Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251625/26/Py/Ps

Linz, 12.06.2008

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn H D M, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. K H, M-T-S, W, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 17. September 2007, Zl. BZ-Pol-76047-2006, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 28. November 2007 und 5. Juni 2008, zu Recht erkannt:

 

 

I.            Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.        Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  §§ 65 und 66 VStG.

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 17. September 2007, BZ-Pol-76047-2006, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) gemäß § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG eine Geldstrafe in Höhe von 1.500 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 50 Stunden, verhängt.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als iSd § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der M GmbH (Arbeitgeberin), B,  W, zu verantworten, dass die p Staatsbürgerin S K, geb. , im Zeitraum vom 28.08.2006 bis 09.10.2006 in der Pension M, B, W, als Reinigungskraft beschäftigt wurde, obwohl für diese Ausländerin weder eine Beschäftigungsbewilligung oder Zulassung als Schlüsselkraft erteilt noch eine Anzeigebestätigung oder eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein oder Niederlassungsnachweis ausgestellt wurde."

 

Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 150 Euro auferlegt.

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtslage aus, dass die objektive Tatseite der im Spruch beschriebenen Verwaltungsübertretung aufgrund der Angaben in der Anzeige des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom 19.10.2006 als erwiesen anzusehen ist. Der Bw habe die Pflicht, sich mit den auf dem Gebiet seines Berufes erlassenen Vorschriften laufend vertraut zu machen. Mangels Abgabe einer Rechtfertigung sei es dem Bw nicht gelungen glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Zur Strafbemessung wird ausgeführt, dass als strafmildernd die bisherige Unbescholtenheit gewertet werde, straferschwerend sei die lange Beschäftigungsdauer.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Bw im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung eingebrachte Berufung vom 2. Oktober 2007. Darin führt der Bw aus, dass ihm eine Aufforderung zur Rechtfertigung nicht zugegangen sei und er daher keine Stellungnahme abgeben konnte. Weiters habe die Behörde die zu seiner Entlastung dienenden Umstände in keiner Weise überprüft oder gewürdigt. Die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz habe den maßgebenden Sachverhalt nicht genügend ermittelt, um zu einem Schuldspruch zu gelangen. Auch sei der von der Behörde angeführte Tatzeitraum durch nichts belegt und auch durch keine Unterlagen ableitbar und sei dieser insgesamt aktenwidrig und entgegen sämtlichen Beweismitteln angenommen worden. Tatsächlich sei Frau S über einen Bekannten an die Gattin des Bw herangetreten, die einen p Migrationshintergrund aufweise, und habe eine günstige Wohnmöglichkeit gesucht, da sie Studentin sei. Tatsächlich habe aber Frau S niemals für die M GmbH bzw. für den Bw gearbeitet, sondern nur die mit ihrem Zimmer in Zusammenhang stehenden Arbeiten selbst erledigt und sich selbst versorgt, weshalb auch eine günstigere Zimmermiete vereinbart wurde.

 

3. Die belangte Behörde hat mit Schreiben vom 15. Oktober 2007 die Berufung samt dem Bezug habenden Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 28. November 2007 und 5. Juni 2008, die gemäß § 51e Abs.7 VStG aufgrund des sachlichen Zusammenhanges der dem Verfahren zugrunde liegenden Verwaltungsübertretungen gemeinsam mit der Verhandlung zu dem unter VwSen-251628 gegen die Ehegattin des Bw beim Oö. Verwaltungssenat anhängigen Berufungsverfahren durchgeführt wurde. An diesem haben der Bw, dessen Ehegattin und deren Rechtsvertreter sowie ein Vertreter des Finanzamtes Grieskirchen Wels als Parteien teilgenommen. Als Zeuge wurde der Polizeibeamte der Bundespolizeidirektion Wels, der mit der gegenständlichen Ausländerin eine Niederschrift aufgenommen hat, einvernommen. Weiters wurde in den Gerichtsakt zu Zl. 16 U 432/06 y des Bezirksgerichtes Wels samt Kopie des Verhandlungs­protokolls vom 10. Dezember 2007 und vom 28. April 2008 mit der dazu ergangenen Urteilsausfertigung Einsicht genommen.

 

4.1. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Bw ist handlesrechtlicher Geschäftsführer der Firma M GmbH,  B, W, die unter dieser Adresse eine Pension mit insgesamt 15 Zimmern betreibt. Im selben Gebäude sind ein von der Ehegattin des Bw betriebenes Cafehaus/Imbisslokal bzw. ein Tanzlokal untergebracht.

 

Von Ende September 2006 bis längstens 9. Oktober 2006 hielt sich die p Staatsangehörige K S, geb. am , in der Pension als Mieterin auf.

