Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163125/8/Ki/Da VwSen-521926/7/Ki/Da

Linz, 17.06.2008

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufungen des K S, E, P, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. G K, Dr. P N, Mag. F H und Mag. R P, L, G, vom 7. April 2008 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 29. Februar 2008, VerkR96-32022-2007/LL, wegen einer Übertretung der StVO 1960 bzw. gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 29. Februar 2008, VerkR21-611-2007/LL, wegen Entziehung der Lenkberechtigung und Anordnung diverser Maßnahmen nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 11. Juni 2008 zu Recht erkannt:

 

I.                  Der Berufung gegen das Straferkenntnis wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.              Der Berufung gegen den Bescheid betreffend Entziehung der Lenkberechtigung und verschiedener Anordnungen wird Folge gegeben, der angefochtene Bescheid wird ersatzlos behoben.

 

III.          Bezüglich Verwaltungsstrafverfahren entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.:               §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG

zu II.:              §§ 3, 7 und 24 FSG iVm §§ 66 Abs.4 und 67a AVG; § 64 Abs.2 AVG

zu III.:            § 66 Abs.1 VStG.

 

 


 

Entscheidungsgründe:

 

1.1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit Straferkenntnis vom 29. Februar 2008, VerkR96-32022-2007/LL, den Berufungswerber für schuldig befunden, er habe am 4.8.2007 um 19:08 Uhr im Gemeindegebiet von Ennsdorf auf der B123 bis auf Höhe des Straßenkilometers 3,500 das KFZ Motorrad (ohne pol. Kennzeichen), gelenkt, wobei er sich vermutlich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden hat und die Blutabnahme zum Zwecke der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes im Krankenhaus nicht vornehmen ließ. Er habe dadurch § 5 Abs.6 iVm § 99 Abs.1 lit.c StVO 1960 verletzt. Gemäß § 99 Abs.1 lit.c StVO 1960 wurde eine Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafe verhängt. Überdies wurde dem Rechtsmittelwerber gemäß § 64 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vorgeschrieben.

 

In der Begründung des Straferkenntnisses wird u.a. ausdrücklich ausgeführt, dass bei der Strafbemessung auf die Gefährlichkeit der Verhältnisse, nämlich eine Alkoholbeeinträchtigung beim Lenken eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges, Bedacht genommen worden sei.

 

1.1.2. Mit Bescheid vom 29. Februar 2008, VerkR21-611-2007/LL, hat die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land dem Berufungswerber die von der BH Linz-Land am 26.6.2007 unter Zl. 0721 1934 für die Klassen Av, A, B sowie E zu B erteilte Lenkberechtigung entzogen (Punkt 1), gleichzeitig ausgesprochen, dass Herrn S K die Lenkberechtigung für den Zeitraum von 36 Monaten (3 Jahren) gerechnet ab 11.9.2007 (Zustellung Mandatsbescheid) entzogen wird und vor Ablauf der Entziehungsdauer keine Lenkberechtigung erteilt werden darf (Punkt 2), weiters Herrn S K das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen sowie Invalidenkraftfahrzeugen für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung, gerechnet ab Zustellung dieses Bescheides, verboten (Punkt 3), angeordnet, Herr S K habe sich zusätzlich vor Ablauf der Entziehungsdauer auf eigene Kosten einer begleitenden Maßnahme (Einstellungs- und Verhaltenstraining und Aufbauseminar) zu unterziehen und vor Ablauf der Entzugsdauer ein amtsärztliches Gutachten über die gesundheitliche Eignung und überdies zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens eine verkehrspsychologische Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle zu bringen, dies unter Hinweis, dass die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung dieser Anordnungen endet (Punkt 4), weiters Herrn K S für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Recht aberkannt, von einem allfällig ausgestellten ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen (Punkt 5), angeordnet, Herr S K habe den über die entzogene Lenkberechtigung ausgestellten Führerschein unverzüglich bei der BH Linz-Land abzuliefern (Punkt 6) und letztlich die aufschiebende Wirkung einer allfällig eingebrachten Berufung aberkannt (Punkt 7).

