Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163186/5/Kei/Bb/Ps

Linz, 17.07.2008

 

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Michael Keinberber über die Berufung der Frau S A L, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. H & Partner, L, M, vom 24.4.2008, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wels vom 7.4.2008, AZ S-5157/07, wegen Abweisung eines Antrages auf neuerliche Zustellung der Strafverfügung vom 4.7.2007, zu Recht:

 

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid wird bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm § 51c Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG und § 17 Zustellgesetz – ZustG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bundespolizeidirektion Wels hat mit Bescheid vom 7.4.2008, AZ S-5157/07, den Antrag der nunmehrigen Berufungswerberin auf neuerliche Zustellung der Strafverfügung vom 4.7.2007 als unbegründet abgewiesen.

 

2. Gegen diesen Bescheid, zugestellt am 10.4.2008, richtet sich die am 24.4.2008 – und somit rechtzeitig – durch den ausgewiesenen Vertreter bei der Bundespolizeidirektion Wels eingebrachte Berufung.  

Darin bringt die Berufungswerberin zusammengefasst im Wesentlichen vor, dass keine wirksame Zustellung durch Hinterlegung erfolgt sei. Sie habe sich im Zeitpunkt der Hinterlegung und während der Hinterlegungsfrist auf Reisen im Ausland befunden (Rundreise in Italien, Schweiz und BRD von 7.7. bis einschließlich 28.7.2007). Die Behörde erster Instanz sei ohne jegliches Beweisverfahren zu Unrecht davon ausgegangen, dass der behauptete Zustellmangel nicht vorliege. Zumindest hätte sie als Partei einvernommen werden müssen. Dann wäre man zum Ergebnis gelangt, dass der Zustellmangel tatsächlich vorliege und dass infolge der Ortsabwesenheit keine wirksame Zustellung durch Hinterlegung erfolgt sei. 

 

3. Die Bundespolizeidirektion Wels hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Bundespolizeidirektion Wels sowie Wahrung des Parteiengehörs.

 

5. Aus dem vorliegenden Akt ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde liegt:

 

Die Bundespolizeidirektion Wels erließ gegen die Berufungswerberin eine Strafverfügung vom 4.7.2007, GZ 2-S-5.157/07/S, wegen einer Übertretung nach § 103 Abs.2 KFG. Diese Strafverfügung wurde nach dem im Akt erliegenden Zustellnachweis nach einem ersten Zustellversuch am 9.7.2007 und einem zweiten Zustellversuch am 10.7.2007, am 10.7.2007 postamtlich hinterlegt, wobei als Beginn der Abholfrist der 11.7.2007 vermerkt wurde. Mangels Behebung wurde der hinterlegte RSa-Brief am 31.7.2007 an die Bundespolizeidirektion Wels retourniert.

 

Mit Eingabe vom 3.10.2007 – nach dem Erhalt einer Mahnung – beantragte die nunmehr anwaltlich vertretene Berufungswerberin die Zustellung des Strafbescheides der Bundespolizeidirektion Wels vom 4.7.2007, da ihr ein derartiger Strafbescheid bisher niemals zugestellt worden sei.

 

Im erstinstanzlichen Verfahren wurde der Berufungswerberin mit Schreiben vom 22.10.2007 nachweislich zur Kenntnis gebracht, dass es sich bei dem in Rede stehenden Strafbescheid um eine Strafverfügung wegen Übertretung nach § 103 Abs.2 KFG handelt und diese Strafverfügung durch Hinterlegung beim Postamt M zugestellt und erstmals am 11.7.2007 zur Abholung bereitgehalten worden sei und damit ab diesem Zeitpunkt als zugestellt gelte. Die Berufungswerberin verantwortete sich damit, dass eine rechtswirksame Hinterlegung nicht stattgefunden habe, da sie sich zu diesem Zeitpunkt und während der gesamten Hinterlegungsfrist nicht an der Abgabestelle aufgehalten habe. Sie sei zu dieser Zeit mit einem Pkw im Ausland auf Urlaub gewesen und habe von einer Hinterlegung einer Strafverfügung keine Kenntnis erlangt.

 

Daraufhin wurde die Berufungswerberin seitens der Bundespolizeidirektion Wels nachweislich – mit Schriftsatz vom 19.11.2007 - aufgefordert, entsprechende Beweise für diesen Auslandsaufenthalt vorzulegen.

 

Die Berufungswerberin hat in der Folge drei Fristerstreckungsanträge gestellt und mit Eingabe vom 5.2.2008 lediglich mitgeteilt, von 7.7. bis einschließlich 28.7.2007 im Ausland (Italien, Schweiz und BRD) auf einer Rundreise gewesen zu sein. Nachweise für ihre Behauptung hat sie nicht vorgelegt.

 

Am 7.4.2008 erließ die Bundespolizeidirektion Wels den nunmehr angefochtenen Bescheid.

 

Der Aufforderung des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 26.6.2008, GZ VwSen-163186/2, ihre behauptete Ortsabwesenheit bis spätestens 11.7.2008 (Einlangen beim Oö. Verwaltungssenat) zu konkretisieren und nachzuweisen, ist die Berufungswerberin insofern  nachgekommen, als sie mit Stellungnahme vom 11.7.2008 – beim Oö. Verwaltungssenat eingelangt am 15.7.2008 -  vorgebracht hat, sich während der gesamten Hinterlegungsfrist nicht an der Abgabestelle aufgehalten zu haben, sondern sich vom 7.7 bis einschließlich 28.7.2007 im Ausland (Italien, Schweiz und BRD) auf einer Rundreise befunden zu haben. Sie sei mit einem Wohnmobil zunächst im norditalienischen Raum (u.a. Bozen, Meran, Kaltern, Bergamo, Mailand) und dann in der Südschweiz (u.a. Lugano, Ascona, Bellinzona) gewesen. Zuletzt sei sie dann in Ulm und München gewesen. Datumsgemäß sei der genaue Reisverlauf nicht mehr exakt rekonstruierbar. Sie habe keinen Anlass gehabt, Belege über Champingplatzgebühren, Restaurantrechnungen und Ähnliches aufzubewahren, sodass derartige Belege nicht vorgelegt werden könnten.  

 

6. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht darüber wie folgt erwogen:

 

6.1. Gemäß § 49 Abs.1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

 

§ 17 Abs.1 ZustG in der zum Zustellzeitpunkt der Strafverfügung geltenden Fassung lautet: Kann die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs.3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Schriftstück im Falle der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

 

Die hinterlegte Sendung ist gemäß § 17 Abs.3 ZustG (in der Fassung zum Zustellzeitpunkt der Strafverfügung) mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs.3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.

 

6.2. Die gegenständliche Strafverfügung vom 4.7.2007 wurde nach dem im Akt erliegenden Zustellnachweis und durch die Berufungswerberin unbestritten am 11.7.2007 erstmals zur Abholung bereitgehalten.

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa VwGH 3.6.1993, 92/16/0116) ist der Zustellnachweis, auf dem die Zustellung durch den Zusteller beurkundet wurde, eine öffentliche Urkunde. Als öffentliche Urkunde begründet ein "unbedenklicher" - das heißt die gehörige äußere Form aufweisender - Zustellnachweis die Vermutung der Echtheit und der inhaltlichen Richtigkeit des bezeugten Vorganges, doch ist der Einwand der Unechtheit oder der Unrichtigkeit zulässig. Der Einwand der Unechtheit oder Unrichtigkeit des Zustellnachweises wurde von der Berufungswerberin im gesamten Verfahren nie erhoben, sie hat jedoch vorgebracht während der Zustellung und Hinterlegungszeit ortsabwesend gewesen zu sein.

Die Berufungswerberin hat zwar von 7.7.2007 bis einschließlich 28.7.2007 Ortsabwesenheit behauptet, jedoch innerhalb der ihr nachweislich gewährten und angemessenen Frist keine entsprechenden Unterlagen bzw. Nachweise zur Glaubhaftmachung ihrer Angaben - einer allfälligen "ununterbrochenen" Ortsabwesenheit von ihrer Wohnadresse im Zeitraum von 7.7.2007 bis 28.7.2007 - vorgelegt bzw. sonstige Beweise angeboten. Sie hat lediglich die Ortsabwesenheit behauptet.

