Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163289/10/Br/RSt

Linz, 09.07.2008

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Mag. Dr. Bleier über die Berufung des Herrn A T geb.   , F, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, vom 16. Mai 2008, Zl. VerkR96-25761-2007, nach der am 9. Juli 2008  durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

I.                  Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

II.              Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

I. § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 – AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 – VStG.

II. § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Wider den Berufungswerber wurde mit dem o.a. Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck wegen der Übertretung nach § 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO eine Geldstrafe von 1.200 Euro und im Nichteinbringungsfall 336 Stunden (entspricht vierzehn Tagen) Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 25.11.2007 gegen 20.10 Uhr den PKW Renault 21B weiß mit dem Kennzeichen    in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand auf der L 540 Attergaustraße von Kogl/St. Georgen i.A. kommend und weiter auf der L 509 Frankenburgerstraße bis Frankenburg a.H., Badsiedlung Nr. 15, gelenkt habe und er sich, obwohl vermutet werden konnte, dass er sich bei dieser Fahrt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe (Alkoholgeruch aus dem Mund, veränderte Sprache, unhöfliches Benehmen), am 25.11.2007 um 21.43 Uhr in seiner Wohnung in der Badsiedlung Nr. 15/2/7, in 4873 Frankenburg a.H., gegenüber einem von der Behörde hiezu ermächtigten und besonders geschulten Organ der Straßenaufsicht geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

 

 

1.1. Die Behörde erster Instanz begründete den Schuldspruch mit folgenden Erwägungen:

"Gemäß § 5 Abs.2 StVO.1960 sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand

1)      ein Fahrzeug gelenkt zu haben oder

2)      als Fußgänger einen Verkehrsunfall verursacht zu haben, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu dieser Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

 

Gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO.1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 1.162,00 bis 5.813,00 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht.

 

Der im Spruch angeführte Sachverhalt wurde von Insp. F der PI. F a.H. zur Anzeige gebracht. Auf Grund dieser Anzeige wurde Ihnen der Sachverhalt mit Aufforderung zur Rechtfertigung der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 21.12.2007 (hinterlegt am 03.01.2008 bei der Zustellbasis Vöcklamarkt) zur Kenntnis gebracht und Ihnen die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme gegeben.

 

Sie haben dazu eine schriftliche Rechtfertigung abgegeben. In dieser Stellungnahme gaben Sie an, dass Sie das KFZ von Kogl/St. Georgen i.A. bis nach F, gelenkt, jedoch erst anschließend zu Hause Alkohol getrunken haben. Sie gaben weiters an, dass definitiv keine Aufforderung zum Alkotest ausgesprochen wurde. Eine Vermutung, dass eine Person, welche nach 2 Stunden in den privaten Räumlichkeiten von der Exekutive besucht wird und dort unbestritten Alkohol getrunken und kein Fahrzeug gelenkt hat, Rückschlüsse auf den Alkoholgehalt vor 2 Stunden zu ziehen, wird als Verhöhnung gewertet und gemäß EMRK gerügt. Des Weiteren wird der Verein H.I.L.F.E. Herr DDr. G G, W, beauftragt, entsprechende Schritte einzuleiten insbesonders auf Grund der Tatsache eines willkürlichen Arbeitsplatzverlustes sämtliche Rechtswege und Amtshaftungsansprüche geltend zu machen. In der Niederschrift bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 22.02.2008 wurden zu der eingebrachten Vorstellung gegen den Führerscheinentzug 2 Schriftstücke der Staatsanwaltschaft Wels vom 07.02.2008 und der Oberstaatsanwaltschaft Linz vom 14.02.2008 nachgereicht, woraus sich ergibt, dass die Anzeigerin hinsichtlich des Tatdatums gelogen hat, sodass das gerichtliche Strafverfahren nicht wieder aufgenommen wird. Damit entfällt aber die Ursache für das Einschreiten hinsichtlich der vorgenommenen Alkoholkontrolle. Der Tatbestand des § 4 Abs. 5 StVO. 1960 ist somit nicht erfüllt. Im Aktenvermerk des Leiters der Amtshandlung, F M, wird angeführt, dass DDr. G ausdrücklich auf diese Formulierung bestand, obwohl Ihnen eine Übertretung nach § 4 Abs. 5 StVO. 1960 niemals zur Last gelegt wurde.

