Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230975/2/WEI/Eg/Se

Linz, 03.07.2008

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des Y K, t StA, vertreten durch Mag. Dr. H B, Rechtsanwalt in L, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizei­direktion Linz vom 29. März 2007, Zl. II/S-26.202/06-2 SE, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG (BGBl I Nr. 157/2005 zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 4/2008) zu Recht erkannt:

 

 

I.     Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einge­stellt.

 

II.   Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 21, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG; zu II: § 66 Abs 1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit angefochtenem Straferkenntnis wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"Wie vom Fremdenpolizeilichen Referat der BPD Linz am 25.07.2006 anlässlich einer fremdenpolizeilichen Überprüfung festgestellt wurde, sind Sie Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z. 1 des Fremdenpolizeigesetzes und Sie halten sich seit 01.01.2006 unrechtmäßig im Bundesgebiet von Österreich auf, da Sie nicht rechtmäßig eingereist sind, weder aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz noch aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind, Ihnen eine Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz nicht zukommt, Sie nicht aufgrund eines Rückübernahme-abkommens oder internationaler Gepflogenheiten zurückgenommen werden mussten und Sie nicht Inhaber einer Beschäftigungsbewilligung oder Anzeigebestätigung nach dem Ausländerbe­schäftigungs­gesetz sind."

 

Die belangte Behörde erachtete dadurch die Rechtsvorschriften des § 120 Abs 1 Z 2 FPG iVm § 31 Abs 1 Z 1 bis 6 FPG als verletzt und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung gemäß § 120 Abs 1 FPG über den Bw eine Geldstrafe in Höhe von 80 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfrei­heits­strafe von 48 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden dem Bw 8 Euro vorgeschrieben.

 

1.2.  Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 4. April 2007 zu Händen seines Rechtsvertreters zugestellt wurde, richtet sich die rechtzeitig am 18. April 2007 zur Post gegebene Berufung gleichen Datums, mit der die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens angestrebt wird.

 

Seine Berufung begründet der Bw damit, dass er seit mehreren Jahren dem regulären Arbeitsmarkt angehöre, er über eine gültige Arbeitserlaubnis bis 13. Dezember 2007 verfüge und ihm sohin auch nach der Rechtsmeinung des Arbeitsmarktservice Oberösterreich Rechte nach dem Assoziationsabkommen Türkei zukomme, wobei er der Meinung sei, dass auch die Zeiten vor Ausstellung der Arbeitserlaubnis vor dem 14. Dezember 2005 zu berücksichtigen seien. Da ihm Rechte nach dem Assoziationsabkommen zukämen, müsste auch sein Aufenthaltsrecht in Österreich legal sein.

 

Weiters verweist der Bw darauf, dass er mit Strafverfügung vom 30. Jänner 2006, Zl. S-40.808/05, bereits wegen unrechtmäßigen Aufenthalts bestraft worden sei und sich keine Änderung des Sachverhaltes ergeben habe, so dass von einem fortgesetzten bzw Dauerdelikt auszugehen wäre. Der Einwand der Erstbehörde, wonach damals sein unrechtmäßiger Aufenthalt im Jahr 2005, nunmehr aber im Jahr 2006 erfasst sein sollte, änderte daran nichts, da ein fortgesetztes bzw. Dauerdelikt vorläge. Auch vor diesem Hintergrund hätte eine neuerliche Bestrafung nicht vorgenommen werden dürfen.

 

1.3. Die belangte Behörde hat ihren Verwaltungsstrafakt zur Berufungsent­scheidung vorgelegt, ohne eine Gegenschrift zu erstatten.

 

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende wesentliche Sachverhalt:

 

2.1. Mit Anzeige des fremdenpolizeilichen Referats der belangten Behörde vom 25. Juli 2006, Zl. 1046499/FRB, wurde dem Strafamt der belangten Behörde eine Übertretung des FPG durch den Bw ohne Anschluss von Unterlagen wie folgt mitgeteilt:

 

"A N Z E I G E

 

K verfügt zuletzt über eine bis 20.04.2004 gültige Aufenthaltserlaubnis. Seither hält er sich ohne jegliche asyl- bzw. fremdenrechtliche Bewilligung und somit nicht rechtmäßig in Österreich auf.

 

Der Sachverhalt wurde am 25.07.2006 bei der Bearbeitung des Fremdenaktes im Fremdenpol. Referat festgestellt."

