Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105744/9/BR

Linz, 08.09.1998

VwSen-105744/9/BR Linz, am 8. September 1998

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn W, gegen den Punkt 1. des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 17. Juli 1998, AZ. VerkR96-19609-1996-Kb, wegen Übertretungen der StVO 1960, nach der am 8. September 1998 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird mit der Maßgabe bestätigt, daß der letzte Halbsatz des angefochtenen Spruchpunktes zu lauten hat: .....,"da Sie den Lkw so weit rechts lenkten, daß dadurch der bis an den Fahrbahnrand heranrangende Dachvorsprung mit Dachrinne des Gebäudes R vom Aufbau des Fahrzeug touchiert und dadurch beschädigt wurde."

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 - AVG, iVm § 19 Abs.1 u.2, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG;

II. Zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden dem Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren 200 S (20% der verhängten Geldstrafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u. 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

 

1. Über den Berufungswerber wurden von der Bezirkshauptmannschaft Braunau wegen der Übertretungen nach § 7 Abs.1, § 4 Abs.1 lit.a und § 4 Abs.5 StVO 1960 drei Geldstrafen (1.000 S, 1.500 S und 1.000 S und für den Nichteinbringungsfall 48 Stunden, 72 Stunden u. 48 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt und folgende Tatvorwürfe erhoben:

"Sie lenkten am 11.9.1996, gegen 6.35 Uhr, den LKW mit dem Kennzeichen , in auf der R Gemeindestraße in Richtung Ortszentrum M, auf Höhe des Hauses R und

1. haben als Lenker eines Fahrzeuges dieses nicht so weit rechts gelenkt, wie dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer, ohne eigene Gefährdung und ohne Beschädigung von Sachen möglich war, zumal Sie den LKW infolge eines Ausweichmanövers zu weit nach rechts lenkten und die Regenrinne der Garage des Hauses R beschädigten,

2. haben es unterlassen, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem Ihr Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand,

a) das von Ihnen gelenkte Fahrzeug sofort anzuhalten,

b) die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift der Unfallbeiteiligten bzw. der Personen, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, unterblieben ist."

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist jedoch lediglich der Punkt 1 des erstbehördlichen Tatvorwurfes!

1.1. Begründend führte die Erstbehörde aus:

"Die Ihnen umseits zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen sind aufgrund der vorliegenden Anzeige des Gendarmeriepostenkommandos M vom 18.9.1996, GZP-930/96-Ma, sowie Ihres Tatsachengeständnisses in Ihrer Rechtfertigung vom 17.12.1996, festgestellt und als erwiesen anzusehen.

Gegen unsere Strafverfügung vom 8.10.1996 erhoben Sie mit Ihrem Schreiben vom 7.11.1996 rechtzeitig Einspruch und führten zum ersten Tatvorwurf in Ihrer Rechtfertigung vom 17.12.1996 aus, daß dieser im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ungerechtfertigt sei (Vgl. VwGH vom 10. 10. 1995, 95/02/0276) und möge sohin das Verwaltungsstrafverfahren in diesem Punkt

eingestellt werden.

Zum zweiten und dritten Tatvorwurf wären Sie geständig. Sie hätten es aus lauter Eile verabsäumt, sich umgehend mit der Geschädigten in Verbindung zu setzen und ersuchten auf Grund der Tatsache, daß Sie unbescholten wären um schuld- und tatangemessene Herabsetzung der verhängten Geldstrafen, zumal der Schaden zur Gänze wieder gutgemacht worden wäre und Sie Ihren Bruder noch am selben Abend zum Gendarmerieposten geschickt hätten. Schließlich wären Sie selbst zur Einvernahme zum Gendarmerieposten gefahren und hätten ein Geständnis abgelegt. Es wäre keinesfalls Ihre Absicht gewesen Ihr Verhalten zu verschleiern.

Dem ist nun folgendes entgegenzuhalten:

Gemäß § 7 Abs. 1 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges, sofern sich aus diesem bundesgesetzlich nichts anderes ergibt, soweit rechts zu fahren, wie ihm dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer, ohne eigene Gefährdung und ohne Beschädigung von Sachen möglich ist.

Die von Ihnen in Ihrer Rechtfertigung vom 17.12.1996 zitierte Entscheidung des VwGH vom 10.10.1995, 95/02/0276 beinhaltet, daß die Bestimmung des § 7 Abs.1 erster Satz nur entnommen werden kann, sich bei Benützung der Fahrbahn soweit als hier umschrieben (Sicherheitsabstand) rechts zu halten, nicht jedoch ein Verbot die Fahrbahn nach rechts hin zu verlassen. Auch die Wendung "ohne Beschädigung von Sachen" bezieht sich im gegebenen Zusammenhang auf den vom rechten Fahrbahnrand einzuhaltenden Abstand; das Verbot der Beschädigung von Sachen auf einem rechts von der Fahrbahn gelegenen Parkplatz läßt sich daraus nicht ableiten.