Inspektor D F von der Polizeiinspektion F a.H. schildert in seiner Zeugenaussage vom 18.03.2008 den Ablauf der Amtshandlung so, dass er am besagten Tag mit Kollegin G der PI F Sektorstreifendienst verrichtete. Auf Grund eines Ersuchens um Sachverhaltsfeststellung des Kollegen W der Polizei­inspektion V - als Zulassungsbesitzer wurde A T, F, bekannt gegeben - fuhren er und Inspektor G zu dieser Adresse und konnten den PKW mit dem von Kollegen W vorher bekannt gegebenen Kennzeichen unmittelbar vor dem dortigen Wohnblock abgestellt vorfinden. Durch "Hand auflegen" auf die Motorhaube konnte festgestellt werden, dass diese noch warm war. Nach dem Läuten öffnete eine Dame und in weiterer Folge erschienen auch Sie und wollten den Grund der Anwesenheit wissen. Auf die Frage, wer den PKW gelenkt hat, gaben Sie an, dass Sie diesen kurz vorher gelenkt haben, da Sie Ihre Frau von St. Georgen i.A. von der Arbeit abgeholt haben. Auf Grund der deutlichen Alkoholisierungssymptome, wie deutlicher Alkoholgeruch aus dem Mund (Fahne) wurden Sie von Inspektor F zum Alkotest aufgefordert, welchen Sie mit der Begründung, dass Sie erst zu Hause etwas getrunken haben, verweigert. Weiters wurden Sie daraufhin ersucht, zur Polizeiinspektion F mitzukommen, was Sie mit den Worten "des interessiert mi sowieso net" verweigerten. Ausdrücklich wurden Sie über die Folgen dieser Verweigerung aufmerksam gemacht. In der Zeugenaussage vom 18.04.2008 von Revlnsp. G von der PI F wird von dieser angeführt, dass die Amtshandlung von Kollegen F geführt wurde. Mit Bestimmtheit kann sie sich jedoch noch erinnern, dass direkt bei der Eingangstüre der Familie T geläutet wurde und eine Frau - wie sich herausstellte Frau T - öffnete und Herr T wenig später zur Türe kam. Frau Inspektor G unterhielt sich mit Frau T zwischen Vorraum und Wohnzimmer und wie Herr T an ihr vorbeiging, konnte sie auch deutlichen Alkoholgeruch (Fahne) und eine lallende Aussprache feststellen. Im Gespräch mit Frau T wurde Revlnsp. G bestätigt, dass ihr Mann sie vorher von der Arbeit abgeholt habe. Den genauen Wortlaut zur Aufforderung zum Alkotest konnte von Revlnsp. G nicht wiedergegeben werden. Sie konnte sich jedoch noch erinnern, dass Herr T schrie "des interessiert mi net" oder so ähnlich. Revlnsp. G hat bei ihrer Zeugeneinvernahme die Angaben ihres Kollegen im Wesentlichen dadurch bestätigt.

 

Von diesem Ergebnis der Beweisaufnahme wurden Sie am 18.04.2008 (eigenhändig über­nommen am 22.04.2008) informiert. In der Niederschrift bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck am 05.05.2008 in Begleitung von Herrn DDr. G G, W, gaben Sie an, dass die Aussagen der Meldungsleger insoweit widersprüchlich sind, als sich Frau G nicht erinnern konnte -eine Aufforderung, zur PI mitzukommen - mitbekommen hat. Weiters wurde bemängelt, dass nicht näher auf die Konsequenzen einer Verweigerung eingegangen wurde. Weiters gaben Sie an, dass der Haupteingang nicht geöffnet war, da die Nachbarin, Frau K S Tür , die Haustüre öffnete. Weiters steht im Widerspruch von Insp.. F, dass in einer Aussage deutlicher Alkoholgeruch aus dem Mund (Fahne), wobei in der Anzeige nur leichter Alkoholgeruch angegeben wurde. Weiters wurde auf die vom 22.02.2008 vorgelegten Unterlagen aus dem Verfahren der Staatsanwaltschaft Wels zu    ausdrücklich verwiesen.