 

Durch die bloße Behauptung, ortsabwesend gewesen zu sein, konnte sie Umstände, die eine Unwirksamkeit der durch Hinterlegung erfolgten Zustellung der Strafverfügung begründet hätten, nicht aufzeigen. Vielmehr bedarf es hiezu eines konkreten, mit geeigneten Beweismitteln belegten Vorbringens, das klare Aussagen über den Umstand und die Dauer der Abwesenheit von der Abgabestelle enthält (vgl. dazu z.B. VwGH 24.3.2004, 2004/04/0033).

 

Wenn auch im Verwaltungsstrafverfahren der Grundsatz der Amtswegigkeit gilt, so befreit dieser Grundsatz den Beschuldigten nicht von der Verpflichtung, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen (VwGH 27.3.1991, 90/10/0215 u.a.). Die Mitwirkungspflicht des Beschuldigten im Strafverfahren erfordert es, seine Verantwortung nicht darauf zu beschränken, die ihm vorgehaltenen konkreten Erhebungsergebnisse für unrichtig zu erklären, ohne diesen Erhebungsergebnissen ebenso konkrete Behauptungen entgegenzusetzen und entsprechende Beweise anzubieten. Unterlässt er dies, so bedeutet es keinen Verfahrensmangel, wenn die Behörde von Amts wegen keine weiteren Beweiserhebungen durchführt (VwGH 4.9.1995, 94/10/0099 u.a.).

 

Im Sinne der dargelegten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtes wäre es an der Berufungswerberin gelegen, entsprechend der Einladung durch die Bundespolizeidirektion Wels und den Unabhängigen Verwaltungssenat Nachweise, Zeugen udgl. für die angeblichen Aufenthalte von sich aus zur Glaubhaftmachung ihrer Ortsabwesenheit vorzulegen bzw. entsprechende Beweise anzubieten.

 

Das Vorbringen der Berufungswerberin, sie sei von 7.7 bis 28.7.2007 nicht an ihrer Abgabestelle aufhältig gewesen, sondern habe sich auf einer Rundreise im Ausland befunden, Belege hiefür könne sie jedoch nicht angeben, ist unglaubwürdig, diese Angaben werden als Schutzbehauptung gewertet. Die Behauptung einer Ortsabwesenheit ohne Beibringung von Beweismitteln reicht zur Glaubhaftmachung nicht aus. Ihre Angaben allein sind nicht ausreichend darzutun, dass sie zu den angegebenen Zeitpunkten tatsächlich, insbesondere von 7.7.2007 bis 28.7.2007 ununterbrochen, ortsabwesend gewesen ist. Denn es ist lebensfremd, dass nicht zumindest Familienangehörige, Freunde, Reiseteilnehmer oder Nachbarn eine Ortsabwesenheit bestätigen können. Es wäre daher auch möglich gewesen, Zeugen zu nennen, die den Auslandsaufenthalt der Berufungswerberin bestätigen hätten können. Die Berufungswerberin hat allerdings weder Zeugen namhaft gemacht noch sonstige Beweise angeboten; sie ist damit ihrer Mitwirkungspflicht nicht ausreichend nachgekommen.

 

An der Rechtmäßigkeit des Zustellvorganges - Hinterlegung der Strafverfügung nach zwei Zustellversuchen - bestehen damit keine Zweifel. Die Berufungswerberin bestritt auch nicht, der Zusteller habe Grund zur Annahme gehabt, sie halte sich an der Abgabestelle regelmäßig auf.

 

Entsprechend § 17 Abs.3 3. Satz ZustG gilt das hinterlegte Dokument mit dem ersten Tag, an dem dieses zur Abholung bereitgehalten wird, als zugestellt. Dies ist im konkreten Fall der 11.7.2007, die Strafverfügung gilt demnach mit diesem Tag als zugestellt.

 

Dem Antrag der Berufungswerberin auf eine neuerliche Bescheidzustellung kommt damit keine Berechtigung zu. Es kann daher seitens der Berufungsinstanz keine Rechtswidrigkeit erblickt werden, wenn die Erstbehörde deshalb diesen Antrag als unbegründet abgewiesen hat.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Michael  K e i n b e r g e r

 

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