Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280508/14/Kon/Pr

Linz, 10.04.2001

VwSen-280508/14/Kon/Pr Linz, am 10. April 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 20.2.2001, Zl. 2000/11/0292, 0293-5, in Stattgebung der Beschwerde des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit das Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 14.9.2000, VwSen-280508/3/Kon/Pr, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Die Aufhebung erfolgte im Wesentlichen mit der Begründung, dass aufgrund der Bestimmungen des § 28 Abs.3 AZG unter Berücksichtigung von Artikel 2 Abs.1 der VO (EWG) 3820/85 unter "internationaler Straßenverkehr" sowohl der innergemeinschaftliche Straßenverkehr als auch der Verkehr von und nach Drittländern zu verstehen sei. Demnach betrage auch bei Verstößen wegen § 28 Abs.1a und 1b AZG, die bei Fahrten in Drittländer erfolgen, die Verfolgungsverjährungsfrist abweichend von § 31 Abs.2 VStG ein Jahr.

Im nunmehr zweiten Rechtsgang hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich durch seine 7. Kammer (Vorsitzender: Mag. Gallnbrunner, Berichter: Dr. Konrath, Beisitzer: Dr. Grof) über die Berufung des Herrn W. H., p.A. Fa. G. KG, L., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land, vom 27.12.1999, Ge96-123-1998-KM, wegen Übertretungen nach dem Arbeitszeitgesetz (AZG), zu Recht erkannt:

Der Berufung wird hinsichtlich der Fakten 1 und 3 Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, § 45 Abs.1 Z3 VStG.

Entscheidungsgründe:

Vorwegnehmend ist zunächst aufzuzeigen, dass der h. Verwaltungssenat an die oben wiedergegebene Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtes gebunden ist und im zweiten Rechtsgang in Bindung an diese Rechtsansicht zu entscheiden hätte.

Wenn der h. Verwaltungssenat nunmehr neuerlich der Berufung Folge gibt und das Verwaltungsstrafverfahren neuerlich wie im ersten Rechtsgang gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG einstellt, hat dies seinen Grund darin, dass dem angefochtenen Straferkenntnis der Erstbehörde ein weiterer Aufhebungsgrund innewohnt, auf den vom h. Verwaltungssenat in der Gegenschrift zur Amtsbeschwerde hingewiesen wurde und im Folgenden dargelegt wird.

Im eingangs zitierten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land wird der Beschuldigte der Verletzung der Bestimmungen des Artikel 7 Abs.1 der EG-Verordnung 3820 iVm dem KV sowie § 28 Abs.1a Z6 AZG mit nachstehendem Tatvorwurf für schuldig befunden:

"Sie haben als verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs.2 VStG 1991 idgF. der Firma G. KG. mit dem Sitz in L., zu verantworten, daß - festgestellt (die Tachoscheibenauswertung wurde von einem Fachorgan der Bundesprüfanstalt für Kraftfahrzeuge mit einem Auswertegerät der Firma Kienzle vorgenommen) anläßlich einer am 25.8.1998 um 16.10 Uhr durch die Bundespolizei am Kontrollort 8700 Leoben, durchgeführten Kontrolle und einer am 25.9.1998 durch ein Organ des Arbeitsinspektorates Wels durchgeführten Kontrolle der Tachografenschaublätter - folgende Übertretungen nach dem AZG begangen wurden:

Der Arbeitnehmer J. P., beschäftigt im o.a. Güterbeförderungsunternehmen als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen, das der Güterbeförderung dient, und dessen höchstzulässiges Gesamtgewicht 3,5 Tonnen übersteigt, wurde lt. den vorliegenden Tachographenschaublättern zu folgenden ungesetzlichen Arbeitsleistungen herangezogen:

  1. Überschreitung der täglichen Lenkzeit:

 

23.08.1998-25.08.1998

von

20.05 Uhr

bis

16.12 Uhr

um

10 Std. 36 Min

Die Gesamtlenkzeit betrug 20 Stunden 36 Minuten. Dies stellt eine Übertretung des Artikels 6 Abs.1 der EG-VO 3820 in Verbindung mit dem KV dar, wonach die tägliche Lenkzeit zwischen zwei Ruhezeiten maximal zehn Stunden nicht überschreiten darf.