 

Unbestritten ist, dass Sie am 25.11.2007 gegen 20.10 Uhr ein Kraftfahrzeug auf öffentlichen Straßen von St. Georgen i.A. kommend, bis zu Ihrer Wohnung in Frankenburg a.H. gelenkt haben. Faktum ist auch, dass bei der nachfolgenden Amtshandlung Alkoholisierungsmerkmale, wie insbesondere Alkoholgeruch wahrgenommen wurde. Die Verpflichtung, sich einer Atemluftuntersuchung zu unterziehen, besteht nicht nur im unmittelbaren Anschluss an das Lenken eines Fahrzeuges sondern solange ein verwertbares Ergebnis erwartet werden kann (siehe z.B. VwGH 17.6.2004, 2002/03/0018). Es ist dabei auch nicht von Belang, ob nach der Beendigung der Fahrt noch Alkohol konsumiert wurde. ...Diese Voraussetzung ist bei einem zeitlichen Abstand zwischen Beendigung der Fahrt und Verweigerung der Atemluftunter­suchung von rund zweieinhalb Stunden jedenfalls gegeben (vgl. VwGH 19.12.2003, 2001/02/0019; VwGH 27.5.2004, 2002/03/0224). Völlig bedeutungslos ist in diesem Zusammenhang der angebliche Widerspruch des Meldungslegers, es sei einmal von einem "leichten Alkoholgeruch", dann in der Zeugenaussage von einem "deutlichen Alkohol­geruch" die Rede, zumal Sie ja selbst anführen, zwischen Fahrtende und Amtshandlung zu Hause noch 2 Halbe Bier getrunken zu haben, wodurch zwangsläufig ein mehr oder weniger deutlicher Alkoholgeruch vorliegen musste. Allein auf Grund dieser Fakten wären Sie unbedingt verpflichtet gewesen, sich dem verlangten Alkotest zu unterziehen und haben Sie sich dieser Untersuchung ungerechtfertigterweise entschlagen und damit sowohl verwaltungsstrafrechtlich als auch führerscheinrechtlich alle damit verbundenen Konsequenzen zu verantworten. Auf Nebenumstände, wie eine angezeigte "Fahrerflucht" und dgl. ist daher überhaupt nicht mehr einzugehen und wurde ein solches Delikt in den anhängigen Verfahren von der Behörde auch nie angelastet.

 

Strafmildernd wurde bei der Strafbemessung Ihre bisherige Unbescholtenheit gewertet. Da Sie von der gebotenen Gelegenheit, die Einkommens, Vermögens- und Familienverhält­nisse bekanntzugeben, nicht Gebrauch gemacht haben, wird - wie ausdrücklich angekündigt - diesbezüglich eine Schätzung vorgenommen: die Behörde geht von einem monatlichen Nettoeinkommen von zumindest 1.200,00 Euro, kein Vermögen und Sorge­pflichten für die Ehefrau und 2 Kinder. Unter gewissenhafter Abwägung dieser Umstände erscheint die Festsetzung der Strafhöhe angemessen und ausreichend, um Sie von einer Wiederholung eines derartigen schweren Verkehrsdeliktes künftig abzuhalten.

 

Die Vorschreibung der Verfahrenskosten gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle."

 

 

2. Der Berufungswerber tritt dem angefochtenen Straferkenntnis fristgerecht erhobenen Berufung mit nachfolgenden Ausführungen entgegen: 

"Gegen den Bescheid zu obiger GZ, vom 21.05.08 wird innerhalb offener Frist

 

BERUFUNG

 

wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung infolge unterlassener Ermittlungstätigkeit erhoben.

 

Auf die Ausführungen in der Berufung vom heutigen Tage zu da. VerkR21-945-2Ö07 wird ausdrücklich verwiesen und dieses auch hier zum Vorbringen erhoben.

