Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222227/2/Bm/Sta

Linz, 09.07.2008

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn S N, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. H V, Dr. G G, S,  L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom  31.3.2008, BZ-Pol-10013-2007, wegen Übertretungen nach der Gewerbeordnung 1994, zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II.              Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 31.3.2008, BZ-Pol-10013-2007, wurden über den Berufungswerber in zwei Fällen Geldstrafen von je 250 Euro, Ersatzfreiheitsstrafen von je 23 Stunden, wegen  Verwaltungs­über­tretungen gemäß § 366 Abs.1 Z3 STB 1 iVm § 81 GewO 1994 und der betriebsanlagenrechtlichen Genehmigung vom 30.10.1997 (mitsamt der Verhandlungsschrift vom 30.10.1997, beide MA11-GeBA-126-1997) verhängt.

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

 

"Sie haben es als gewerberechtlicher Geschäftsführer und somit als i.S.d. § 370 Abs.1 Gewerbeordnung (GewO) 1994, BGBl. Nr. 194 i.d.g.F., verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher der Firma C & N OEG., A, W, zu verantworten, dass der Gastgewerbebetrieb "C L/I P" (Betriebsart "Bierstube"), A, W – zumindest am 20.01.2007 (Samstag) – noch in der Zeit von 04.00 Uhr bis 04.45 Uhr  offen gehalten wurde (mit Anwesenheit von 7 Personen, welche Getränke konsumierten"!), obwohl im betriebsanlagenrechtlichen Genehmigungsverfahren (Sieh "Befund/Beschreibung" – Seite 3 der Verhandlungsschrift vom 30.10.1997, MA11-GeBA-126-1997!) "04.00 Uhr" als Sperrstunde festgelegt wurde;

sie haben somit

1. eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung abgeändert, und

2. nach der Abänderung – zumindest am 20.01.2007 (Samstag) noch in der Zeit von 04.00 Uhr bis 04.45  Uhr –

betrieben.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber durch seinen anwaltlichen Vertreter  fristgerecht Berufung eingebracht und diese im Wesentlichen damit begründet, dass das vorliegende Straferkenntnis mangelhaft sei. Die Stellungnahme der Stadtpolizei Wels sei dem Berufungswerber nie zur Äußerung zugestellt worden. Weiters sei auch die Verantwortung des anwesenden Gesellschafters im Zeitpunkt der Amtshandlung nie überprüft worden. Eine Befragung der zum Vorfallszeitpunkt anwesenden Bekannten des Gesellschafters sei nicht erfolgt. Die Erstbehörde habe sich auch mit den dargelegten Rechtfertigungsgründen tatsächlich nicht auseinandergesetzt.

Zunächst sei der Erstbehörde bereits seit längerem bekannt gewesen, dass der Berufungswerber das gegenständliche Lokal nicht mehr gewerberechtlich führe. Es hätte daher die Erstbehörde aus eigenem eine Bereinigung bezogen auf den Zweitgesellschafter vornehmen müssen, dies notfalls durch Sperrung des Lokals. Die Erstbehörde habe weiters vom Umstand, dass lediglich der Zweitgesellschafter alleine das Lokal führe, Bescheid gewusst. Dieser sei daher als faktischer Geschäftsführer zu sehen und betreffe daher diesen ein allfälliger Verstoß nach der Gewerbeordnung. Allfällige einseitige, scheinbar auch private Vornahmen des Zweitgesellschafters könnten nicht den Berufungswerber belasten. Darüber hinaus sei das Lokal zum Vorfallszeitpunkt gesperrt gewesen. Damit könne nicht mehr von einem Gewerbebetrieb im Sinne der Gewerbeordnung gesprochen werden. Die im Lokal befindlichen Personen seien ausschließlich Bekannte des Zweitgesellschafters gewesen. Eine private Feier dieser Personen könne nicht als gewerberechtliche Veranstaltung gesehen werden. Darüber hinaus sei eine einmalige vorgeworfene Änderung der Sperrstunden noch nicht eine Änderung der Betriebsanlage und seien Regelungen in Bezug auf die Sperrstunde keineswegs Abänderungen der Betriebsanlage im Sinne des § 74 ff GewO.

Von der Erstbehörde sei auch die Situation der Einkommens- und Vermögenssituation des Berufungswerbers nicht ausreichend gewürdigt worden.

 

Es werde daher beantragt, das erstinstanzliche Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren gegen den Berufungswerber einzustellen.

 

3. Der Bürgermeister der Stadt Wels  hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Weil bereits aus der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine mündliche Verhandlung (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 366 Abs.1 Z3 GewO begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der  Änderung betreibt.

 

Gemäß § 74 Abs.2 Z2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen.

 

Gemäß § 81 Abs.1 GewO 1994 bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs.2 umschriebenen Interessen erforderlich ist.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Demnach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1.   die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird,

2.   die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

 

Was den vorstehenden Punkt 1 anlangt, sind entsprechende, dh., in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den Punkt 2 anlangt, muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Es muss daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens, zu § 44a Z1 VStG).

 

Die Behörde hat im Strafverfahren nach § 366 Abs.1 Z3 die Genehmigungspflicht selbstständig auf der Grundlage des § 74 Abs.2 GewO 1994 zu beurteilen (VwGH 30.1.1996, 95/04/0139).

 

Ein Schuldspruch nach § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 muss, um das Erfordernis des § 44a Z1 VStG zu erfüllen, auch jene Tatumstände enthalten, die eine Beurteilung dahingehend zulassen, ob die vorliegende Betriebsanlage die in § 74 Abs.2 genannten Interessen zu beeinträchtigen geeignet und daher genehmigungspflichtig ist (VwGH 22.12.1992, 91/04/0199 ua).

Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf zu § 44a Z1 VStG).

Eine solche konkretisierte Umschreibung der Interessen, die durch die vorliegende Betriebsanlage beeinträchtigt werden können, ist dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nicht zu entnehmen. Der Tatvorwurf entspricht somit nicht dem Konkretisierungsgebot gemäß § 44a Z1 VStG.

Eine entsprechende Ergänzung konnte auf Grund abgelaufener Verfolgungsverjährungsfrist auch nicht vom Oö. Verwaltungssenat vorgenommen werden.

 

Es war daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das diesbezügliche Strafverfahren einzustellen.

 

Festzuhalten ist gegenständlich auch, dass gemäß § 370 Abs.1 GewO 1994 Geldstrafen gegen den Geschäftsführer, wenn ein solcher angezeigt oder genehmigt wurde, zu verhängen sind.

 

Zu II.:

Auf Grund dieses Verfahrensergebnisses entfällt für den Berufungswerber die Verpflichtung zur Entrichtung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge (§ 66 Abs.1 VStG).

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

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