 

Am 9. Oktober 2006 erstattete Frau S beim Stadtpolizeikommando Wels Polizeiinspektion Innere Stadt gegen die Ehegattin des Bw, Frau J L M, Anzeige wegen Urkundenunterdrückung und sagte aus, dass sie von einem p Bekannten an Frau M als Arbeitskraft vermittelt wurde und in deren Lokalen sowie in der Pension M Reinigungs- und Serviertätigkeiten durchführen sollte. Sie habe Unterkunft und Verpflegung erhalten, bezüglich der Bezahlung habe ihr Frau M vorerst nichts zugesagt, vielmehr sei ihr jeder Schaden und jedes Telefonat berechnet worden. Wegen gesundheitlicher Schwierigkeiten möchte sie nun zurück nach P fahren, jedoch werde ihr dies verweigert, solange nicht ein anderes Mädchen für sie aus P komme.

 

Diese Angaben der p Staatsangehörigen, insbesondere ihre Beschäftigung  als Hilfs- bzw. Reinigungskraft in der Pension M, konnten im gegenständlichen Verfahren nicht nachgewiesen werden.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt, dem in das Verfahren einbezogenen Gerichtsakt zu Zl. 16 U 432/06 y des Bezirksgerichtes Wels sowie den Aussagen des Bw und seiner Ehegattin sowie des als Zeugen einvernommenen Polizeibeamten in der mündlichen Berufungsverhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat.

 

Das angefochtene Straferkenntnis stützt sich im Wesentlichen auf die Aussagen der p Staatsangehörigen vor der Bundespolizeidirektion Wels am 9. und 10. Oktober 2006 und das in diesem Zusammenhang mit ihr aufgenommene Personenblatt. Die inzwischen nicht mehr in Österreich aufhältige p Staatsangehörige konnte weder in dem wegen des Vorwurfs der Urkundenunterdrückung eingeleiteten Strafverfahren gegen Frau M vor dem BG Wels noch im gegenständlichen Strafverfahren einvernommen werden. Vom Vorwurf der Urkundenunterdrückung gemäß § 229 Abs.1 StGB wurde Frau M gemäß § 259 Z3 StPO mangels Schuldnachweis am 28. April 2008 rechtskräftig freigesprochen.

 

Der bei ihrer Anzeigenerstattung am 9. Oktober 2006 aufgenommenen Niederschrift mit Frau S ist zu entnehmen, dass die Befragung unter Anwesenheit einer p sprechenden Justizwachebeamtin durchgeführt wurde. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass ihr Aussage detailliert und wortgetreu aufgenommen wurde. Allerdings erscheinen die von der Ausländerin gemachten Angaben über die Umstände, unter denen sie in der Pension M aufhältig war, aufgrund des Eindrucks, den die erkennende Kammer vom Bw und dessen Ehegattin in der Berufungsverhandlung gewinnen konnte, nicht durchgehend glaubwürdig. Insbesondere die Aussagen der p Staatsangehörigen, wonach sie unter nahezu sklavenähnlichen Umständen von Montag bis Sonntag nahezu ohne Entgelt zu Arbeiten angehalten wurde, sind aufgrund des Eindrucks, den der Bw und seine Gattin bei ihrer Befragung in der Berufungsverhandlung machten, nicht zweifelsfrei nachvollziehbar. Auch ist zu bedenken, dass es Frau S jederzeit möglich gewesen wäre, einen der Gäste der Pension bzw. Besucher der Lokale auf ihre Situation aufmerksam zu machen und es schon aus diesem Grund nicht glaubwürdig ist, dass der Bw bzw. seine Gattin ein derartiges Risiko eingehen und sie unter solchen Bedingungen beschäftigen würden. Im Gegensatz zu den Angaben der Ausländerin erscheinen die Aussagen des Bw und seiner Ehegattin über die Begleitumstände des Aufenthalts der p Staatsangehörigen in der Pension bzw. den Lokalen eher schlüssig und nachvollziehbar. Insbesondere ist die Vermutung nicht von der Hand zu weisen, dass sich Frau S durch ihre Anzeige einen raschen Zugang zu ihrem in der Pension hinterlegten Personalausweis verschaffen wollte, ohne vor ihrer Abreise den vereinbarten Zimmerpreis an den Bw zu entrichten.

 

Eine Beschäftigung der p Staatsangehörigen durch den Bw konnte daher im Rahmen des Berufungsverfahrens nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden.

 

5. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Nach Durchführung des Beweisverfahrens verbleiben trotz eingehender Beweiswürdigung Zweifel an der Täterschaft des Bw. Im Hinblick auf die Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs.2 EMRK, wonach bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld vermutet wird, dass der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist, war daher mangels ausreichender Beweise für einen Schuldspruch des Bw spruchgemäß zu entscheiden.

 

6. Da die Berufung Erfolg hatte, waren die Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat gemäß § 65 VStG dem Bw nicht aufzuerlegen. Aufgrund der Aufhebung der verhängten Strafe entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 [ab 1. Juli 2008: 220] Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

 

Dr. Andrea Panny

 

 

 

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