Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-350039/12/Re/Sta

Linz, 11.07.2008

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung der G S, V, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. A J, P, V, vom 12. Februar 2008 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 28. Jänner 2008, UR96-2220-2007-Pi, wegen einer  Verwaltungsübertretung nach den Bestimmungen des Immissionsschutzgesetzes-Luft nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 29. Mai 2008,  zu Recht erkannt:

 

 

I.         Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis  mit der Maßgabe bestätigt, dass die Ersatzfreiheitsstrafe auf 55 Stunden herabgesetzt wird.

 

II.        Die Berufungswerberin hat zum Berufungsverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz – AVG iVm §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz – VStG, BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  § 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 28. Jänner 2008, UR96-2220-2007-Pi, wurde über die Berufungswerberin wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 30 Abs.1 Immissionsschutzgesetz-Luft iVm § 3 Abs.1 der Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich, mit der eine Geschwindigkeitsbeschränkung für eine Teilstrecke der A1 Westautobahn angeordnet wird, eine Geldstrafe in der Höhe von 360 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit derselben eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 120 Stunden  verhängt, weil sie als Lenkerin des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen , Personenkraftwagen M1, die gemäß § 3 der Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich im auf der A1 Westautobahn bestimmten Sanierungsgebiet festgelegte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 70 km/h überschritten hat. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu ihren Gunsten abgezogen. Tatort ist die A1, Westautobahn im Gemeindegebiet Enns bei km 156.810 in Fahrtrichtung Salzburg, Tatzeit der
3. März 2007, 13.43 Uhr. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, gemäß der zitierten Gesetzesbestimmung der Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich LGBl. Nr. 2/2007 idF LGBl. Nr. 3/2007 gelte im Sanierungsgebiet in Fahrtrichtung Salzburg eine Geschwindigkeitsbeschränkung von  100 km/h in der Zeit von 5.00 Uhr bis 23.00 Uhr. Die Kundmachung der Geschwindigkeitsbeschränkung sei ordnungsgemäß durch Aufstellung der entsprechenden Vorschriftszeichen gemäß § 52 StVO 1960 erfolgt.  Die entsprechende Aufstellung der Verkehrszeichen werde durch die vorliegenden Aktenvermerke der A eindeutig bestätigt. Die korrekte Geschwindigkeitsmessung wurde nach Übermittlung des Eichscheines nicht mehr beanstandet. Die Verwaltungsübertretung sei zweifelsfrei erwiesen.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat die Berufungswerberin, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. A J, mit Schriftsatz vom 12. Februar 2008 innerhalb offener Frist Berufung erhoben und das Straferkenntnis seinem gesamten Inhalt nach angefochten.

