Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105749/12/Br

Linz, 24.09.1998

VwSen - 105749/12/Br Linz, am 24. September 1998

DVR. 0690392

ERKENNTNIS

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung des Herrn W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding, vom 18. Juni 1998, Zl. VerkR96-8780-1996, wegen Übertretungen des Kraftfahrgesetzes 1967 â€" KFG, nach der am 24. September 1998 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird hinsichtlich sämtlicher Punkte aufgehoben und das Verwaltungs-strafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 - AVG iVm. § 19, § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG;

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis über den Berufungswerber als Zulassungsbesitzer der Zugmaschine Steyr 188 mit dem Kennzeichen wegen insgesamt sechs Übertretungen nach dem KFG 1967 Geldstrafen verhängt (insgesamt 1.800 S und für den Nichteinbringungsfall 60 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) und legt ihm bei genauer Umschreibung der Mängel im Ergebnis noch weitere fünf Punkte hinsichtlich am Fahrzeug festgestellter Mängel zur Last, nachdem er laut Punkt 1) vor dem Zeitpunkt 4.12.1996 ca. 16.45 Uhr als Zulassungsbesitzer der Zugmaschine Steyr 188 mit dem Kennzeichen einer Person zum Lenken überlassen habe, die nicht im Besitz einer erforderlichen Lenkerberechtigung gewesen ist, weil diese Person das Fahrzeug von der Liegenschaft K gelenkt habe.

2. Begründend führte die Erstbehörde im wesentlichen aus, daß der Berufungs-werber bereits mit der Überlassung des "Zündschlüssels" und trotz des ausdrücklichen Verbotes die Zugmaschine zu lenken, auch das widerrechtliche Lenken zu vertreten habe, weil eben mit der Schlüsselüberlassung auf das verbotene Verhalten keine Einflußnahme mehr gewährleistet gewesen sei.

2.1. Dagegen bringt der Berufungswerber in seiner fristgerecht bei der Erstbehörde eingebrachten Berufung inhaltlich im Ergebnis vor, daß er den Traktor nicht zum Lenken überlassen gehabt habe, sondern den Lenker lediglich beauftragt gehabt hätte in der Scheune bzw. Garage die Schneeketten an der Zugmaschine zu montieren. Damit sei dieser Person das Fahrzeug nicht zum Lenken überlassen gewesen. Die wenigen Meter habe der Zeuge (R) aus ihm (dem Berufungswerber) unverständlichen Gründen, jedenfalls ohne seinen Willen, zurückgelegt.

Die von der Erstbehörde vorgenommene rechtliche Beurteilung sei daher nicht haltbar.

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da keine 10.000 S übersteigenden Geldstrafen verhängt worden sind, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war zur Klärung der näheren Umstände, wie sich die Überlassung des Traktors, insbesondere die diesbezügliche Willenskomponenten der Beteiligten konkret gestalteten, durchzuführen gewesen (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der Erstbehörde vorgelegten Verwaltungsstrafakt VerkR96/8780-1996. Ferner durch Vernehmung des R als Zeugen, sowie des Berufungswerbers als Beschuldigten anläßlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung. Ebenfalls wurde die mit dem Traktor zurückgelegte Wegstrecke an einem Luftbild nachvollzogen. Der Meldungsleger, BezInsp. A, konnte wegen Urlaubes (entschuldigt) an der Berufungsverhandlung nicht teilnehmen. Ebenfalls nahm ein Vertreter der Erstbehörde an der Berufungsverhandlung teil.

5. Folgender Sachverhalt ist nach dem durchgeführten Beweisverfahren als erwiesen anzusehen:

5.1. Der Berufungswerber beauftragte vor dem verfahrensgegenständlichen Zeitpunkt den Zeugen H, welcher ihm regelmäßig bei diversen Arbeiten behilflich ist, am Traktor die Schneeketten zu montieren. Der Traktor war in der Garage seines Anwesens abgestellt. Um die Montage vornehmen zu können, mußte H den Traktor innerhalb des Anwesens und ohne eine öffentliche Verkehrsfläche benützen zu müssen von der Garage in die Scheune fahren. Dort montierte er schließlich die Schneeketten. Ebenfalls mußte zum Spannen der Schneeketten das Fahrzeug einige Meter durch Motorkraft bewegt werden. Es bestand kein wie immer gearteten Auftrag seitens des Berufungswerbers an den Zeugen nach der Erledigung dieser Tätigkeit den Traktor auf den in geringer Entfernung liegenden Parkplatz des Anwesens zu stellen, welcher nur über die K Bezirksstraße erreicht werden kann. H fuhr mit dem Traktor jedoch diese geringfügige Wegstrecke, weil er der Meinung war, daß der Traktor dort gebraucht werden könnte. Dieser Fahrt lag weder ein subjektives Interesse des Berufungswerbers noch ein spezifisches Interesse des Herrn H zu Grunde.

