Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-310344/2/Kü/Ba

Linz, 03.06.2008

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des K H, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. C S, K, W, vom 17. Dezember 2007 gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der S W vom 28. November 2007, BZ-Pol-11002-2007, wegen einer Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z 2 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: § 66 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der S W vom 28. November 2007, BZ-Pol-11002-2007, wurde über den Berufungswerber wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 79 Abs.2 Z 9 iVm § 51 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) eine Geldstrafe von 1.800 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 83 Stunden, verhängt.

 

 

Dem Straferkenntnis lag folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der Firma U U und W GmbH, I,  W, zu verantworten, dass am 12.02.07 nachstehend angeführte Aufträge, welche mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 20.04.2005, UR-305496/34-2005, für die Behandlungsanlage am Standort I,  W, vorgeschrieben wurden, nicht erfüllt waren:

1.  C) Aus bau- und gewerbetechnischer sowie brandschutztechnischer Sicht

(Seite 15/16 des o.a. Bescheides = Niederschrift vom 12.02.07 Seite 4 - 6) Punkte 1., 9., 10., 11, 12. und 13.

2.  IV. Mängelbehebungsauftrag

(Seite 18/19 des o.a. Bescheides = Niederschrift vom 12.02.07 Seite 7/8) Punkte 4. und 8.

3.  B) Aus luftreinhaltetechnischer Sicht

(Seite 14/15 des o.a. Bescheides = Niederschrift vom 12.02.07 Seite 11/12) Punkte 1., 2. und 4.

4.  D) Aus maschinenbautechnischer Sicht

(Seite 16 -18 des o.a. Bescheides = Niederschrift vom 12.02.07 Seite 15-18) Punkte 1., 2., 3., 4., 5., 6., 7. 11., 12., 14., 16., 20. und 23.

5.  Folgende Nachweise sind einzuholen und auf Verlangen der Behörde vorzulegen
(Seite 18 des o.a. Bescheides = Niederschrift vom 12.02.07 Seite 18)

Punkte a), b), c) und d)."

 

Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen ausgeführt, dass die objektive Tatseite der im Spruch beschriebenen Verwaltungsübertretung aufgrund des angeführten Sachverhaltes als erwiesen anzusehen sei, da der gegenständliche Bescheid vom 20.4.2005, UR-305496/34-2005, mit 10.5.2005 (übernommen am 25.4.2005) Rechtskraft erlangt habe und somit die in diesem Bescheid längstens bemessene Frist von 17 Monaten bereits mit Ende Oktober 2006 abgelaufen sei, sodass anlässlich der Überprüfung am 12.2.2007 sämtliche Aufträge erledigt hätten sein müssen.

 

2. Dagegen richtet sich die vom Rechtsvertreter des Berufungswerbers eingebrachte Berufung, mit der beantragt wird, das Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass der Berufungswerber unverzüglich nach Rechtskraft des gegenständlichen Bescheides den Auftrag zur Erfüllung der Auflagen an den damaligen Generalplaner Herrn Dipl.-Ing. F A erteilt habe und dieser auch in der Form tätig geworden sei, dass er einen Netzplan über die durchzuführenden Arbeiten erstellt habe, diese Arbeiten aber nicht, wie beauftragt, sofort an Drittfirmen ausgeschrieben bzw. weitergeleitet habe. Als dies dem Beschuldigten bekannt geworden sei, habe er unverzüglich die Initiative wieder an sich genommen und die der Behörde erster Instanz vorliegenden Drittfirmen selbst beauftragt.

 

Der Beschuldigte habe auch darauf hingewiesen, dass seitens der Umweltrechts­abteilung Verbesserungsfristen eingeräumt worden seien, die zum Zeitpunkt der Beanstandung noch nicht abgelaufen gewesen seien, seinerseits somit keine Säumigkeit vorgelegen habe.   

 

3. Der Bürgermeister der Stadt Wels hat mit Schreiben vom 10. Jänner 2008 die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.2 VStG abgesehen werden, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass das gegenständliche Straferkenntnis aufzuheben ist.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 51 Abs.1 AWG 2002 sind Maßnahmen gemäß § 37 Abs.4 Z 1, 2, 4 und 8 von der Behörde drei Monate vor Durchführung unter Anschluss der Antragsunterlagen gemäß § 39, soweit diese Unterlagen erforderlich sind, anzuzeigen. Die Behörde hat diese Anzeige erforderlichenfalls unter Erteilung der zur Wahrung der Interessen gemäß § 43 geeigneten Aufträge mit Bescheid innerhalb von drei Monaten zur Kenntnis zu nehmen. Dieser Bescheid bildet einen Bestandteil des Genehmigungsbescheides. Mit den Maßnahmen darf erst nach Rechtskraft des Kenntnisnahmebescheides begonnen werden.