Dies im Wesentlichen mit der Begründung, das Verfahren sei mangelhaft durchgeführt worden. Die Kundmachung der Verordnung durch Aufstellung von Verkehrszeichen sei mangelhaft, insbesondere in Bezug auf die Standorte der novellierten Verordnung gemäß LGBl. Nr. 3/2007. Es lägen lediglich Aktenvermerke der A vom 5. Jänner und 19. Jänner 2007 vor. Diese gäben nicht wieder, in welcher Form die Aktivierung erfolgt sei und wo die Verkehrszeichen aufgestellt worden seien. Insbesondere am Beginn des Geltungsbereiches der Verordnung (laut LGBl. Nr. 3/2007) beim Strkm 155.096 (Fahrtrichtung Salzburg) sei ein entsprechendes Verkehrszeichen nicht aufgestellt worden. Dem Beweisangebot in Form eines Ortsaugenscheines sei nicht nachgekommen worden. Die Anbringung der Zusatztafel mit dem Wortlaut "Immissionsschutzgesetz-Luft" bzw. "IG-L" sowie die Anführung des zeitlichen Geltungsbereiches der Verordnung, sohin 5.00 Uhr bis 23.00 Uhr sei nicht in einer derartigen Form erfolgt, dass sie für den Lenker eines herannahenden Fahrzeuges leicht und rechtzeitig erkannt werden können. Ein Ortsaugenschein sei nicht durchgeführt worden. Bei richtiger rechtlicher Schlussfolgerung sei die Verordnung mangels ordnungsgemäßer Kundmachung nicht in Geltung, vorwerfbar wäre daher lediglich eine Übertretung der Bestimmung des § 20 StVO. Zur Rechtswidrigkeit der Verordnungen LGBl. Nr. 2/2007 und LGBl. Nr. 3/2007 wird begründend dargelegt, die Verordnungen seien mangelhaft und rechtswidrig, da sich die Verordnung 2/2007 laut Präambel unter anderem auf
§ 14 Abs.1 Z2 des Immissionsschutzgesetzes-Luft, BGBl. I Nr. 115/1997 idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 34/2003 beziehe, das Immissionsschutzgesetz-Luft in der Fassung BGBl. I Nr. 34/2003 jedoch mit 13. Juni 2006 außer Kraft getreten sei. Die Verordnung sei daher ohne zulässige Verordnungsermächtigung bzw. unter Berufung auf eine nicht mehr existente Verordnungsermächtigung erlassen worden und rechtsunwirksam. Unter Bezugnahme auf das Immissionsschutzgesetz-Luft idF BGBl. I Nr. 34/2006 wäre § 14 Abs.1 Z1 dieser Norm heranzuziehen gewesen. Die Anwendung der Verordnung und damit auch die Bestrafung der Berufungswerberin sei daher mangels richtiger Verordnungs­ermächtigung verfassungswidrig.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung mit Schreiben vom 22. Februar 2008, UR-2220-2007, samt bezughabenden Verwaltungsakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser aufgrund der Tatsache, dass keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu UR96-2220-2007 und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 29. Mai 2008, an welcher die rechtsfreundliche Vertretung der Berufungswerberin teilgenommen hat. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde vom beigezogenen Sachverständigen für Verkehrstechnik eine gutächtliche Äußerung zu den Aufstellungsorten der entsprechenden Straßenverkehrszeichen sowie deren Wahrnehmbarkeit erstellt.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht von nachstehendem feststehenden Sachverhalt aus:

Die Berufungswerberin lenkte am 3. März 2007 gegen 13.43 Uhr den Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen , welcher auf die N N C S GmbH & Co. KG., V, zugelassen ist, auf der A1 Westautobahn, Gemeinde Enns, in Fahrtrichtung Salzburg. Bei Strkm 156.810 wurde bei diesem Fahrzeug eine Geschwindigkeitsmessung durchgeführt und mit dem Messgerät: Stand Radar, MUVR 6F 1520, Nr. 03, eine Geschwindigkeit von 179 km/h gemessen. Die Geschwindigkeit abzüglich der zu berücksichtigenden Messtoleranz betrug 170 km/h.

 

Die Zulassungsbesitzerin gab über Aufforderung gemäß § 103 Abs.2 KFG bekannt, dass die Berufungswerberin zum Tatzeitpunkt das Fahrzeug gelenkt hat. Die Lenkereigenschaft wurde von der Berufungswerberin im gesamten Verfahren nicht bestritten.

 

Im Bereich der Geschwindigkeitsmessung wurde durch Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich, mit der eine Geschwindigkeitsbeschränkung für eine Teilstrecke der A1 Westautobahn angeordnet wird, LGBl. Nr. 2/2007 idF LGBl. Nr. 3/2007, eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h verordnet. Diese Verordnung wurde durch Verkehrszeichen (samt Zusatztafel) mit der Aufschrift "100 – 05.00 bis 23.00 Uhr – Immissionsschutzgesetz Luft" am 19. Jänner 2007 kundgemacht.

 

Im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung wurde die durchgeführte Radarmessung sowie die Lenkereigenschaft der Berufungswerberin ausdrücklich außer Streit gestellt.

 

Zur Kundmachung der zu Grunde liegenden Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich wurde im Rahmen der mündlichen Verhandlung eine Stellungnahme der A vom 23. April 2008 verlesen, wonach das LGBl. Nr. 2/2007 am 5. Jänner 2007 und das LGBl. Nr. 3/2007 am 19. Jänner 2007 durch "Aktivierung" kundgemacht wurde. Dem laut StVO erforderlichen Aktenvermerk der A auf LGBl. Nr. 3/2007 ist zu entnehmen, dass diese Verordnung am 19. Jänner 2007, somit am Tag nach Verlautbarung der Verordnung LGBl. Nr. 3/2007 durch Kundmachung im Landesgesetzblatt, um 4.35 Uhr durch Aufstellung der Verkehrstafeln aktiviert und somit kundgemacht wurde.

