Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-350040/7/Wim/Ba

Linz, 30.06.2008

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Leopold Wimmer über die Berufung von Frau B D, B, W, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G Z, W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 14. 1. 2008, Zl. UR96-256-2007/Bru/Pos, wegen Übertretung des Immissionsschutzgesetzes-Luft nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 27.5.2008 zu Recht erkannt:

 

 

I.            Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das Straferkenntnis bestätigt. Aus Anlass der Berufung wird die Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit auf 60 km/h geändert.

 

II.        Die Berufungswerberin hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in der Höhe von 72 Euro (das sind 20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG ;

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.      Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über die Berufungswerberin (Bw) gemäß § 30 Abs.1 Z 4 Immissionsschutzgesetz-Luft (IG-L) eine Verwaltungs­strafe von 360 Euro, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 120 Stunden verhängt, weil sie am 9.2.2007 um 16.16 Uhr als Lenkerin des Fahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen  die gemäß § 3 der Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich im Sanierungsgebiet auf der A 1 Westautobahn erlaubte festgelegte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h bei km 156,810 in Fahrtrichtung Salzburg um 62 km/h überschritten habe. Die in Betracht kommende Messtoleranz sei bereits zugunsten der Bw abgezogen worden.

Überdies wurde die Bw gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von 36 Euro verpflichtet.

 

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat die Bw rechtzeitig Berufung erhoben und darin zusammengefasst im Wesentlichen vorgebracht, dass der im Erstverfahren vorgelegte Eichschein nicht das bei der gegenständlichen Geschwindigkeitsmessung verwendete Verkehrsgeschwindigkeitsmessgerät MUVR 6F betreffe, da gemäß der Angaben des CI G B vom 31.10.2007 die Geschwindigkeit der Bw mit einem Radargerät VR 6F festgestellt und fotografisch festgehalten worden wäre. Falls das gegenständliche Geschwindigkeitsmessgerät nach den beigeschafften Unterlagen doch geeicht gewesen wäre, wäre es zum Vorfallszeitpunkt defekt gewesen, da andernfalls die von der Bw eingehaltene erlaubte Höchstgeschwindigkeit gemessen bzw. angezeigt worden wäre. Dazu wurde beantragt die Untersuchung des verwendeten Geschwindigkeitsmessgerätes durch die Technische Universität Wien.

 

Die von der Behörde gemäß § 43 Abs.1 StVO festgelegten Verkehrsmaßnahmen müssten erforderlich und nicht bloß zweckmäßig sein. Die gegebenenfalls von der Bw jedoch bestrittene, für den Vorfallsort erlassene Verordnung gemäß § 43 Abs.1 lit. b Z 1 StVO sei zu Unrecht erlassen worden, da am Vorfallsort keinerlei sachlich gerechtfertigten Gründe für eine Herabsetzung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 130 auf insbesondere 100 km/h gegeben seien. Jedenfalls werde die Gesetzmäßigkeit der der Geschwindigkeits­beschränkung zugrunde liegenden Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich bestritten, da sämtliche angeführten Landesgesetzblätter nicht vom dafür zuständigen Landeshauptmann, sondern lediglich einem Landesrat unterschrieben worden seien.

 

Überdies seien die Maßnahmenverordnungen gemäß § 10 IG-L nicht gesetzmäßig, da sie im Zeitpunkt ihrer Geltung nicht auf gehörige fachkundige Erhebungen sich gestützt hätten, in denen Eignung, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der betreffenden Maßnahme bestätigt worden wären.

 

Es wurde daher der Antrag gestellt, der Berufung Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos zu beheben, in eventu die über die Bw verhängte Strafe wesentlich herabzusetzen.

