Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-222225/2/Bm/Sta

Linz, 10.07.2008

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn S N, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. H V, Dr. G G, S, L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 2.4.2008, BZ-Pol-10104-2006, wegen Übertretungen nach der Gewerbeordnung 1994, zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 2.4.2008, BZ-Pol-10104-2006, wurden über den Berufungswerber Geldstrafen in zwei Fällen von je 250 Euro, Ersatzfreiheitsstrafen von je 23 Stunden, wegen einer Ver­wal­tungs­übertretungen gemäß § 366 Abs.1 Z3 STB 1 iVm § 81 GewO 1994 und der betriebsanlagenrechtlichen Genehmigung vom 30.10.1997 (mitsamt der Verhandlungsschrift vom 30.10.1997, beide MA11-GeBA-126-1997) verhängt.

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

"Sie haben es als gewerberechtlicher Geschäftsführer und somit als i.S.d. § 370 Abs.1 Gewerbeordnung (GewO) 1994, BGBl. Nr. 194 i.d.g.F., verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher der Firma C & N OEG, A, W, folgenden Tatbestand zu verantworten:

Zumindest am 19.08.2006 (Samstag) um 20.30 Uhr haben Sie – (unmittelbar) vor dem Objekt A, W – einen "Schanigarten" (bestehend aus 5 Tischen samt Sesseln) konsenslos errichtet; sie haben somit

- eine genehmigte Betriebsanlage (Gastgewerbebetrieb "C L/R P", A,  W) ohne die erforderliche Genehmigung abgeändert, und

- nach der Abänderung – zumindest am 19.08.2006 (Samstag) um 20.30 Uhr – betrieben."

 

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber durch seinen anwaltlichen Vertreter innerhalb offener Frist  Berufung eingebracht und diese im Wesentlichen damit begründet, dass in der Begründung des Straferkenntnisses im Wesentlichen die Rechtfertigungsangaben des Berufungswerbers wiederholt würden. Weiters werde angeführt, dass laut Stellungnahme der Dienststelle Gewerbe- und Wasserrecht, Gastgärten und deren Erweiterungen bewilligungspflichtige Änderungen nach der Gewerbeordnung darstellen würden. Auf die vom Berufungswerber dargelegten Begründungen werde seitens der Erstbehörde nicht eingegangen, sondern lediglich die zu Grunde gelegten Bestimmungen der Gewerbeordnung zitiert. Zu den Geldstrafen werde ausgeführt, dass diese auf Grund des Strafrahmens bis 3.600 Euro angemessen seien. Diesen Ausführungen der Erstbehörde könne aber nicht gefolgt werden. Zunächst sei darauf hinzuweisen, dass das Verfahren mangelhaft sei. Auf die vom Berufungswerber dargelegten Rechtfertigungsgründe werde in keiner Form eingegangen. Die Tathandlungen habe damit der Gesellschafter gesetzt; dieser sei als tatsächlicher Geschäftsführer aufgetreten. Von diesem Umstand habe auch die Erstbehörde Kenntnis. Soweit derartige Veranlassungen nicht akzeptiert würden, hätte die Erstbehörde die notwendigen Veranlassungen treffen müssen, allenfalls auch durch Sperrung des Lokals.

Der Berufungswerber sei seiner Verantwortung durch Kontrolle nachgekommen. Eine einseitige, nicht bekannte Vorgangsweise des Mitgesellschafters könne jedenfalls den Berufungswerber nicht  treffen. Darüber hinaus seien auch Anträge auf Genehmigung des Schanigartens seitens des Mitgesellschafters gestellt worden. Eine ablehnende Mitteilung in diesem Zusammenhang sei nie erfolgt. Zudem sei auf Grund des vorliegenden Sachverhalts nur von einem – wenn überhaupt – Verstoß auszugehen, und zwar der Betrieb eines Schanigartens ohne gewerberechtliche Genehmigung. Der Vorwurf der Abänderung der Betriebsanlagengenehmigung sei nicht gedeckt.