 

Im einzelnen verwahrt sich der Bw gegen das Abtun von Vorbringen, soweit es die Glaub­würdigkeit eines ML in Zweifel zu ziehen geeignet ist, indem es als „angeblich" und „bedeutungslos" hingestellt wird, ohne dass dargetan wird, woraus sich solches schlüssig ergeben soll: in concreto betrifft dies das Öffnen der Tür durch die Zeugin S (BS5,2.Abs)

 

Der Bw bestreitet nach wie vor, sein Fahrzeug in beeinträchtigtem Zustand gelenkt zu haben; die entsprechende Situation entstand bloß daraus, dass die Anzeigerin nach den aktenkundigen öffentlichen Urkunden gelogen hatte.

 

Hinsichtlich der Strafbemessung wird bemängelt, dass das angenommene Einkommen eben durch die faktische Entziehung - rechtmäßig oder nicht - jedenfalls entfallen ist, sodass dieses Einkommen nicht als Bemessungsgrundlage taugt.

 

Es wird daher

a)    angeregt, gern § 64a Abs 2 AVG vorzugehen; im Nichtentsprechungsfall aber

b)   beantragt, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, den bekämpften Bescheid

aufzuheben und das Verfahren einzustellen;

 

in eventu, die Strafe erheblich herabzusetzen."

 

 

2.1. Mit der auch im Verfahren wegen des Entzuges der Lenkberechtigung (VwSen-521979) erhobenen Berufung führt der Berufungswerber ergänzend aus:

"Obwohl auf BS5 versucht würde zu behaupten, „Nebenumstände" wie Fahrerflucht seien nie angelastet worden, widerstreite ein derartiger Ansatz den Ausführungen auf BS3 unten, weil jene Anzeigerin, die das Verfahren veranlasst hätte, mit ihren Ansinnen bei Gericht nicht erfolgreich gewesen sei,  jedoch die Ursache des Einschreitens der zuständigen PI war.

Der Annahme im bekämpften Bescheid, der Bw habe in „vermutlich beeinträchtigtem Zustand" ein Fahrzeug gelenkt, entspreche kein Ermittlungsergebnis, die Straßenführung entspreche aber genau jener Strecke, die die Anzeigerin vorgegeben hatte, sodass die entspre­chende Anlastung zumindest implizit erfolgt sei.

Darüber hinaus sei unbestritten, dass die ML den Bw nicht daraufhingewiesen hätten - wenn sie schon davon ausgehen, er hätte die Untersuchung verweigert — dass es ihm freistehe, durch eine Blutprobe, die ihm in einem öffentlichen Krankenhaus abgenommen werd, den genauen Verlauf der Alkoholisierung zweifelsfrei dokumentieren zu lassen und so der Strafbarkeit zu entgehen."

 

 

 

3. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung war gemäß § 51e Abs.1 VStG durchzuführen.

 

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und  Verlesung auch in den Verfahrensakt im gleichzeitig mitverhandelten Führerscheinentzugsverfahren (h. VwSen-521979 u. der Behörde erster Instanz, AZ: VerkR-16317/91, sowie durch die zeugenschaftliche Einvernahme des Meldungslegers Insp. F u. der RIin. G, sowie der Ehefrau des Berufungswerbers H T. Die ebenfalls geladenen Zeugin M P erschien unentschuldigt nicht; auf deren Vernehmung wurde jedoch  zuletzt einvernehmlich verzichtet.

Auch die Behörde erster Instanz nahm durch den zuständigen Sachbearbeiter an der Berufungsverhandlung teil.

 

 

4. Die Polizeibeamten G und F wurden wegen einer von P behaupteten Sachbeschädigung durch den Berufungswerber  an deren Fahrzeug zur Wohnung des Berufungswerbers beordert. Wie sich zwischenzeitig aus den gerichtlichen Verfahren ergibt hatte der Berufungswerber  zum damaligen Zeitpunkt von der Anzeigerin P behauptete Sachbeschädigung jedoch nicht begangen.

Dies ergibt sich aus den vorgelegten Urkunden (Beilangen 1. u. 2.).

