Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163331/2/Zo/Jo

Linz, 14.07.2008

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn O G, geb. , A, vom 24.06.2008, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 05.06.2008, Zl. VerkR96-1148-2008, wegen einer Übertretung des GGBG zu Recht erkannt:

 

I.                    Die Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.                 Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 45 Abs.1 Z1 VStG;

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung wirft dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vor, dass er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der A GmbH mit Sitz in der M, A, als Beförderer von Gefahrgut, nämlich vier Versandstücken UN 3266 ätzender basischer anorganischer flüssiger Stoff, N.A.G. 8, I, mit einem Bruttogewicht von 2.240 kg unterlassen habe, sich durch eine Sichtprüfung zu vergewissern, dass das Fahrzeug und die Ladung keine offensichtlichen Mängel aufweise, dass keine Ausrüstungsteile fehlen usw.

Mit dem Sattelkraftfahrzeug , , sei am 29.01.2008 um 10.15 Uhr in Bad Leonfelden auf der B38 bei Strkm. 123,2 das angeführte Gefahrgut befördert worden, obwohl zwei Paletten (jeweils 16 Kanister, blau) als "Umverpackung" mit Schrumpffolie umschlossen waren. Die Gefahrenzettel seien zwar auf den einzelnen Kanister angebracht gewesen, jedoch durch eine falsche Anordnung der Kanister von außen am Versandstück nicht ersichtlich gewesen. Dieser Mangel sei entsprechend den Bestimmungen und unter Berücksichtigung der besonderen Umstände der Beförderung in die Gefahrenkategorie II einzustufen.

 

Der Berufungswerber habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 7 Abs.1 iVm § 13 Abs.1a Z3 GGBG begangen, weshalb über ihn gemäß § 27 Abs.2 Z8 lit.b GGBG eine Geldstrafe von 110 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 11 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung verwies der Berufungswerber vorerst auf seine bereits im Verfahren eingebrachten Schriftsätze und die vorgelegten Fotos. Die Bezettelung sei im ADR eindeutig geregelt und er habe auf diese bereits mehrfach im Detail hingewiesen. Eine zusätzliche Bezettelung auf der Oberseite der Kanister sei wegen der vorschriftsmäßig angebrachten und eindeutig sichtbaren Bezettelung nicht erforderlich gewesen.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Urfahr-Umgebung hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Bereits aus diesem ergibt sich, dass der Berufung stattzugeben war, weshalb eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung nicht erforderlich ist.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Der Berufungswerber ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der A GesmbH. Diese beförderte zur Vorfallszeit mit dem angeführten Sattelkraftfahrzeug die im Spruch angeführten Gefahrgüter. Im Einzelnen bestand dieses aus vier Paletten, auf welchen sich jeweils 16 Kanister befanden, wobei diese mit einer Schrumpffolie umpackt waren. Zwei Paletten mit blauen Kanistern waren so geladen, dass sie mit der Stirnwand bzw. den Seitenwänden des Sattelanhängers abschlossen. Direkt hinter diesen befanden sich zwei weitere Paletten mit roten Kanistern. Auf diesen roten Kanistern waren die Gefahrzettel ordnungsgemäß angebracht. Die Paletten mit den roten Kanistern verdeckten die Vorderseite der beiden anderen Paletten mit den blauen Kanistern, sodass von diesen nur die Oberseite ersichtlich war. Entsprechend den vom Berufungswerber in seinem Einspruch vorgelegten Fotos waren auch die blauen Kanister auf den Paletten so gestapelt, dass die Gefahrzettel von außen sichtbar waren. Dies ergibt sich auch aus der Zeugenaussage des bereits von der Erstinstanz einvernommenen Meldungslegers, wonach die Kennzeichnung (der blauen Paletten) dann richtig gewesen wäre, wenn keine Paletten vorgestanden wären. Die Bezettelung der blauen Kanister war also nur deshalb nicht sichtbar, weil vor diesen die Paletten mit den roten Kanistern gestanden sind.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß Abs.5.2.2.1.1 ADR sind für jeden in Kapitel 3.2 Tabelle A angeführten Stoff oder Gegenstand die in Spalte 5 angegebenen Gefahrzettel anzubringen, sofern durch eine Sondervorschrift in Spalte 6 nichts anderes vorgesehen ist.

 

Gemäß Unterabschnitt 5.1.2.1 lit.a ADR muss eine Umverpackung

i) mit dem Ausdruck "Umverpackung" und

ii) für jedes in der Umverpackung enthaltene gefährliche Gut mit der UN-Nummer, der die Buchstaben UN vorangestellt sind, gekennzeichnet und, wie nach Abschnitt 5.2.2. für Versandstücke vorgeschrieben, bezettelt sein, es sei denn, die für alle in der Umverpackung enthaltenen gefährlichen Güter repräsentativen Kennzeichnungen und Gefahrzettel bleiben sichtbar. Ist ein- und dieselbe Kennzeichnung oder ein- und derselbe Gefahrzettel für verschiedene Versandstücke vorgeschrieben, muss diese Kennzeichnung oder dieser Gefahrzettel nur einmal angebracht werden.