 

Das Strafamt der belangten Behörde ging in der Folge mit Strafverfügung vom 19. September 2006 (Zustellung am 5.10.2006) vor und lastete dem Bw die Verwaltungsübertretung wie im angefochtenen Straferkenntnis an.

 

2.2. Dagegen erhob der Bw durch seinen Rechtsvertreter rechtzeitig den Einspruch vom 17. Oktober 2006 und brachte begründend vor, dass sich der Bw seit dem Jahr 2000 immer wieder mit befristeten Arbeitsbewilligungen in Österreich aufhielte und seit Dezember 2003 durchgehend in Österreich wäre. Er verfüge über eine Arbeitserlaubnis gültig bis 13. Dezember 2007 und komme ihm daher auf Grund der Bestimmungen des Assoziationsratsbeschlusses 1/80 ein Aufenthaltsrecht zu, da er seit mehreren Jahren dem regulären Arbeitsmarkt angehöre.

 

Zum Beweis legte der Bw eine Kopie der Arbeitserlaubnis, Serie C Nr., des Arbeitsmarktservice (AMS) Linz vom 14. Dezember 2005 mit einer Gültigkeitsdauer "von 14.12.2005 bis 13.12.2007" vor. Darüber hinaus legte der Bw Ablichtungen der Arbeitsbestätigung der Firma F B Ges.mbH. in L vom 24. Juli 2006, sowie einer weiteren Bestätigung vom 24. Juli 2006 betreffend den Lohn für Juni 2006 vor. Aus den Bestätigungen geht hervor, dass der Bw seit 21. Mai 2004 bei F B als Hilfskraft in ungekündigter Stellung beschäftigt worden ist.

 

2.3. Zu den Rechtfertigungsangaben des Bw teilte das fremdenpolizeiliche Referat dem Strafamt der belangten Behörde mit, dass die Anzeige vollinhaltlich aufrechterhalten werde. Das fremdenpolizeiliche Referat verweist auf eine bereits im Juli 2006 eingeholte Stellungnahme des AMS, aus der hervorginge, dass der Bw keine Rechte nach dem Assoziationsabkommen geltend machen könnte.

Das AMS Linz hatte das Beurteilungsersuchen des fremdenpolizeilichen Referats der Landesgeschäftsstelle zur Beantwortung übermittelt. In ihrem Schreiben vom 21. Juli 2006, Zl. LGSOÖ/Abt.1/08115/040/2006 führte diese aus:

 

"Von Seiten der Landesgeschäftsstelle des AMS OÖ. ergeht folgende Beurteilung:

 

Artikel 6 Abs. 1 erster und zweiter Gedankenstrich des Assoziationsabkommens lautet:
- Türken, die dem regulären Arbeitsmarkt angehören, haben nach 1 Jahr Beschäftigung Anspruch auf Erneuerung ihrer Arbeitsbewilligung beim gleichen Dienstgeber
- Türken, die dem regulären Arbeitsmarkt angehören, haben nach 3 Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung – vorbehaltlich des Vorrangs von EU-Bürgern – das Recht, sich für den gleichen Beruf bei einem Arbeitgeber ihrer Wahl zu bewerben.

 

Dem 'regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedsstaates' ist zugehörig, wer nach rechtmäßiger Einreise und bei rechtmäßiger Niederlassung einer nach dem AuslBG erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet nachgeht, im Bezug von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe steht oder einen Anspruch darauf geltend machen könnte.

 

Herr K. hatte in den Jahren 2001 bis 2004 insgesamt 5 kurze Dienstverhältnisse (Dauer maximal 5 Monate) mit Beschäftigungsbewilligungen im Rahmen der Saisonkontingente. Zwischen den Saisonen war er nicht arbeitsuchend vorgemerkt.

 

Seit 21.5.2004 bis laufend ist er bei Fa. F B beschäftigt. Aufgrund der nichtig erklärten Ehe kann der Beschäftigungszeitraum vom 21.5.2004 bis 13.12.2005 nicht als erlaubte Beschäftigung im Sinne des AuslBG angesehen werden. Eine konstitutiv wirkende Bewilligung nach dem AuslBG lag nicht vor.

 

Ab Ausstellung der Arbeitserlaubnis am 14.12.2005 – gültig bis 13.12.2007 – liegt eine erlaubte Beschäftigung i.S. des AuslBG vor. Bei der Prüfung der Voraussetzungen für die Ausstellung der Arbeitserlaubnis wurden vom AMS die Rechtsfolgen der nichtig erklärten Ehe falsch beurteilt, sodass ein Widerruf der Arbeitserlaubnis nicht möglich ist.