 

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 27.5.2008, bei der die zeugenschaftliche Einvernahme des messenden Beamten durchgeführt wurde sowie ein Gutachten eines verkehrstechnischen Amtssachverständigen eingeholt wurde.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

 

Die Bw lenkte zur Vorfallszeit einen PKW der Marke P auf der A 1 in Fahrtrichtung Salzburg. Sie benutzte dabei den linken der drei Fahrspuren. Sie hat dabei im Gemeindegebiet von Enns bei km 156,810 um 16.16 Uhr die dort festgelegte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 60 km/h überschritten, wobei die in Betracht kommende Messtoleranz bereits zu ihren Gunsten abgezogen wurde.

 

3.3. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem erstinstanzlichen Verfahrensakt, der Einvernahme des Zeugen CI B sowie vor allem auch dem Gutachten des verkehrstechnischen Amtssachverständigen. Gerade dieser hat festgestellt, dass eine korrekte Messung durchgeführt wurde und sich für die Bw schließlich ein vorwerfbarer Wert der gefahrenen Geschwindigkeit von zumindest 160 km/h ergibt.

 

Weiters wurde auch aufgrund der Aussagen des Zeugen B glaubwürdig dargelegt, dass es sich bei der Bezeichnung des Radarmessgerätes im Erstverfahren nur um eine verkürzende Darstellung gehandelt hat, wobei die Bezeichnung MU nur die Abkürzung für Multanova ist und die anderen Buchstaben sowie die Nummer der Gerätes dieselbe ist. Weiters ergibt sich aus den Ausführungen des Zeugen B sowie auch aus den gutachtlichen Feststellungen, dass die Radarmessung ordnungsgemäß und entsprechend den Vorschriften durchgeführt wurde. Der Zeuge B hat überdies glaubwürdig bestätigt, dass er auf dem Anfahrtsweg zum Radarmesspunkt die Auffahrt Enns benutzen muss und somit die Strecke aus Sicht der zu messenden Fahrzeuge passiert und auch festgestellt hat, dass die Verkehrszeichen angebracht und nicht verdeckt oder beschädigt waren.

 

Zum Beweisantrag der Untersuchung des verwendeten Geschwindigkeitsmess­gerätes durch die Technische Universität Wien wurde vom Amtssachverständigen schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt, dass für das gegenständliche Messgerät eine Eichung vom Österreichischen Eich- und Vermessungsamt vorliegt und damit die für Österreich gültigen Rechtsvorschriften, die für Geschwindigkeitsmessgeräte einzuhalten sind, nachgewiesen wurden. Eventuelle Subvorschriften sind durch diese Eichung des Österreichischen Eich- und Vermessungsamtes damit abgedeckt und werden auch von diesem entsprechend für das jeweilige Gerät berücksichtigt. Er war daher abzuweisen.

 

 

4.      Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 30 Abs. 1 Z. 4 Immissionsschutzgesetz-Luft (IG-L) BGBl. I Nr. 115/1997, in der Fassung BGBl. I Nr. 34/2006 (zum Tatzeitpunkt geltende Fassung), begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 2180 Euro zu bestrafen, wer ua. einer gemäß § 14 erlassenen und entsprechend kundgemachten Anordnung gemäß § 10 zuwiderhandelt. Mit Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich LGBl. Nr. 2/2007 in der Fassung LGBl. Nr. 3/2007 wurde eine solche Anordnung (Geschwindigkeitsbeschränkung) erlassen. Die Kundmachung dieser Anordnung erfolgte – § 14 Abs. 6 IG-L iVm. § 3 Abs. 1 der Verordnung LGBl. Nr. 2/2007 entsprechend – durch entsprechende Vorschriftszeichen gemäß § 52 StVO 1960 (konkret: "Geschwindigkeitsbeschränkung 100 und die Zusatztafeln 5-23 Uhr und Immissionsschutzgesetz-Luft").

 

Aufgrund des festgestellten Sachverhalts ist daher unzweifelhaft davon auszugehen, dass die Bw den objektiven Tatbestand des bekämpften Bescheides verwirklicht hat.

 

Das IG-L sieht keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens vor, weshalb § 5 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt. Gemäß § 5 Abs. 1 leg.cit. genügt daher für die Strafbarkeit jedenfalls schon fahrlässiges Verhalten.