2. Unterschreiten der Ruhezeit:

Beginn des 24-Stunden Zeitraumes

23.8.1998 20.05 Uhr

Dauer der Ruhezeit

von 06.48 Uhr - 09.34 Uhr

2 Std. 46 Min.

Ende des 24-Stunden Zeitraumes

24.8.1998 20.05 Uhr

Dies stellt eine Übertretung des Artikels 8 Abs.1 EG-VO 3820 in Verbindung mit dem KV dar, wonach innerhalb eines Zeitraumes von 24 Stunden eine ununterbrochene tägliche Ruhezeit von mindestens 9 (neun) Stunden zu gewähren ist."

In Entscheidung über die gegen dieses Straferkenntnis rechtzeitig erhobene Berufung hat der Unabhängige Verwaltungssenat nach Einsichtnahme in den zugleich mit der Berufung vorgelegten Verfahrensakt der belangten Behörde erwogen:

Gemäß § 28 Abs.3 AZG genügt, kommt im internationalen Straßenverkehr als verletzte Verwaltungsvorschrift je nach Fahrtstrecke entweder eine Bestimmung dieses Bundesgesetzes oder die entsprechende Vorschrift der VO (EWG) Nr. 3820/85 in Frage, abweichend von § 44a Z2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG), BGBl.Nr. 52, als Angabe der verletzten Verwaltungsvorschrift die Angabe des entsprechenden Gebotes oder Verbotes der Verordnung (EWG) 3820/85.

Gemäß § 28 Abs.4 leg.cit. beträgt für Verstöße gegen die im Abs.1a und 1b angeführten Rechtsvorschriften im internationalen Straßenverkehr die Verjährungsfrist abweichend von § 31 Abs.2 VStG ein Jahr.

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Nach der zuletzt zitierten Gesetzesstelle ist es demnach geboten, dem Beschuldigten die ihm zur Last gelegte Tat unter Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift erforderlich sind, vorzuhalten.

Es genügt dabei nicht, den bloßen Gesetzeswortlaut unter Anführung der Tatzeit und des Tatortes wiederzugeben, sondern es ist erforderlich, die Tat entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Falles zu individualisieren, wobei der Umfang der notwendigen Konkretisierung vom einzelnen Tatbild abhängt (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, S 970).

Diesen, sich aus § 44a Z1 VStG ergebenden Erfordernissen entspricht der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses aus folgendem Grunde nicht:

Wie sich insbesondere aus § 28 Abs.4 AZG ergibt, ist wesentliches Tatbestandsmerkmal der zur Last gelegten Verwaltungsübertretung der Umstand des internationalen Straßenverkehrs. Dies insbesondere - wie aus dem gesamten Wortlaut der zitierten Bestimmung erhellt - wegen unterschiedlicher Erfolgungsverjährungsfristen.

Dieses Tatbestandsmerkmal "internationaler Straßenverkehr" ist aber im Tatvorwurf des bekämpften Schuldspruches nicht enthalten. Bemerkt wird, dass auch der Verwaltungsgerichtshof in den Erkenntnissen von jeweils 20.2.2001, Zl. 2000/11/0296, 0297, 0298, 0299 und 0300 (alle zur causa W. H., p.A. G. KG, L.), übereinstimmend mit dem h. Verwaltungssenat die Ansicht vertritt, dass der internationale Straßenverkehr ein wesentliches Tatbestandsmerkmal der gegenständlichen Verwaltungsübertretung darstellt, welches im Schuldspruch zusammen mit der im Übertretungsfall zurückgelegten Fahrtstrecke anzuführen ist.