 

Da weder eine einjährige ununterbrochene erlaubte Beschäftigung beim selben Dienstgeber noch eine gültige Niederlassungsbewilligung vorliegt, sind die Bestimmungen des Artikels 6 Abs. 1 erster und zweiter Gedankenstrich des ARB nicht erfüllt.

 

Art 7 Abs 1 erster Gedankenstrich lautet:
Familienangehörige eines dem regulären Arbeitsmarkt angehörenden türkischen Arbeitnehmers, die die Genehmigung zum Nachzug erhalten haben, haben – vorbehaltlich des Vorrangs von EU-Bürgern – das Recht, sich auf jedes Stellenangebot zu bewerben, wenn sie dort seit mindestens 3 Jahren ihren ordnungsgemäßen Wohnsitz haben

 

Artikel 7 Abs. 2 lautet:      
Kinder t Arbeitnehmer, die im Aufnahmeland eine Berufsausbildung erfolgreich abgeschlossen haben, können sich unabhängig von der Dauer ihres Aufenthaltes auf jedes Stellenangebot bewerben, sofern ein Elternteil mindestens 3 Jahre ordnungsgemäß beschäftigt war.

 

Artikel 9 lautet:      
Türkische Kinder, die ordnungsgemäß bei ihren Eltern wohnen, welche dort ordnungsgemäß beschäftigt sind oder waren, werden wie Österreicher zum allgemeinen Schulunterricht, zur Lehrlingsausbildung und beruflichen Bildung zugelassen.

 

Artikel 6 Abs. 1 dritter Gedankenstrich lautet:    
Türken, die dem regulären Arbeitsmarkt angehören haben nach 4 Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung freien Zugang zum Arbeitsmarkt.

 

Artikel 7 Abs. 1 zweiter Gedankenstrich lautet:   
Familienangehörige eines dem regulären Arbeitsmarkt angehörenden türkischen Arbeitnehmers, die die Genehmigung zum Nachzug erhalten haben, haben freien Zugang zum Arbeitsmarkt, wenn sie in Ö. seit mindestens 5 Jahren ihren ordnungsgemäßen Wohnsitz haben.

 

Art. 7 und 9 des ARB 1/80 findet nur dann Anwendung, wenn die erste Niederlassungsbewilligung zum Zweck Familiengemeinschaft erteilt worden ist. Dafür bestehen keine Anhaltspunkte.

 

Herr Y K kann daher keine Rechte nach dem Assoziationsabkommen mit der Türkei geltend machen.

..."

 

2.4. Die belangte Behörde gewährte am 1. Dezember 2006 Akteneinsicht zum Ergebnis der Beweisaufnahme und räumte eine Frist von drei Wochen zur Stellungnahme ein.

 

Mit Schreiben vom 21. Dezember 2006 brachte der Bw durch seinen Rechtsvertreter eine Stellungnahme ein. Darin verweist der Bw neuerlich wie in seinem Einspruch darauf, dass ihm aufgrund der Bestimmungen des Assoziationsratsbeschlusses 1/80 ein Aufenthaltsrecht zukomme, da er seit mehreren Jahren dem Arbeitsmarkt angehöre. Mittlerweile gehe der Bw jedenfalls ein Jahr lang auf Grund der erteilten Arbeitserlaubnis einer Beschäftigung nach und kämen ihm somit auch nach der Rechtsmeinung des AMS nunmehr Rechte nach dem Assoziationsabkommen zu.

 

Der Bw verwies auch darauf, dass die Zeiten vor Ausstellung der Arbeitserlaubnis vom 14. Dezember 2005 zu berücksichtigen wären, zumal er ordnungsgemäß gemeldet gewesen sei und sowohl Sozialversicherungsbeiträge als auch Steuern abgeführt habe. Wenn ihm aber nunmehr Rechte nach dem Assoziations­übereinkommen zukämen, müsste damit auch sein Aufenthalt in Österreich legal sein, sodass von einem illegalen Aufenthalt in Österreich nicht gesprochen werden könne.

 

Schließlich verwies der Bw darauf, dass er bereits in der Strafverfügung vom 30. Jänner 2006, Zl. S-40.858/05, wegen illegalen Aufenthalts bestraft worden wäre. Da sich keine Änderung des Sachverhalts ergeben hätte, wäre von einem fortgesetzten Delikt bzw. Dauerdelikt auszugehen und käme daher von vornherein eine Bestrafung nicht in Betracht.