 

Gemäß § 79 Abs.2 Z 9 AWG 2002 begeht, wer Aufträge oder Anordnungen gemäß § 31 Abs.2 Z 2, § 51 Abs.1 oder 2 oder § 53 Abs.2 nicht befolgt – sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist – eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 360 bis 7.270 Euro zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 1.800 Euro bedroht.

 

Nach § 44a VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet u.a. die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten hat. Nach Lehre und Rechtsprechung kommt dem Spruch des Straferkenntnisses besondere Bedeutung zu. Der Beschuldigte hat ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, worunter die Tat subsumiert, welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde usw. Der Vorschrift des § 44a Z1 VStG ist (nur) dann entsprochen, wenn

a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und

b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen des selben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (siehe dazu Hauer/Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, S. 1521).

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur zur Gewerbeordnung festhält (vgl. z.B. VwGH vom 18.5.2005, 2005/04/0037), wird dadurch, dass § 367 Z 25 GewO 19994 auf die in den Betriebsanlagengenehmigungsbescheiden vorgeschriebenen Auflagen und Aufträge verweist, das jeweilige in einem solchen Bescheid enthaltene Gebot oder Verbot Teil des Straftatbestandes. Im Hinblick auf die durch § 367 Z. 25 GewO 1994 gegebene Verzahnung zwischen dieser Bestimmung und den in Bescheiden enthaltenen Geboten und Verboten bedarf es im Spruch eines auf diese Strafnormen gestützten Straferkenntnisses einer wörtlichen Anführung der einen Teil des Straftatbestandes bildenden, als solche bescheidmäßig bezeichneten Auflagen, um die Zuordnung des Tatverhaltens zu der Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale zu ermöglichen.

 

Die im gegenständlichen Fall zur Anwendung gelangende Strafbestimmung des § 79 Abs.2 Z 9 AWG 2002 ist auf Grund der Gleichartigkeit des normativen Gehaltes mit der Strafbestimmung des § 367 Z 25 GewO 1994 sehr wohl vergleichbar, zumal beide Strafbestimmungen von der Nichtbefolgung von in Genehmigungen  enthaltenen Aufträgen oder Anordnungen ausgehen.

 

Unter Bezugnahme auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entspricht der angefochtene Bescheid insofern nicht den Sprucherfordernissen des § 44a Z 1 VStG, als er in Ansehung der einen Teil des Straftatbestandes bildenden Auflagen keine wörtliche Anführung enthält, durch die schon aus dem Spruch die Zuordnung des Tatverhaltens zu der Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird. Der bloße Hinweis auf die ziffernmäßig bezeichnete Auflage ist im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht als ausreichend anzusehen, da sich die entsprechende Tatzuordnung in Ansehung der in Betracht kommenden Tatbestandsmerkmale im Spruch des Straferkenntnisses – unabhängig von in diesem Zusammenhang erforderlichen Begründungsdarlegungen – selbst ergeben muss.

 

Weiters ist zu bemerken, dass gemäß § 44 Z 2 VStG der Spruch eines Strafer­kenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die Verwaltungsvorschrift zu enthalten hat, die durch die Tat verletzt worden ist. Nach § 79 Abs.2 Z 9 AWG 2002, besteht die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, einerseits auf der genannten Strafbestimmung selbst sowie den Aufträgen oder Anordnungen nach § 51 Abs.1 AWG 2002. Die belangte Behörde hat im gegenständlichen Fall den bezughabenden Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 20.4.2005, UR-305496/34-2004, im Spruch zwar bezeichnet, jedoch nicht im Bereich der verletzten Verwaltungsvorschriften genannt. Im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH vom 25.4.1995, 93/04/0112) widerspricht der angefochtene Bescheid insofern der Rechtslage, als in dem in § 44 Z 2 betreffenden Spruchteil als verletzte Norm lediglich § 79 Abs.2 Z 9 AWG 2002 nicht aber auch jene Punkte des in Frage kommenden Bescheides genannt sind, der die betreffenden Auflagen enthält. Insofern entspricht das gegenständliche Straferkenntnis auch nicht den Erfordernissen des § 44a Z 2 VStG.

 

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass der vorliegenden Berufung insofern stattzugeben war, als das vorliegende Straferkenntnis nicht den Erfordernissen des § 44a VStG entspricht. Das gegenständliche Straferkenntnis  war deswegen aufzuheben und damit verbunden auch das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

6. Aufgrund der Einstellung des Strafverfahrens entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro (ab 1. Juli 2008: 220 Euro) zu entrichten.

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

Beschlagwortung:

Nichteinhaltung von Auflagen

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum