Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521965/2/Fra/Bb/Ba

Linz, 27.06.2008

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn M B, L, L, vom 3.6.2008, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 20.5.2008, AZ VerkR20-351319-07/PE, wegen Abweisung des Antrages auf Umtausch seines ausländischen Nicht-EWR-Führerscheines in eine österreichische Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid wird behoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm § 23 Abs.3 Führerscheingesetz 1997 – FSG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 20.5.2008, AZ VerkR20-351319-07/PE, wurde der Antrag des Berufungswerbers (Bw) vom 3.9.2007 auf Austausch seines Nicht-EWR-Führerscheines in eine österreichische Lenkberechtigung (beantragte Klasse: B) abgewiesen. Die Abweisung wurde damit begründet, dass das vorgelegte Dokument nicht amtlich ausgestellt sei. Dies sei im Untersuchungsbericht des Landespolizeikommandos Oberösterreich vom 19.9.2007 festgestellt worden.

 

2. Gegen diesen Bescheid, zugestellt am 28.5.2008, richtet sich die am  3.6.2008 – und somit rechtzeitig – bei der Bezirkshauptmannschaft Perg eingebrachte Berufung.

 

Darin bringt der Bw im Wesentlichen vor, dass sein Führerschein sehr wohl amtlich ausgestellt worden sei. Beweisen könne er dies auch durch einen Ausweis seiner Fahrschule über die Absolvierung seiner Führerscheinprüfung sowie eine amtliche Fahrerkarte, auf welcher sein Kursbesuch sowie das Ausstellungsdatum und die Nummer seines Führerscheines bestätigt würden.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft  Perg hat die Berufung samt Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt, eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Dieser hatte durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis   erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Perg.

 

4.1. Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wurde nicht beantragt und konnte diese unterbleiben, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit der Berufung angefochtene Bescheid  aufzuheben ist (§ 67d Abs.2 Z1 AVG).

 

5 Aus dem vorliegenden Akt ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde liegt:

 

5.1. Der Bw hat am 3.9.2007 den Antrag auf Austausch seines nicht von einem EWR-Staat ausgestellten Führerscheines in eine österreichische Lenkberechtigung - für die Klasse B - gestellt.

 

Das von ihm vorgelegte Führerschein-Dokument wurde in der Folge kriminaltechnisch untersucht. Laut Untersuchungsbericht des kriminaltechnischen Dienstes des Landeskriminalamtes des Landespolizeikommandos für Oberösterreich vom 19.9.2007, GZ 07/351319, wurde als Untersuchungsmethode eine stereomikroskopische Untersuchung bei 6,5 - 50-facher Vergrößerung, eine Untersuchung auf dem Bildanalysesystem F & F VSC 2000 unter Anwendung von verschiedenen Lichtquellen und Sperrfilter durchgeführt sowie Erkenntnisse der aufliegenden sowie der zentralen Unterlagen-/Mustersammlung des BK-Wien einbezogen. Als Vergleich hätten alle bisher untersuchten und beurteilten Formulare, authentisches Vergleichsmaterial von nationalen und internationalen staatlichen Organisationen, sowie Informationen die von Dienststellen anderer Länder zur Verfügung gestellt wurden, gedient.

 

5.2. Das Ergebnis der Untersuchung lässt sich dahingehend zusammenfassen, dass das fragliche Formular in Drucktechnik und Qualität den für authentisch befundenen Formularen entspreche und demnach ein Originaldokument darstelle, jedoch werde das vorgelegte russische Führerscheinformular (altes Formular) - lt. einer Erhebung beim BK Wien - in der Russischen Föderation nur mehr in den Krisengebieten (z.B. Tschetschenien) ausgegeben. In allen anderen Gebieten werde der seit einigen Jahren eingeführte neue Führerschein (Scheckkartenformat) verwendet.

Eine Auswechslung des Lichtbildes bzw. Manipulation beim angebrachten Feuchtstempel habe bei einer zerstörungsfreien Prüfung nicht nachgewiesen worden können, jedoch sei festgestellt worden, dass der Führerschein nicht mittels Sicherungsfolie einlaminiert wurde. Diese Vorgangsweise der ausstellenden Behörde sei unüblich, sei jedoch bei zurückliegenden gleichartigen Führerscheinen aus der Russischen Föderation, die zur Überprüfung vorgelegt worden seien, bereits vorgekommen.

Da der Verdacht bestehe, dass derartige Führerscheine der Russischen Föderation nicht amtlich ausgestellt wurden, wurde seitens des Landespolizeikommandos empfohlen, im konkreten Fall eine Anfrage bei der ausstellenden Behörde durchzuführen.

 

Eine solche Anfrage bzw. weitere Erhebungen wurden durch die erstinstanzliche Behörde nicht durchgeführt; es wurde am 20.5.2008 der nunmehr angefochtene Bescheid erlassen und der Antrag des Bw vom 3.9.2007 abgewiesen.

