Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163118/8/Zo/Da

Linz, 10.07.2008

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung der Frau G C, geb. , vertreten durch Rechtsanwälte C Z und H S, Z, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf an der Krems vom 18.3.2008, Zl. VerkR96-14138-2007 wegen Übertretung des KFG 1967, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 8.7.2008 durch sofortige Verkündung, zu Recht erkannt:

 

I.                   Die Berufung wird im Schuldspruch abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis insoweit bestätigt.

 

II.                 Die Geldstrafe in Höhe von 50 Euro wird bestätigt, die Ersatzfreiheitsstrafe wird auf 18 Stunden herabgesetzt.

 

III.              Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten betragen 5 Euro, für das Berufungsverfahren sind keine Kosten zu bezahlen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I. u. II.:      § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e sowie 16 Abs.2 und 19 VStG;

zu III.:             §§ 64 ff VStG.

 

 


 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I. u. II.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems hat der Berufungswerberin im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass sie – wie am 9.8.2007 um ca. 8.10 Uhr auf der A9 bei km 12,6 in Schlierbach, auf dem Parkplatz Maisdorf bei der Kontrolle des PKW mit dem Kennzeichen  festgestellt worden sei – als beförderte Person im Kraftfahrzeug den vorhandenen Sicherheitsgurt nicht bestimmungsgemäß verwendet habe. Die Bezahlung einer Organstrafverfügung habe sie verweigert. Sie habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 106 Abs.2 KFG begangen, weshalb über sie gemäß § 134 Abs.3d Z1 KFG eine Geldstrafe in Höhe von 50 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag) verhängt wurde. Weiters wurde sie zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 5 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung verwies die Berufungswerberin auf die bereits im erstinstanzlichen Verfahren abgegebenen Schriftsätze. Demnach sei der Tatvorwurf nicht zutreffend. Sie habe den Sicherheitsgurt angelegt gehabt, was von den Zeugen E C, H T und M T bestätigt werden könne.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Kirchdorf an der Krems hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 8.7.2008. An dieser haben weder die Erstinstanz noch die Berufungswerberin sowie ihr Rechtsvertreter teilgenommen. Es wurde der Zeuge BI. W nach Ermahnung an die Wahrheitspflicht einvernommen. Die Aussagen der Beschuldigten selbst sowie der Zeugen E C, M T sowie H T, welche sich alle bereits im erstinstanzlichen Akt befinden, wurden verlesen, weil auf Grund der Wohnadresse dieser Zeugen, welche sich laut Routenplaner mehr als 600 km von Linz entfernt befindet, ihr persönliches Erscheinen nicht verlangt werden konnte (siehe § 51g Abs.3 Z1 VStG bzw. VwGH vom 19.3.2001, Zl. 97/03/0021).

Verlesen wurde weiters die schriftliche Stellungnahme des E C vom 24.9.2007 in dem bei der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf zu Zl. VerkR96-14137-2007 geführten Verfahren.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Herr H T lenkte zur Vorfallszeit den angeführten PKW. Auf dem Rücksitz befanden sich die Berufungswerberin sowie ihr Gatte, Herr E C. Das Fahrzeug wurde vom Meldungsleger, welcher mit einem Zivilstreifenfahrzeug unterwegs war, zu einer Verkehrskontrolle angehalten.

 

Fraglich ist, ob die Berufungswerberin bei dieser Fahrt bzw. bei der Anhaltung angegurtet war. Dazu führte der Meldungsleger als Zeuge bei der mündlichen Verhandlung aus, dass er den angeführten PKW vorerst überholt hatte. Bereits beim Überholen habe er gesehen, dass beide auf dem Rücksitz befindlichen Personen nicht angegurtet gewesen seien. Dies sei für ihn auch der Grund für die Anhaltung gewesen. Auch bei der Anhaltung habe er festgestellt, dass sowohl Herr E als auch Frau G C auf dem Rücksitz nicht angegurtet gewesen seien.

 

Die Berufungswerberin selber gab dazu während des gesamten Verfahrens an, dass sie angegurtet gewesen sei. Sie machte dazu die anderen im Fahrzeug befindlichen Personen als Zeugen geltend, diese wurden im Rechtshilfeweg von der Polizeidirektion Waldshut-Tiengen einvernommen, wobei diese Zeugeneinvernahmen bei der mündlichen Verhandlung verlesen wurden. Herr E C gab dazu zusammengefasst an, dass sie von einem Mann in einem zivilen Fahrzeug angehalten worden seien und dieser für sie nicht als Polizeibeamte erkennbar gewesen sei. Er habe lediglich gesagt, dass er von der Polizei sei, habe aber auch keinen Ausweis vorgezeigt. Der Mann habe behauptet, dass er und seine Frau nicht angeschnallt gewesen seien, das sei jedoch falsch, es seien alle vier Personen angeschnallt gewesen, auch die beiden hinten im Fond.

 

Frau M T gab dazu an, dass sie Beifahrerin gewesen sei und ihre Eltern während der Fahrt hinten gesessen seien. Ihr Vater habe sich zur Seite gelegt, weil es ihm nicht gut gegangen sei, beide hätten auf Grund der Temperatur eine Decke über sich gelegt gehabt. Ob sie darunter angegurtet gewesen seien oder nicht, könne sie nicht mehr sagen, dies habe sie nicht sehen können.

 

Herr H T gab bei seiner Einvernahme an, dass er zur Frage, ob seine Schwiegereltern E und G C angegurtet waren, keine Angaben machen könne. Sie seien hinten im PKW gesessen und hätten eine Decke über sich gehabt.

 

Frau G C gab bei ihrer Einvernahme am 21.11.2007 an, dass sie mit ihrem Mann hinten im PKW gesessen sei. Sie selbst sei angeschnallt gewesen und hätte eine Decke über sich gezogen gehabt. Auch ihr Mann sei zum Zeitpunkt der Kontrolle angeschnallt gewesen.

 

Anzuführen ist, dass von der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf zu Zl. VerkR96-14137-2007 auch ein Verwaltungsstrafverfahren gegen Herrn E C geführt wurde, weil dieser bei der gegenständlichen Fahrt angeblich nicht angegurtet gewesen sei. Er wurde diesbezüglich mit einem rechtskräftigen Straferkenntnis bestraft. In diesem Verfahren räumte E C ein, dass er entsprechend den Feststellungen der Polizei im Beanstandungszeitpunkt tatsächlich nicht angeschnallt gewesen sei.

 

Zu diesen einander teilweise widersprechenden Angaben ist in freier Beweiswürdigung Folgendes festzuhalten:

 

Auffallend ist, dass sowohl Herr E C als auch die Berufungswerberin in ihren Aussagen vor der Polizeidirektion Waldshut-Tiengen angegeben hatten, dass alle vier Personen im Fahrzeug angeschnallt gewesen seien. Andererseits hatte Herr E C in dem gegen ihn geführten Verwaltungsstrafverfahren eingeräumt, dass er tatsächlich nicht angeschnallt gewesen sei. Aus diesem Widerspruch ergibt sich, dass seine eigenen Angaben sowie die der Berufungswerberin mit Vorsicht zu betrachten sind. Dem steht die eindeutige und klare Zeugenaussage des Polizeibeamten gegenüber, wonach er sowohl beim Überholen als auch bei der Anhaltung festgestellt hat, dass beide Personen auf dem Rücksitz nicht angegurtet gewesen seien. Die beiden im Fahrzeug vorne sitzenden Personen konnten zur Frage, ob die Berufungswerberin bzw. ihr Gatte angegurtet gewesen sind, keine Angaben machen. Unter Abwägung all dieser Umstände bestehen keine vernünftigen Zweifel, an der Aussage des Meldungslegers zu zweifeln, weshalb der Umstand, dass die Berufungswerberin nicht angegurtet war, als erwiesen anzusehen ist.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. § 106 Abs.2 KFG 1967 lautet: Ist ein Sitzplatz eines Kraftfahrzeuges mit einem Sicherheitsgurt ausgerüstet, so sind Lenker und beförderte Personen, die einen solchen Sitzplatz benützen je für sich zum bestimmungsgemäßen Gebrauch des Sicherheitsgurtes verpflichtet, sofern nicht Abs.5 Anwendung findet.

 

5.2. Wie sich aus der oben angeführten Beweiswürdigung ergibt, war die Berufungswerberin zur vorgeworfenen Zeit tatsächlich nicht angegurtet, weshalb sie die ihr vorgeworfene Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten hat. Das Verfahren hat auch keine Hinweise auf ein mangelndes Verschulden ergeben, sodass gemäß § 5 Abs.2 VStG jedenfalls von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist.