Der Berufungswerber hatte zum Zeitpunkt des Einschreitens der Polizeibeamten gegen 21.30 Uhr, nachdem er seine Frau gegen 20:30 Uhr mit seinem Pkw von St. Georgen abgeholt hatte, zwischenzeitig zwei Bier getrunken. 

Im Zuge der Konfrontation mit dem Vorwurf der Sachbeschädigung durch Insp. F entwickelte sich ein emotionale, ja vielleicht schon als aggressiv  zu bezeichnende Stimmung. Dabei wurde der Berufungswerber aufgefordert wegen der Anfertigung eines Fotos vom Berufungswerber zur Identifizierung durch P als Anzeigerin wegen angeblicher Beschädigung deren Fahrzeugsspiegels.

Dies verweigerte der Berufungswerber jedoch mit dem Hinweis auf seine leugnende Verantwortung. Während Insp. F mit dem Berufungswerber sprach, befand sich die RIin. G im Gespräch mit der Ehefrau des Berufungswerbers in unmittelbarer Nähe.

Um letztlich die Amtshandlung nicht eskalieren zu lassen erklärte Insp. F diese offenkundig unvermittelt für beendet.

Das Vorbringen des Berufungswerbers, er sei  auf die Möglichkeit einer Blutabnahme nicht hingewiesen worden, kann mangels rechtlicher Relevanz auf sich bewenden.

Dennoch ist ihm darin zu folgen, dass er offenkundig nicht dezidiert oder zumindest nicht hinreichend verständlich zu einer Untersuchung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt aufgefordert wurde, bzw. ihm zumindest eine solche Aufforderung als objektiver Erklärungsinhalt nicht zugekommen  sein dürfte.

So gab in diesem Punkt die Zeugin G im Zuge ihrer Vernehmung und diesbezüglich nachhaltige Befragung durch das erkennende Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates durchaus eindrucksvoll wie dezidiert an, dass sie eine konkret ausgesprochene Aufforderung ihres Kollegen  zur Atemluftuntersuchung  an den Berufungswerber nicht gehört habe. Da sie sich während der gesamten, sich etwa über zehn Minuten erstreckenden im kleinen Vorraum zur Wohnung geführten Amtshandlung, nur zwei Meter neben Insp. F aufhielt, scheint die Annahme, dass diese Aufforderung – so sie als solche überhaupt ausgesprochen worden sein sollte – dem Berufungswerber nicht evident geworden ist, durchaus plausibel. Selbst Insp. F war sich im Zuge seiner Zeugenaussage letztlich nicht mehr sicher, ob diese vom Berufungswerber in der bei ihm vorherrschenden Erregtheit überhaupt als solche begriffen wurde.  Das von Alkohol an sich die Rede war wird selbst vom Berufungswerber und deren Ehefrau eingeräumt, wobei Insp. F gegenüber dem Berufungswerber darauf etwa in der Form die Rede kam, als dieser sinngemäß meinte, "sollen wir den einen Atemlufttest machen!" Es mag durchaus sein, dass auf ein derartiges Ansinnen im Zusammenhang mit der ebenfalls angedachten Mitnahme des Berufungswerbers zur Polizeiinspektion im Zusammenhang mit der kriminalpolizeilichen Amtshandlung von diesem ablehnend und zusätzlich unhöflich reagiert worden sein mag. Das er aber damit eine Atemluftuntersuchung zu verweigern in Kauf zu nehmen geneigt gewesen wäre, scheint auch schon vor dem Hintergrund glaubhaft, weil diesbezüglich im Ergebnis die Angaben der Zeuginnen, RIin G und der Ehefrau des Berufungswerbers übereinstimmen und  hier wohl auch von keiner tatsächlichen Alkofahrt auszugehen ist.

Wenn letztlich der Zeuge Insp. F auch keine  Aufzeichnungen vom Verlauf der Amtshandlung vorzuweisen vermochte, wobei er  erst fünf Tage nach dem Vorfall die Anzeige offenbar aus dem Gedächtnis heraus rekonstruieren musste, ist es andererseits durchaus nicht unwahrscheinlich, dass ihm die als unangenehm in Erinnerung gebliebene Amtshandlung auch im Hinblick auf die vermeintlich auszusprechen beabsichtigte Aufforderung zur Atemluftuntersuchung  anders in Erinnerung gehabt haben mag.