 

2.5. Die belangte Behörde hat in der Folge das angefochtene Straferkenntnis erlassen, wobei sie begründend auf die Darstellung des AMS Oberösterreich verwies, wonach bei Ausstellung der Arbeitserlaubnis die Rechtsfolgen der nichtig erklärten Ehe falsch beurteilt worden seien. Art 7 und 9 des ARB 1/80 fänden nur Anwendung, wenn die erste Niederlassungsbewilligung zum Zwecke Familiengemeinschaft erteilt worden ist, wofür keine Anhaltspunkte bestünden.

 

Zum Hinweis des Bw auf die Vorstrafe (Strafverfügung vom 30.01.2006, Zl. S-40.858/05) wegen unrechtmäßigen Aufenthalts sei festzustellen, dass sich diese Bestrafung auf den Aufenthalt im Jahr 2005 bezogen habe, während sich das ge­genständliche Strafverfahren auf den unrechtmäßigen Aufenthalt 2006 beziehe.

 

3. Der erkennende Verwaltungssenat hat nach Einsicht in den Verwaltungs­straf­akt der belangten Behörde festgestellt, dass das angefochtene Strafer­kenntnis schon nach der Aktenlage aufzuheben ist.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. § 31 Abs 1 FPG (idF BGBl I Nr. 157/2005) lautet:

 

         § 31. (1) Fremde halten sich rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

 

         1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundes­gebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die durch zwischen­staatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;

 

         2. wenn sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Nieder­lassung oder zum Aufenthalt oder auf Grund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;

 

         3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind;

 

         4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen zukommt;

 

         5. soweit sie nicht auf Grund eines Rückübernahmeabkommens (§ 19 Abs. 4) der internationaler Gepflogenheiten rückgenommen werden mussten oder nicht auf Grund einer Durchbeförderungserklärung, sonstiger zwischenstaatlicher Abkommen oder auf Ersuchen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union um Durchbeförderung (§ 48 Abs. 1) oder aufgrund einer Durchlieferungsbewilligung gemäß § 67 ARHG eingereist sind;

 

         6. wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungs­gesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsendebewilligung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3 Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben oder

 

         7. soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.

 

Gemäß § 120 Abs 1 FPG (Unbefugter Aufenthalt) begeht eine Verwaltungs­über­tretung und ist mit Geldstrafe bis zu 2.180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu drei Wochen, zu bestrafen,

 

wer als Fremder

     1. nicht rechtmäßig in das Bundesgebiet einreist oder

     2. sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

 

Nach § 120 Abs 1 Satz 2 FPG gilt als Tatort der Ort der Betretung oder des letz­ten bekannten Aufenthaltes; bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungs­mittel die nächstgelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmers möglich ist.

 

4.2. Der Art 6 des Beschlusses Nr. 1/1980 des Assoziationsrates EWG-Türkei über die Entwicklung der Assoziation vom 19.9.1980 (ARB 1/1980) lautet:

 

Artikel 6

 

(1) Vorbehaltlich der Bestimmungen in Artikel 7 über den freien Zugang der Familienangehörigen zur Beschäftigung hat der türkische Arbeitnehmer, der dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaate angehört, in diesem Mitgliedstaat

 

- nach einem Jahr ordnungsgemäßer Beschäftigung Anspruch auf Erneuerung seiner Arbeitserlaubnis bei dem gleichen Arbeitgeber, wenn er über einen Arbeitsplatz verfügt;

 

- nach drei Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung – vorbehaltlich des den Arbeitnehmern aus den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft einzuräumenden Vorrangs – das Recht, sich für den gleichen Beruf bei einem Arbeitgeber seiner Wahl auf ein unter normalen Bedingungen unterbreitetes und bei den Arbeitsämtern dieses Mitgliedstaats eingetragenes anderes Stellenangebot zu bewerben,

 

- nach vier Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung freien Zugang zu jeder von ihm gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis.

 

(2) Der Jahresurlaub und die Abwesenheit wegen Mutterschaft, Arbeitsunfall oder kurzer Krankheit werden den Zeiten ordnungsgemäßer Beschäftigung gleichgestellt. Die Zeiten unverschuldeter Arbeitslosigkeit, die von den zuständigen Behörden ordnungsgemäß festgestellt worden sind sowie die Abwesenheit wegen langer Krankheit werden zwar nicht den Zeiten ordnungsgemäßer Beschäftigung gleichgestellt, berühren jedoch nicht die aufgrund der vorherigen Beschäftigungszeit erworbenen Ansprüche.