Im gegenständlichen Fall haben Sie jedoch die Fahrbahn nicht nach rechts verlassen, sondern den Sicherheitsabstand zum Fahrbahnrand nicht eingehalten. Dies geht auch aus der Lichtbildbeilage zur Anzeige vom 18.9.1996, GZP-9390/96-Ma, eindeutig hervor und liegt sohin eine Übertretung gemäß § 7 Abs. 1 erster Satz StVO vor.

Bezüglich der Ihnen zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen gemäß § 4 Abs. 1 lit. a StVO und § 4 Abs. 5 StVO zeigten Sie sich geständig und erübrigt sohin jede weitere Begründung.

Zur Strafbemessung ist auszuführen, daß gemäß § 19 VStG 1991 die Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen ist, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Weiters sind die Erschwerungs- und Milderungsgründe, das Ausmaß des Verschuldens und die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten zu berücksichtigen.

Der Schutzzweck des § 4 StVO 1960 ist ein mehrfacher. Insbesondere sollen hierdurch mögliche weitgehende Folgen eines Verkehrsunfalles hintangehalten, die Ursachen eines solchen möglichst umgehend ermittelt werden können, aber auch sollen Unfallgeschädigte in die Lage versetzt werden, ohne unverhältnismäßigem Aufwand davon Kenntnis zu erlangen, mit wem er sich hinsichtlich der Schadensregulierung auseinanderzusetzen haben wird.

Der Unrechtsgehalt von Übertretungen nach § 4 StVO 1960 muß daher grundsätzlich als erheblich angesehen werden, worauf bei der Strafbemessung anhand der Kriterien des § 19 Abs. 1 VStG 1991 Bedacht zu nehmen ist.

Aufgrund einer einschlägigen Verwaltungsvorstrafe bezüglich § 4 Abs. 5 StVO, welche straferschwerend zu werten war, sowie der Umstand, daß Verwaltungsübertretungen gemäß § 4 StVO 1960 zu den gravierendsten Verstößen der StVO gehören sind nach Ansicht der zur Entscheidung berufenen Behörde die Strafen notwendig, um Sie von weiteren Übertretungen gleicher schädlicher Neigung abzuhalten. Eine Herabsetzung der Strafe war sohin sowohl aus spezial- als auch generalpräventiven Gründen nicht möglich.

Da Sie Ihre Einkommens-, Vermögen- und Familienverhältnisse trotz Aufforderung vom 18.11.1996 nicht bekanntgegeben haben, wurde bei der Bemessung der Strafe von der Ihnen mitgeteilten Schätzung (ca. S 14.000,-- monatliches Nettoeinkommen, kein Vermögen, keine Sorgepflichten) ausgegangen.

Beim vorgegebenen Strafrahmen - bei § 99 Abs. 2 lit. a StVO von S 500,-- bis S 30.000,--, bei § 99 Abs. 3 lit. a StVO bis zu S 10.000,-- und bei § 99 Abs. 3 lit.b StVO ebenso bis S 10.000,-- - sind die verhängten Strafen auch dem Unrechtsgehalt der Taten angepaßt.

Die Vorschreibung des Verfahrenskostenbeitrages gründet in der bezogenen Gesetzesstelle. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

2. In der dagegen durch seinen ag. Rechtsvertreter fristgerecht erhobenen Berufung führt der Berufungswerber folgendes aus:

"Gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am lnn vom 17.7. 1998, VerkR96-19606-1996-Kb, erhebe ich fristgerecht nachstehende

Berufung

an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

Die Rechtsansicht der Erstbehörde, wonach ich mit der von mir unbestrittenermaßen eingehaltenen Fahrlinie einen Verstoß gegen § 7 Abs.1 erster StVO gesetzt hätte, vermag nicht geteilt zu werden, von der von mir zitierten VwGH-Judikatur, welche sogar im in der Rechtfertigung zitierten Fall der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn ergangen ist und in welchem ebenfalls mein Verteidiger tätig war, vermag auch der dritte Absatz auf Seite 4 der Begründung des Strafbescheides nichts zu ändern, weil die herangezogene Bestimmung kein Verbot enthält, weiter rechts als zumutbar zu fahren.