Ergänzend hiezu stellt der technische Amtssachverständige im Rahmen der Berufungsverhandlung fest, dass am 10. April 2007 im Geltungsbereich ein Lokalaugenschein durchgeführt wurde und dabei dokumentiert wurde, dass alle Verkehrszeichen und Zusatztafeln entsprechend der Verordnung und entsprechend dem dort verordneten Kilometer aufgestellt sind. Zum Zeitpunkt der Übertretung der Berufungswerberin wird festgehalten, dass die ursprünglich in Fahrtrichtung Salzburg verordnete erste 100 km/h-Tafel damals nicht vorhanden gewesen ist, da zum damaligen Zeitpunkt dort eine Baustelle sich befunden hat. Die erste Ausschilderung der 100 km/h-Beschränkung befand sich bei Strkm 155,3 also rund 1,5 km vor dem Messort des Radars und ca. 1 km vor dem Messort des Radars befand sich eine zweite 100 km/h-Beschränkung. Diese Geschwindigkeits­beschränkungen waren in Fahrtrichtung Salzburg beidseitig aufgestellt, das ist auch aus der vorliegenden Fotodokumentation erkennbar. Das heißt, die Berufungswerberin legte zwischen der erstmaligen Kundmachung der 100 km/h und der Radarmessung eine Wegstrecke von rund 1,5 km zurück und passierte 1 km vor der Messung noch einmal eine 100 km/h-Tafel. Zusammenfassend wurde festgestellt, dass vor der Radarmessung die Berufungswerberin zweimal eine doppelseitig aufgestellte 100 km/h-Beschränkung passierte.

 

Zur Frage der Größe der bei der Kundmachung zusätzlich angebrachten Zusatztafeln äußert sich der verkehrstechnische Amtssachverständige wie folgt:

"Zu der im gegenständlichen Fall angebrachten Zusatztafel, die beidseitig der Fahrtrichtung Salzburg bei jeder 100 km/h-Beschränkung angebracht sind, ist festzustellen, dass entsprechend der Straßenverkehrszeichenverordnung die Größe der Zusatztafel normiert ist und nicht die Größe der Schriftzeichen. Es muss lediglich bei einem üblichen Sehvermögen, das einem Führerscheinbesitzer unterstellt werden muss, bei Annäherung die eindeutige Ablesung der Zusatztafel möglich sein. Im gegenständlichen Fall wurde ein Lokalaugenschein durchgeführt und es konnte festgestellt werden, dass bei einer Annäherungsgeschwindigkeit von 140 bis 150 km/h zuerst eindeutig die Beschränkung 100 erkennbar ist und in weiterer Annäherung problemlos der Text bzw. die Zeiteingrenzung 5.00 bis 23.00 Uhr wahrgenommen werden konnte."

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus der im Akt befindlichen und verfahrenseinleitenden Anzeige der Landesverkehrsabteilung Oö. sowie der von der Zulassungsbesitzerin erteilten Lenkerauskunft. Die ordnungsgemäße Kundmachung der Geschwindigkeitsbeschränkung ergibt sich aus dem Aktenvermerk der A A GmbH Nord vom 19. Jänner 2007 sowie der ergänzenden in der mündlichen Verhandlung verlesenen Stellungnahme der A vom 23. April 2008, wonach übereinstimmend die entsprechenden Straßenverkehrszeichen an diesem Tag um 4.35 Uhr aufgestellt wurden und dies laut angebrachtem Aktenvermerk als "Aktivierung" festgehalten wurde.

Zu den diesbezüglich eingeholten Ausführungen des Sachverständigen für Verkehrstechnik liegen begründete Widersprüche der Berufungswerberin nicht mehr vor. Sämtliche Beweisthemen wurden vom Amtssachverständigen sachlich beantwortet.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 30 Abs.1 Z4 Immissionsschutzgesetz-Luft (IG-L) BGBl. I Nr. 115/1997, idF BGBl. I Nr. 34/2006 (zum Tatzeitpunkt geltende Fassung) begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 2.180 Euro zu bestrafen, wer ua. einer gemäß § 14 erlassenen und entsprechend kundgemachten Anordnung gemäß § 10 zuwiderhandelt.