 

Die Bw bringt im vorliegenden Fall keinerlei Umstände vor, die an einem schuldhaften Verhalten ihrerseits Zweifel zulassen. Aufgrund der entsprechend kundgemachten Vorschriftszeichen musste die konkrete Geschwindigkeits­beschränkung durchaus bekannt sein und ist zumindest von fahrlässiger Tatbegehung auszugehen.

Die Strafbarkeit der Bw ist daher gegeben.

4.2. Die belangte Behörde hat die objektiven und subjektiven Strafbemessungs­gründe nach § 19 Abs.1 und 2 VStG herangezogen.

Die verhängte Strafe ist jedenfalls auch tat- und schuldangemessen. Bei der Festsetzung dieses Strafbetrages blieb die belangte Behörde angesichts der doch massiven Geschwindigkeitsüberschreitung ohnehin im unteren Bereich des Strafrahmens und sowohl aus generell- als auch spezialpräventiven Überlegungen erforderlich.

Es sind für das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates keinerlei Gründe ersichtlich, die ein Abgehen von der verhängten Strafe rechtfertigen würden. Auch die Verminderung der Überschreitung aufgrund der Auswertung durch den verkehrstechnischen Amtssachverständigen um lediglich 2  km/h führt zu keiner Strafherabsetzung, da dadurch der Unrechtsgehalt nicht relevant verändert wird.

Auch sind die Voraussetzungen nach §§ 20 und 21 VStG nicht gegeben.

4.3. Die von der Bw in ihrer Berufung vorgebrachten Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Verordnung des Landeshauptmanns von Oberösterreich, mit der eine Geschwindigkeitsbeschränkung für eine Teilstrecke der A1 West­autobahn angeordnet wird, LGBl. Nr. 2/2007 und der Verordnung des Landeshauptmanns von Oberösterreich, mit der die Verordnung, mit der eine Geschwindigkeitsbeschränkung für eine Teilstrecke der A1 Westautobahn angeordnet wird, geändert wird, LGBl. Nr. 3/2007 teilt das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates nicht.

4.3.1. Gemäß § 14 Abs. 1 Z. 2 Immissionsschutzgesetz-Luft (IG-L) BGBl. I Nr. 115/1997, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 34/2003 können für Kraftfahrzeuge in einem Maßnahmenkatalog im Sinne des § 10 leg.cit. Geschwindigkeitsbeschränkungen angeordnet werden, die gemäß § 14 Abs. 6 leg.cit. durch Straßenverkehrszeichen gemäß § 52 StVO kundzumachen sind. Gemäß § 10 Abs. 2 Z. 2 leg.cit. kommt die Zuständigkeit, im Maßnahmenkatalog – der gemäß Abs. 1 leg.cit. mit Verordnung zu erlassen ist – ua. auch eine solche Maßnahme im Sinne des § 14 Abs. 1 Z. 2 leg.cit. festzusetzen, dem Landeshauptmann zu.

Die gegenständliche Geschwindigkeitsbeschränkung von 100 km/h auf der Richtungsfahrbahn Salzburg von Stkm. 155,096 bis Stkm. 167,360 wurde als Maßnahme im Sinne des § 14 leg.cit. – der Bestimmung des § 10 leg.cit. entsprechend – zum einen durch entsprechende Verordnungen des Landeshauptmanns von Oberösterreich gemäß § 2 Abs. 2 Z. 1 Oö. Kundmachungsgesetz im Landesgesetzblatt für Oberösterreich – konkret in LGBl. Nr. 2/2007 sowie LGBl. Nr. 3/2007 – kundgemacht. Zum anderen wurde die Kundmachungspflicht nach § 14 Abs. 6 IG-L durch Aufstellen von entsprechenden Straßenverkehrszeichen ("100 – 5-23 Uhr – Immissionsschutzgesetz-Luft") erfüllt.

