Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521946/2/Fra/Ba

Linz, 10.07.2008

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn J B, R, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 8. Mai 2008, VerkR21-292-2008, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, Verbot des Lenkens eines Motorfahrrades, eines vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder eines Invalidenkraftfahrzeuges sowie Anordnung einer Nachschulung, zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 7 Abs.1 Z 1, § 7 Abs.3 Z 1, § 24b Abs.3, § 26 Abs.1 Z 3 FSG, § 99 Abs.1a StVO 1960 iVm § 66 Abs.4  AVG und § 67a Abs.1 AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem in der Präambel angefochtenen Bescheid dem Berufungswerber (Bw) die Lenkberechtigung für die Klassen A, B, C, E und F für die Dauer von drei Monaten, gerechnet ab 28.4.2008, das ist bis einschließlich 28.7.2008, entzogen. Weiters hat die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck dem Bw für die Dauer von drei Monaten ab Führerscheinabgabe – somit ebenfalls bis 28.7.2008 – das Lenken eines Motorfahrrades, eines vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder eines Invalidenkraftfahrzeuges verboten. Zudem wurde angeordnet, dass sich der Bw auf seine Kosten einer Nachschulung bei einer vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie ermächtigten Stelle zu unterziehen hat. Einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, über die der Oö. Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied (§ 67 Abs.1 AVG) wie folgt erwogen hat:

 

3. Folgender Sachverhalt ist unstrittig und wurde von der belangten Behörde dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt:

 

3.1. Der Bw lenkte am 26.4.2008 um 2.13 Uhr im Ortsgebiet von Regau, auf der Regauerstraße, vom Zentrum kommend in Richtung Kreuzung Puchheimerstraße/Preisingerstraße im alkoholbeeinträchtigten Zustand den PKW   . Eine Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt mittels Messgerät der Marke: Dräger Alkomat 7110 MKIII A, Geräte Nr. ARMJ-0016, ergab am 26.4.2008 um 2.34 Uhr einen Wert von 0,62 mg/l AAK und bei der zweiten Messung um 2.35 Uhr einen Wert von 0,65 mg/l AAK. Zutreffend wurde von der belangten Behörde der niedrigere Wert von 0,62 mg/l AAK angelastet.

 

3.2. Der Bw bringt nun in seinem Rechtsmittel vor, ca. eine halbe Stunde vor der Atemluftkontrolle eine halbe Bier und unmittelbar vor der Abfahrt einen doppelten Schnaps konsumiert zu haben. Diese Gegebenheit habe er leider im Protokoll vom 8.5.2008 vergessen anzugeben. Nach einer Fahrzeit von ca. 3 Minuten sei er dann um 2.13 Uhr in Regau auf der Regauerstraße angehalten worden, wobei ein Vortest durchgeführt wurde, welcher einen Messwert von 0,57 mg/l AAK ergab. Anschließend sei um 2.34 Uhr am Ort der Anhaltung ein Alkotest durchgeführt worden, welcher den relevanten Messwert von 0,62 mg/l AAK ergab.

 

In der Zeit zwischen Anhaltung und Durchführung des Alkotestes habe er sich zweifelsfrei in einer Anflutungsphase befunden und es werde auch die Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit seinerseits nicht in Frage gestellt. Da jedoch zwischen Anhaltung und durchgeführtem Alkotest ein Zeitraum von mindestens 21 Minuten lag, sei der Alkoholgehalt während dieses Zeitraumes schätzungsweise um mindestens 0,1 mg/l Blutalkohol gestiegen. Werde dieser Wert bei der mittels Alkomat durchgeführten Messung in Abzug gebracht, ergebe sich zum Zeitpunkt der festgestellten Übertretung ein Blutalkohol von ca. 1,04 Promille und rechtfertige sohin seiner Ansicht nach weder die 3-monatige Dauer des Führerscheinentzugs noch die Auflage der durchzuführenden Nachschulung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Es trifft zu, dass der Bw anlässlich seiner Einvernahme am 8.5.2008 vor der belangten Behörde laut Niederschrift von diesem "Sturztrunk" nichts angegeben hat. Auch lt. der Anzeige der Polizeiinspektion Vöcklabruck vom 26.4.2008, GZ: 11546/1/2008 EWA, hat der Bw keine Angaben über einen Sturztrunk gemacht. Laut dieser Anzeige gab der Bw an, vor dem Lenken am 25.4.2008 ca. 19.00 Uhr bis 26.4.2008 ca. 2.00 Uhr drei halbe Bier konsumiert zu haben. In seinem Rechtsmittel bringt der Bw – siehe oben – vor, ca. eine halbe Stunde vor der Kontrolle eine halbe Bier konsumiert zu haben und unmittelbar vor der Abfahrt noch einen doppelten Schnaps.