 

1.2. Gegen diese Rechtsakte der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat Herr K S, rechtsfreundlich vertreten, Berufung erhoben und letztlich die Aufhebung der angefochtenen Rechtsakte bzw. die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens angestrebt. Im Wesentlichen begründet der Berufungswerber sein Rechtsmittel damit, dass er der Aufforderung durch die Amtsärztin deshalb nicht Folge leisten konnte, weil er zum Zeitpunkt der Aufforderung schlichtweg nicht in der Lage gewesen sei, die Bedeutung dieser Aufforderung zu erfassen, zumal er zum Zeitpunkt der Verweigerung nicht zurechnungsfähig gewesen sei, dies sei insbesondere auf eine bei einem Verkehrsunfall erlittene Gehirnerschütterung zurückzuführen. Weiters wird im Zusammenhang mit der Entziehung der Lenkberechtigung darauf hingewiesen, dass er den Tatbestand des § 7 Abs.3 Z3 FSG nicht verwirklicht habe.

 

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufungen ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich jeweils mit Schreiben vom 9. April 2008 vorgelegt.

 

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ist gemäß § 51 Abs.1 VStG bzw. gemäß § 35 Abs.1 FSG gegeben. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das laut Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

2.3. Die Berufungen wurden jeweils innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land eingebracht und sie sind daher rechtzeitig.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Verfahrensakte sowie Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 11. Juni 2008. An dieser Verhandlung nahm der Berufungswerber im Beisein eines Rechtsvertreters teil, die belangte Behörde hat sich entschuldigt. Als Zeugen wurden die Meldungslegerin, GI R M, sowie die Amtsärztin der Bundespolizeidirektion Linz, Dr. L K, einvernommen.

 

2.5. Aus dem vorliegenden Akt sowie als Ergebnis der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde liegt:

 

Laut Anzeige der Polizeiinspektion E vom 27. August 2007 lenkte der Berufungswerber am 4. August 2007 ein Motorrad von Ennsdorf in Fahrtrichtung Mauthausen, er war nur mit einem Ruderleibchen und Jeans bekleidet und hatte keinen Sturzhelm aufgesetzt. Das Motorrad war auch nicht zum Verkehr zugelassen, es war kein Kennzeichen angebracht. Offensichtlich wegen überhöhter Geschwindigkeit nahm ein Polizeibeamter mit eingeschaltetem Blaulicht und Dauerfolgetonhorn die Verfolgung auf, der Berufungswerber beschleunigte jedoch sehr stark und letztlich verlor er im Zuge dieser Fahrt die Herrschaft über sein Motorrad und schlitterte in der Folge ca. 40 m in ein abschüssiges Maisfeld, wo er schwer zu Sturz kam. Er wurde in der Folge mit dem Rettungshubschrauber in das UKH Linz eingeliefert, da der den Unfall aufnehmende Polizeibeamte Alkoholisierungssymptome beim Berufungswerber feststellte, wurde die Bundespolizeidirektion Linz ersucht, einen Alkotest durchzuführen.

 

Laut Anzeige der Polizeiinspektion Nietzschestraße des Stadtpolizeikommandos Linz vom 5. August 2007 wurde der Berufungswerber am 4. August 2007 um 17.30 Uhr im UKH Linz zu einem Alkotest mittels Alkomat aufgefordert, diesem stimmte er vorerst zu. Nachdem der Alkomat nach der Warmlaufphase für den Alkotest startbereit gewesen sei, sei der Alkotest vom Berufungswerber mit der Begründung verweigert worden, dass er nicht blasen könne, da ihm schlecht sei und er außerdem eine geschwollene Lippe habe. Es erfolgte daraufhin eine notwendige amtsärztliche Untersuchung, welche am 4. August 2007 um 19:00 Uhr in Linz, UKH, durch die Amtsärztin Dr. K stattgefunden hat. Nach der klinischen Untersuchung sei S um 19.08 Uhr von der Amtsärztin zu einer Blutabnahme aufgefordert worden, dies sei von ihm verweigert worden.