4.3.2. Die genannten Verordnungen wurden "für den Landeshauptmann" unterfertigt. Wie bereits ausgeführt ist gemäß § 10 Abs. 1 iVm. Abs. 2 IG-L der Landeshauptmann zur gegenständlichen Verordnungserlassung zuständig. Die Landesregierung kann bei Aufstellung ihrer Geschäftsordnung gemäß Art. 103 Abs. 2 B‑VG iVm. Art. 52 Abs. 4 Oö. L‑VG beschließen, dass einzelne Gruppen von Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung wegen ihres sachlichen Zusammenhangs mit Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereichs des Landes im Namen des Landeshauptmanns von Mitgliedern der Landesregierung zu führen sind.

Dem entsprechend normiert § 1 Abs. 3 der Geschäftsordnung der Oö. Landesregierung, LGBl. Nr. 24/1977, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 80/1990, dass die Landesregierung im Zusammenhang mit der Geschäftsverteilung beschließen kann, dass einzelne Gruppen von Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung wegen ihres sachlichen Zusammenhanges mit Angelegen­heiten des selbständigen Wirkungsbereiches des Landes im Namen des Landes­hauptmannes von Mitgliedern der Landesregierung zu führen sind.

Die anzuwendende Geschäftsverteilung der Oö. Landesregierung (Beschluss der Oö. Landesregierung vom 22. Mai 2006: Zusammensetzung und Geschäftsverteilung der Oö. Landesregierung in der XXVI. Gesetzgebungs­periode; kundgemacht in der Amtlichen Linzer Zeitung Folge 14/2006) wurde von der Oö. Landesregierung gemäß Art. 52 Abs. 2 und 4 Oö. L-VG iVm. Art. 103 Abs. 2 B-VG sowie § 1 Abs. 1 der Geschäftsordnung der Oö. Landesregierung beschlossen. Das nach dieser Geschäftsverteilung für Umweltrecht und Umweltschutz zuständige Mitglied der Landesregierung hat im Namen des Landeshauptmannes diese Verordnungen erlassen. Die beiden Verordnungen LGBl. Nr. 2/2007 sowie LGBl. Nr. 3/2007 sind somit – nicht zuletzt auch unter Bedachtnahme auf die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs VfSlg. 7642/1975 – sowohl durch verfassungs­gesetzliche als auch durch einfachgesetzliche Bestimmungen jedenfalls gedeckt.

Aufgrund der somit vorliegenden ordnungsgemäßen Kundmachung sind die genannten Verordnungen gemäß Art. 129a Abs. 3 iVm. Art. 89 Abs. 1 B-VG im gegenständlichen Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat – entgegen den von der Bw vorgebrachten Bedenken – sehr wohl anzuwenden.

4.4. Gemäß Art. 129a Abs. 3 iVm. Art. 89 Abs. 2 B-VG hat ein Gericht bei Bedenken gegen die Anwendung einer Verordnung aus dem Grund der Gesetzwidrigkeit den Antrag auf Aufhebung dieser Verordnung beim Verfassungsgerichtshof zu stellen. Auch solche Bedenken liegen nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates hinsichtlich der gegenständlichen Verordnungen allerdings aus den folgenden Gründen nicht vor.

4.4.1. Sowohl die Verordnung des Landeshauptmanns von Oberösterreich vom 3. Jänner 2007, mit der eine Geschwindigkeitsbeschränkung für eine Teilstrecke der A1 Westautobahn angeordnet wird, LGBl. Nr. 2/2007 als auch die zeitlich unmittelbar darauf ergangene Verordnung des Landeshauptmanns von Oberösterreich vom 18. Jänner 2007, mit der die Verordnung, mit der eine Geschwindigkeitsbeschränkung für eine Teilstrecke der A1 Westautobahn angeordnet wird, geändert wird, LGBl. Nr. 3/2007 führen als ihre gesetzlichen Grundlagen §§ 10 bis 12 und 14 Abs. 1 Z. 2 Immissionsschutzgesetz-Luft (IG-L), BGBl. I Nr. 115/1997, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 34/2003 iVm. § 9a Abs. 9 Immissionsschutzgesetz-Luft (IG-L), BGBl. I Nr. 115/1997, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 34/2006 an.