§ 7 Abs.1 StVO enthält lediglich jene Kriterien, welche die Zumutbarkeit und Möglichkeit der Einhaltung dieses Gebotes regeln; wenn ich gegenständlich weiter rechts als zumutbar und möglich gefahren bin, so ist dies nach der genannten Bestimmung keinesfalls strafbar. Gegenständlich bin ich weiter rechts gefahren, als diese Bestimmung von mir verlangt und bin ich daraus schlußendlich der alleinige Geschädigte.

Die Tatumschreibung erfordert bei diesem Delikt einerseits die Konkretisierung, wie weit rechts ein Fahrzeuglenker gefahren ist und andererseits die konkrete Angabe, wie weit ihm dies zumutbar und möglich war (VwGH vom 22.11.1985, 85/18/0101), der Schutzzweck dieser Bestimmung ist darin gelegen, dem Gegenverkehr und auch den von links kommenden Fußgängern die ungefährdete Annäherung an die Fahrbahnmitte zu ermöglichen, um die Fahrbahn dann weiter überqueren zu können, auf keinen Fall soll eine Ergänzung bzw. Erweiterung des Straftatbestandes nach § 125 StGB erfolgen und eine fahrlässige Sachbeschädigung auf Verwaltungsebene strafbar werden.

Weiters sei auf die Judikatur des UVS des Landes Oberösterreich verwiesen (vgl. Erkenntnis vom 5.5.1998, VwSen-105433 sowie vom 18.2.1998, VwSen-105040).

Sollte die Erstbehörde mit dem gegen mich gerichteten Vorwurf meinen, es wäre zu wenig Platz für ein Ausweichmanöver gewesen, wozu aber keinerlei Feststellungen getroffen werden und was auch tatsächlich nicht der Fall ist, weil die Straßenbreite einen derartigen Begegnungsverkehr problemlos zuläßt, so hätte mir zur Last gelegt werden müssen, das Fahrzeug nicht angehalten zu haben. Ein Tatvorwurf nach § 7 Abs.2 StVO ist aber gegen mich nicht erhoben worden.

Ich beantrage daher die Stattgebung der Berufung, die Aufhebung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses und die Verfahrenseinstellung, wobei ich auf die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung verzichte.

M, am 6.8.1998 W"

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Damit wurde die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates begründet. Da keine 10.000 S übersteigenden Geldstrafen verhängt worden sind, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Zur Wahrung des in Art.6 MRK normierten Grundsatzes der Unmittelbarkeit der Verfahrensdurchführung und zur Wahrung der umfassenden Wahrheitsfindung im Rahmen einer persönlichen Anhörung des Berufungswerbers wurde trotz des ausdrücklichen Verzichtes seines Rechtsvertreters eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung anberaumt und durchgeführt.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch die Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Braunau und der Einbeziehung des anläßlich des am 2. September 1998 abgesondert durchgeführten Ortsaugenscheines gewonnenen Ergebnisses. Dabei wurde die Straßenbreite vermessen und eine Sichtung des Straßenverlaufes durchgeführt. Ebenfalls wurde hievon ein Foto angefertigt (Beil./1), wobei dieses Beweisergebnis im Rahmen der durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, zu welcher auch der Berufungswerber als Beschuldigter persönlich und auch sein ausgewiesener Rechtsvertreter geladen wurden, einer unmittelbaren Erörterung zugänglich gewesen ist. Unentschuldigt nahm jedoch weder der Berufungswerber noch dessen Rechtsfreund an dieser Verhandlung teil.

5. Sachverhalt:

5.1. Der Berufungswerber lenkte am 11. September 1996 um 06.30 Uhr einen Klein-Lkw am R talwärts und streifte dabei mit dem Aufbau des Fahrzeuges, offenkundig infolge eines Aufmerksamkeitsfehlers durch Außerachtlassung der Höhe seines Fahrzeuges, den Dachvorsprung des Gebäudes R und beschädigte diesen samt der daran angebrachten Dachrinne. Zum Vorfallszeitpunkt herrschten bereits weitgehend Tageslichtverhältnisse.

Der fragliche Straßenzug verläuft auf etwa 200 Meter in einem verhältnismäßig starken Gefälle (geschätzte 15-20%). Etwa 50 Meter nach der Vorfallsörtlichkeit mündet der gegenständliche Straßenzug in die parallel verlaufende B142 im Ortsgebiet von Mauerkirchen. Im Bereich der Kreuzung der B142, also am Fuß des R, ist ein Fahrverbot in beiden Richtungen kundgemacht, wovon jedoch u.a. Anrainer ausgenommen sind.

