Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-231002/15/Ste

Linz, 02.07.2008

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Präsident Mag. Dr. Wolfgang Steiner über die Berufung des Mag. T F P R-M, vertreten durch Prof. Dipl. Ing. Mag. A R, Rechtsanwalt, W, gegen den Bescheid (Straferkenntnis) des Polizeidirektors der Bundespolizeidirektion S vom 6. März 2008, GZ: S 7328/ST/06, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Waffengesetz – nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung – zu Recht erkannt:

I.                  Die Berufung wird hinsichtlich der Schuld als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid der Behörde erster Instanz mit der Maßgabe bestätigt, dass der Tatvorwurf und die verletzten Verwaltungsvorschrift wie folgt lautet:

 

„Sie haben am 9. Dezember 2006 um ca. 20. 00 Uhr das auf Sie zugelassene Kraftfahrzeug mit dem polizeilichen Kennzeichen  Herrn P G für unbestimmte Zeit zum Lenken für eine Fahrt von W nach S und zurück zum Zweck eines Konzertbesuchs zur Verfügung gestellt. Im Fahrzeug-Innenraum befanden sind in unversperrten Taschen ein unterladenes Repetiergewehr Marke Mauser K 98, Nr. , in dessen Magazin sich vier Patronen befanden, und eine Schrotflinte (doppelläufig) Marke Märkel-Geco, Kal. 16/70, Nr. , sowie 75 Stück Büchsenpatronen 7x64 und 50 Stück Schrotmunition. Herr P G ist nicht im Besitz einer waffenrechtlichen Urkunde, weder Angehöriger einer Schützenvereinigung noch Sportschütze. Sie haben damit Herrn P G Waffen und Munition rechtswidrig überlassen.

Sie haben dadurch § 51 Abs 1 Z 4 und Z 5 Waffengesetz 1996, BGBl. I Nr. 12/1997, in der zum Tatzeitpunkt anzuwendenden Fassung zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 136/2004, verletzt.“

II.              Der Berufung wird hinsichtlich der Strafe insofern stattgegeben, als das Strafausmaß auf 240 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf zwei Tage und der Verfahrenskostenbeitrag für das Verwaltungsstrafverfahren vor der Behörde erster Instanz auf 24 Euro herabgesetzt wird.

III.          Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs 1 und 2 VStG und § 65 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Polizeidirektors der Bundespolizeidirektion S vom 6. März 2008, GZ: S 7328/ST/06, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geld­strafe in Höhe von 360 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage 12 Stunden) verhängt, weil er – wie am 10.12.2006 um 00.30 Uhr in S bei der Bushaltestelle auf Höhe der Kreuzung mit der Schlüsselhofgasse anlässlich einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle des Kraftfahrzeuges mit dem polizeilichen Kennzeichen , dessen Zulassungsbesitzer der Bw ist, festgestellt worden sei – meldepflichtige Schusswaffen samt Munition anderen Menschen überlassen haben soll. Dadurch habe er eine Übertretung des § 51 Abs 1 Z 4 und Z 5 WaffG begangen.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen an, dass der Bw unbestritten, sowohl seinen eigenen Angaben als auch denen des Zeugen G zufolge, sein Fahrzeug zur Verfügung gestellt habe, wobei er die darin befindlichen Schusswaffen samt Munition im PKW beließ, sodass bereits aufgrund dessen der Tatbestand des § 51 Abs 1 Z 4 und Z 5 WaffG erfüllt sei. Die Behörde schließt ihre Begründung mit Erwägungen zur Strafbemessung.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw zuhanden seines Rechtsvertreters am 10. März 2008 zugestellt wurde, richtet sich die mit 25. März 2008 datierte Berufung des Bw, welche am 25. März 2008 um 20:04 Uhr per E-Mail bei der belangten Behörde eingelangt ist.

Darin wird der Bescheid zur Gänze angefochten. Begründend wird dazu insbesondere ausgeführt, dass die Ausführungen der belangten Behörde sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht unrichtig seien. In tatsächlicher Hinsicht, da es sich um nur eine meldepflichtige Schusswaffe (Kategorie C) und nicht um meldpflichtige Schusswaffen (Mehrzahl) gehandelt habe, in rechtlicher Hinsicht, da es alles andere als „unbestritten“ sei, dass der Tatbestand des § 51 Abs 1 Z 4 und Z 5 WaffG dadurch erfüllt sei, dass die Waffen der Kategorie C und D samt Munition in einem Fahrzeug belassen wurden, da diese Verwaltungsvorschriften ausschließlich das unbefugte Überlassen von Waffen und Munition an andere Menschen pönalisierten. Das bloße Belassen von Waffen in einem Fahrzeug hingegen sei einem Überlassen von Waffen nicht gleichzuhalten.

Weiters wird bestritten, dass sich die Mangelhaftigkeit einer sicheren Verwahrung in einem Kfz aus einer reichhaltigen Rechtsprechung des VwGH ergibt. Vielmehr sei das Verwahren von Waffen der Kategorie C und D in Kraftfahrzeugen gemäß einem Erlass des BMI nur unter bestimmten Umständen unzulässig.

Auch wird eingewendet, dass wenn tatsächlich ein Überlassen von meldepflichtigen Schusswaffen samt Munition erfolgt sei, dies nicht gesetz- oder verordnungswidrig, war, da für den Besitz und für das Überlassen von „meldepflichtigen Schusswaffen samt Munition“ keine gesonderte Bewilligung erforderlich sei. Überdies wäre ein allfälliges Überlassen wenn überhaupt nur an Herrn G erfolgt.

Der Bw beantragt, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen,  in eventu den angefochtenen Bescheid zu beheben und eine niedrigere Geldstrafe auszusprechen.

2.1. Die Bundespolizeidirektion S hat die Berufung samt dem dort geführten Verwaltungsakt erster Instanz zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

2.2. Da im angefochtenen Straferkenntnis weder eine primäre Freihheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Oö Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

2.3. Die Berufung ist rechtzeitig. Gemäß § 33 Abs. 2 AVG ist, wenn das Ende der Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder den Karfreitag fällt, der nächste Werktag der letzte Tag der Frist. Das Ende der zweiwöchigen Berufungsfrist – von Montag 10. März 2008 (Tag der Zustellung an die Rechtsvertretung des Bw) an gerechnet – fällt, da der 24. März 2008 auf einen Feiertag (Ostermontag) fiel – auf 25. März 2008, sodass die Berufung noch rechtzeitig erfolgte.

2.4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsakt sowie durch Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 19. Juni 2008.

2.5. Aus dem vorliegenden Akt (einschließlich der Schriftsätze des Bw) sowie zusammengefasst aus der öffentlichen mündlichen Verhandlung ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde liegt:

Der Bw hat am 9. Dezember 2006 um ca. 20.00 Uhr, vor dem Haus B in W, Herrn P G sein Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen   auf unbestimmte Zeit, zum Zwecke eines Konzertbesuches für die Fahrt von W nach S und zurück, zur Verfügung gestellt. Der Bw hat dabei seine Jagdgewehre – ein unterladenes Repetiergewehr Marke Mauser K 98, Nr. , in dessen Magazin sich vier Patronen befanden (Schusswaffe der Kategorie C) und eine Schrotflinte (doppelläufig) Marke Märkel-Geco, Kal. 16/70, Nr.  (Schusswaffe der Kategorie D) sowie dazugehörige Munition 75 Stück Büchsenpatronen 7x64 und 50 Stück im Fahrzeug belassen. Die Waffen samt Patronen waren am Rücksitz in einer Tragetasche für Langwaffen und in einer Tragetasche hinter dem Vordersitz am Boden unversperrt verstaut. Im Kofferraum befand sich darüber hinaus noch zusätzliche Munition. Der Bw hat P G kurz darüber in Kenntnis gesetzt, dass seine Jagdgewehre im Fahrzeug seien und ihn darauf hingewiesen, dass er die Waffen „in Ruhe lassen und auf sie aufpassen“ solle. Herr G hat daraufhin das Fahrzeug als Lenker übernommen. Er verfügt weder über eine waffenrechtliche Urkunde, noch über einen Jagdschein, noch ist er in einem Schützenverein oder als Sportschütze tätig.

Am 10. Dezember 2006 um 00.30 Uhr, wurden Herr G als Lenker des auf den Bw zugelassenen Kfz und der am Beifahrersitz befindliche M P, sowie der im Fonds sitzende Jugendliche M S im Zuge einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle durch Polizeibeamte der BPD S in der M in S angehalten, wobei auch die Waffen und die Munition vorgefunden wurden.

2.6. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den in dieser Hinsicht widerspruchsfreien Aussagen des Bw selbst sowie der sowie der im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung getätigten Aussagen der Zeugen G und S und der übrigen bei der öffentlichen mündlichen Verhandlung verlesenen Aussagen, insbesondere der Polizisten. Der Bw hat darüber hinaus nicht in Abrede gestellt, dass sich das Repetiergewehr, die Schrotflinte und die Munition in seinem Kraftfahrzeug befunden haben, als er dieses am 9. Dezember 2006 Herrn G überlassen hat.

Er verantwortet sich damit, dass die Fahrzeugübergabe so rasch erfolgen musste, weil er zu einem tierärztlichen Notfall gerufen wurde.

3.  In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 51 Abs 1 Z 4 Waffengesetz 1996 - WaffG, BGBl. I Nr 12/1997, in der zum Tatzeitpunkt anzuwendenden Fassung zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 136/2004, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis 3.600 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu betrafen, wer entgegen diesem Bundesgesetz oder einer aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnung Waffen (ausgenommen Kriegsmaterial) anderen Menschen überlässt.

Dass es sich bei den im konkreten Fall vorliegenden Schusswaffen zweifelsfrei um Waffen im Sinne des WaffG handelt ist evident und unbestritten und bedarf folglich keiner weiteren Ausführungen, weshalb auch eine nähere Differenzierung der Schusswaffen gemäß § 2 WaffG in jene der Kategorie C (meldepflichtig) oder D (sonstige Schusswaffen) im vorliegenden Fall unterbleiben kann.

3.2. Gemäß § 51 Abs 1 Z 5 WaffG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis 3.600 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu betrafen, wer entgegen diesem Bundesgesetz oder einer aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnung Munition anderen Menschen überlässt.

3.3. Das zentrale Tatbestandsmerkmal der Verwaltungsübertretungen nach § 51 Abs 1 Z 4 und Z 5 WaffG besteht somit im „Überlassen“ der Waffen und der Munition.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) heißt dabei „überlassen“, (einer Person) das Hantieren mit der Waffe ermöglichen. Dabei ist „[...] angesichts des mit dem Waffenbesitz von Privatpersonen verbundenen Sicherheitsbedürfnisses nach Sinn und Zweck der Regelung des Waffengesetzes ein strenger Maßstab anzulegen.“ (VwGH vom 20. März 2003, 2000/20/0375). Demzufolge bedeutet „überlassen“, dass man jemanden das Hantieren mit der Waffe und der Munition ermöglicht, beispielsweise auch durch die Zur-Verfügung-Stellung eines Fahrzeuges in dem sich Waffen und Munition befinden.

Dadurch, dass der Bw am Abend des 9. Dezember 2006 ein Fahrzeug mit seinen sich darin befindlichen Schusswaffen samt Munition dem Herrn P G zur weiteren Verwendung zur Verfügung stellte, hat er einer anderen Person das Hantieren mit einer Waffe ermöglicht. Herrn G war ein Hantieren ohne auch nur ein weiteres Hindernis überwinden zu müssen (etwa durch ein versperrtes Fach) möglich, da er nur die Waffen aus der Tasche und die Munition aus dem Kofferraum nehmen hätte müssen. Das objektive Tatbestandsmerkmal des „Überlassens“ hat der Bw damit erfüllt. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Bw Herrn G anwies, die Waffen nicht anzurühren und gut auf diese aufzupassen, da dadurch ein potenzielles Hantieren nicht unmöglich oder verhindert wurde.