 

5.3. Gemäß § 134 Abs.3d KFG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer als Lenker eines Kraftfahrzeuges oder als mit einem Kraftfahrzeug beförderte Person

1. die im § 106 Abs.2 angeführte Verpflichtung oder

2. die im § 106 Abs.7 angeführte Verpflichtung

nicht erfüllt, wenn dies bei einer Anhaltung gemäß § 97 Abs.5 StVO 1960 festgestellt wird, welche mit einer Organstrafverfügung gemäß § 50 VStG mit einer Geldstrafe von 35 Euro zu ahnden ist. Wenn die Zahlung des Strafbetrages verweigert wird, ist von der Behörde eine Geldstrafe bis zu 72 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Freiheitsstrafe bis zu 24 Stunden zu verhängen.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Wird eine Geldstrafe verhängt, so ist gemäß § 16 Abs.1 VStG zugleich für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen.

 

Die Ersatzfreiheitsstrafe darf gemäß § 16 Abs.2 VStG das Höchstmaß der für die Verwaltungsübertretung angedrohte Freiheitsstrafe und, wenn keine Freiheitsstrafe angedroht und nicht anderes bestimmt ist, zwei Wochen nicht übersteigen. Eine Ersatzfreiheitsstrafe von mehr als sechs Wochen ist nicht zulässig. Sie ist ohne Bedachtnahme auf § 12 nach den Regeln der Strafbemessung festzusetzen.

 

Die Berufungswerberin ist aktenkundig unbescholten, was einen erheblichen Strafmilderungsgrund bildet. Sonstige Strafmilderungs- oder Straferschwerungs­gründe liegen hingegen nicht vor.

 

Es ist allgemein bekannt, dass nicht angegurtete Personen bei einem Verkehrsunfall in aller Regel wesentlich schwerer verletzt werden, als solche, die angegurtet sind. Die Verwendungspflicht des Sicherheitsgurtes hat daher den Zweck, die Folgen des Verkehrsunfalles einerseits für die betroffene Person selbst, andererseits aber auch die daraus erwachsenden Kosten für die medizinische Behandlung möglichst niedrig zu halten. Es besteht daher ein erhebliches öffentliches Interesse daran, dass alle Insassen eines Kraftfahrzeuges den Sicherheitsgurt tatsächlich verwenden. Daher ist insbesondere aus generalpräventiven Überlegungen eine spürbare Geldstrafe zu verhängen. Im konkreten Fall erscheint die Strafe von 50 Euro durchaus angemessen und notwendig, auch wenn dadurch der gesetzliche Strafrahmen zu ca. 70 % ausgeschöpft wird. Sie entspricht auch den persönlichen Verhältnissen der Berufungswerberin, wobei die erstinstanzliche Einschätzung (monatliches Nettoeinkommen von durchschnittlich 1.200 Euro bei keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten) zu Grunde gelegt wird, weil die Berufungswerberin dieser Einschätzung nicht widersprochen hat.

 

Wie sich aus § 16 Abs.2 VStG ergibt, sind die Regelungen für die Strafbemessung auch bezüglich der Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe anzuwenden. Im konkreten Fall hat die Erstinstanz eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden verhängt, das entspricht der gesetzlichen Höchststrafe, was aber insbesondere im Hinblick auf die bisherige Unbescholtenheit der Berufungswerberin nicht begründet werden kann. Im Hinblick darauf, dass hinsichtlich der Geldstrafe der Strafrahmen zu ca. 70 % ausgeschöpft wurde, ist auch die Ersatzfreiheitsstrafe in diesem Verhältnis zur gesetzlich vorgesehenen Höchststrafe festzusetzen. Dementsprechend war der Berufung zumindest in diesem Teil Folge zu geben (vgl. dazu z.B. VwGH vom 4.9.2006, 2003/09/0104).

 

Zu III.:

Die Berufungswerberin war mit ihrem Vorbringen zumindest teilweise (wenn auch nur betreffend die Ersatzfreiheitsstrafe) erfolgreich, weshalb sie gemäß § 65 VStG für das Berufungsverfahren keine Kosten zu bezahlen hat.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

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