Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230646/7/Br

Linz, 04.02.1998

VwSen - 230646/7/Br Linz, am 4. Februar 1998

DVR.069039

Erkenntnis

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung der Frau M gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 4. Dezember 1997, Zl. Sich96-1056-1995-Hol, nach der am 4. Februar 1998 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 620/1995 VStG.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit dem Straferkenntnis vom 4. Dezember 1997, Zl. Sich96-1056-1995-Hol, über die Berufungswerberin wegen der Übertretung nach § 80 Abs.1 Z1 iVm § 80 Abs.2 Z1 und Abs.3 Fremdengesetz eine Geldstrafe in Höhe von 3.000 S und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden verhängt und folgenden Tatvorwurf erhoben: "Sie haben am 29.10.1995 gegen 2.00 Uhr im Grenzkontrollbereich der damaligen Grenzkontrollstelle S-Autobahn sowie während der Anreise dorthin vorsätzlich den Versuch unternommen, Herrn B, jug. St.Ang., als Beifahrer indem von Ihnen gelenkten PKW der Marke OPEL-Kadett mit dem amtlichen deutschen Kennzeichen unrechtmäßig die Ausreise aus dem Bundesgebiet der Rep. Österreich in das der BRD zu ermöglichen, obwohl Herr B über einen für seine Person ausgestellten und zeitlich gültigen jug. Reisepaß, nicht jedoch über, einen österr. (Touristen)Sichtvermerk verfügte. Er wies sich vielmehr mit einer gefälschten französischen Aufenthaltskarte aus." 1.1. Begründend führte die Erstbehörde folgendes aus: "Mit Eingabe vom 29.10.1955 zu GZP-1047/95-Pra erstattete der Gendarmerieposten S Anzeige gegen Sie wegen des Verdachtes der Schlepperei. Besagter Anzeige war insbesondere eine Meldung der damaligen Grenzkontrollstelle Suben-Autobahn vom 29.10.1995 und Ablichtungen des jug. Reisepasses des Herrn B sowie einer gefälschten franz. Aufenthaltskarte angeschlossen. Aufgrund dieser Anzeige erließ die Bezirkshauptmannschaft Schärding am 05.02.1996 zu Sich96-1056-1995 eine Strafverfügung, welche Ihnen am 13.02.1996 zugestellt wurde. Gegen diese Strafverfügung erhoben Sie mit Eingabe vom 14.02.1996 rechtzeitig das Rechtsmittel des Einspruches und sind Sie seither vertreten durch Rechtsanwalt Dr. D BRD. Hierauf wurde von der Bezirkshauptmannschaft Schärding das ordentliche Ermittlungsverfahren gegen Sie eingeleitet wurde. Es wurden sodann Erhebungen über allfällige Verwaltungsvorstrafenvermerke bei der Bezirkshauptmannschaft Schärding gegen Sie geführt und in den Fremdenpolizeiakt der Bezirkshauptmannschaft Schärding zu Sich41-946-1995 betreffend Herrn B Einsicht genommen. Weiters wurden Sie mit unserem Schreiben vom 19.02.1996 zu Sich961056-1995-Hol aufgefordert, Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse darzulegen, dem Sie mit Stellungnahme vom 01.03.1996 nachkamen.

Aufgrund dieses durchgeführten Verwaltungsstrafverfahrens, dessen Verlauf oben dargestellt ist, steht folgender Sachverhalt fest:

Sie wurden am 13.10.1941 in C Jugoslawien geboren, sind verheiratet, jug. StAng. und in der H BRD, wohnhaft. Sorgepflichten treffen Sie keine und sind Sie bis auf einen PKW der Marke OPEL-Kadett mit dem amtlichen deutschen Kennzeichen vermögenslos. Monatlich bringen Sie ca. DM 1.850,-- netto ins Verdienen und scheinen bei der Bezirkshauptmannschaft Schärding keine Verwaltungsvorstrafenvermerke gegen Sie auf.

Am 28.10.1995 gegen 17.00 Uhr reisten Sie als Lenkerin des Ihnen gehörenden PKW der Marke OPEL-Kadett mit dem amtlichen deutschen Kennzeichen vom Gebiet der BR Jugoslawien aus kommend über die damalige Grenzkontrollstelle Klingenbach vom Gebiet der Rep. Ungarn in das der Rep. Österreich ein. Als Beifahrer befand sich in diesem PKW Herr B, geb. jug. StAng., welcher zwar einen für seine Person ausgestellten und zeitlich gültigen jug. Reisepaß mit sich führte, sich zusätzlich jedoch lediglich mit einer gefälschten franz. Aufenthaltskarte lautend auf seinen Namen ausweisen konnte. Den kontrollierenden österr. Grenzkontrollorganen wies Herr B unter anderem die genannte gefälschte franz. Aufenthaltskarte vor. Da dieses diese Fälschung nicht erkannte, gestattete es ihm die Einreise in das Gebiet der Rep. Österreich.

Am 29.10.1995 gegen 2.00 Uhr versuchten Sie sodann vorsätzlich, Herrn B über die damalige Grenzkontrollstelle Suben-Autobahn sowie während der Anreise dorthin die Ausreise aus dem Gebiet der Rep. Österreich in das der BRD zu ermöglichen, indem Sie Herrn B als Beifahrer in den von Ihnen gelenkten, oben genannten PKW mitnahmen. Ihnen war bekannt, daß Herr B zwar über einen für seine Person ausgestellten und zeitlich gültigen jug. Reisepaß verfügte, sich weiters jedoch lediglich mit einer gefälschten franz. Aufenthaltskarte lautend auf seinen Namen ausweisen konnte. Über einen erforderlichen österr. (Touristen)Sichtvermerk verfügte Herr B nicht.

Im Zuge der Einreisekontrolle durch Organe der Grenzpolizeiinspektion Passau wurde die Fälschung der genannten franz. Aufenthaltskarte festgestellt, weshalb Herr B von diesen Organen zurückgewiesen und in weiterer Folge auf Anordnung der BH Schärding in das Gebiet der Rep. Ungarn zurückgeschoben wurde. Ihnen selbst wurde nach Abschluß der fremdenpolizeilichen und Grenzkontrollamtshandlung die Weiterreise in die BRD gestattet.

Zu diesen Sachverhaltsfeststellungen gelangte die erkennende Behörde aufgrund folgender Würdigung der aufgenommenen Beweismittel:

Der Sachverhalt ist im Wesentlichen durch die Anzeige des Gendarmerieposten Suben vom 29.10.1995 erwiesen. Im übrigen haben Sie in Ihren genannten Eingaben auch nicht in Frage gestellt, daß sich der Vorfall so zugetragen hatte, wie dies in besagter Anzeige geschildert worden ist. In Ihren oben genannten Eingaben haben Sie vielmehr behauptet, nichts von der Fälschung der genannten franz. Aufenthaltskarte des Herrn B gewußt zu haben. Diesen Angaben Ihrerseits kann aus folgenden Gründen nicht gefolgt werden:

1 . Herr B ist ein langjähriger Bekannter Ihrerseits. Sie wußten daher über seine persönlichen Verhältnisse bescheid. Es ist daher anzunehmen, daß Sie auch gewußt haben, daß sich Herr B vor der genannten Reise Ende Oktober 1995 nicht länger im Gebiet der franz. Republik aufgehalten hatte. Als jug. StAng. wußten Sie demnach auch, daß Herr B nicht rechtmäßig über eine derartige franz. Aufenthaltskarte verfügen konnte.

2. Sie hatten gemeinsam mit Herrn B eine längere Anreise bis zum Grenzkontrollbereich der damaligen Grenzkontrollstelle Suben Autobahn durchzuführen Es entspricht der Lebenserfahrung, daß im Rahmen einer derartigen längeren Reise auch über die mitgeführten Reisedokumente gesprochen wird. So haben Sie bei dieser Gelegenheit auch erfahren, daß Herr B lediglich über eine gefälschte franz. Aufenthaltskarte verfügte.

Aufgrund dieser Umstände konnte die erkennende Behörde nur von der Vorsätzlichkeit Ihres Handelns ausgehen.

Hierüber hat die Bezirkshauptmannschaft Schärding als Verwaltungsstrafbehörde 1.Instanz wie folgt erwogen:

Gem. § 80 Abs. 2 Z.1 FrG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung, wer vorsätzlich Schlepperei begeht und ist mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen. Entsprechend der Bestimmung des § 80 Abs. 1 FrG ist die Schlepperei die Förderung der rechtswidrigen Ein- oder Ausreise eines Fremden, gleichgültig, ob Sie vor oder nach dem Grenzübertritt oder während des Aufenthaltes des Fremden im Bundesgebiet gewährt wird, und stellt bereits entsprechend der Bestimmungen des § 80 Abs. 3 FrG der Versuch einer Übertretung gem. § 80 Abs. 2 Z.1 FrG eine strafbare Handlung dar.

Im gegenständlichen Fall ist nun vorerst festzuhalten, daß Herr B als jug. StAng. paß- und sichtvermerkspflichtig (§ 2 Abs. 1 und § 5 FrG) war und ist. Weiters verfügte Herr B über keinen erforderlichen österr. (Touristen)Sichtvermerk. Sein Aufenthalt im Gebiet der Rep. Österreich am 28. und 29.10.1995 ist entsprechend der Bestimmung des § 15 Abs. 1 Z. 1 FrG als rechtswidrig zu erachten. Weiters haben Sie Herrn B die unrechtmäßige Ausreise aus dem Gebiet der Rep. Österreich in das der BRD ermöglicht, indem Sie ihn am 29.10.1995 gegen 2.00 Uhr über die damalige Grenzkontrollstelle Suben-Autobahn sowie während der Anreise dorthin als Beifahrer in dem von Ihnen gelenkten, oben genannten PKW mitnahmen.

Sie haben daher eine Übertretung des § 80 Abs. 2 Z.1 FrG durch Begehung der Schlepperei zu verantworten. Das behördliche Ermittlungsverfahren hat weiters ergeben, daß Sie zumindest massive Zweifel an der Rechtsgültigkeit der genannten franz. Aufenthaltskarte des Herrn B hatten. Es ist daher für die erkennende Behörde erwiesen, daß Sie es während der oben beschriebenen Handlungen zumindest billigend in Kauf nahmen, daß sich Herr B lediglich mit einer gefälschten franz. Aufenthaltskarte während der genannten (versuchten) Grenzübertritte auswies. Die Ihnen vorgeworfenen Handlungen haben Sie daher zumindest mit bedingtem Vorsatz begangen.

Bei der Bemessung der Geldstrafe war gem. § 19 Abs. 1 VStG zu berücksichtigen, daß der Bestimmung des § 80 Abs. 2 FrG erhöhte Bedeutung für die Hintanhaltung von unrechtmäßigen Ein- bzw. Ausreisebewegungen von Fremden zukommt. Weiters wurde berücksichtigt, daß Sie bisher unbescholten sind und diesen Milderungsgrund kein Erschwerungsgrund gegenübersteht. Unter Berücksichtigung Ihrer oben dargestellten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse war daher die Geldstrafe mit dem Betrag von S 3.000,-festzusetzen. Mit diesem Betrag liegt die Geldstrafe im unteren Bereich des Strafrahmens. Die Ersatzfreiheitsstrafe wurde entsprechend dem Verhältnis verhängte Geldstrafe - Höchstgeldstrafenbetrag gem. der Bestimmung des § 16 VStG festgelegt. Es war so einspruchgemäß (gemeint wohl spruchgemäß) zu entscheiden." 2. Dagegen wendet sich die Berufungswerberin mit ihrer durch ihre ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht erhobenen Berufung, worin sie folgendes ausführt:

"Unsere Mandantin verwahrt sich erneut entschieden gegen den gegen sie erhobenen Vorwurf, sie habe sich (bedingt) vorsätzlich einer Schlepperei strafbar gemacht.

Wir beziehen uns zunächst auf unsere Einspruchsbegründung vom 14.2.1996.

Im Hinblick auf die Begründung des Strafanerkenntnisses (gemeint wohl Straferkenntnisses) ergänzen wir unser Vorbringen wir folgt: In persönlicher Hinsicht ist zunächst richtigzustellen, daß unsere Mandantin nicht verheiratet ist. Sie ist alleinstehend und muß sich alleine unterhalten. Im Zusammenhang mit dem hier betroffenen Vorfall ist dies insofern auch von Bedeutung, als verständlich wird, daß unsere Mandantin nicht in Begleitung ihres Ehemannes reisen kann und deshalb durchaus daran interessiert ist, jemanden zu finden, der sie auf der langen Fahrt begleitet und evtl. auch unterstützt. Unserer Mandantin war nicht bekannt, daß es sich bei der in der Straferkenntnis erwähnten französischen Aufenthaltskarte um eine Fälschung handelte. Wir sollte sie dies als Laie erkennen, wenn nicht einmal die Grenzbeamten an der ungarischen und österreichischen Grenze dies erkannt haben. Über Auslandsaufenthalte von Herrn B war unsere Mandantin nicht informiert. Sie traf ihn -wie früher ausgeführt- gelegentlich und zufällig in Sprendlingen oder ihrer jugoslawischen Heimat. Es ist deshalb nicht zulässig, als "Begründung" für den Vorsatz unserer Mandantin zum einen darauf hinzuweisen, daß "anzunehmen" sei, daß unsere Mandantin gewußt habe, daß sich Herr B vor der genannten Reise Ende Oktober 1995 nicht länger im Gebiet der französischen Republik aufgehalten hatte. Ob dies der Fall war, weiß unsere Mandantin nicht, sie weiß im übrigen auch nicht, ob man das Papier, in dessen Besitz Herr B sich befand, nur in Frankreich erhält oder etwa bei einer französischen Vertretung in Jugoslawien.

Als "Begründung" wird weiterhin ausgeführt, daß es der "Lebenserfahrung" entspreche, daß im Rahmen einer derartigen längeren Reise auch über die mitgeführten Reisedokumente gesprochen wird. Wir meinen, daß dies durchaus nicht der Lebenserfahrung entspricht, im Gegenteil: Wenn jemand im Besitz von gefälschten Papieren ist, dann wird er sich im Zweifelsfalls gerade zurückhalten bei der Erörterung dieses Problems. Unsere Mandantin hatte jedenfalls keine Kenntnis davon, daß mit den Papieren von Herrn B u.U. etwas nicht in Ordnung sein könnte. Die vorgenannten Vermutungen und Unterstellungen sind nicht geeignet, einen Vorsatz -und sei es auch nur ein bedingter Vorsatz- unserer Mandantin zu begründen. Insbesondere hatte unsere keine Veranlassung, irgendwelche "massive Zweifel" an der Rechtsgültigkeit der genannten französischen Aufenthaltskarte von Herr B zu haben. Sie hatte sich die Papiere von Herrn B nicht genauer angesehen. Da sie ihn in der Vergangenheit gelegentlich in ihrem Wohnort in Sprendlingen getroffen hatte, konnte unsere Mandantin auch davon ausgehen, daß Herr B grundsätzlich mit gültigen Papieren reiste. Einen konkreten Anlaß, hieran zu zweifeln, hatte sie nicht. Offensichtlich hat Herr B dieses Vertrauen unserer Mandantin ausgenutzt. Für unsere Mandantin war jedenfalls nicht erkennbar, daß an den Papieren des Herrn B irgendetwas nicht in Ordnung war. Wir betonen hier nochmals, daß die Sichtkontrollen an der ungarischen und österreichischen Grenze ebenfalls keine Verdachtsmomente ergeben hatten. Erst die computermäßige Prüfung an der deutschen Grenze erbracht Zweifel, die sich dann bestätigten.

Unsere Mandantin hat arglos und mit gutem Gewissen 2 ihr bekannte Bewohner ihres Dorfes mitgenommen, wobei diese von ihr gewährte Hilfe durchaus auch in eigenem Interesse war, da sie ungern diese sehr lange Strecke alleine mit dem Fahrzeug fährt.

Unsere Mandantin lebt in sehr bescheidenen Verhältnissen. Sie sieht sich nicht in der Lage, die ungerechtfertigte Geldstrafe hinzunehmen, nur weil das Verfahren sehr weit weg von hier stattfindet und deshalb nur eine schriftliche Einlassung möglich ist, sie insbesondere nicht in der Lage ist, durch ihren persönlichen Eindruck ihre Glaubwürdigkeit zu unterstreichen. Wir beantragen namens unserer Mandantin, das Strafanerkenntnis (richtig wohl Straferkenntnis) vom 4.12.1997 aufzuheben und die Verfahrenskosten der Staatskasse aufzuerlegen.

Hochachtungsvoll (H Rechtsanwalt)" 3. Da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zu entscheiden. Mit der Berufung bestreitet die Berufungswerberin in erster Linie die Beweiswürdigung der Erstbehörde im Hinblick auf die Tatschuld. Aus Gründen der Wahrung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes im Hinblick auf Art.VI EMRK, wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme des von der Erstbehörde vorgelegten Verwaltungsaktes, Zl. Sich96-1056-1995-Hol. Ferner wurde Beweis erhoben durch ergänzendes Vorbringen und die Erörterung des Sachverhaltes anläßlich der Berufungsverhandlung.

5. Da der Sachverhalt weitgehend außer Streit steht wird hier nur mehr auf die Frage des Tatvorsatzes Bezug genommen. Die Berufungswerberin kennt den Mile B bereits seit vier Jahren von ihrem Wohnsitz in Deutschland her. Der Genannte war dort in der Nachbarschaft wohnhaft. Durch Zufall trafen sie sich im Herbst 1995 in ihrer gemeinsamen jugoslawischen Heimat anläßlich eines Hochzeitsfestes in P. Bei dieser Gelegenheit wurde die Berufungswerberin angesprochen, ob er mit ihr nach Deutschland mitfahren könne. Die Berufungswerberin war froh, daß sie die weite Reise nicht alleine durchführen müsse und ließ sich von B den Führerschein und das (offenbar gefälschte) Visum zeigen. In der Folge passierten sie unbeanstandet die ungarische und bei der Einreise die österreichische Staatsgrenze. Der Fahrgast der Berufungswerberin wurde zu den Umständen seiner Fahrgelegenheit nicht befragt, sondern offenbar zugleich ohne eine Einvernahme zu dieser Frage nach Ungarn zurückgeschoben.