Die Tatsache des „Überlassen“ hat der Bw im Übrigen auch gar nicht in Abrede gestellt (vgl. RZ 01 des Tonbandprotokolls der Niederschrift über die öffentliche mündliche Verhandlung).

3.4. Ein „Überlassen“ im Sinn des § 51 Abs 1 Z 4 und 5 WaffG führt allerdings nur dann zu einer Verwaltungsübertretung, wenn es nach dem Einleitungssatz der zitierten Bestimmung „entgegen diesem Bundesgesetz oder einer aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnung“ erfolgt.

Gemäß § 35 WaffG bedarf das Führen meldepflichtiger (Kategorie C) oder sonstiger Schusswaffen (Kategorie D) eines von der Behörde ausgestellten Waffenpasses. Gemäß § 7 WaffG führt eine Waffe, wer sie bei sich hat.

Da der Bw Herrn G durch das Zur-Verfügung-Stellen des Fahrzeuges diesem auch die Waffen überließ und Herr G die Waffen ab Übernahme des Fahrzeuges folglich auch bei sich hatte – nämlich in dem von ihm gelenkten Fahrzeug – hat er diese im Sinne des § 7 WaffG geführt. Mangels eines Besitzes einer waffenrechtlichen Urkunde oder einer Jagdkarte war Herr G aber zum Führen einer Waffe nicht berechtigt. Da auch alle anderen denkbaren „Ausnahmen“ (wie jene des § 7 Abs. 3 und des § 35 Abs. 2 Z 3 und 4 WaffG) nicht vorliegen, erfolgt das Überlassen der Waffen und der Munition des Bw an Herrn G gemäß § 51 Abs 1 Z 4 und 5 WaffG entgegen dem WaffG.

Der Bw erfüllt somit zweifelsfrei den objektiven Tatbestand der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung.

3.5. Ein allfälliges Überlassen von Waffen und Munition an andere Personen, insbesondere die zum Tatzeitpunkt minderjährigen weitere im Fahrzeug mitfahrende Person ist nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates auf Grund der übereinstimmenden Aussagen des Bw und der Zeugen dahingehend, dass der Bw von weiteren Mitfahrern im überlassenen Fahrzeug nichts wusste, hingegen nicht erwiesen.

3.6. Gemäß § 5 Abs 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Ver­schulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahr­lässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hat der Bw initiativ alles darzu­legen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch das Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die „Glaubhaftmachung“ nicht.

Der Bw hat in dieser Hinsicht nichts vorbringen können, was seine Ver­ant­wortung für die Verwaltungsübertretung verhindern würde. Der Bw musste als Besitzer von Waffen und Munition über Anforderungen und den Wortlaut der waffenrechtlichen Bestimmungen auch im Detail informiert sein, dennoch hat er sich als „Überlassender“ nicht davon überzeugt, dass derjenige, dem er die Waffen und die Munition überlässt, auch berechtigt ist diese zu führen.

Der Hinweis des Bw auf einen tierärztlichen Notfall könnte allenfalls in Richtung eines Notstands (§ 6 VStG) gewertet werden. Der Bw ist dazu auf die ständige Rechtsprechung des VwGH zu verweisen, wonach ein Notstand im Sinn des § 6 VStG nur ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten sein kann, in dem jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und allein dadurch retten kann, dass er eine im allgemeinen strafbare Handlung begeht (vgl. dazu Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Aufl., Anmerkungen und Judikatur zu § 6 VStG, mit umfangreichen Nachweisen). Dass diese Voraussetzungen im zu beurteilenden Fall nicht vorliegen, ist offensichtlich, konnte der Bw doch einfach durch das Nicht-Zur-Verfügung-Stellen des Fahrzeuges die Verwaltungsübertretung ‚“verhindern“.