 

Es kann nun dahingestellt bleiben, welche Versionen den Tatsachen entsprechen, da keine dieser Versionen in rechtlicher Hinsicht zu einem anderen Ergebnis führt, und zwar aus folgenden Gründen:

 

Geht man zu Recht – wie hier – vom Vorliegen einer Alkoholbeeinträchtigung im Sinne des § 5 Abs.1 StVO 1960 aus, so kommt der Judikatur des VwGH hinsichtlich der besonders nachteiligen Auswirkungen des Alkoholkonsums in der Anflutungsphase auf die Fahrtüchtigkeit ohnehin keine Bedeutung mehr zu. Geht man jedoch von einem Sturztrunk – wie der Bw in seinem Rechtsmittel vorbringt – aus, so ist er auf die ständige Judikatur des VwGH insofern hinzuweisen, als es unstrittig ist, dass nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft sich in der Anflutungsphase die Alkoholkonzentration im Blut besonders negativ auswirkt, da ein schnelles Ansteigen des Alkoholspiegels im Gehirn zum Teil größere Auswirkungen hat, als ein vergleichbarer Alkoholgehalt im Blut in der Abbauphase. Der VwGH zitiert regelmäßig in seiner ständigen Rechtsprechung, dass sich ein "Sturztrunk" kurz vor Fahrtantritt zwar erst nach einer gewissen Zeit auf die Blut- und Atemluftalkoholwerte auswirke, die Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit aber sofort eintritt. Mit dieser Argumentation stellte der VwGH sogar fest, dass die Anflutungsphase "besonders nachteilige Auswirkungen auf die Fahrtüchtigkeit zeigt". So stellt der VwGH auch in seiner ständigen Rechtsprechung fest, dass es dem Sinn der Regelungen der StVO (bzw. des FSG) widersprechen und einen Wertungswiderspruch darstellen würde, wenn man diese Bestimmungen nur auf jene Personen anwenden würde, deren Alkoholresorption im Zeitpunkt des Lenkens oder Inbetriebnehmens des Fahrzeuges bereits abgeschlossen war, nicht hingegen auf solche, deren Alkoholkonsum zwar erst kurz oder unmittelbar vor Fahrtantritt geschah und sich dadurch in der besagten "besonders nachteiligen" Anflutungsphase befanden.

 

§ 99 Abs.1a StVo 1960 stellt – so wie auch § 99 Abs.1 lit.a, aber auch § 5 Abs.1 zweiter Satz StVO 1960 und § 14 Abs.8 FSG – auf einen "bestimmten Wert" des Gehaltes an Atemluftalkohol bzw. Blutalkohol zur Tatzeit aus.

 

Im Hinblick auf den o.a. Wertungswiderspruch legt daher der VwGH diese Bestimmungen (insbesondere § 99 Abs.1a StVO 1960) dahin aus, dass die – nachträgliche – Feststellung des maßgebenden Wertes als Atemluftalkoholgehaltes bzw. Blutalkoholgehaltes auch dann zur Anwendung dieser Bestimmungen zu führen hat, wenn sich der Lenker im Lenkzeitpunkt (noch) in der Anflutungsphase befunden hat. (VwGH vom 30.3.2007, 2007/02/0068 uva.)

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat keinen Anlass, diese Rechtsprechung in Zweifel zu ziehen, weil andernfalls Lenker, obwohl ein Sturztrunk nicht nur die gleichen, sondern sogar nachteiligere Wirkungen auf die Fahrtüchtigkeit zeigt, bevorzugt würde. Im Hinblick auf die oa. Rechtsprechung bedurfte es nicht der Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens.

 

Mit dem oa. Sachverhalt hat der Bw eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs.1a StVO 1960 begangen und somit eine die Verkehrsunzuverlässigkeit indizierende Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z 1 FSG gesetzt, woraus resultiert, dass ihm gemäß § 26 Abs.1 Z 3 leg.cit. die Lenkberechtigung für mindestens drei Monate zu entziehen ist. Die belangte Behörde war im Sinne der genannten gesetzlichen Bestimmungen, zumal diese keinen Ermessensspielraum eröffnen, sowohl zur Entziehung der zitierten Lenkberechtigungen in der genannten Dauer als auch zu den weiteren Maßnahmen berechtigt. Auch der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Berufung ist zu Recht ergangen. Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH kann die aufschiebende Wirkung einer Berufung immer dann ausgeschlossen werden, wenn die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen wird.

 

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1.      Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss  - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2.        Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

Dr. Johann Fragner

 

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