 

Mit Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich LGBl. Nr. 2/2007 idF LGBl. Nr. 3/2007 wurde eine solche Anordnung (Geschwindigkeitsbeschränkung) erlassen. Die Kundmachung dieser Anordnung erfolgte - § 14 Abs.6 IG-L iVm
§ 3 Abs.1 der Verordnung LGBl. Nr. 2/2007 entsprechend – durch entsprechende Vorschriftszeichen gemäß § 52 StVO 1960 (konkret: "Geschwindig­keits­beschränkung 100 samt Zusatztafeln 5.00 bis 23.00 Uhr, Immissionsschutzgesetz-Luft"). Die erforderlichen Straßenverkehrszeichen wurden – wie den aufgenommenen Aktenvermerken zu entnehmen ist – am
19. Jänner 2007 aufgestellt.

 

Zum Berufungsvorbringen der nicht entsprechenden Aufstellung in Bezug auf die Novellierung der Verordnung LGBl. Nr. 3/2007 ist auf die eindeutigen Aussagen des verkehrstechnischen Amtssachverständigen hinzuweisen, denen auch in der mündlichen Verhandlung nicht mehr entgegnet wurde.

 

Sowohl die Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich LGBl. Nr. 2/2007 als auch LGBl. Nr. 3/2007 wurden – durch die hiefür vorgesehenen Aktenvermerke bestätigt – ordnungsgemäß kundgemacht und traten somit mit Aufstellung der entsprechenden Straßenverkehrszeichen bzw. Errichtung derselben ("Aktivierung") in Kraft. Wird eine derartige Verordnung durch ein in der StVO vorgesehenes Verbotszeichen kundgemacht, so kann sich niemand auf die Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift berufen. Wenn von der Berufungswerberin vorgebracht wird, dass am Beginn des Geltungsbereiches der Verordnung (laut LGBl. Nr. 3/2007) bei Strkm 155,096 (Fahrtrichtung Salzburg) ein entsprechendes Verkehrszeichen nicht aufgestellt worden sei, so ist ihr diesbezüglich zwar insoferne Recht zu geben, als dieses Verkehrszeichen – obwohl ursprünglich bei der oben angeführten Kundmachung durch Aktivierung angebracht - am Tattag nicht vorhanden war, da zu dieser Zeit am Beginn des Geltungsbereiches der gegenständlichen Verordnung eine temporär begrenzte Baustelle zusätzlich verordnet war. Siehe diesbezüglich auch die Ausführungen des Amtssachverständigen im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung am 29. Mai 2008, wonach jedoch darüber hinaus zwei weitere Beschilderungen der Geschwindigkeitsbegrenzung nach IG-L vor Durchführung der Radarmessung nachweisbar aufgestellt waren.

 

In Bezug auf die temporäre Baustellenverordnung ist auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach die Aufstellung mobiler Straßenverkehrszeichen (wie zB im gegenständlichen Falle betreffend einer Baustelle) innerhalb eines bestehenden rechtswirksam verordneten Bereiches die ordnungsgemäße Kundmachung dieser bestehenden Verordnung nicht beeinträchtigt (VwGH 20. März 1979, 1194/78). Demnach kann somit nicht davon gesprochen werden, dass durch die nachträgliche Verordnung einer temporär begrenzten Baustelle die ordnungsgemäße und rechtswirksame Kundmachung der  auf Dauer verordneten Geschwindigkeitsbegrenzung nach den Bestimmungen des Immissionsschutzgesetzes-Luft in Verbindung mit der Verordnung des Landeshauptmannes in irgend einer Weise beeinträchtigt wird.

Die zwischenzeitig verordnete Baustelle wurde im Übrigen bereits im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung angesprochen und von der Berufungswerberin nicht in Frage gestellt.

 

Der Vollständigkeit halber wird informativ festgehalten, dass die angesprochene Baustellenverordnung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land mit 19. Februar 2007 erlassen wurde, und zwar für den Zeitraum vom 19. Februar 2007 bis zur Beendigung der Arbeiten, jedoch nicht länger als bis zum 31. Oktober 2007, dies in Fahrtrichtung Salzburg für den Bereich zwischen km 154,500 bis km 155,300, somit den Beginn der Verordnung des Landeshauptmannes LGBl. Nr. 2/2007 idF LGBl. Nr. 3/2007 mit umfassend.