 

(3) Die Einzelheiten der Durchführung der Absätze 1 und 2 werden durch einzelstaatliche Vorschriften festgelegt.

 

Im Wesentlichen gewährt also der nach der Judikatur des EuGH unmittelbar an­wendbare Art 6 ARB 1/1980 türkischen Arbeitnehmern, die in einem Mitglieds­staat der EU einer legalen Beschäftigung nachgehen, schon nach einer ununter­brochenen einjährigen Beschäftigungsdauer das Recht, beim selben Arbeitgeber weiterarbeiten zu dürfen, nach drei Jahren das Recht auf einen Arbeitsplatz im gleichen Beruf und nach vier Jahren freien Zugang zum Arbeitsmarkt.

 

§ 4c Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) sieht die von Amts wegen zu erteilende Beschäftigungsbewilligung oder den Befreiungsschein für türkische Staatsangehörige vor, die die jeweiligen Voraussetzungen des Art 6 Abs 1 ARB 1/1980 erfüllen. Die Ausübung der in Art 6 oder 7 ARB 1/1980 eingeräumten Rechte kraft Gemeinschaftsrechts setzt allerdings diese behördliche Erteilung gar nicht voraus, weshalb auch die Bestrafung eines Arbeitgebers, der einen nach ARB 1/1980 berechtigten Türken beschäftigt, trotz fehlender Ausnahme im § 28 AuslBG nicht in Betracht kommt (VwGH 23.5.2002, Zl. 2002/09/0212).

 

4.3. Schon aus der Judikatur des Verwaltungsgerichthofs ergibt sich, dass ein t Gastarbeiter, der mehr als ein Jahr durchgehend ordnungsgemäß in Österreich beschäftigt ist, auch dann dem regulären Arbeitsmarkt angehört, wenn ihm keine förmliche Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde (vgl VwGH 23.2.2000, Zl. 97/09/0115; VwGH 23.2.2000, 97/09/0114). Die Zugehörigkeit des türkischen Arbeitnehmers zum regulären Arbeitsmarkt ist nicht von einer förmlichen Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung abhängig, wenn er ordnungsgemäß beschäftigt war und seinen Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis unmittelbar auf Art 6 Abs 1 ARB 1/1980 stützen konnte (vgl VwGH 23.2.2000, Zl. 97/09/0097).

 

Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist es für die Geltendmachung der in Art 6 Abs 1 ARB 1/1980 zuerkannten Rechte unerheblich, aus welchem Grund den Arbeitnehmern die ursprüngliche Einreise, die Aufnahme einer Arbeitstätig­keit oder der Aufenthalt gestattet worden ist. So kann jemand ins Erwerbsleben kommen, auch wenn der ursprüngliche Zweck der legalen Einreise in einen Mit­gliedsstaat nicht in erster Linie auf das Ausüben einer Erwerbstätigkeit abzielte (vgl näher Akyürek, Das Assoziationsabkommen EWG – Türkei [2005], 70 mit Nachw).

 

Im jüngst ergangenen Urteil vom 24. Jänner 2008, Rs C-294/06 (Payir ua), aus Anlass eines Vorabentscheidungsersuchens nach Art 234 EG des Court of Appeal von England und Wales hat der EuGH sogar im Fall von Studenten und der ge­ringfügigen Tätigkeit als Au-pair-Kraft ausgesprochen, dass die betroffenen türkischen Staatsangehörigen durch die Gründe, aus denen ihnen die Einreise­erlaubnis erteilt wurde, als solche nicht daran gehindert werden, sich auf die Bestimmungen von Art 6 Abs 1 des ARB 1/1980 zu berufen. Auch die ihnen abverlangten Absichtserklärungen, nicht länger als zwei Jahre im Aufnahme­mit­glieds­staat zu bleiben oder diesen mit Ende des Studiums verlassen zu wollen, und Befristungen der Aufenthaltserlaubnis konnten nach Ansicht des EuGH nichts daran ändern. Nach seiner ständigen Rechtssprechung sind die nationalen Behörden nämlich nicht befugt, die Rechte aus dem Assoziationsratsbeschluss 1/1980 Bedingungen zu unterwerfen oder ihre Ausübung einzuschränken, weil dies die praktische Wirksamkeit des Beschlusses beeinträchtigen würde (vgl mwN im Urteil Payir ua, RN 43 f).