 

5.2. Vorerst ist darauf hinzuweisen, dass sowohl die Behörde als auch der Berufungswerber die einzelnen Paletten fälschlicherweise als Versandstücke bezeichnen. Nach den Begriffsbestimmungen des ADR handelt es sich bei einem Versandstück um das versandfertige Endprodukt des Verpackungsvorganges, bestehend aus der Verpackung, der Großverpackung oder dem Großpackmittel und ihrem bzw. seinem Inhalt.

 

Eine Umverpackung ist hingegen eine Umschließung für die Aufnahme von einem oder mehreren Versandstücken und für die Bildung einer Einheit zur leichteren Handhabung und Verladung während der Beförderung. Als Beispiele für Umverpackungen sind unter anderem eine Ladepalette, welche mit Schrumpffolie gesichert wird oder eine äußere Schutzverpackung wie eine Kiste oder ein Verschlag angeführt.

 

Dementsprechend sind bei den gegenständlichen Gefahrgütern die einzelnen Kanister als Versandstücke anzusehen, während es sich bei den Paletten mit Schrumpffolien um eine Umverpackung handelt. Wie sich aus den im Akt befindlichen Fotos ergibt, war jedes einzelne Versandstück mit dem richtigen Gefahrzettel bezettelt. Dem Berufungswerber kann damit keine vorschriftswidrige oder mangelhafte Bezettelung der Versandstücke vorgeworfen werden.

 

Fraglich ist, ob die Umverpackung selber ausreichend gekennzeichnet war. Diesbezüglich bestimmt das ADR, dass jede Umverpackung grundsätzlich mit dem Ausdruck "Umverpackung" und mit den jeweiligen UN-Nummern gekennzeichnet und mit den vorgeschriebenen Gefahrzetteln bezettelt sein muss. Diese Bezettelung ist dann nicht erforderlich, wenn die für alle in der Umverpackung enthaltenen gefährlichen Güter repräsentativen Gefahrzettel sichtbar bleiben. Diese Regelung hat ganz offenkundig den Zweck, für jene Fälle, in denen aufgrund der Umverpackung die einzelnen Versandstücke bzw. deren Bezettelung nicht ersichtlich ist, von außen sichtbar darzustellen, welche Gefahrgüter sich innerhalb der Umverpackung befinden. In der Praxis wird diese Bestimmung insbesondere dann anzuwenden sein, wenn die Umverpackung selbst undurchsichtig ist, wie z.B. bei einer Kiste oder einem Verschlag, oder wenn die Versandstücke innerhalb einer Umverpackung so gestapelt sind, dass die Gefahrzettel auf der Umverpackung von außen nicht erkennbar sind.

 

Im gegenständlichen Fall war aber die Umverpackung durchsichtig und die Versandstücke waren auch so gestapelt, dass die Gefahrzettel von außen sichtbar waren, der Meldungsleger konnte sie bei der Amtshandlung bloß deshalb nicht erkennen, weil vor diesen Paletten zwei andere gelagert waren. Es war also von den Paletten (mit den blauen Kanistern) lediglich die Oberseite sichtbar, wobei sich auf der Oberseite der Versandstücke keine Gefahrzettel befunden haben. Es gibt im ADR jedoch keine Vorschrift, wonach ein Ladungsteil, welcher mit einer Umverpackung zusammengefasst ist (in der Praxis fast immer eine Palette) auf der Ladefläche so gelagert werden muss, dass diese von irgendeiner Seite aus einsehbar ist. Es ist durchaus zulässig und kommt in der Praxis auch immer wieder vor, dass einzelne Versandstücke oder auch mehrere mit einer Umverpackung zusammengefasste Versandstücke durch andere Teile der Ladung vollständig oder großteils verdeckt sind. Natürlich muss auch in diesem Fall jedes einzelne Versandstück bezettelt sein, allerdings ist diese Bezettelung dann natürlich nicht einsehbar, weil eben das gesamte Versandstück nicht zu sehen ist. Die selben Überlegungen gelten auch für die Umverpackung. Die gesonderte Kennzeichnung der Umverpackung ist dann notwendig, wenn die Umverpackung selbst undurchsichtig ist, nicht aber dann, wenn ein umverpacktes Ladungsstück (hier eine Palette) durch andere Ladungsteile verdeckt ist. Es bestand daher im vorliegenden Fall kein Anlass, die beiden Paletten mit den blauen Kanistern zusätzlich als Umverpackung zu kennzeichnen bzw. zu bezetteln.

Es war daher der Berufung stattzugeben und das Verfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

Beschlagwortung:

Umverpackung; Bezettelung;

 

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