Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110524/21/Kl/RSt

Linz, 10.07.2008

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn F H, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. H, Dr. S, R, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 25. November 2003, VerkGe96-164-2003, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 3. Juli 2008, zu Recht erkannt:

 

 

I.         Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.        Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm
§§ 24, 45 Abs.1 Z1 und Z3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 25. November 2003, VerkGe96-164-2003, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 500 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 23 Abs.1 Z7 und Abs.4 iVm § 17 Abs.1 und Abs.3 Güterbeförderungsgesetz verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der H Transporte GmbH mit Sitz in O und somit gem. § 9 VStG für die Einhaltung von Verwaltungsvorschriften durch dieses Unternehmen verantwortlich ist. Er habe es somit zu verantworten, dass die H Transporte GmbH als Güterbeförderungsunternehmen für die am 6.10.2003 durchgeführte Güterbeförderung (Beförderung von 17 Paletten Steinen mit einem Bruttogewicht von 24.500 kg) von Rotterdam nach Zirl mit dem Sattelzugfahrzeug (hzGG über 7,5 to) mit dem amtlichen Kennzeichen   (Lenker T G) keinen den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Frachtbrief mitgeführt hat, obwohl die Entfernung der Güterbeförderung über 50 km betragen hat, was anlässlich der Kontrolle auf der Inntal-Autobahn A 12 bei Stkm 24,3 im Gemeindegebiet von Kundl in Fahrtrichtung Innsbruck um 08.10 Uhr festgestellt wurde.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens beantragt. Begründend wurde dargelegt, dass der Fahrer T G jedenfalls einen Frachtbrief mitgeführt und dem Kontrollorgan vorgezeigt habe. Es werde auch das Verschulden bestritten. Beim Fahrer G handle es sich um einen verlässlichen Kraftfahrer bei dem es noch nie Beanstandungen im Bezug auf Frachtpapiere gegeben hätte. Er habe auch Frachtformulare mitgehabt und sei es in keinster Weise für den Berufungswerber erkennbar gewesen, dass einzelne Punkte nicht als vollständig ausgefüllt sein könnten. Eine Überwachung von Österreich aus, ob der Frachtbrief in Rotterdam ordnungsgemäß ausgefüllt wird, war nicht möglich. Darüber hinaus sei in § 17 Abs.4 GütbefG ausdrücklich geregelt, wer für die einzelnen Eintragungen im Frachtbrief verantwortlich sei. Es kann daher nicht vom Frachtführer verlangt werden, dass dieser für alle Eintragungen trotzdem durch das Mitführen des Frachtbriefes noch einmal zusätzlich verantwortlich wäre. Darüber hinaus hätte auch von der außerordentlichen Milderung der Strafe Gebrauch gemacht werden müssen bzw. wäre überhaupt von der Strafe abzusehen gewesen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

Das Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 9. August 2004, VwSen-110524/2/Kon/Rd/Ni, mit welchem der Berufung keine Folge gegeben wurde und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt wurde, wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Jänner 2008, Zl. 2004/03/0148, wegen Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben und wurde diese Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschwerdeführer nicht bloß die Ermittlungsergebnisse für unrichtig erklärt habe, sondern auch eine konkrete Darstellung gegeben habe. Es wäre daher erforderlich gewesen, den Meldungsleger ebenso wie der als Beweis für die Richtigkeit der Behauptungen des Beschwerdeführers genannte Lenker des LKW's als Zeugen einzuvernehmen gewesen. Dazu hätte die belangte Behörde eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen gehabt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 3. Juli 2008, zu welcher die Parteien geladen wurden. Der Berufungswerber und sein Rechtsvertreter haben an der Verhandlung teilgenommen; die belangte Behörde hat sich entschuldigt. Weiters wurde der Zeuge T G geladen und einvernommen.

 

4.1. Im Grunde des Beweisverfahrens steht als erwiesen fest, dass anlässlich der Lenker- und Fahrzeugkontrolle am 6.10.2003 ein gewerblicher Gütertransport von Rotterdam nach Zirl mit dem näher angeführten Fahrzeug durch den Lenker T G für die H Transporte GmbH mit Sitz in O durchgeführt wurde. Dabei wurde ein Frachtbrief mit der Nummer 1002698 mitgeführt und bei der Kontrolle ausgehändigt, bei welchem Name und Anschrift des Absenders, Name und Anschrift des Empfängers sowie der Beladetag fehlten. Eine Kopie dieses CMR-Frachtbriefes liegt auch der Anzeige bei.