§ 9a Abs. 9 Immissionsschutzgesetz-Luft (IG-L), BGBl. I Nr. 115/1997, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 34/2006 (im Folgenden kurz: IG-L 2006) normiert, dass für Grenzwertüberschreitungen, die vor dem 1. Jänner 2005 gemessen wurden, weiterhin § 8 sowie §§ 10 ff dieses Bundesgesetzes in der Fassung BGBl. I Nr. 34/2003 gelten.

§ 10 Abs. 1 Immissionsschutzgesetz-Luft (IG-L), BGBl. I Nr. 115/1997, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 34/2003 (im Folgenden kurz: IG-L 2003) bestimmt, dass zur Erreichung der Ziele dieses Bundesgesetzes im Sinne des § 1 leg.cit. der Landeshauptmann ua. innerhalb von sechs Monaten nach Fertigstellung der Statuserhebung (im Sinne des § 8 leg.cit.), längstens jedoch 15 Monate nach Ausweisung der Überschreitung eines Immissionsgrenzwerts mit Verordnung einen Maßnahmenkatalog zu erlassen hat. Gemäß § 10 Abs. 2 leg.cit. hat der Landeshauptmann im Maßnahmenkatalog das Sanierungsgebiet (im Sinne des § 2 Abs. 8 leg.cit.) festzulegen [Z. 1], im Rahmen der §§ 13 bis 16 Maßnahmen anzuordnen, die im Sanierungsgebiet oder in Teilen des Sanierungsgebiets umzusetzen sind [Z. 2] sowie die Fristen (im Sinne des § 12 leg.cit.) zur Umsetzung dieser Maßnahmen festzusetzen [Z. 3]. Weiters ist anzugeben, ob die Maßnahmen direkt wirken oder von der Behörde mit Bescheid anzuordnen sind.

Gemäß § 14 Abs. 1 IG-L 2003 können im Maßnahmenkatalog (im Sinne des § 10 leg.cit.) für Kraftfahrzeuge oder für bestimmte Gruppen von Kraftfahrzeugen zeitliche und räumliche Beschränkungen des Verkehrs [Z. 1] und Geschwindigkeitsbeschränkungen [Z. 2] angeordnet werden.

Es ist zutreffend, dass nach § 14 Abs. 1 IG-L 2006 dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie sowohl Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben als auch dessen Einvernehmen herzustellen ist. Auch findet sich in § 14 Abs. 1 IG-L 2006 nunmehr – im Unterschied zu der vergleichbaren Bestimmung des IG-L 2003 (§ 14 Abs. 1 Z. 2) – die Zulässigkeitsregelung hinsichtlich einer Maßnahme in Form von Geschwindigkeitsbeschränkungen in Z. 1.

Diese Bestimmungen des IG-L 2006 sind allerdings im gegenständlichen Fall nicht anzuwenden. Der (als Übergangsbestimmung zu qualifizierende) § 9a Abs. 9 IG-L 2006 normiert ausdrücklich, dass für vor dem 1. Jänner 2005 gemessene Grenzwertüberschreitungen weiterhin § 8 sowie §§ 10 ff des I-GL 2003 gelten. Telos dieser Übergangsbestimmung ist den parlamentarischen Materialien (vgl. RV 1147 BlgNR XXII. GP) zufolge, dass damit die Rechtslage betreffend Überschreitungen von Grenzwerten vor dem In-Kraft-Treten des IG-L 2006 klar gestaltet ist.