 

Den Einwänden, dass ein Student oder eine Au-pair-Kraft die Rechtsvorschriften des Aufnahmemitgliedsstaats umgehen könne, folgte der EuGH nicht. Eine solche Umgehung könne nicht vorliegen, wenn die Betreffenden nur ein Recht ausüben, das im Beschluss Nr. 1/1980 ausdrücklich vorgesehen ist. Etwas anderes gälte nur dann, wenn die Betreffenden den Anspruch auf Einreise in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaats durch Täuschung erlangt hätten, indem sie wahrheitswidrig die Absicht bekundeten, zu studieren oder eine Au-pair-Tätigkeit (zum Erlernen der Sprache) auszuüben. Wenn sie aber tatsächlich diese Tätigkeiten ausüben und rechtmäßig eine Arbeit im Aufnahmemitgliedsstaat erhalten, können sie die Rechte aus dem ARB 1/1980 in vollem Umfang geltend machen (Urteil Payir ua, RN 46).

 

4.4. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH (seit dem Urteil vom 20.9.1990, Rs C-192/89, Sevince) impliziert das Recht auf Zugang zur Beschäftigung in einem Mitgliedsstaat notweniger Weise auch das Recht auf Aufenthalt, weil sonst das Recht auf Zugang zum Arbeitsmarkt wirkungslos wäre (dazu mwN Akyürek, Das Assoziationsabkommen EWG – Türkei [2005], 124 ff). In Anlehnung an den EuGH hat auch der Verwaltungsgerichtshof türkischen Staatsangehörigen, die den Anforderungen des ARB 1/1980 entsprechen, schon bald ein autonomes Aufenthaltsrecht zugesprochen (vgl Nachw bei Akyürek, aaO, 134, FN 463).

 

Im vorliegenden Fall übte der Bw während seiner für nichtig erklärten Ehe im Zeitraum vom 21. Mai 2004 bis 13. Dezember 2005 eine Beschäftigung als Hilfskraft bei der Fa. F B aus. Für diese Zeit fiel er unter die Ausnahme vom Geltungsbereich des Ausländerbeschäftigungsgesetzes nach dem § 1 Abs 2 lit l) AuslBG idF BGBl I Nr. 136/2004 (vor BGBl I Nr. 101/2005 zur Anpassung an das am 1.1.2006 in Kraft getretene Fremderechtspaket BGBl I Nr. 100/2005). Danach waren die Bestimmungen des AuslBG u.A. auf drittstaatsangehörige Ehegatten eines österreichischen Staatsbürgers nicht anzuwenden, sofern der Ehegatte zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt war.

 

Auch wenn sich eine allgemeine Aussage, dass die Nichtigerklärung einer Ehe schlechthin ex tunc wirke, nicht machen lässt, weil gewisse Folgen sich nicht rückwirkend beseitigen lassen (vgl näher Pichler in Rummel, ABGB-Kommentar, 2. Band2, Rz 6 ff zu § 32 EheG), gilt wohl nach der ratio legis für die gegenständliche Ausnahme von den beschäftigungsrechtlichen Bestimmungen des Ausländerrechts, dass die für nichtig erklärte Ehe des Drittstaatsangehörigen mit einem österreichischen Staatsbürger den rückwirkenden Wegfall der Ausnahme des § 1 Abs 2 lit l) AuslBG zur Folge hat. Der Oö. Verwaltungssenat teilt insofern die Ansicht des AMS Oberösterreich, dass keine erlaubte Beschäftigung während der nichtigen Ehe nach dem AuslBG anzunehmen ist, zumal auch eine konstitutiv wirkende Bewilligung nach dem AuslBG nicht vorlag.

 