 

Bei ihrer Einvernahme im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung bestätigte die Meldungslegerin im Wesentlichen den in der Anzeige dargestellten Sachverhalt, sie gab jedoch u.a. zu Protokoll, dass sie zunächst nach ihrem Eintreffen im UKH Linz mit dem zuständigen Arzt gesprochen habe, ob ein Alkotest möglich sei. Der Arzt habe ihr gesagt, dass ein Alkotest möglich sei. Herr S habe die Verweigerung des Alkotests damit begründet, dass ihm schlecht werde bzw. dass ihm schlecht sei, sie habe persönlich den Eindruck gehabt, dass ein Alkotest möglich gewesen wäre. Nachdem er aber nicht bereit war den Alkotest durchzuführen, habe sie die amtsärztliche Untersuchung veranlasst.

 

Die Amtsärztin, welche die Untersuchung des Berufungswerbers durchgeführt hat, führte bei ihrer zeugenschaftlichen Befragung im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung u.a. aus, dass sie Herrn S den Vorschriften gemäß untersucht habe und dabei nichts feststellen konnte, was die Durchführung eines Testes mittels Alkomaten verhindert hätte. Ihrer Meinung nach hätte Herr S den Alkotest durchführen können und sie habe ihn daher auch nochmals befragt, ob er nicht doch einen Alkotest durchführen möchte. S habe ihr gegenüber erklärt, es werde ihm schlecht, weil es ihm weh tue. Sie habe dann die klinische Untersuchung gemäß den Vorschriften weitergeführt und den Berufungswerber aufmerksam gemacht, dass eine Blutabnahme nun zwingend vorgesehen sei, diese habe Herr S aber verweigert.

 

Bezüglich des Vorfalles im Bereich Ennsdorf erklärte der Berufungswerber, dass wegen dieses Vorfalles er von der Bezirkshauptmannschaft Amstetten ein Straferkenntnis erhalten habe, die verhängten Geldstrafen wären bereits bezahlt worden. Eine telefonische Rückfrage bei der Bezirkshauptmannschaft Amstetten im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung hat ergeben, dass im erwähnten Straferkenntnis weder besonders gefährliche Verhältnisse noch eine besondere Rücksichtslosigkeit, was allenfalls eine bestimmte Tatsache im Sinne des FSG darstellen könnte, vorgeworfen wurde.

 

2.6. In freier Beweiswürdigung erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, dass die Aussagen der Zeuginnen schlüssig sind und nicht im Widerspruch stehen zu den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen. Insbesondere die Aussage beider Zeuginnen, sie wären der Auffassung gewesen, Herr S sei zur Durchführung eines Alkotests mittels Alkomaten fähig gewesen, wird als verfahrensrelevant erachtet. Es mag daher im vorliegenden Falle dahingestellt bleiben, inwieweit Herr S tatsächlich, wie er behauptet, nicht zurechnungsfähig gewesen ist.

 

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

3.1. Gemäß § 5 Abs.2 StVO 1960 sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen,

1.     die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben, oder

2.     bei denen der Verdacht besteht, dass ihr Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, auf Alkoholgehalt zu untersuchen.

Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

 

Gemäß § 5 Abs.4a StVO 1960 sind die Organe der Straßenaufsicht weiters berechtigt, Personen, bei denen eine Untersuchung gemäß Abs.2 aus Gründen, die in der Person des Probanden gelegen sind, nicht möglich war und die verdächtig sind, sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand zu befinden, zu einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden, bei einer Bundespolizeibehörde tätigen, bei einer öffentlichen Krankenanstalt diensthabenden oder im Sinne des § 5a Abs.4 ausgebildeten und von der Landesregierung hierzu ermächtigten Arzt zur Blutabnahme zum Zwecke der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes zu bringen.