Entsprechend der Regelungsabsicht des Bundesgesetzgebers geht es darum, im Sinn einer Übergangsvorschrift den Anwendungsbereich der verschiedenen Regelungssysteme ("alte Rechtslage" mit Maßnahmenkatalog einerseits und "neue Rechtslage" mit Programmen sowie Einvernehmenserfordernis andererseits) klar voneinander abzugrenzen. Entscheidend ist, dass dann nach der "alten Rechtslage" vorgegangen werden soll, wenn Grenzwertüberschreitungen vor dem 1. Jänner 2005 gemessen wurden. Diese noch übergangsweise anzuwendende "alte Rechtslage" umfasst u.a. die "§§ 10 ff dieses Bundesgesetzes in der Fassung BGBl. I Nr. 34/2003". Damit sind augenscheinlich die §§ 10 bis 16 IG-L 2003, dh. also der gesamte 4. Abschnitt des IG-L, der auch § 14 leg.cit. betreffend Maßnahmen für den Verkehr einschließt, gemeint, die in der Fassung des IG-L 2003 aber noch kein ministerielles Zustimmungserfordernis beinhalteten.

Es ist daher durchaus nachvollziehbar und aus verfahrensökonomischen Gründen jedenfalls zweckmäßig, wenn der Bundesgesetzgeber durch § 9a Abs. 9 IG-L 2006 festlegt, dass bereits nach der "alten Rechtslage" eingeleitete Verfahren nach diesem "alten" Regelungsregime des IG-L 2003 weiterzuführen sind. Aus diesen Erwägungen heraus ist davon auszugehen, dass durch § 9a Abs. 9 IG-L 2006 auf bereits vor dem 1. Jänner 2005 gemessene Grenzwertüberschreitungen neben den geänderten (neuen) materiell-rechtlichen Determinanten (zB Programmen iSd § 9a IG-L 2006 [anstelle von Maßnahmenkatalogen iSd § 10 IG-L 2003]) auch novellierte (neue) Verfahrensregelungen (zB Stellungnahmerecht sowie Einvernehmen des Bundesministers iSd § 14 Abs. 1 IG-L 2006) nicht anzuwenden sind; weder eine grammatikalische Auslegung des § 9a Abs. 9 IG-L 2006 noch eine teleologische Interpretation dieser Bestimmung iVm. § 8 und §§ 10 ff IG-L 2003 ergibt, dass eine unterschiedliche Behandlung hinsichtlich der Anwendbarkeit dieser geänderten materiell-rechtlichen und der rein verfahrensrechtlichen Bestimmungen auf vor dem 1. Jänner 2005 gemessene Grenzwertüberschreitungen vom Gesetzgeber beabsichtigt gewesen wäre.

Die für die gegenständlichen Verordnungen maßgeblichen Grenzwert­überschreitungen wurden den erläuternden Bemerkungen zu Verordnung LGBl. Nr. 2/2007 zufolge durch Messungen im Jahr 2003 festgestellt (vgl. Punkt 2.6.; vgl. auch 2.3. und 2.4 der Erläuternden Bemerkungen). Unter Punkt 2.3. dieser Erläuternden Bemerkungen wird unter dem Titel "Grundlagen der Verordnung" ua. ausgeführt, dass die Ausweisung der Grenzwert­überschreitungen im Jahresbericht über die Luftgüte in Oberösterreich 2003 erfolgte. Dabei wurde auch festgestellt, dass die Grenzwertüberschreitungen nicht auf einen bloßen Störfall oder eine andere in absehbarer Zeit nicht wiederkehrende erhöhte Emission zurückzuführen waren. In weiterer Folge wurde eine Statuserhebung erstellt.

Die maßgeblichen Grenzwertüberschreitungen wurden somit ganz offenkundig vor dem 1. Jänner 2005 gemessen. 

Im Ergebnis sind daher die gegenständlichen Verordnungen des Landeshauptmannes von Oberösterreich insofern zu Recht auf der Grundlage der §§ 8 und 10 bis 16 IG-L 2003 erlassen worden, als die den Verordnungen zugrunde liegenden Grenzwertüberschreitungen vor dem 1. Jänner 2005 gemessen worden sind; daher war auch das Einvernehmen mit dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hinsichtlich der angeordneten Maßnahme (im Sinne des § 14 Abs. 1 IG-L 2006) nicht herzustellen und ist die in den Verordnungen als gesetzliche Grundlage angeführte Bestimmung des § 14 Abs. 1 Z. 2 IG-L 2003 sehr wohl rechtmäßig.

An diesem Ergebnis vermag nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates auch die Überschreitung der durch § 8 und § 10 Abs. 1 IG-L 2003 normierten Fristen nichts zu ändern. Gemäß § 8 Abs. 1 und Abs. 2 IG-L 2003 hat der Landeshauptmann innerhalb von neun Monaten ab der Ausweisung der Überschreitung eines Immissionsgrenzwertes eine Statuserhebung für den Beurteilungszeitraum zu erstellen. Diese Statuserhebung wurde im August 2005 abgeschlossen. Gemäß § 10 Abs. 1 IG-L 2003 hat der Landeshauptmann auf Grundlage der Statuserhebung innerhalb von sechs Monaten nach Fertigstellung der Statuserhebung, längstens jedoch 15 Monate nach Ausweisung der Überschreitung eines Immissionsgrenzwertes mit Verordnung einen Maßnahmenkatalog zu erlassen.

Eine Fristüberschreitung im konkreten Fall ändert nichts an der Behördenzuständigkeit und auch nichts an der anwendbaren Rechtslage. Aufgrund einer teleologischen Interpretation der gegenständlichen Fristen­regelungen (konkret: die zügige und effektive Bekämpfung der Grenzwert­überschreitungen) ist das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates der Meinung, dass allfällige Fristüberschreitungen im konkreten Verfahren jedenfalls nichts daran ändern, dass für die in Frage stehenden Verordnungen (weiterhin) die §§ 8 und 10 ff IG-L 2003 als gesetzliche Grundlage maßgeblich sind und die Verordnungen erlassen werden durften.

4.4.2. § 1 der Verordnung LGBl. Nr. 2/2007 in der Fassung LGBl Nr. 3/2007 normiert als konkretes Verordnungsziel die Verringerung der durch den Verkehr verursachten Stickstoffdioxidemissionen entlang der A1 Westautobahn im Bereich der Städte Ansfelden, Linz und Enns sowie der Marktgemeinden Asten und St. Florian und die damit verbundene Verbesserung der Luftqualität.

Auch die Tatsache, dass der Verordnungsgeber anders als noch in der Verordnung LGBl. Nr. 98/2006 ("Stickstoffdioxid- und Feinstaub-Emissionen") – diese trat mit der Verordnung LGBl. Nr. 2/2007 außer Kraft – durch die verordnete Geschwindigkeitsbeschränkung allein auf eine Verringerung der Stickstoffdioxidemissionen abzielt, bewirkt keine Rechtswidrigkeit der vorliegenden Verordnung, zählt doch das Stickstoffdioxid zu den Luftschadstoffen.

Wie bereits dargelegt normiert § 14 Abs. 1 Z. 2 IG-L 2003, dass in einem Maßnahmenkatalog, der gemäß § 10 Abs. 1 leg. cit. zur Erreichung der Ziele dieses Bundesgesetzes (§ 1) vom Landeshauptmann zu erlassen ist, ua. auch Geschwindigkeitsbeschränkungen angeordnet werden können. Als Ziel wird ua. in § 1 Z. 2 IG-L die vorsorgliche Verringerung der Immission von Luftschadstoffen im Sinne des § 2 Abs. 1 leg. cit. genannt. Die der vorliegenden Verordnung zugrundeliegende Zielsetzung, die durch den Verkehr verursachten Stickstoff­dioxidemissionen zu verringern, liegt somit unstreitig im Rahmen der zitierten gesetzlichen Vorgaben. Dass in dieser Verordnung nicht auch eine Verringerung der Feinstaub-Emissionen als Ziel normiert wurde, liegt demgegenüber – nicht zuletzt unter Bedachtnahme auf Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit – im Ermessen des Landeshauptmannes als verordnungs­erlassender Behörde. Dies geht wohl schon aus der "Kann"-Bestimmung des § 14 Abs. 1 leg.cit. ("Im Maßnahmenkatalog können für Kraftfahrzeuge [...] Geschwindigkeitsbeschränkungen angeordnet werden.") eindeutig hervor.