5.1. Auf Grund des vorliegenden Beweisergebnisses kann hier zumindest nicht in einer für das Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit die vorsätzliche Tatbegehung nachgewiesen erachtet werden. Insbesondere vermag die von der Erstbehörde getroffene Schlußfolgerung im Hinblick auf die "billigende Inkaufnahme" der illegalen Einreise des im Fahrzeug der Berufungswerberin mitfahrenden B nicht geteilt werden. Auch wenn die Berufungswerberin ihren Fahrgast bereits mehrere Jahre kannte, wird er in geradezu typischer Weise nicht mit ihr über die Illegalität seiner Einreise nach Österreich gesprochen haben. Immerhin war diese Bekanntschaft keine nähere. Daher kann die Schlußfolgerung der Erstbehörde im Hinblick auf den Rechtsumfang der französischen Aufenthaltskarte und deren angebliche Fälschung im Rahmen der h. Beweiswürdigung nicht geteilt werden. Eine Information über die rechtswidrigen Tatbestände entspricht empirisch besehen eben gerade nicht der Lebenspraxis. Eine Unterstellung der billigenden Inkaufnahme der gesetzwidrigen Einreise seitens der Berufungswerberin und somit der Vorsatztatbestand ist als Beweismittel nicht ausreichend. Somit kann der Beweis der vorsätzlichen Begehung bei sorgfältiger Würdigung der Verantwortung der Berufungswerberin nicht gegeben erachtet werden.

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

6. 1. Gemäß § 80 Abs. 1 FrG ist Schlepperei die Förderung der rechtswidrigen Ein- oder Ausreise eines Fremden, gleichgültig, ob sie vor oder nach dem Grenzübertritt oder während des Aufenthaltes des Fremden im Bundesgebiet gewährt wird. Wer vorsätzlich Schlepperei begeht oder vorsätzlich an ihr mitwirkt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist 1. mit Geldstrafe bis zu 50.000 Schilling zu bestrafen; 2. sofern er die Tat um seines Vorteiles begeht, mit Geldstrafe bis zu 200.000 Schilling zu bestrafen (Abs.2 leg.cit.). (3) Der Versuch einer Übertretung nach Abs.2 ist strafbar. (4) Fremde, deren rechtswidrige Ein- oder Ausreise der Täter fördert, sind wegen Anstiftung oder Beihilfe zu einer Übertretung nach Abs.2 nicht strafbar. (5) Ein Vermögensvorteil, den der Täter für die strafbare Handlung im voraus oder im nachhinein empfangen hat, ist für verfallen zu erklären.

Als Schuldform sieht dieses Delikt Vorsatz vor. Nach § 5 StGB handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, daß der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet (§ 5 Abs.1 StGB).

Das hier vorliegende Ermittlungsergebnis läßt aus rechtlicher Beurteilung - wie beweiswürdigend bereits oben dargelegt - nicht mit einer für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit den Schluß zu, daß die Berufungswerberin es zumindest ernstlich für möglich gehalten hat ihrem Fahrgast als Fremden den (illegalen) Grenzübertritt durch die Mitnahme in ihrem Fahrzeug zu ermöglichen. Da eine Einvernahme des Beifahrers der Berufungswerberin zur Frage der Kenntnis der Illegalität seines Grenzübertrittes nicht erfolgte und diese auch nicht mehr nachholbar ist, ist zumindest die Verantwortung der Berufungswerberin nicht widerlegbar (VwGH 4.9.1996, 95/21/0857 mit Hinweis auf VwGH 21. 12. 1993, Zl. 92/08/0217).

6.1.1. Als Konsequenz folgt daher in rechtlicher Hinsicht, daß, wenn ein eindeutiges Beweisergebnis nicht vorliegt, selbst wenn (bloß) Zweifel am Tatvorwurf bestehen, der Tatnachweis eben nicht erbracht ist und von der Fortführung eines Verwaltungsstrafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen ist (vgl. VwGH 12.3.1986, 84/03/0251; ZfVB 1991/3/1122).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. B l e i e r : 11.02.98 10:44 Erstellt am: 00:00:00 Beschreibender Name: Linz, am 18. Mai 1995 Dokumentart: Verfasser/in: Dr. Bleier Schreibkraft: Dr. Bleier Betreff: Bezug: Stichpunkte: Beschlagwortung:

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