Dazu ist zu bemerken, dass diesbezüglich auch die Darstellungen im Zuge der im Akt befindlichen Äußerungen des Meldungslegers  durchaus als divergent bezeichnet werden können. Während etwa in der am 30.11.2007 als angenommene Verweigerungserklärung vermerkt wird 'nein, eine Alkomatuntersuchung mach ich nicht!', ist im Aktenvermerk v. 25.11.2007 von einer 'SV-Klärung' (gemeint wohl betreffend die angezeigte Sachbeschädigung) die Rede. Im Bericht des Meldungslegers  vom 17.2.2008 ist wieder von mehrmaliger Aufforderung zur Sachverhaltsklärung auf der Polizeiinspektion wegen  § 125 StGB die Rede, wobei auch darauf hingewiesen worden wäre, dass eine Verweigerung der Atemluftuntersuchung Konsequenzen hätte. Einen Absatz vorher ist die Rede davon, dass das Gesetz nicht vorschreibe in welcher Form "ein Begehren iSd § 5 Abs.2 StVO zu ergehen habe, ob etwa diese Aufforderung in Befehlsform zu ergehen oder auch in Form einer Frage zum Ausdruck gelangen könne." Alleine diese Darstellung lässt den Schluss zu, dass sich Insp. F offenbar über die Art der Aufforderung selbst nicht (mehr) sicher war, was wiederum veranschaulicht, dass diese offenbar tatsächlich den Berufungswerber zumindest als solche nicht bewusst geworden ist. In der zeugenschaftlichen Niederschrift vom 18. März 2008 vor der Behörde erster Instanz ist die angebliche Beorderung zur Polizeiinspektion  überhaupt nur mehr auf die Atemluftuntersuchung zugespitzt. Von den eigentlichen Gründen des Einschreitens ist darin überhaupt nicht mehr die Rede. In der zeugenschaftlichen Einvernahme von Frau G am 18. April 2008 ist von einer konkreten Aufforderung ebenfalls nicht die Rede, sondern es wird darin  nur darauf hingewiesen, den Berufungswerber würde 'des net interessieren!' Damit könnte aber durchaus auch das intendiert gewesene  Fotografieren des Berufungswerbers zu Beweiszwecken gemeint gewesen sein[1].

Tatsache ist letztlich, dass auch im Sinne der Aussage von RIin. G im Berufungsverfahren die Aufforderung zur Atemluftuntersuchung ihres Kollegen nicht gehört wurde. Dies hätte aber zweifellos der Fall sein müssen, wäre diese Aufforderung zumindest konversationssprachlich deutlich genug gewesen.

Daher konnte eine ausgesprochene Aufforderung durchaus auch vom Berufungswerber nicht gehört oder zumindest nicht so verstanden worden sein, sodass zuletzt daher nicht der Beweis erbracht gelten kann, dass eine derartige Aufforderung dem Berufungswerber mit all den weittragenden rechtlichen Konsequenzen tatsächlich zugekommen ist. 

Nicht zuletzt kann  selbst vom beiden Polizeibeamten bestätigte plötzliche Beenden der Amtshandlung in Verbindung mit dem nachfolgenden verbleiben des Berufungswerbers  in der Wohnung objektiv betrachtet nur schwer als Verweigerungstatbestand umgedeutet werden. Da nicht einmal der Führerschein abgenommen wurde, was eigentlich die  logische Konsequenz einer solchen Amtshandlung im Zusammenhang mit einer vermuteten Alkofahrt wäre, lässt jedenfalls auf einen atypischen Verlauf dieser Amtshandlung schließen.

Vielmehr scheint es so gelaufen zu sein, dass sich der Berufungswerber über die Anzeige und das Einschreiten in seiner Wohnung ärgerte und er diesem Ärger gegenüber dem Insp. F unumwunden freien Lauf ließ. Dieser wiederum wollte letztlich eine Eskalierung der Amtshandlung vermeiden, wobei offenbar die Absicht der Atemluftuntersuchung zu kurz gekommen ist.