Andererseits steht aber auch nach der Stellungnahme des AMS Oberösterreich fest, dass der Bw ungeachtet seiner für nichtig erklärten Ehe eine Arbeitser­laubnis erhielt und ab Ausstellung der Arbeitserlaubnis für die Zeit vom 14. Dezember 2005 bis zum 13. Dezember 2007 von einer erlaubten Beschäftigung des Bw nach dem AuslBG auszugehen ist. Diese Arbeitserlaubnis ist ein rechtswirksamer Bescheid, der nach § 14a AuslBG ergeht und konstitutiv wirkt. Eine rechtskräftige Arbeitserlaubnis kann nur unter den Voraussetzungen des § 14f AuslBG, vor allem dann, wenn der Ausländer im Antrag wissentlich falsche Angaben über wesentliche Tatsachen gemacht oder solche verschwiegen hat, widerrufen werden. Dies ist bislang nach Ausweis der Aktenlage nicht geschehen. Im Gegenteil! Das AMS Oberösterreich hat mitgeteilt, dass die Voraussetzungen der Arbeitserlaubnis vom AMS Linz im Hinblick auf die nichtige Ehe des Bw falsch beurteilt wurden, so dass ein Widerruf nicht möglich sei. Im Fall einer unrichtigen Beurteilung durch die Behörde ist gemäß § 14f AuslBG kein Widerruf der erteilten Arbeitserlaubnis und damit keine Durchbrechung der Rechtskraft des Erlaubnisbescheides möglich, weil dies wohl dem verfassungsrechtlichen Prinzip der Rechtsstaatlichkeit widerspräche.

 

Im Zeitpunkt der Stellungnahme des AMS Oberösterreich vom 21. Juli 2006 konnte sich der Bw noch nicht auf ein Jahr ordnungsgemäße Beschäftigung beim gleichen Arbeitgeber iSd Art 6 Abs 1 erster Gedankenstrich ARB 1/1980 auf Grundlage der erteilten Arbeitserlaubnis des AMS Linz vom 14. Dezember 2005 berufen. Vermutlich deshalb hat das AMS Oberösterreich im Ergebnis festgehalten, dass der Bw (noch) keine Rechte nach dem Assoziationsabkommen mit der Türkei gelten machen kann. Zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses der belangten Behörde am 4. April 2007 hatte der Bw diese Mindestdauer von einem Jahr bereits überschritten. In der rechtsfreundlich vertretenen Stellungnahme des Bw vom 21. Dezember 2006 wurde bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass der Bw "mittlerweile jedenfalls ein Jahr lang aufgrund der erteilten Arbeitserlaubnis einer Beschäftigung nachgehe", weshalb ihm auch nach der mitgeteilten Rechtsmeinung des AMS Oberösterreich nunmehr Rechte nach dem Assoziationsratsbeschluss zukommen.

 

Die belangte Strafbehörde hat die dargelegte Rechtslage offenbar nicht richtig erfasst und ist in der Begründung ihres Straferkenntnisses auf den Einwand des Bw nicht eingegangen.

 

4.5. Im Sinne der obigen Ausführungen zur Judikatur des EuGH ist beim gegebenen Sachverhalt davon auszugehen, dass dem Bw ab 14. Dezember 2006 die beschäftigungsrechtliche Position gemäß Art 6 Abs 1 erster Gedankenstrich ARB 1/1980 und damit auch ein notwendig verbundenes Aufenthaltsrecht kraft Gemeinschaftsrechts in Österreich zukam.

 

Für den Zeitraum 1. Jänner 2006 bis 13. Dezember 2006 hatte der Bw dieses Aufenthaltsrecht noch nicht. Insofern kann ihm aber nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenats kein Schuldvorwurf iSd § 5 Abs 2 VStG gemacht werden. Der Bw, der sich schon jahrelang in Österreich aufhält (Beschäftigungsbewilligungen im Rahmen von Saisonkontingenten schon 2001 bis 2004) ist seit 21. Mai 2004 ununterbrochen bei der Firma F B GesmbH als Hilfskraft beschäftigt. Er hatte aus seinem Empfängerhorizont keinen Grund anzunehmen, dass diese Beschäftigung illegal wäre. Die Auswirkungen seiner für nichtig erklärten Ehe waren ihm nicht klar. Er hat aber  wahrheits­gemäß einen Antrag auf Arbeitserlaubnis beim AMS Linz gestellt und wurde dieser bekanntlich auch rechtskräftig bewilligt. Wenn nach der Stellung­nahme des AMS Oberösterreich vom 21. Juli 2006 nicht einmal die fachlich zu­ständige Behörde AMS Linz die Rechtsfolgen der für nichtig erklärten Ehe richtig beurteilte und eine Arbeitserlaubnis unter offensichtlicher Berücksichtigung der Arbeitszeiten des Bw während der nichtigen Ehe gemäß § 14a Abs 1 AuslBG erteilte, wie sollte man dann einer einfachen türkischen Hilfskraft die Unkenntnis der dargestellten Rechtslage vorwerfen können. Für den Bw stellte sich die Sache so dar, dass ohnehin alles in Ordnung schien. Dass es sich gegenständlich um ziemlich komplexe Rechtsfragen handelte, die auch der Fremdenpolizei nicht geläufig waren, beweist der Umstand des Ersuchens um Rechtsauskunft durch das fremdenpolizeiliche Referat der belangten Behörde beim AMS Linz, welches seinerseits offenbar mangels ausreichender Rechtskenntnisse das Ersuchen um Beurteilung an die Landesgeschäftsstelle des AMS Oberösterreich zur Beantwortung weitergab.

