Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150613/20/Lg/Hue

Linz, 25.06.2008

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ewald Langeder nach der am 9. Juni 2008 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung der M K,  W, A, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 27. September 2007, GZ BauR96-212-2006/Je, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II.              Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 16 Abs. 2, 19, 24, 45 Abs. 1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs. 1 und 2 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über die Berufungswerberin (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden verhängt, weil sie am 10. Februar 2006, 11.30 Uhr, das Kfz mit dem amtlichen Kennzeichen  auf der A1 bei km 172.500, Raststation Ansfelden, Fahrtrichtung Salzburg, abgestellt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliege, welche vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten sei. Am Kfz sei keine gültige Mautvignette angebracht gewesen.

 

2. In der Berufung wird vorgebracht, dass es dem Kontrollorgan aufgrund von Schneefall sicher nicht möglich gewesen sei, das Fehlen einer Vignette zu erkennen. Da die Rechnung der gekauften Vignette beigelegt und diese auch geklebt worden sei, sehe die Bw diese Vorgehensweise als nicht akzeptabel an.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der A vom 3. April 2006 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf.

 

Nach Strafverfügung vom 10. April 2006 bestritt die Bw, dass keine Vignette am Kfz angebracht gewesen sei. Als Beilage ist die Kopie einer Trafik-Rechnung vom 8. Februar 2006 über den Kauf einer 2-Monats-Vignette angeschlossen.

 

Einer zusätzlichen A-Stellungnahme vom 11. Mai 2006 sind rechtliche Bestimmungen und die Angaben der Anzeige enthalten. Zusätzlich ist angegeben, dass gem. § 19 Abs. 3 BStMG ein schriftliches Ersatzmautangebot auf dem Kfz hinterlassen worden sei.

 

Dazu wurde von der Bw – trotz eingeräumter Möglichkeit – keine Stellungnahme abgegeben.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung. 

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung brachte die Bw vor, dass der Lenker des Kfz zur Tatzeit ihr Gatte R K gewesen sei.

 

Auf die Frage des Verhandlungsleiters, weshalb sie dieses Argument nicht schon früher im erstbehördlichen Verfahren vorgebracht habe, antwortete die Bw, dass ihrer Erinnerung nach ihr Gatte, der den Schriftverkehr von Anfang an geführt habe, dies getan habe.  

 

Die Bw wurde darauf aufmerksam gemacht, dass das Schreiben vom 3. Mai 2006 ihre Unterschrift aufweise. Die Bw sagte dazu aus, dass dies das erste Schreiben gewesen sei, welches noch sie geschickt habe. Soweit noch erinnerlich sei in einem zweiten Schreiben, welches vom Gatten der Bw stamme, die Rechnung beigelegt worden.

 

Der Verhandlungsleiter machte die Bw darauf aufmerksam, dass sich ein solches zweites Schreiben nicht im Akt befindet.

 

Die Bw brachte vor, dass ihr Mann ihr gesagt habe, er brauche eine Vignette, weil er auf die Autobahn fahren werde. Deshalb wurde von der Bw eine Zweimonatsvignette gekauft und ihrem Gatten übergeben. Die Bw habe persönlich gesehen, wie ihr Gatte die Vignette auf das Kfz aufgeklebt habe. Es sei sogar erinnerlich, dass ihr Gatte sie darauf aufmerksam gemacht habe, dass man den verbleibenden "Rand" nicht aufzuheben bräuchte. Sie solle aber die Rechnung aufheben. Bei der gegenständlichen Fahrt sei der Gatte der Bw alleine gewesen. Über den Schneefall auf dem Parkplatz sei sie von ihrem Mann informiert worden.

 

Der als Zeuge einvernommene Gatte der Bw, R K, sagte aus, dass die Vignette von der Bw besorgt worden sei. Von ihm sei die Vignette aufgeklebt worden, was die Bw gesehen habe.

Als der Zeuge zum Fahrzeug zurückgekommen sei, sei der Strafzettel auf der Windschutzscheibe angebracht gewesen. Die Windschutzscheibe sei zugeschneit gewesen, sodass die Kontrollorgane nicht sehen hätten können, ob eine Vignette aufgeklebt war oder nicht. Es sei nicht mehr genau erinnerlich, ob er der Erstbehörde seine Lenkereigenschaft mitgeteilt habe. An die Relevanz dieses Umstandes sei nicht gedacht worden.

 

Das zeugenschaftlich einvernommene Mautaufsichtsorgan D D sagte aus, dass er im Falle einer verschneiten Windschutzscheibe das Auto nicht kontrollieren würde. Er würde dazu auch den Schnee nicht von der Windschutzscheibe entfernen. Der gegenständliche Vorfall sei nicht mehr erinnerlich. Wenn im Akt kein Beweisfoto sei, sei ein solches wohl auch nicht angefertigt worden.

 

Die Bw beantragte die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verfahrens, da sie nicht Lenkerin gewesen und auch das Vorbringen, dass ohnehin eine Vignette ordnungsgemäß aufgeklebt gewesen sei, nicht widerlegt worden sei.     

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Gem. § 20 Abs. 1 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafen von 400 Euro bis 4.000 Euro zu bestrafen.

 

Gem. § 45 Abs. 1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortsetzung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.

 

In der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde die Lenkereigenschaft durch die Bw bestritten. Aus dem erstbehördlichen Akt ist kein Schriftstück ersichtlich, das auf die Täterschaft der Bw schließen lässt. Hingegen bestätigte der als Zeuge einvernommene Gatte der Bw, dass er der Lenker des gegenständlichen Kfz zur Tatzeit war. Die Tätereigenschaft der Bw ist somit nicht erwiesen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Dem Argument des Mautaufsichtsorgans, er würde – falls zum Zeitpunkt der Kontrolle Schnee auf der Windschutzscheibe gelegen habe – von einer Überprüfung des Kfz abgesehen haben, steht die ebenfalls glaubwürdige Aussage des Zeugen R K gegenüber, dass er die Vignette vor dem Kontrollzeitpunkt ordnungsgemäß auf die Windschutzscheibe aufgeklebt hat. Da mangels Erinnerung des Mautaufsichtsorgans an die konkrete gegenständliche Kontrolle nicht geklärt werden konnte, ob tatsächlich eine Vignette auf der Windschutzscheibe angebracht war und auch weitere Beweismittel (z.B. Fotoaufnahmen) nicht vorhanden sind, kann ein Irrtum des Meldungslegers nicht gänzlich ausgeschlossen und die Deliktsverwirklichung durch den Lenker nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden, weshalb auch aus diesem Grund die Bw – im Zweifel – freizusprechen und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro (ab 1. Juli 2008: 220 Euro) zu entrichten.

Dr. Ewald Langeder

 

 

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