Bei dieser Fahrt wurde H vom Meldungsleger betreten und einer Verkehrskontrolle unterzogen, wobei an der Zugmaschine die in der Anzeige angeführten Mängel festgestellt und zum Gegenstand der Anzeige gemacht wurden.

Der Zeuge H wurde von der Bezirkshauptmannschaft Schärding wegen dieses Lenkens bereits rechtskräftig bestraft.

5.1.1. Dieses Beweisergebnis stützt sich auf das Ergebnis der öffentlichen mündlichen Verhandlung. Dabei gab der Zeuge R in überzeugender Übereinstimmung mit der Verantwortung des Berufungswerbers an, daß er keinen Auftrag zum Lenken des Fahrzeuges hatte und ihm das Fahrzeug auch nicht zum Lenken, sondern bloß zwecks Montage der Schneeketten in "seine Gewahrsame" überlassen wurde. Diese Angaben sind glaubwürdig und unter Bezugnahme auf die logischen Denkgesetze auch nachvollziehbar. Es ergab sich nämlich kein Anhaltspunkt dafür, daß für den Berufungswerber ein Motiv bestehen hätte können dem Zeugen zu dieser Fahrt im Bereich weniger als 100 Meter zu überlassen, wo es doch bloß um die Montage der Schneeketten ging. Wie der Zeuge glaubwürdig darlegte, fuhr er in gut gemeinter Absicht auf dem Parkplatz vor dem Haus, weil er dort die Verwendung des Fahrzeuges vermutete. Der Zeuge machte auch keinesfalls den Eindruck, daß er etwa mangelhaft vertrauenswürdig sein könnte und mit einer mißbräuchlichen Verwendung des Kraftfahrzeuges seitens des Berufungswerbers allenfalls gerechnet werden hätte müssen.

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

6.1. Angesichts dieses Beweisergebnisses vermag der Erstbehörde in ihrer Rechtsansicht nicht gefolgt werden, wenn sie unter Überlassung der Gewahrsame zwecks Durchführung von Arbeiten, welche ein Lenken auf öffentlicher Straße keinesfalls bedingen, gleichzeitig auch die Überlassung eines Kraftfahrzeuges zum Lenken zu erblicken scheint.

Bereits der klare Wortlaut der Gesetzesbestimmung läßt eine Strafbarkeit mit der Überlassung der bloßen Gewahrsame über ein Kraftfahrzeug nicht zu.

Der § 103 Abs.1 Z3 lautet:

Der Zulassungsbesitzer darf das Lenken seines Kraftfahrzeuges oder die Verwendung seines Anhängers nur Personen überlassen, die die erforderliche Lenk(er)berechtigung..... besitzen, ....

Wenn das Gesetz hier ausdrücklich auf das Lenken Bezug nimmt, ergibt sich im Gegenschluß geradezu zwingend, daß der Gesetzgeber auch andere - und somit nicht von diesem Tatbestand umfaßte - Überlassungsvarianten nicht ausschließen wollte. Ebenfalls würde das Analogieverbot und eine extensive Interpretation von Strafnormen der Zuordnung einer Strafbarkeit diesen Sachverhalten klar entgegenstehen. Die von der Erstbehörde in ihrer Entscheidung zitierte Judikatur läßt sich auf den gegenständlichen Sachverhalt jedenfalls nicht übertragen.

Es würde schließlich jeglicher Grundlage eines vertrags- und zivilrechtlichen Vertrauensschutzes entbehren, würde man gleichsam mit jeglicher Übertragung einer Gewahrsame über einen Gegenstand â€" zu welchem Zweck auch immer â€" auch dessen Mißbrauch (hier in Form des widerrechtlichen Lenkens) einkalkulieren müssen (vgl. VwGH 17.3. 1997, 97/17/0007). Demnach würde sich jedermann, etwa im Falle einer Einstellung eines Kraftfahrzeuges in einer öffentlichen Garage, wobei in solchen Fällen vielfach auch die Überlassung des Fahrzeugschlüssels verkehrsüblich ist, präsumtiv einer Strafbarkeit aussetzen.

Die Erstbehörde hat damit grundsätzlich die Rechtslage verkannt, indem sie ohne einen Anhaltspunkt für konkrete Zweifel an der Verläßlichkeit jener Person, der das Kraftfahrzeug (Traktor) für einen bestimmten Zweck (der Montage von Schneeketten) überlassen worden war, den nicht vorhersehbaren Willensentschluß dieser Person â€" hinsichtlich des subjektiv und auch objektiv tatseitig vom geringfügigen Unwertverhaltens des Zeugen - auch dem Berufungswerber als Verschulden zugerechnet wurde.

Der Berufungswerber ist daher grundsätzlich mit seinem Berufungsvorbringen im Recht.

7. Der Schuldspruch war daher mangels eines schuldhaften Verhaltens des Berufungswerbers zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. B l e i e r

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