 

Dem Beweisantrag, einen Ortsaugenschein durchzuführen, war nicht mehr nachzukommen, dies, weil einerseits die angesprochene Baustelle in der Zwischenzeit nicht mehr existiert, andererseits, weil auch die verordnete Geschwindigkeitsbegrenzung in der Zwischenzeit auf eine geänderte rechtliche Basis gestellt wurde, die Geschwindigkeitsbeschränkung nunmehr nicht mehr auf Dauer verordnet, sondern durch Verkehrsbeeinflussung und Überschreitung von Schadstoffgrenzwerten  temporär in Kraft tritt (LGBl. Nr. 135/2007).

 

Auch das Berufungsvorbringen betreffend die nicht ausreichende Größe der bei den Geschwindigkeitsbegrenzungen angebrachten Zusatztafeln wurde vom Amtssachverständigen eindeutig widersprochen und blieben diesbezüglich keine Zweifel offen. Auch diesbezüglich war daher ein Ortsaugenschein nicht mehr erforderlich.

 

Wenn die Berufungswerberin in der Berufung auf die zu Grunde liegende Verordnungsermächtigung des § 14 Abs.1 Z2 des Immissionsschutzgesetzes-Luft, BGBl. I Nr. 115/197 idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 34/2003 Bezug nimmt und diesbezüglich feststellt, dass Immissionsschutzgesetz-Luft in der vom Verordnungsgeber zitierten Fassung des BGBl. I Nr. 34/2003 sei mit 13. Juni 2006 außer Kraft getreten und der Verordnungsgeber habe sich daher auf eine bundesgesetzliche Bestimmung und damit auf eine Verordnungsermächtigung berufen, die zum Zeitpunkt der Erlassung der Verordnung vom 3. Jänner 2007 nicht mehr in Kraft gewesen sei, die Verordnung sei daher ohne zulässige Verordnungsermächtigung bzw. unter Berufung auf eine nicht mehr existente Verordnungsermächtigung erlassen worden und sei demnach rechtsunwirksam, der Verordnungsgeber hätte sich im Hinblick auf die Endform des Immissionsschutzgesetzes-Luft durch die Fassung BGBl. I Nr. 34/2006 lediglich auf die Verordnungsermächtigung gemäß § 14 Abs.1 Z1 berufen können und dürfen, so übersieht sie die Bestimmung des § 9a Abs.9 Immissionsschutzgesetz-Luft idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 34/2006 (IG-L 2006)  wonach für Grenzwertüberschreitungen, die vor dem 1. Jänner 2005 gemessen wurden, weiterhin § 8 sowie §§ 10ff dieses Bundesgesetzes idF BGBl. I Nr. 34/2003 gelten.

§ 10 Abs. 1 Immissionsschutzgesetz-Luft (IG-L), BGBl. I Nr. 115/1997, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 34/2003 (im Folgenden kurz: IG-L 2003) bestimmt, dass zur Erreichung der Ziele dieses Bundesgesetzes im Sinne des § 1 leg.cit. der Landeshauptmann ua. innerhalb von sechs Monaten nach Fertigstellung der Statuserhebung (im Sinne des § 8 leg.cit.), längstens jedoch 15 Monate nach Ausweisung der Überschreitung eines Immissionsgrenzwerts mit Verordnung einen Maßnahmenkatalog zu erlassen hat. Gemäß § 10 Abs. 2 leg.cit. hat der Landeshauptmann im Maßnahmenkatalog das Sanierungsgebiet (im Sinne des § 2 Abs. 8 leg.cit.) festzulegen [Z. 1], im Rahmen der §§ 13 bis 16 Maßnahmen anzuordnen, die im Sanierungsgebiet oder in Teilen des Sanierungsgebiets umzusetzen sind [Z. 2] sowie die Fristen (im Sinne des § 12 leg.cit.) zur Umsetzung dieser Maßnahmen festzusetzen [Z. 3]. Weiters ist anzugeben, ob die Maßnahmen direkt wirken oder von der Behörde mit Bescheid anzuordnen sind.