 

6. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in  rechtlicher Hinsicht darüber wie folgt erwogen:

 

6.1. Gemäß § 23 Abs.3 FSG ist dem Besitzer einer in einem Nicht-EWR-Staat erteilten Lenkberechtigung ab Vollendung des 18. Lebensjahres auf Antrag eine Lenkberechtigung im gleichen Berechtigungsumfang zu erteilen, wenn:

1.       der Antragsteller nachweist, dass er sich zum Zeitpunkt der Erteilung der ausländischen Lenkberechtigung in dem betreffenden Staat während mindestens sechs Monaten aufhielt oder dort seinen Wohnsitz (§ 5 Abs.1 Z1) hatte; dieser Nachweis entfällt, wenn der Antragsteller die Staatsbürgerschaft des Ausstellungsstaates des Führerscheines besitzt und bei Begründung des Wohnsitzes (§ 5 Abs.1 Z1) in Österreich die ausländische Lenkberechtigung bereits besessen hat und die Behörde keine Zweifel am tatsächlichen Vorliegen des Wohnsitzes (§ 5 Abs.1 Z1) oder sechsmonatigem Aufenthaltes in dem betreffenden Staat zum Zeitpunkt des Erwerbes der Lenkberechtigung hat,

2.       der Antragsteller seinen Wohnsitz (§ 5 Abs.1 Z1) nach Österreich verlegt hat oder während seines Auslandsaufenthaltes behalten hat,

3.       keine Bedenken hinsichtlich der Verkehrszuverlässigkeit bestehen sowie die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 nachgewiesen ist und

4.       entweder die fachliche Befähigung durch eine praktische Fahrprüfung gemäß  § 11 Abs.4 nachgewiesen wird oder

5.       angenommen werden kann, dass die Erteilung seiner Lenkberechtigung unter den gleichen Voraussetzungen erfolgt ist, unter denen sie in Österreich erteilt wird. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat mit Verordnung festzulegen, in welchen Staaten für welche Lenkberechtigungen eine derartige Gleichartigkeit besteht.

 

6.2. § 23 Abs.3 FSG sieht die Erteilung einer österreichischen Lenkberechtigung an den Besitzer einer in einem Nicht-EWR-Staat erteilten Lenkberechtigung vor. Der Antragsteller hat demnach nachzuweisen, dass er Besitzer einer ausländischen Lenkerberechtigung ist. Nur wenn das Ermittlungsverfahren ergibt, dass der Antragsteller Besitzer einer solchen Lenkberechtigung ist, kann ihm demnach gemäß § 23 Abs.3 FSG die Lenkberechtigung erteilt werden. Wichtigstes Beweismittel für einen solchen Nachweis ist regelmäßig der Führerschein, also die über die Berechtigung von der ausländischen Kraftfahrbehörde ausgestellte Urkunde.

 

Die kriminaltechnische Untersuchung ergab im konkreten Fall, dass das vom Bw vorgelegte Führerschein-Dokument möglicherweise nicht amtlich ausgestellt wurde. Das fragliche Formular entspreche zwar in Drucktechnik und Qualität den für authentisch befundenen Formularen, auch eine Auswechslung des Lichtbildes bzw. eine Manipulation beim angebrachten Feuchtstempel habe bei einer zerstörungsfreien Prüfung nicht nachgewiesen worden können, jedoch sei der Führerschein nicht mittels Sicherungsfolie einlaminiert worden. Dass es sich beim vorgelegten Führerschein um eine (Total)fälschung handelt, hat die Untersuchung nicht ergeben.

 

Wenn die Führerscheinbehörde auf Grund dieses Untersuchungsbefundes Zweifel am Bestand einer Lenkerberechtigung des Bw hatte, so hätte sie weitere Ermittlungen durchführen, wie etwa den Versuch unternehmen müssen, sich - allenfalls unter Hinweis auf das Ergebnis der kriminaltechnischen Untersuchung - mit der ausländischen Kraftfahrbehörde in Verbindung zu setzen, um die Richtigkeit der Behauptung des Bw überprüfen zu können und sich Gewissheit  über den tatsächlichen Besitz einer Lenkberechtigung des Bw zu verschaffen. Der Nachweis über den Besitz einer ausländischen Lenkberechtigung kann im übrigen aber auch auf jede andere Weise erbracht werden, die geeignet ist, die Richtigkeit der Behauptung, Besitzer einer ausländischen Lenkerberechtigung zu sein, zu belegen bzw. die Überzeugung vom Besitz der genannten Lenkberechtigung zu verschaffen (vgl. z.B. VwGH 23.11.1993, 93/11/0151).

 

Da aufgrund der derzeitigen Beweislage jedenfalls nicht festgestellt ist, dass der vorgelegte Führerschein ein Total(fälschung) ist bzw. ob der Antragsteller im Besitz einer entsprechenden ausländischen Lenkerberechtigung ist oder eben nicht, war der Berufung Folge zu geben und der angefochtene Bescheid lediglich zu beheben, ohne jedoch über den Antrag des Bw auf Erteilung der Lenkberechtigung abzusprechen. Entsprechende weitere Ermittlungen sind zweckmäßiger Weise von der Bezirkshauptmannschaft Perg als Führerscheinbehörde durchzuführen.

 

Es war damit spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den  Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen  Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 [ab 1. Juli 2008: 220]  Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

Dr. Johann  F r a g n e r

 

 

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