zu niedrigen Pre-Pay-Kontostand, ein gesperrtes Zahlungsmittel, auf die Verwendung einer GO-Box nach Ablauf der Gültigkeitsdauer gem. Punkt 5.6.2 oder die Verwendung einer falschen (zu niedrigen) Kategorie zurückzuführen ist, besteht. Die Möglichkeit einer Nachentrichtung der Maut besteht u.a. bis spätestens 70 Straßenkilometern und innerhalb eines Zeitraumes von fünf Stunden ab dem Zeitpunkt des Durchfahrens der ersten Mautabbuchungsstelle, an der keine ordnungsgemäße Mauttransaktion stattgefunden hat.  

 

5.2. Im gegenständlichen Fall steht unbestritten fest, dass der Bw der Lenker des gegenständlichen Kfz zur Tatzeit am Tatort war und die Maut nicht entrichtet wurde.

 

Aus den dem Unabhängigen Verwaltungssenat von der ASFINAG übermittelten Unterlagen geht hervor, dass der Bw die Maut für 9 Mautportale auf der verfahrensgegenständlichen Fahrtstrecke zwischen 8.35 Uhr und (zumindest) 12.41 Uhr nachentrichtet hat, bei denen aufgrund eines zu geringen Guthabensstandes bei der GO-Box eine Abbuchung der Maut nicht möglich gewesen ist. Eine Nachentrichtung für 9 weitere Mautportale auf dieser Strecke ist unterblieben. Nicht bezweifelt werden kann, dass mit der Leistung der Nachmaut eines Bestrafung des Lenkers nach § 20 Abs. 2 BStMG nicht mehr in Betracht kommt – die Maut wurde ordnungsgemäß entrichtet (vgl. auch Wessely, Zum Bundesstraßen-Mautgesetz 2002, ZVR 7/8 2004, S. 229ff, 232). Dergestalt präsentiert sich aber der gegenständliche Fall, da die ASFINAG für die verfahrensgegenständliche Strecke zwischen 8.25 Uhr und (zumindest) 12.41 Uhr eine Nachentrichtung der Maut akzeptiert hat. Es kann dahingestellt bleiben, ob zum Zeitpunkt der Akzeptierung der Nachmaut durch die ASFINAG um etwa 11.04 Uhr die Voraussetzungen dafür gem. Punkt 7.1 der Mautordnung noch gegeben waren oder aus welchem Grund bzw. von welcher Person (Bw oder ASFINAG-Mitarbeiter) die Nachentrichtung der Maut für die restlichen Mautportale übersehen bzw. nicht vorgeschrieben worden ist.

 

Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden. Bei diesem Ergebnis ist es ohne rechtliche Relevanz, ob die zur Tatzeit verwendete GO-Box – entgegen den Bestimmungen der Mautordnung – nicht auf das gegenständliche Kfz angemeldet war bzw. konnten die weiteren Vorbringen des Bw unerörtert bleiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro (ab 1. Juli 2008: 220 Euro) zu entrichten.

Dr. Ewald Langeder

 

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