Im Bereich des anläßlich dieses Vorfalles beschädigten Objektes ist die Fahrbahn fünf Meter breit. Linksseitig findet sich als Sicherung zu der in Richtung B142 steiler abfallenden Böschung auf eine Länge von etwa 20 Meter eine Leitplanke (zum Zeitpunkt des 2. September 1998). Auf der linken Seite ist der befestigte Teil der Straße durch die Grasnarbe begrenzt, während sich haus-(rechts)seitig eine 60 cm breite, jedoch mit der Fahrbahn niveaugleich verlaufende Regenrinne befindet, welche wiederum an eine ca. 30 cm breite und zwölf Zentimeter hohe Bordsteinkante grenzt. Letztere bildet den Abschluß mit der Hausmauer bzw. der weiter vor dem beschädigten Objekt mit der Stützmauer zum rechtsseitig gelegenen Hang (Beil.\1).

Die Dachrinne am beschädigten Objekt springt in horizontaler Ebene auch nach der zwischenzeitig durchgeführten Reparatur knapp auf das Niveau des Fahrbahnrandes vor. Dieser Vorsprung ist durchaus augenfällig. Er ist jedoch auch gegenwärtig weder durch eine Markierung noch durch das Aufstellen eines Gefahrenszeichens "Andere Gefahr": Zusatztafel 'Dachvorsprung' gekennzeichnet.

Es ist davon auszugehen, daß dies auch zum Zeitpunkt des Vorfalles nicht der Fall gewesen ist.

Diese Feststellungen konnten einerseits anläßlich des Ortsaugenscheines am 2. September 1998 getroffen werden. Ebenfalls decken sich diese teilweise durchaus mit der Verantwortung des Berufungswerbers und insbesondere mit dem Inhalt der Anzeige des Gendarmeriepostens M.

Der Berufungswerber wurde zwei Tage nach dem Vorfall, nämlich am 13. September 1996, durch Beamte des Gendarmeriepostens M zum Vorfall einvernommen, wobei er angab, daß ihm "vermutlich" zwei Pkw entgegengekommen wären und er dadurch bedingt ausweichen hätte müssen.

Ein Gegenverkehr von gleich zwei Pkw´s ist einerseits wegen des dort bestehenden Fahrverbotes eher unwahrscheinlich und somit unglaubwürdig, andererseits könnte damit keineswegs die Angemessenheit so knapp an den rechten Fahrbahnrand heranzufahren (so weit rechts zu fahren), daß dadurch die Berührung des Gebäudes zur Vermeidung eines Kontaktes mit dem angeblichen Gegenverkehr zwingend gewesen wäre, erklärt werden. Geht man von einer maximalen Breite des vom Berufungswerber gelenkten Fahrzeuges von zwei Meter und einer Breite eines Pkw´s im Ausmaß von 1,6 bis 1,7 m aus, würde immer noch eine Restbreite der Straße von 1,3 m verbleiben, so daß mit einem angeblichen Gegenverkehr - unter Zugrundelegung einer angemessenen Fahrgeschwindigkeit, welche auf Grund des starken Gefälles und der Einmündung in die bevorrangte B142 etwa 50 Meter weiter unten - mit höchstens 30 km/h angenommen werden kann â€" das Ereignis daher nicht als Folge eines adäquaten Ausweichmanövers gerechtfertigt werden kann.

Schließlich hat der Berufungswerber jedoch weder anläßlich seines Einspruches gegen die Strafverfügung der Erstbehörde vom 7. November 1996, noch anläßlich seiner Rechtfertigung am 17. Dezember 1996 einen Gegenverkehr erwähnt. Wäre er etwa tatsächlich von einem entgegenkommenden Fahrzeug - durch einen allfälligen Fahrfehler eines solchen Fahrzeuges - zum Ausweichen gezwungen worden, hätte er anläßlich seiner Vernehmung nicht bloß "die Vermutung" von zwei entgegenkommenden Fahrzeugen geäußert. Daher ist diese Darstellung als bloße Zweckbehauptung zu qualifizieren. Erst mit der Berufung wird plötzlich ins Spiel gebracht, daß in Folge eines Gegenverkehrs eine andere Fahrlinie nicht möglich gewesen wäre und wird damit seitens des Berufungswerbers offenbar nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist versucht einen anderen Tatbestand zu konstruieren.