 

Schließlich kommt noch ergänzend dazu, dass der Rechtvertreter des Bw schon im Strafverfahren erster Instanz ausdrücklich die Rechtsansicht vertrat, dass auch die Zeiten vor Erteilung der Arbeitserlaubnis vom 14. Dezember 2005 zu berücksichtigen wären, zumal der Bw ordnungsgemäß gemeldet war und Sozialversicherungsbeiträge sowie Steuern abgeführt hatte. Auch wenn dies nach der Rechtsansicht des Oö. Veraltungssenat für eine "ordnungsgemäße Beschäftigung" iSd Art 6 Abs 1 ARB Nr. 1/1980 nicht ausreichte, so konnte der Bw doch auch nach Beratung durch seinen Rechtsvertreter diesen Standpunkt mit gutem Grund vertreten, hatte ihm doch auch das AMS Linz eine damit konform gehende Arbeitserlaubnis gemäß § 14a AuslBG erteilt.

 

Dass die früher ergangene Strafverfügung der belangten Behörde vom 30. Jänner 2006 wegen unrechtmäßigen Aufenthalts im Jahr 2005 vom Bw unbekämpft blieb und rechtskräftig geworden ist, schadet dem guten Glauben des Bw hinsichtlich seiner beschäftigungsrechtlichen Position nicht, zumal eine Strafverfügung keine Begründung enthält und sich die belangte Behörde selbst im angefochtenen Straferkenntnis noch nicht mit der komplexen Rechtslage in maßgeblicher Weise auseinandergesetzt hat.

 

5. Im Ergebnis war daher der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren mangels einer begangenen Verwaltungsübertretung des unbefugten Aufenthalts nach § 120 Abs 1 Z 2 FPG gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen.

 

Bei diesem Ergebnis entfällt auch gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Anlage

 

 

Dr.  W e i ß

 

 

 

 

 

Rechtssätze:

 

§ 120 Abs 1 Z 2 FPG; Assoziation EWG-Türkei, Art 6 Abs 1 ARB Nr. 1/1980; §§ 1 Abs 2 lit l), 14a, 14f AuslBG:

 

Ein t Arbeitnehmer erfüllt nach einem Jahr der unselbständigen Tätigkeit als Hilfskraft für den selben Arbeitgeber auf Grund einer - wenn auch rechtsirrtümlich nach Nichtigerklärung seiner österreichischen Ehe - gemäß dem § 14a AuslBG erteilten Arbeitserlaubnis des AMS Linz die Voraussetzung der ordnungsgemäßen Beschäftigung bei dem gleichen Arbeitgeber iSd Art 6 Abs 1 erster Gedankenstrich des ARB Nr. 1/1980 und kann sich auf ein damit nach der Judikatur des EuGH notwendig verbundenes Aufenthaltsrecht kraft Gemeinschaftsrechts berufen. Seine Bestrafung wegen unbefugten Aufenthalts nach § 120 Abs 1 Z 2 FPG kommt daher insofern nicht in Betracht.

 

§ 5 Abs 2 VStG:

 

Im Zusammenhang mit einer auch im Hinblick auf Auslegungsfragen nach dem ARB Nr. 1/1980 aufenthaltsrechtlich schwierigen Sach- und Rechtslage kann einem türkischen Hilfsarbeiter nicht der Vorwurf der Unkenntnis der einschlägigen Rechtsvorschriften gemacht werden, wenn selbst die zuständige Fremdenpolizeibehörde eine Rechtsauskunft beim AMS Oberösterreich einholte und das AMS Linz die Rechtsfolgen einer nichtigen Ehe bei Erteilung der Arbeitserlaubnis gemäß § 14a AuslBG falsch beurteilte. Eine unbekämpft gebliebene frühere Strafverfügung wegen unrechtmäßigen Aufenthalts schadet nicht, weil der türkische Arbeitnehmer daraus keine Schlüsse in Bezug auf seine beschäftigungsrechtliche Position ziehen konnte.

 

 

 

 

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