Das Frachtgut wurde in Rotterdam am Hafen übernommen und gab es bei der Verladung Schwierigkeiten. Der Lenker hat den Frachtbrief in der Eile nur lückenhaft ausgefüllt und den Hafen sofort verlassen, allerdings in weiterer Folge einen weiteren Frachtbrief mit der Nummer 1002699 richtig ausgefüllt, wobei er beim Ausfüllen in seinen Unterlagen nachgesehen hat. Aus Versehen wurde aber bei der Kontrolle der falsche Frachtbrief ausgehändigt, nämlich der Frachtbrief mit der Nummer 1002698. Es wurde aber auch der zweite Frachtbrief mitgeführt. Weil bei der Kontrolle auch eine Überladung festgestellt wurde und dann auch ab- bzw. umgeladen werden musste und der Lenker hiefür vor Ort Strafe zahlen musste, hat dieser mehr sein Augenmerk auf die Überladung gelegt. Der Frachtbrief mit der Nummer 1002699 wurde auch beim Empfänger, der Firma STRABAG vorgelegt und von dieser abgestempelt. Dieser wurde dann auch in der Firma in der Disposition abgegeben. Frachtbriefe werden auf die Vollständigkeit in der Disposition kontrolliert und falls sie nicht richtig ausgefüllt sind, wird der Lenker von der Disposition verständigt und bekommt dann Ärger. Der Frachtbrief ist für die Abrechnung und Rechnungslegung erforderlich. Der Lenker ist seit 30 Jahren Berufskraftfahrer und seit neun Jahren in der Firma beschäftigt. Die Lenker werden auch in der Firma über Lenk- und Ruhezeiten, Güterbeförderungsgesetz, zu erstellende Frachtbriefe und umweltschonendes Fahren unterrichtet und ermahnt.

 

4.2. Dies ergibt sich einerseits aus den im Akt befindlichen Kopien, insbesondere den Frachtbriefen mit der Nummer 1002698 und 1002699 sowie auch aus den Angaben des zeugenschaftlich einvernommenen Lenkers. Anlass für Zweifel an der Aussage waren nicht gegeben.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 17 Abs.1 Güterbeförderungsgesetz 1995 – GütbefG, BGBl Nr. 593/1995, in der Fassung BGBl I Nr. 32/2002 haben die Güterbeförderungsunternehmer bei Güterbeförderungen ab 50 km Entfernung oder über die Grenze für jede Sendung, mindestens jedoch für das auf ein Kraftfahrzeug (einen Kraftwagenzug) verladene Gut, jeweils einen Frachtbrief mitzuführen.

Der Frachtbrief hat folgende Angaben zu enthalten:

1. den Namen und die Anschrift des Absenders;

2. den Namen und die Anschrift des Empfängers;

3. den Ablieferungsort (Entladeort);

6. den Beladeort und –tag (§ 17 Abs.3 GütbefG).

Gemäß § 23 Abs.1 Z7 GütbefG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 7.267 Euro zu ahnden ist, wer andere als die in Z1 bis 6 genannten Gebote oder Verbote dieses Bundesgesetzes nicht einhält.

 

5.2. Im Grunde des Beweisverfahrens ist zwar erwiesen, dass ein nicht ordnungsgemäß ausgefüllter Frachtbrief mit der Nummer 1002698 dem Kontrollorgan vorgewiesen wurde und daher mitgeführt wurde. Der Zeuge legte aber auch glaubwürdig dar, dass er einen weiteren Frachtbrief ausgefüllt hätte und mitgeführt hätte, nämlich mit der Nummer 1002699. Dieser wurde in der Eile und aufgrund weiterer Übertretungen nicht mehr vorgewiesen. Es ist daher im Grunde dieses Beweisergebnisses nicht erwiesen, dass der Unternehmer nur einen nicht ordnungsgemäß ausgefüllten Frachtbrief mitgeführt hat. Es war daher aus diesem Grunde das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

5.3. Im Übrigen wäre das Straferkenntnis auch aus folgendem Grunde aufzuheben gewesen:

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist der Tatort bei einem Unterlassungsdelikt dort gelegen, von wo aus hätte gehandelt werden sollen, wo also die Dispositionen und Anweisungen zur Vermeidung der Verstöße gegen die Verwaltungsvorschriften hätten gesetzt werden müssen. Dies ist im Zweifel der Sitz des Unternehmens. Es wurde daher von der belangten Behörde in rechtsrichtiger Auslegung der Tatort am Sitz des Unternehmens der H Transporte GmbH in O angenommen.

Allerdings hat gemäß § 44a Z1 VStG der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2. die Identität der Tat (zum Beispiel nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

Diesem Konkretisierungsgebot kommt das angefochtene Straferkenntnis nicht nach, zumal dem Spruch des Straferkenntnisses der Unternehmenssitz in Ort im Innkreis Nr. 183 als Tatort nicht zu entnehmen ist. Ein konkretisierter Tatvorwurf wurde innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist nicht gesetzt. Allein aus der Adressierung des Strafbescheides kann aber ein Tatort nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgeleitet werden. Es war daher auch in dieser Hinsicht ein Einstellungsgrund gemäß § 44a iVm § 45 Abs.1 Z3 VStG gegeben.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte war kein Verfahrenskostenbeitrag gemäß § 66 Abs.1 VStG aufzuerlegen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

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