Überdies war auch die dieser Verordnung zugrundeliegende Statuserhebung in Entsprechung zu § 8 Abs. 3 IG-L 2003, demgemäß für jeden in den Anlagen 1 und 2 festgelegten Luftschadstoff (vgl. zB Anlage 1: Luftschadstoff Stickstoffdioxid und Luftschadstoff PM10) gesondert eine eigene Statuserhebung zu erstellen ist, (ausschließlich) auf die Ermittlung der Stickstoffdioxid-Jahresgrenzwertüberschreitungen (an der Westautobahn A1 in Enns-Kristein im Jahr 2003) gerichtet (vgl. die Erläuternden Bemerkungen zur gegenständlichen Verordnung LGBl. Nr. 2/2007 unter Punkt 3.2. Statuserhebung). Da der Landeshauptmann gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 IG-L 2003 einen Maßnahmenkatalog auf Grundlage der Statuserhebung im Sinne des § 8 leg. cit. zu erlassen hat, geht das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates daher davon aus, dass sich die gegenständliche Verordnung sehr wohl auch ausschließlich auf die Verringerung der Stickstoffdioxidemissionen beschränken kann. (Demgegenüber zielt beispielsweise die Verordnung des Landeshauptmanns von Oberösterreich, mit der emissionsmindernde Maßnahmen für die Stadtgebiete Linz und Steyregg erlassen werden, LGBl. Nr. 115/2003 allein auf emissionsmindernde Maßnahmen für die Luftschadstoffe Schwebestaub und PM10 ab.)

Auch Bedenken, der Verordnungsgeber hätte nicht berücksichtigt, dass es in den Monaten vor Erlassung der gegenständlichen Verordnung keine Grenzwertüberschreitungen bei Stickstoffdioxid gegeben habe, sind keineswegs begründet. Einerseits gründet die Verordnung auf Grenzwert­überschreitungen im Sinne des § 9a Abs. 9 IG-L 2006, dh. auf Grenzwertüberschreitungen, die überhaupt schon vor dem 1. Jänner 2005 gemessen worden sind. Andererseits ist darauf hinzuweisen, dass es den Erläuternden Bemerkungen zu Verordnung LGBl. Nr. 2/2007 (vgl. etwa Tabelle 1 und Abbildung 1) zufolge nicht nur in den Jahren 2003 bis 2005, sondern auch im Jahr 2006 zu Überschreitungen des Grenzwerts für NO2 gekommen ist. Für die Maßnahmenverordnung lagen somit sehr wohl ausreichende fachkundige Erhebungen vor.

4.5.   Sofern die Bw auf die Regelung des § 43 Abs.1 StVO Bezug nimmt, ist dem entgegen zu halten, dass die gegenständliche Geschwindigkeits­beschränkung nicht auf Grundlage der StVO, sondern auf Grundlage des Immissionsschutzgesetzes-Luft erlassen wurde und daher seinen diesbezüglichen Ausführungen im gegenständlichen Verfahren keine Relevanz zukommt.

4.6. Zusammenfassend wird festgestellt, dass die Bw weder durch den vorliegenden Strafbescheid, noch durch die einschlägigen generellen Normen in ihren Rechten verletzt wurde, weshalb die Berufung als unbegründet abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen war.

5.   Bei diesem Ergebnis war der Bw nach § 64 Abs. 1 und 2 VStG zusätzlich zum Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat in Höhe von 20 % der verhängten Strafe vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Leopold Wimmer

 

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