 

Gemäß § 5 Abs.6 StVO 1960 (Verfassungsbestimmung) ist an Personen, die gemäß § 4a zu einem Arzt gebracht werden, eine Blutabnahme zum Zweck der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes vorzunehmen; die Betroffenen haben diese Blutabnahme vornehmen zu lassen.

 

Es wird zunächst festgestellt, dass der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses nicht dem Konkretisierungsgebot des § 44a VStG entspricht, zumal einerseits eine Lenkzeit um 19:08 Uhr ausgewiesen ist und andererseits eine Tatortbezeichnung im Zusammenhang mit der Verweigerung der Blutabnahme fehlt. Die Lenkzeit 19:08 Uhr kann nicht der Tatsache entsprechen, zumal sich der Berufungswerber zu diesem Zeitpunkt im UKH Linz, welches als Tatort anzuführen gewesen wäre, befunden hat, der Unfall ereignete sich bereits zu einem früheren Zeitpunkt.

 

Letztlich mag es jedoch dahingestellt bleiben, ob eine Tatkonkretisierung durch die Berufungsbehörde zulässig wäre, was in Anbetracht einer zur Kenntnisbringung der Anzeige an den Berufungswerber innerhalb der gesetzlichen Verfolgungsverjährungsfrist durchaus anzunehmen ist.

 

Weiters muss bemängelt werden, dass im Zusammenhang mit der Strafbemessung ausdrücklich angeführt wurde, es sei auf die Gefährlichkeit der Verhältnisse, nämlich eine Alkoholbeeinträchtigung beim Lenken eines mehrspurigen Fahrzeuges, Bedacht genommen worden. Es ist nicht ersichtlich, dass es sich beim verfahrensgegenständlichen Kraftfahrzeug tatsächlich um ein mehrspuriges Kraftfahrzeug gehandelt hat, der Berufungswerber hat bestätigt, er sei mit einem einspurigen Motorrad unterwegs gewesen.

 

Inhaltlich erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, dass den Organen der Straßenaufsicht bzw. des amtsärztlichen Dienstes kein Ermessen dahingehend zusteht, ob ein Alkotest iSd § 5 Abs.2 oder eine Blutabnahme iSd § 4a StVO 1960 vorzunehmen ist. Schließlich ist zu bedenken, dass die Aufforderung zu einer Blutabnahme einen Eingriff in ein verfassungsgesetzliches Recht darstellt, und es ist daher eine derartige Aufforderung nur unter den im Gesetz vorgesehenen Gegebenheiten zulässig. Jedenfalls ist die Bestimmung des § 5 StVO 1960 im Gesamten verfassungskonform so auszulegen, dass das jeweils gelindeste Mittel zur Anwendung zu gelangen hat, dies wäre im vorliegenden Falle die Durchführung des Alkomattestes gewesen. Beide Zeuginnen, wobei sich die Meldungslegerin überdies auf eine Aussage eines Krankenhausarztes beruft, haben ausgesagt, dass ihrer Meinung nach der Berufungswerber im konkreten Falle durchaus zur Durchführung des Alkotests mittels Alkomat fähig gewesen wäre und es ist daher nicht einsichtig, dass die Amtsärztin dennoch auf eine Blutabnahme bestanden hat.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vertritt die Auffassung, dass im vorliegenden Falle die Amtshandlung spätestens zu dem Zeitpunkt, als die Amtsärztin dem Berufungswerber nochmals zur Durchführung eines Alkomattestes aufgefordert und er diesen verweigert hat, abgeschlossen hätte werden müssen und das Verhalten des Berufungswerbers als Verweigerung des Alkotestes iSd § 5 Abs.2 StVO 1960 zu werten gewesen wäre. Ein entsprechender Vorwurf ist jedoch in diese Richtung nicht erfolgt. Die Aufforderung zu einer Blutabnahme wird im konkreten Falle als nicht zulässig erachtet.