Darüber hinaus sei ein allfälliger Schanigartenbetrieb auf Grund der vorliegenden Gewerbegenehmigung vollinhaltlich berechtet. Weiters sei davon auszugehen, dass die verhängten Geldstrafen bei weitem nicht gerechtfertigt seien. Ein wesentliches Verschuldens des Berufungswerbers liege nicht vor und seien die Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht berücksichtigt worden.

Es werde daher beantragt, in Stattgebung der Berufung, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren einzustellen.

 

3. Der Bürgermeister der Stadt Wels hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4.  Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Weil bereits aus der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine mündliche Verhandlung (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 366 Abs.1 Z3 GewO begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt.

 

Gemäß § 74 Abs.2 Z2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen.

 

Gemäß § 81 Abs.1 GewO 1994 bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs.2 umschriebenen Interessen erforderlich ist.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Demnach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1.   die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird,

2.   die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

 

Was den vorstehenden Punkt 1 anlangt, sind entsprechende, dh., in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den Punkt 2 anlangt, muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Es muss daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens, zu § 44a Z1 VStG).

 

Die Behörde hat im Strafverfahren nach § 366 Abs.1 Z3 die Genehmigungspflicht selbstständig auf der Grundlage des § 74 Abs.2 GewO 1994 zu beurteilen (VwGH 30.1.1996, 95/04/0139).

 

Ein Schuldspruch nach § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 muss, um das Erfordernis des § 44a Z1 VStG zu erfüllen, auch jene Tatumstände enthalten, die eine Beurteilung dahingehend zulassen, ob die vorliegende Betriebsanlage die in § 74 Abs.2 genannten Interessen zu beeinträchtigen geeignet und daher genehmigungspflichtig ist (VwGH 22.12.1992, 91/04/0199 ua).

Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf zu § 44a Z1 VStG).

Eine solche konkretisierte Umschreibung der Interessen, die durch die vorliegenden Betriebsanlage beeinträchtigt werden können, ist dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nicht zu entnehmen. Der Tatvorwurf entspricht somit nicht dem Konkretisierungsgebot gemäß § 44a Z1 VStG.

Darüber hinaus setzt die Erfüllung des Straftatbestandes des § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 eine (von der genehmigungspflichtigen Änderung betroffene) genehmigte Betriebsanlage voraus. Aus dem Spruch des Straferkenntnisses muss daher zu entnehmen sein, dass es sich bei der Änderung um die einer gewerberechtlich genehmigten Betriebsanlage handelt. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes macht der Umstand, dass es sich um eine Änderung einer gewerbebehördlich genehmigten Anlage bzw. um den Betrieb nach einer genehmigungspflichtigen Änderung handelt, es erforderlich, dass der gewerberechtliche Genehmigungsbescheid im Spruch des Straferkenntnisses genannt wird (VwGH 28.1.1993, 91/04/0246). Dies insbesondere auch deshalb, um im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Erscheinungsform der Betriebsanlage, wie sie nach dem Inhalt des Genehmigungsbescheides genehmigt wurde, festzulegen und daher klar im Spruch zum Ausdruck zu bringen, dass der Betrieb eines Schanigartens eine Abänderung darstellt. Mangels der Benennung eines erteilten gewerbebehördlichen Genehmigungsbescheides im Spruch des Straferkenntnisses und in der ersten Verfolgungshandlung wurde auch in dieser Hinsicht dem Konkretisierungs­gebot gemäß § 44a Z1 VStG nicht entsprochen und war daher auch aus diesem Grund  wegen eingetretener Verfolgungsverjährung das Straferkenntnis gemäß § 45 Abs.1 Z3 aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

 

Zu II.:

Auf Grund dieses Verfahrensergebnisses entfällt für den Berufungswerber die Verpflichtung zur Entrichtung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge (§ 66 Abs.1 VStG).

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

Beschlagwortung:

§ 44a VStG

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum