Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550404/4/Bm/Rd/Ri VwSen-550405/5/Bm/Rd/Ri

Linz, 04.06.2008

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Anträge der  M K GmbH & Co KG,  vertreten durch G K P L Rechtsanwälte OG, M, L,  vom 28.5.2008  auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und auf Nachprüfung der Zuschlagsentscheidung im Vergabeverfahren der Oö. G- und S AG betreffend das Vorhaben "Zu- und Umbau LKH R, Gewerk 0345/5.05 Möbeltischler III-Küche und Ambulanz", zu Recht erkannt:

 

I.       Die Anträge auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung sowie    auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung werden    zurückgewiesen.

 

II.     Die Oö. G- und S AG wird verpflichtet, der Möbel K GmbH & Co KG die geleisteten Pauschalgebühren in Höhe von 3.750 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu          ersetzen.

 

 

Rechtsgrundlage:

zu I.:           §§ 1, 2 und 3 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 – Oö. VergRSG           2006, LBGl.Nr. 130/2006

zu II.:          § 23 Abs.1 Oö. VergRSG 2006

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 28.5.2008, beim Oö. Verwaltungssenat eingelangt am 29.5.2008,  hat die M K GmbH & Co KG (im Folgenden: Antragstellerin) einen Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung in eventu auf Einleitung eines Feststellungsverfahrens sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, zu untersagen, gestellt. Im Übrigen wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von 3.750 Euro beantragt.

 

Begründend führte die Antragstellerin eingangs hiezu aus, dass die Auftraggeberin zur Abgabe von Angeboten für ein offenes Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich betreffend das Projekt 0345 Zu- und Umbau LKH R, Gewerk 0345/5.05 Möbeltischler III-Küche und Ambulanz aufgefordert habe. Am 29.4.2008 erfolgte die Angebotseröffnung und sei die Antragstellerin mit ihrem Angebot Billigstbieterin gewesen. Nachstehende Angebote seien verlesen worden:

1.      G G GmbH                               200.609,00 Euro

2.      K A                                                   205.163,00 Euro

3.      M K GmbH & Co KG                 146.920,74 Euro

4.      M K GmbH & Co KG                           191.655,00 Euro

-5 % =                                                       182.072,25 Euro

5.      A GmbH                                            184.603,60 Euro

6.      S GmbH                                            172.261,20 Euro

-4 % =                                                       165.370,75 Euro

 

Die Antragstellerin habe somit das günstigste Anbot gelegt.

Bei der Angebotsöffnung sei für die Bieterin S GmbH Herr J S anwesend gewesen und habe die Protokollierung des Angebotspreises der S GmbH mit 165.370,75 Euro unwidersprochen hingenommen.

Mit Schreiben vom 14.5.2008 teilte die Auftraggeberin mit, dass im Zuge der Angebotsöffnung am 29.4.2008 der Angebotspreis der Tischlerei S GmbH inklusive dem doppelt ausgewiesenen Mehrwertsteuerbetrag verlesen und in der Niederschrift protokolliert worden sei und als Zusatz zu der bereits übermittelten Niederschrift zur Angebotseröffnung nun die tatsächlich abgegebenen Angebotssummen der einzelnen Bieter in chronologischer Reihenfolge nach Abgabe der Angebote vor rechnerischer Prüfung lauten:

1.      G G GmbH                               200.609,00 Euro

2.      A K GmbH & Co KG                  205.163,00 Euro

3.      K M GmbH & Co KG                 146.920,74 Euro

4.      K Möbel GmbH & Co KG           182.072,25 Euro

5.      A Tischlerei GmbH                    184.603,60 Euro

6.      S Tischlerei GmbH                    143.551,00 Euro

 

Am 15.5.2008 habe die Antragstellerin die Auftraggeberin schriftlich auf die Gesetzwidrigkeit der Korrektur und Vorreihung aufmerksam gemacht.

Am 21.5.2008 teilte die Auftraggeberin mit, dass beabsichtigt sei, der Tischlerei S GmbH mit einem Angebotspreis (brutto) von 172.661,20 Euro, den Zuschlag zu erteilen. Die Stillhaltefrist ende mit 28.5.2008.