Das sich hier die Debatte den Berufungswerber ins Wachzimmer zu bringen überwiegend auf die, wie nunmehr bekannt, offenbar zu Unrecht erfolgte Verdächtigung wegen einer Sachbeschädigung erstreckte, ist ebenso evident, wie sich der Berufungswerber durchaus geweigert haben mag sich am Wachzimmer fotografieren zu lassen.

Auch darin mag die jedenfalls als mangelhaft gebliebene oder überhaupt in dezidierter Form unterbliebene Aufforderung zur Atemluftuntersuchung erklärbar sein, wobei dies aus dem Blickwinkel des einschreitenden Organs ebenfalls begreiflich ist.

  

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Nach § 5 Abs.2 StVO 1960 sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand 

1. ein Fahrzeug gelenkt zu haben oder …..

 

Grundsätzlich besteht die Verpflichtung zur Durchführung der Atemluftuntersuchung so lange bis ein verwertbares Messergebnis zu Stande gekommen ist (VwGH 24.2.1993, 91/03/0343, sowie VwGH 11.10.2002, 2001/02/0220).

Das hier von keiner dem Berufungswerber als Aufforderung zur Atemluftuntersuchung evident gewordene Aussage ausgegangen werden kann, wird hier insbesondere auch im plötzlichen Verlassen der Wohnung des Berufungswerbers durch die einschreitenden Polizeiorgane erblickt. Somit kann insbesondere nicht von einem als "konkludente Verweigerung zu wertendes Verhalten" ausgegangen werden.

Diesbezüglich ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage eines bei der Aufforderung zur Atemluftuntersuchung "situationsbezogenen Verhaltens" hinzuweisen [gemeint einen Rückschluss auf eine Verweigerung zulassendes Verhalten] (VwGH 23.7.2004, 2004/02/0215 mit Hinweis auf VwGH 30.1.2004, 2003/02/0223).

Im Sinne der als gesichert geltenden Judikatur ist etwa ein Weggehen oder das Verlassen eines Raumes oder des Ortes der Amtshandlung nach erfolgter Aufforderung zur Durchführung des "Alkomattests" als Verweigerung der Atemluftprobe zu werten. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass  im Falle eines plötzlichen Verlassens der Wohnung durch das Polizeiorgan und darüber hinaus bei einer nicht einmal von der unmittelbar daneben befindlichen Kollegin vernommenen Aufforderung, diese Schlussfolgerung sachlich u. rechtlich nicht gezogen werden kann (VwGH 25.6.1999, 99/02/0077 mit weiteren Hinweis auf VwGH 27.3.1974,  361/73 und VwGH 2.7.1982, 02/1327/80).

Die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes betreffend die freie Beweiswürdigung nach § 45 Abs.2 AVG und einem fairen Verfahren, stellt an einen Beweis einen strengerer Maßstab als bloß eine aus der Lebensnähe gezogene Schlussfolgerung (vgl. VfSlg 12649; sowie Schneider, Beweis und Beweiswürdigung, 5. Auflage, S 98, Fn 372). Der Berufungswerber bestritt von Anfang an eine an ihn ergangene Aufforderung zu Atemluftuntersuchung. Dies wird von zumindest zwei weiteren Zeugenaussagen zumindest bekräftigt, sodass im Rahmen der Beweiswürdigung kein Raum bleibt ihn einer Verweigerung der Atemluftuntersuchung überführt sehen zu können.

Da schon bei bloßem Zweifel an der Zurechenbarkeit der Tatbegehung der Tatbeweis als nicht erbracht gilt, war gegen den Beschuldigten das Verfahren nach  § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen (VwGH 12.3.1986, 84/03/0251 u.a. mit Hinweis auf ZfVB 1991/3/1122).

.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. B l e i e r

 



[1] Die zuletzt zitierten Vernehmungsprotokolle finden sich nur im Führerscheinentzugsakt

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