Bezeichnend ist insbesondere, daß es weder dem Berufungswerber noch seinem ausgewiesenen Rechtsvertreter der Mühe Wert zu sein schien, dieses späte Vorbringen zumindest im Rahmen der öffentlichen mündliche Verhandlung zu präzisieren und glaubhaft zu machen. Entgegen der üblichen Praxis des Rechtsvertreters, in h. Berufungsverfahren eine Berufungsverhandlung gleichsam routinemäßig ausdrücklich zu begehren, schien er im gegenständlichen Fall geradezu eine solche vermeiden zu wollen, indem er auf eine Berufungsverhandlung verzichtete und letztlich dann wegen angeblich zu hoher Fahrtkosten nach Linz unentschuldigt an dieser nicht teilzunehmen geneigt war. Gänzlich unlogisch ist jedoch, wenn der Rechtsvertreter in Beantwortung der ihm mit h. Mitteilung vom 7. September 1998 eröffneten Information reklamierte, dem Ortsaugenschein zu Unrecht nicht beigezogen worden zu sein, andererseits es aber nicht für notwendig hielt an der Verhandlung teilzunehmen, wo er sich zu den beim Ortsaugenschein gewonnenen Erkenntnissen äußern hätte können.

Damit kommt die Berufungsbehörde zur Ansicht, daß sein "Tatsachenvorbringen" erst nach mehr als einem Jahr nach dem Vorfall als reines Zweckvorbringen zu qualifizieren ist um damit mit einem spezifischen Verjährungseinwand einer Bestrafung zu entgehen.

Wenn er in seiner zuletzt genannten Mitteilung vermeinte, daß es in diesem Verfahren "nur" (mehr) um eine Rechtsfrage gehe, übersieht er vor allem die Funktion der Beweisaufnahme und deren Würdigung im Rahmen der Unmittelbarkeit des Verfahrens.

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

6.1. Gemäß § 7 Abs.1 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges, sofern sich aus diesem Bundesgesetz nichts anderes ergibt, so weit rechts zu fahren, wie ihm dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer, ohne eigene Gefährdung und ohne Beschädigung von Sachen möglich ist......

Wenn daher der Bestimmung des § 7 Abs.1 StVO 1960 das Gebot zu Grunde liegt, sich bei der Benützung der Fahrbahn (nur) so weit rechts zu halten, als dies u.a. auch "ohne Beschädigung von Sachen möglich ist," wurde hier gegen dieses Gebot verstoßen. Diese Wendung bezieht sich im gegebenen Zusammenhang auf den vom rechten Fahrbahnrand einzuhaltenden Abstand (vgl. VwGH 10.10.1995, 95/02/0276).

Die Erstbehörde ist daher grundsätzlich mit ihren Ausführungen im Recht, wobei im Gegensatz dazu der Hinweis im Berufungsvorbringen auf eine Nichtanwendbarkeit des § 7 Abs.1 StVO im Falle des Abkommens von der Fahrbahn nach rechts ins Leere geht. Somit ist auch dem "Versuch" einen Anwendungsfall des § 7 Abs.2 StVO 1960 erblicken zu können, die inhaltliche Grundlage entzogen. Den vom Berufungswerber in diesem Zusammenhang zitierten h. Entscheidungen lag ein weitgehend anderer Sachverhalt â€" etwa Abkommen von der Fahrbahn nach links â€" zu Grunde.

Die Spruchänderung war zur Präzisierung der Umschreibung des Tatverhaltens auf Grund des Beweisergebnisses und der tatbestandsmäßigen Richtigstellung. Ein Verfolgungsmangel wird in der unzutreffenden Aufnahme (auch) des Elementes "Ausweichmanöver" in den Spruch des Straferkenntnisses nicht erblickt. Da im Spruch der Strafverfügung bereits sämtliche Tatbestandselemente des § 7 Abs.1 StVO 1960 aufgenommen waren, konnte hier durch die Berufungsbehörde eine Richtigstellung im Sinne des § 44a Z1 VStG noch vorgenommen werden.

7. Bei der Strafzumessung ist gemäß 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 - 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

7.1. Konkret ist zur Strafzumessung auszuführen, daß der von der Erstbehörde für dieses Delikt verhängte Strafsatz - selbst bei dem sich aus der Aktenlage ergebenden Monatseinkommen von ca. 14.000 S - durchaus sehr niedrig bemessen wurde. Stellt doch die Fehleinschätzung seiner Fahrzeugabmessungen (der Höhe) und die damit verbundene Beschädigung eines Gebäudes eine nicht bloß unbedeutende Rechtsgutbeeinträchtigung dar. Das Verschulden ist unter den gegebenen Verhältnissen, nämlich die auf viele Meter hin gute Sichtbarkeit des Dachvorsprunges, auf nicht bloßer geringfügiger Fahrlässigkeit beruhend zu erachten. Ein strafmildernder Umstand kann dem Berufungswerber ebenfalls nicht zuerkannt werden.

Der Berufung war daher ein Erfolg zur Gänze zu versagen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. B l e i e r

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