Im Ergebnis ist davon auszugehen, dass der Bw die Verwaltungsübertretung zumindest (grob) fahrlässig begangen hat. Das Verschulden ist dabei deswegen nicht unerheblich hoch, weil er tatsächlich billigend in Kauf genommen hat, dass eine unbefugt Person mit den Waffen und der Munition hantiert. Dies, obwohl er einen solchen potenziellen Zugriff schnell und ohne großen weiteren Aufwand verhindern hätte können.

Auch auf der Verschuldensebene teilt der Unabhängige Verwaltungssenat damit im Ergebnis die Ansicht der belangten Behörde. Die Strafbarkeit des Bw ist daher gegeben.

3.7. Hinsichtlich der Strafausmaßes war die Höhe der Strafe mit 240 Euro anzusetzen. Bei einem Strafrahmen des § 51 Abs 1 WaffG von bis zu 3.600 Euro und der Möglichkeit einer primären Freiheitsstrafe von bis zu sechs Wochen befindet sich die verhängte Geldstrafe in Höhe von 200 Euro eindeutig im untersten Strafbereich der übertretenen Verwaltungsnorm.

In Anbetracht der Tatsache, dass dem Bw – im Vergleich mit dem angefochtenen Straferkenntnis – allerdings nunmehr (nur mehr) die rechtswidrige Überlassung von Waffen und Munition an Herrn G und ansonsten an keine weitere Person vorzuwerfen ist musste – unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des VwGH – eine Herabsetzung erfolgen. Vor dem Hintergrund aber, dass mit dem Waffenbesitz von Privatpersonen ein erhöhtes Sicherheitsbedürfnis der Allgemeinheit verbunden ist, kommt eine noch niedrigere Strafe nicht in Betracht.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse sind nur ausnahmsweise nach Maßgabe der einzelnen Milderungs- und Erschwerungsgründe nach den §§ 32 bis 35 StGB, wie etwa dem Milderungsgrund der drückenden Notlage iSd § 34 Abs 1 Z 10 StGB zu berücksichtigen. Eine solche „drückende Notlage“ wurde vom Bw selbst nicht behauptet. Im Übrigen haben die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse im Zusammenhang mit der Wertung der Milderungs- und Erschwerungsgründe außer Betracht zu bleiben (Verwaltungsgerichtshof vom 3. November 2005, 2005/15/0106, vom 15. April 2005, 2005/02/0086 und vom 20. September 2000, 2000/03/0074).

3.8. Zusammenfassend wird daher festgestellt, dass der Bw nicht in seinen Rechten verletzt wurde, weshalb die Berufung wegen der Schuld als unbegründet abzuweisen und das ange­fochtene Straferkenntnis in diesem Umfang zu bestätigen war.

3.9. Die vorgenommene Korrektur des Spruches stellt sicher, dass dieser in jeder Hinsicht den Anforderungen des §44a VStG entspricht. Sie war auch zulässig, da bereits mit dem Tatvorwurf im Straferkenntnis der belangten Behörde eine taugliche Verfolgungshandlung gesetzt wurde und dem Bw zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens unmissverständlich klar war, welcher Sachverhalt ihm vorgeworfenwird und er sich deshalb jeder Zeit in jede Richtung verteidigen konnte und er dies auch getan hat.

4. Bei diesem Ergebnis waren dem Bw gemäß § 65 VStG keine Kosten des Berufungsverfahrens aufzuerlegen, sowie die Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde gemäß § 64 Abs 2 VStG herabzusetzen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Wolfgang Steiner

 

Rechtssatz:

(Waffengesetz 1996, § 51 Abs. 1 Z 4 und 5 – Überlassen von Waffen und Munition):

 

Das Zur-Verfügung-Stellen eines Kraftfahrzeugs, in dem sich (unversperrte) Waffen und Munition befinden, zu einem allgemeinen Zweck an eine nicht zum Führen von Waffen berechtigte Person ist ein Überlassen von Waffen und Munition iSd. § 51 Abs. 1 Z 4 und 5 WaffG (VwSen-231002/15/Ste vom 2. Juli 2008)

 

Beachte:

vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben;

VwGH vom 23.09.2009, Zl.: 2008/03/0127-5

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