 

Der bei der Angebotseröffnung verlesene und protokollierte Gesamtpreis ohne USt der S GmbH betrage unter Berücksichtigung des verlesenen und protokollierten Rabatts von 4% 165.370,75 Euro, sohin unter Hinzurechnung der 20% MwSt. 206.713,44 Euro. Das Angebot sei somit mit einem nicht sanierbaren Mangel behaftet, der jedenfalls eine Vorreihung untersage.

Es werde daher dieser Vergabe nicht der verlesene und protokollierte Angebotspreis der S GmbH von 165.370,75 Euro, sondern ein korrigierter Gesamtpreis ohne USt von 146.515,00 Euro zugrunde gelegt. Diese Vorgehensweise widerspreche sowohl den Ausschreibungsunterlagen als auch dem BVergG. Gemäß Pkt. 6.15. des Angebotsschreibens der gegenständlichen Ausschreibung laute "6.5. Rechnerisch fehlerhafte Angebote werden ausgeschieden, wenn die Summe der Absolutbeträge aller Berechtigungen erhöhend oder vermindernd 2.vH. oder mehr des ursprünglichen Gesamtpreises ohne Umsatzsteuer beträgt".

 

Gegenständlich habe die Auftraggeberin auf einen Rechenfehler der S GmbH bezogen, nämlich, dass die MwSt. doppelt verrechnet worden wäre. Dieser Rechenfehler überschreite die im Punkt 6.5. festgelegte Bagatellgrenze von 2% erheblich, da nämlich eine Reduktion um 16,66 % vorgenommen werde.

 

Gemäß der einschlägigen Bestimmungen des BVergG wäre selbst bei einer zulässigen Korrektur von Rechenfehlern eine Vorreihung des Angebots unzulässig.  Nach den verlesenen und protokollierten Preisen der Angebotsöffnung vom 29.4.2008 wäre die Reihung der Bieter nach dem Billigstbieterprinzip vorzunehmen gewesen, da in der Ausschreibung kein anderes Kriterium genannt sei; es sei daher das Billigstbieterprinzip anzuwenden. Die Auftraggeberin beabsichtige daher an die S GmbH, dem zweitbilligsten und zweitgünstigsten Angebot, den Auftrag zu erteilen und nicht dem billigsten und günstigsten Angebot der Antragstellerin. Diese Vorgangsweise sei gesetzwidrig.

 

Bei korrekter Durchführung des Vergabeverfahrens hätte der Zuschlag an die Antragstellerin erteilt werden müssen. Die Antragstellerin habe eminentes Interesse an der Abwicklung des gegenständliches Auftrages. Der Antragstellerin drohe ein Schaden in Höhe von insgesamt ca. 12.284,45 Euro und der Verlust eines Referenzprojektes.

 

Im Übrigen erachte sich die Antragstellerin in ihrem Recht auf Durchführung eines rechtskonformen Vergabeverfahrens, insbesondere im Recht auf Einhaltung jener vergabespezifischer Normen, die den Bieter vor Schäden schützen solle, wie auch im Recht als Best- weil Billigstbieter auf Zuschlagserteilung, verletzt.

 

Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung verweist die  Antragstellerin auf die Ausführungen zum Hauptantrag und führt weiters aus, dass einer einstweiligen Verfügung auf Untersagung der Zuschlagserteilung keine schwerer wiegenden, möglicherweise geschädigten Interessen der sonstigen Bieter und der Auftraggeberin sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens entgegenstehen würde.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat die Oö. G- und S AG als Auftraggeberin am Nachprüfungsverfahren beteiligt.

Mit Schreiben vom 2.6.2008, beim Oö. Verwaltungssenat eingelangt am 3.6.2008, teilte die Auftraggeberin mit, dass sie die mit Schreiben vom 21.5.2008 an die Bieter bekannt gegebene Zuschlags­entscheidung zugunsten der S Tischlerei GmbH widerruft. Sämtliche Bieter wurden über diese Entscheidung informiert.

 

3.  Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz (Oö. VergRSG) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesen (Vergabeverfahren), die gemäß Art.14b Abs.2 Z2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.