Gemäß § 14 Abs. 1 IG-L 2003 können im Maßnahmenkatalog (im Sinne des § 10 leg.cit.) für Kraftfahrzeuge oder für bestimmte Gruppen von Kraftfahrzeugen zeitliche und räumliche Beschränkungen des Verkehrs [Z. 1] und Geschwindigkeitsbeschränkungen [Z. 2] angeordnet werden.

Die Bw bringt vor, dass sich die angefochtene Verordnung auf eine falsche Gesetzespassage – konkret auf § 14 Abs. 1 Z. 2 IG-L anstatt auf Z. 1 leg.cit. – stützt.

 

In § 14 Abs. 1 IG-L 2006 findet sich nunmehr – im Unterschied zu der vergleichbaren Bestimmung des IG-L 2003 (§ 14 Abs. 1 Z. 2) – die Zulässigkeitsregelung hinsichtlich einer Maßnahme in Form von Geschwindigkeitsbeschränkungen in Z. 1.

Diese Bestimmungen des IG-L 2006 sind allerdings im gegenständlichen Fall nicht anzuwenden. Der (als Übergangsbestimmung zu qualifizierende) § 9a Abs. 9 IG-L 2006 normiert ausdrücklich, dass für vor dem 1. Jänner 2005 gemessene Grenzwertüberschreitungen weiterhin § 8 sowie §§ 10 ff des I-GL 2003 gelten. Telos dieser Übergangsbestimmung ist den parlamentarischen Materialien (vgl. RV 1147 BlgNR XXII. GP) zufolge, dass damit die Rechtslage betreffend Überschreitungen von Grenzwerten vor dem In-Kraft-Treten des IG-L 2006 klar    gestaltet ist.

Entsprechend der Regelungsabsicht des Bundesgesetzgebers geht es darum, im Sinn einer Übergangsvorschrift den Anwendungsbereich der verschiedenen Regelungssysteme ("alte Rechtslage" mit Maßnahmenkatalog einerseits und "neue Rechtslage" mit Programmen sowie Einvernehmenserfordernis andererseits) klar voneinander abzugrenzen. Entscheidend ist, dass dann nach der "alten Rechtslage" vorgegangen werden soll, wenn Grenzwertüberschreitungen vor dem 1. Jänner 2005 gemessen wurden. Diese noch übergangsweise anzuwendende "alte Rechtslage" umfasst u.a. die "§§ 10 ff dieses Bundesgesetzes in der Fassung BGBl. I Nr. 34/2003". Damit sind augenscheinlich die §§ 10 bis 16 IG-L 2003, dh. also der gesamte 4. Abschnitt des IG-L, der auch § 14 leg.cit. betreffend Maßnahmen für den Verkehr einschließt, gemeint.

Die für die gegenständlichen Verordnungen maßgeblichen Grenzwertüberschreitungen wurden den erläuternden Bemerkungen zu Verordnung LGBl. Nr. 2/2007 zufolge durch Messungen im Jahr 2003 festgestellt (vgl. Punkt 2.6.; vgl. auch 2.3. und 2.4 der Erläuternden Bemerkungen). Unter Punkt 2.3. dieser Erläuternden Bemerkungen wird unter dem Titel "Grundlagen der Verordnung" ua. ausgeführt, dass die Ausweisung der Grenzwertüberschreitungen  im Jahresbericht über die Luftgüte in Oberösterreich 2003 erfolgte. Dabei wurde auch festgestellt, dass die Grenzwertüberschreitungen nicht auf einen bloßen Störfall oder eine andere in absehbarer Zeit nicht wiederkehrende erhöhte Emission zurückzuführen waren. In weiterer Folge wurde eine Statuserhebung erstellt.

Die maßgeblichen Grenzwertüberschreitungen wurden somit ganz offenkundig vor dem 1. Jänner 2005 gemessen. 

Im Ergebnis sind daher die gegenständlichen Verordnungen des Landeshauptmannes von Oberösterreich insofern zu Recht auf der Grundlage der §§ 8 und 10 bis 16 IG-L 2003 erlassen worden, als die den Verordnungen zugrunde liegenden Grenzwertüberschreitungen vor dem 1. Jänner 2005 gemessen worden sind; daher war auch das Einvernehmen mit dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hinsichtlich der angeordneten Maßnahme (im Sinne des § 14 Abs. 1 IG-L 2006) nicht herzustellen und ist die in den Verordnungen als gesetzliche Grundlage angeführte Bestimmung des § 14 Abs. 1 Z. 2 IG-L 2003 – entgegen der Auffassung der Bw – sehr wohl rechtmäßig.