 

3.2. Gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat.

 

Nachdem, wie bereits dargelegt wurde, im vorliegenden Falle die Aufforderung zur Blutabnahme nicht zulässig war, zumal der Berufungswerber, wie das Verfahren ergeben hat, zur Durchführung eines Alkotests iSd § 5 Abs.2 StVO 1960 fähig gewesen wäre, kann ihm die Verweigerung nicht verwaltungsstrafrechtlich zur Last gelegt werden. Es konnte daher der Berufung Folge gegeben werden, gleichzeitig war das angefochtene Straferkenntnis (samt Vorschreibung der Verfahrenskosten) zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

3.3. Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1.     die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2.     ....

 

Gemäß § 7 Abs.1 FSG gilt als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1.       die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

2.       sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.1 zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 begangen hat.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z3 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 insbesondere zu gelten, wenn jemand als Lenker eines Kraftfahrzeuges durch Übertretung von Verkehrsvorschriften ein Verhalten setzt, das an sich geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbei zu führen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegen die für das Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebenden Verkehrsvorschriften verstoßen hat; als Verhalten, das geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, gelten insbesondere erhebliche Überschreitungen der jeweils zulässigen Höchstgeschwindigkeit vor Schulen, Kindergärten und vergleichbaren Einrichtungen sowie auf Schutzwegen oder Radfahrerüberfahrten, das Übertreten von Überholverboten bei besonders schlechten oder bei weitem nicht ausreichenden Sichtverhältnissen, das Nichteinhalten des zeitlichen Sicherheitsabstandes beim Hintereinanderfahren, sofern der zeitliche Sicherheitsabstand eine Zeitdauer von 0,2 sec. unterschritten hat und die Übertretung mit technischen Messgeräten festgestellt wurde, oder das Fahren gegen die Fahrtrichtung auf Autobahnen.

 

Wie unter Punkt 3.1. bzw. 3.2. dargelegt wurde, war die Aufforderung zu einer Blutabnahme im konkreten Falle nicht zulässig bzw. war daher die Verweigerung nicht strafbar, weshalb das Verhalten des Berufungswerbers in diesem Falle keine bestimmte Tatsache iSd § 7 Abs.3 Z1 FSG darstellt.

 

Darüber hinaus wurde erhoben, dass das dem Verkehrsunfall vorausgegangene Verhalten des Berufungswerbers seitens der Bezirkshauptmannschaft Amstetten nicht als ein besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführendes oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegen die für das Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebenden Vorschriften klassifiziert hat, weshalb auch eine bestimmte Tatsache iSd § 7 Abs.3 Z3 FSG nicht vorliegt.

 

Es liegen somit gegenständlich keine bestimmten Tatsachen vor, welche eine Entziehung der Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit gebieten würden. Die Entziehung war daher im vorliegenden Falle nicht zulässig, weshalb der Berufung Folge zu geben und der angefochtene Bescheid aufzuheben war.

 

3.4. Festgestellt wird, dass auch die begleitenden Anordnungen im Hinblick auf die vorliegende Entscheidung gegenstandslos wurden.

 

3.5. Gemäß § 64 Abs.2 AVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung (einer Berufung) ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentliches Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gemäß dieser Bestimmung im Fall des Entzuges der Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit auf Grund des Interesses des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug immer geboten. Wenn auch ex post betrachtet, eine Verkehrsunzuverlässigkeit nicht nachgewiesen werden kann, so war die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land im Hinblick auf die zunächst getroffene Entscheidung im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verpflichtet, auf Grund des öffentlichen Wohles wegen anzunehmender Gefahr im Verzug einer allfälligen Berufung die aufschiebende Wirkung abzuerkennen.

 

4. Der Kostenausspruch (Verwaltungsstrafverfahren) stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 [ab 1. Juli 2008: 220] Euro zu entrichten.

 

Im gegenständlichen Verfahren (FSG-Verfahren) sind Stempelgebühren in der Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

Mag. Alfred Kisch

Beschlagwortung:

Wenn ein Test mittels Alkomat möglich wäre, ist ein Vorgehen nach § 5 Abs.4a StVO 1960 nicht zulässig.

 

 

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