 

Die Oö. G- und S AG ist öffentliche Auftraggeberin iSd des § 1 Abs.1 Oö. VergRSG und liegt im Vollziehungsbereich des Landes iSd Art.14b Abs.2 Z2 lit.c B-VG, sodass das gegenständliche Nachprüfungsverfahren den Bestimmungen des Oö. VergRSG unterliegt.

 

Gemäß § 2 Abs.1 Oö. VergRSG obliegt dem Unabhängigen Verwaltungssenat die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs.1 leg.cit.

 

3.2.  Gemäß § 2 Abs.3 Oö. VergRSG ist der Unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagsentscheidung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z16 lit.a BVergG 2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Gemäß § 5 Abs.2 Oö. VergRSG 2006 ist ein Nachprüfungsantrag jedenfalls unzulässig, wenn

1.      er sicht nicht gegen eine gesondert anfechtbare Entscheidung richtet,

2.      er nicht innerhalb der Fristen des § 4 gestellt wird oder

3.      er trotz Aufforderung zur Verbesserung nicht ordnungsgemäß vergebührt    wurde.

 

Gemäß § 2 Z16 lit.a sublit.aa BVergG 2006 stellt die Zuschlagsentscheidung im offenen Verfahren eine gesondert anfechtbare Entscheidung dar.

Die Zuschlagsentscheidung ist unter Zugrundelegung der Definition in § 2 Z48 BVergG 2006 als vorläufige Wissenserklärung iSe Nachricht über die Tatsache zu werten, an welchen Bieter die Erteilung des Zuschlags vorgesehen ist und enthält diese keine auf den Eintritt von Rechtsfolgen gerichtete Willenserklärung. Eine solche entfaltet somit keine Bindungswirkung und sind aus dieser auch keine zivilrechtlichen Ansprüche ableitbar. Eine Änderung oder Richtigstellung dieser Wissenserklärung durch den Auftraggeber ist daher bis zum Vertragsabschluss und damit bis zur Zuschlagserteilung zulässig (vgl. Möslinger-Gehmayr in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel Bundesvergabegesetz 2002 – Kommentar, RZ 79 zu § 166).

 

Der gegenständliche Antrag richtet sich gegen die Zuschlagsentscheidung vom 21.5.2008. Diese Zuschlagsentscheidung wurde von der Auftraggeberin mit Schreiben vom 2.6.2008 widerrufen und somit zurückgenommen. Im Hinblick auf die obigen Ausführungen war dies zulässig. Andererseits bewirkt diese Zurücknahme, dass im gegenständlichen Nachprüfungsverfahren die gesondert anfechtbare Entscheidung weggefallen ist und diese deswegen keinen zulässigen Anfechtungsgegenstand im Sinne des § 5 Abs.2 Oö. VergRSG 2006 mehr bilden kann. Der gegenständliche Antrag ist im Laufe des Nachprüfungsverfahrens durch den Widerruf der Zuschlagsentscheidung unzulässig geworden, weshalb dieser zurückzuweisen war.

 

4. Gemäß § 23 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 hat der Antragsteller bzw die Antragstellerin, der bzw die vor dem unabhängigen Verwaltungssenat wenn auch nur teilweise obsiegt, Anspruch auf Ersatz der gemäß § 22 entrichteten Gebühren durch den Auftraggeber bzw die Auftraggeberin. Der Antragsteller bzw die Antragstellerin hat ferner Anspruch auf Ersatz der entrichteten Gebühren, wenn er bzw sie während des anhängigen Verfahrens klaglos gestellt wird.

 

Durch die Zurücknahme der angefochtenen Zuschlagsentscheidung im laufenden Nachprüfungsverfahren durch die Auftraggeberin wurde die Antragstellerin insofern klaglos gestellt. Im Sinne der Bestimmung des § 23 Abs.1 zweiter Satz Oö. VergRSG 2006 war daher der Antragstellerin der Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von 3.750 Euro (2.500 Euro für den Nachprüfungsantrag und 1.250 Euro für den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung) zuzuerkennen.

 

Aufgrund des vorliegenden Verfahrensergebnisses war somit auch der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

 

4. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 26,40 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

  

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro (ab 1. Juli 2008: 220 Euro)  zu entrichten.

 

 

Mag. Michaela Bismaier 

 

 

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