 

Das Straferkenntnis stützt sich somit auf eine ordnungsgemäß kundgemachte und sich auf eine rechtsgültige Verordnungsermächtigung stützende Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich und wurde somit der Berufungswerberin die Verwaltungsübertretung zulässiger Weise nach den genannten Rechtsgrundlagen vorgeworfen, da im Übrigen in objektiver Hinsicht erfüllt.

 

5.2. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsschrift kein Verschulden trifft.

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt somit fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Berufungswerber initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht aus.

 

Die von der Berufungswerberin vorgebrachten Argumente wurden einerseits vom Sachverständigen in technischer Hinsicht widerlegt bzw. basieren auf einer nicht zur Gänze fehlerfreien Rechtsauslegung. Insgesamt ist davon auszugehen, dass von der Berufungswerberin keinerlei Umstände vorgebracht wurden, die an ihrem schuldhaften Verhalten Zweifel bewirken könnten. Auf Grund der kundgemachten Vorschriftszeichen war die konkrete Geschwindigkeits­beschränkung im gegenständlichen Bereich zweifelsfrei erkennbar und ist das Verhalten der Berufungswerberin zumindest als fahrlässig zu werten. Aus diesem Grund ist daher der Berufungswerberin die gegenständliche Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht vorwerfbar.

 

5.3. Gemäß § 19 VStG Abs.1 ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für dieses Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Bereits von der belangten Behörde wurde im Zuge der Strafbemessung festgehalten, dass die Unbescholtenheit als strafmildernd und die enorme Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit als straferschwerend zu werten waren. Diese Strafzumessungsüberlegung werden von der Berufungsbehörde geteilt und von der Berufungswerberin nicht bestritten. Im Hinblick auf den gesetzlichen Strafrahmen, der eine Höchststrafe von 2.180 Euro vorsieht, erscheint die von der I. Instanz verhängte Geldstrafe jedenfalls tat- und schuldangemessen. Auch die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurden bei der Straffestsetzung hinlänglich berücksichtigt. Bei der Festsetzung des Strafbetrages blieb die belangten Behörde im unteren Strafbereich und ist nach Meinung des Unabhängigen Verwaltungssenates eine weitere Reduzierung dieses Strafbetrages auf Grund der nachgewiesenen erheblichen Überschreitung nicht angemessen. Aus diesen Gründen war daher die erstinstanzliche Strafe zu bestätigen. Eine Anwendung des § 21 VStG scheidet aus, da die Tat nicht hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurückblieb.

 

Zur Herabsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe ist auf § 16 Abs.2 VStG zu verweisen, wonach die Ersatzfreiheitsstrafe das Höchstmaß der für die Verwaltungsübertretung angedrohten Freiheitsstrafe und, wenn keine Freiheitsstrafe angedroht und nicht anders bestimmt ist, zwei Wochen nicht übersteigen darf. Die Verhängung einer Ersatzfreiheitsstrafe von 120 Stunden erschien im Vergleich mit der geringfügigen Ausschöpfung des Strafrahmens bei der Bemessung der Geldstrafe als nicht schlüssig nachvollziehbar und war daher im Verhältnis zur verhängten Geldstrafe herabzusetzen.

 

Insgesamt war somit wie im Spruch zu entscheiden.

 

6. Gemäß § 65 VStG sind die Kosten des Berufungsverfahrens der Berufungswerberin nicht aufzuerlegen, wenn der Berufung auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.

Setzt die Berufungsbehörde allein die von der Erstbehörde festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe herab, so kann von einem "Bestätigen" des Straferkenntnisses nicht gesprochen werden und sohin die Vorschreibung von Kosten des Berufungsverfahrens nicht zulässig (VwGH vom 24.5.1995, 94/09/0348).

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

Dr. Reichenberger

Beschlagwortung:

IG-L; temporäre Baustelle;

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen.

VwGH vom 30.09.2010, Zl.: 2008/07/0164-5

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