Eine Sanierung des Schuldspruches anhand der Aktenlage war im gegenständlichen Fall aber nicht möglich, weil das angefochtene Straferkenntnis erst nach Ablauf der auch im gegenständlichen Fall ein Jahr betragenden Verfolgungsverjährungsfrist erlassen wurde (Tatzeit 25.8.1998 - Straferkenntnis vom 27.12.1999).

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Aufgrund dieses Verfahrensergebnisses ist der Bw von der Entrichtung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge befreit (§ 66 Abs.1 VStG).

Bemerkt wird, dass nach Aktenlage von keiner rechtswirksamen Bestellung des Beschuldigten zum verantwortlichen Beauftragten iSd § 9 Abs.2 VStG für die Einhaltung der Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes auszugehen ist. Laut im erstbehördlichen Akt unter ON 45 erliegender Kopie des Mitteilungsschreibens der G. KG an das Arbeitsinspektorat Wels (z.Hd. Herrn Ing. V.) wurde der Beschuldigte W. H. in Nachfolge des Herrn P. H. zum verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 VStG und Bevollmächtigten nach § 31 Abs.2 Arbeitnehmerschutzgesetz bzw. § 28 AZG ernannt.

Aus der weiters im erstbehördlichen Akt unter ON 46 erliegenden Bestellungsurkunde (Kopie) wurde der Beschuldigte lediglich für den Bereich des KFG (§ 103) als verantwortlicher Beauftragter iSd § 9 Abs.2 VStG bestellt.

Für den Bereich des Arbeitszeitgesetzes wurde er aber ausdrücklich nur als Bevollmächtigter bestellt; die entsprechende Urkunde, datiert vom 1.7.1998 (siehe auch Beschuldigtenvernehmung ON 29).

Daraus folgt, dass der Beschuldigte zur Tatzeit nicht die Stellung eines verantwortlichen Beauftragten iSd § 9 Abs.2 VStG inne hatte.

In seiner Eigenschaft als Bevollmächtigter iSd § 28 AZG wurde gegen ihn aber keine verwaltungsstrafrechtliche Verfolgungshandlung gesetzt bzw. wäre eine solche im Widerspruch zu der von der belangten Behörde angenommenen Stellung des Beschuldigten als verantwortlicher Beauftragter erfolgt.

Dem Unabhängigen Verwaltungssenat wäre es aber rechtlich nicht möglich gewesen, im Tatvorwurf die Eigenschaft des verantwortlichen Beauftragten gegen die des Bevollmächtigten auszutauschen. Dies deshalb, weil nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 27.9.1988, 88/08/0088, u 19.9.1989, 88/08/0095) die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Bevollmächtigten iSd § 28 AZG nur dann zum Tragen kommt, wenn der ebenfalls verwaltungsstrafrechtlich verfolgte Arbeitgeber nicht glaubhaft darzulegen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. In Bezug auf den Bevollmächtigten bedeutet dies, dass der Arbeitgeber nachzuweisen hat, dass er diesen ausreichend über das stichprobenartige Ausmaß beaufsichtigt hat und ihn auch bei der Bestellung kein Auswahlverschulden trifft.

Da der Beschuldigte jedoch von Anfang an als verantwortlicher Beauftragter iSd § 9 VStG zur Verantwortung gezogen wurde, kann im gegenständlichen Fall nicht davon ausgegangen werden, dass wegen derselben Verwaltungsübertretung auch ein Verwaltungsstrafverfahren gegen seinen Arbeitgeber eingeleitet worden wäre.

Der gegenständlichen Berufung wäre daher auch bei ausreichender Tatumschreibung und dem Nichtvorliegen von Verfolgungshindernissen Folge zu geben gewesen; die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens hätte diesfalls gemäß § 45 Abs.1 Z2 erster Fall VStG zu erfolgen gehabt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 Euro) zu entrichten.

Mag. G a l l n b r u n n e r

Beachte:

vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben;

VwGH vom 20.09.2001, Zl.: 2001/11/0171-5

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