Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110824/8/Wim/Ps

Linz, 30.07.2008

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Leopold Wimmer über die Berufung des Herrn W S, L, L, vom 20. Dezember 2007, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 4. Dezember 2007, Zl. VerkGe96-113-2007/Ew, wegen Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 9. Juni 2008 zu Recht erkannt:

 

 

I.            Der Berufung wird keine Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis bestätigt. Im erstinstanzlichen Spruch wird das Wort "S" durch "S" ersetzt.

 

II.        Der Berufungswerber hat zusätzlich 12 Euro als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren zu leisten, das sind 20 % der verhängten Strafe.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.      Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber gemäß § 23 Abs.2 Z1 iVm § 6 Abs.3 Güterbeförderungsgesetz 1995 (GütbefG) eine Geldstrafe in der Höhe von 60 Euro, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden sowie ein 10%iger Verfahrenskostenbeitrag verhängt.

 

Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen:

"Sie haben als Lenker mit einem auf die Firma J M,  L, S, zugelassenen Lastkraftwagen (amtliches Kennzeichen, AUT) und einem Anhänger (amtliches Kennzeichen:, AUT), wie von einem Organ des Stadtpolizeikommandos Wels am 18.06.2007 um 10.35 Uhr auf der Terminalstraße 99 in 4600 Wels im Zuge einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle festgestellt wurde, am 18.06.2007 eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern durchgeführt, ohne eine beglaubigte Abschrift der Konzessionsurkunde oder einen beglaubigten Auszug aus dem Gewerberegister mitgeführt zu haben, obwohl gemäß § 6 Abs. 3 Güterbeförderungsgesetz der Lenker in jedem zur Ausübung des Güterverkehrs verwendeten Kraftfahrzeug eine beglaubigte Abschrift der Konzessionsurkunde oder einen beglaubigten Auszug aus dem Gewerberegister mitzuführen und den Aufsichtsorganen auf Verlangen auszuhändigen hat."

 

 

2.      Dagegen hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben und darin zusammengefasst im Wesentlichen vorgebracht, dass mit der Bezirkshaupt­mannschaft Linz-Land eine örtlich unzuständige Behörde agiere. Nach dem Güterbeförderungsgesetz 1995 sei jene Behörde örtlich zuständig, in deren Sprengel der Lenker im Zuge einer Straßenkontrolle betreten worden sei. Die Abtretung gemäß § 29a VStG vom 5. Juli 2007 sei nicht im Sinne des Gesetzes, weil im gegenständlichen Fall keine Vereinfachung sondern eine Komplizierung des Verfahrens eintrete. Das einschreitende Organ sei der Bundespolizeidirektion Wels zuzuordnen. Die gestellten Beweisanträge seien von der Wohnsitzbehörde mittels Rechtshilfeersuchen nach Wels weitergeleitet und von dort wieder zurück- ehe sie an ihn weitergeleitet worden seien. Auch ein Ortsaugenschein werde in Wels abzuhalten sein. Mit der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land trete er ohnehin nur schriftlich in Kontakt und das Gleiche, aber wesentlich einfacher funktioniere auch mit der Behörde in Wels.

 

Als Tatort werde im Straferkenntnis Wels, Terminalstraße 99, angeführt. Bei dieser Adresse befände sich die E-Tankstelle. Die Anhaltung erfolgte allerdings nicht dort sondern wesentlich später und habe mit dem behaupteten Tatort nichts zu tun.

 

Der Berufungswerber hätte vor Antritt der Fahrt dem Unternehmer und Konzessionsinhaber das Fehlen der Dokumente mitgeteilt, weshalb ihn am Nichtmitführen bzw. Nichtaushändigen des Dokuments keinerlei Verschulden treffe.

Dazu legte der Berufungswerber eine Bestätigung des Herrn J M, I, S, L, vor, in der dieser angibt, dass ihn der Berufungswerber am 18. Juni 2007 vor Fahrtantritt, also um ca. 08.00 Uhr, darauf aufmerksam gemacht habe, dass sich in der Sattelzugmaschine mit dem Kennzeichen keine beglaubigte Abschrift der Konzessionsurkunde befunden habe. Ein Zugriff auf diese Urkunde sei am 18. Juni 2007 nicht möglich gewesen, weil sich die Urkunde in einer anderen Fahrzeugeinheit seiner Fahrzeugflotte befunden habe und dieses Fahrzeug zu dieser Zeit im Ausland war. Es treffe daher Herrn W S keine Schuld.

 

Für das Einschreiten des anzeigenden Beamten würde keine Ermächtigung in Bezug auf das Güterbeförderungsgewerbe vorliegen, da in der Ermächtigungs­urkunde alle Gesetze dezidiert angeführt werden, nach welcher der jeweilige Beamte ermächtigt sei, einzuschreiten, hier das Güterbeförderungsgesetz aber fehle.

 

Das ihm zugestellte Straferkenntnis sei nicht unterschrieben worden. Bei einem Straferkenntnis könne nicht von einem automationsunterstützten Schreiben ausgegangen werden, weshalb das Straferkenntnis nicht gesetzeskonform erlassen worden sei.

 

Im Straferkenntnis sei als rechtliche Grundlage für die Verfahrenskosten der § 64 VStG angeführt, für das Güterbeförderungsgesetz gelte aber statt dessen § 23 Abs.6 GütbefG im Hinblick auf die Verfahrenskosten.

 

 

3.1.   Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsicht­nahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 9. Juni 2008 verbunden mit einem Lokalaugenschein an Ort und Stelle und Einvernahme des Berufungswerbers sowie des anzeigenden Beamten als Zeugen.

 

3.2.   In der öffentlichen mündlichen Verhandlung hat der Berufungswerber noch zusätzlich vorgebracht, dass die Abtretungsverfügung des Strafverfahrens nicht verwendbar sei, da hier die vorgeworfenen Delikte nicht angeführt worden seien. Dazu wurde von ihm auf ein Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 10. Dezember 2007, Zl. VwSen-162518/7, verwiesen. Auch in den Rechtshilfeersuchen seien die Delikte nirgendwo erwähnt worden.

 

Die Anhaltung sei auf Höhe der Firma S erfolgt. Dies sei die Adresse Terminalstraße 100.

 

3.3.   Der Unabhängige Verwaltungssenat geht von folgendem entscheidungs­wesentlichen Sachverhalt aus:

 

Der Berufungswerber hat am 18. Juni 2007 in der Zeit von ca. 08.00 Uhr bis zur Kontrolle um 10.35 Uhr eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern durchgeführt, ohne eine beglaubigte Abschrift der Konzessionsurkunde oder einen beglaubigten Auszug aus dem Gewerberegister mitgeführt zu haben.

 

Vor Antritt dieses Transports hat der Berufungswerber den Unternehmer, bei dem er beschäftigt ist, J M, S,  L, telefonisch vom Umstand des Fehlens der Urkunden verständigt. Von diesem wurde ihm mitgeteilt, dass diese Urkunden nicht in kurzem Wege beschafft werden können und er den Transport trotzdem durchzuführen habe.

 

Die Kontrolle erfolgte auf der Terminalstraße in Wels und zwar ca. 170 m vom Hausnummernschild der dortigen E-Tankstelle mit der Adresse Terminalstraße 99 entfernt. Vom augenscheinlich zu diesem Tankstellenareal dazu gehörenden Abstellplatz und zwar von dessen Rand in Richtung Anhaltung beträgt die Entfernung ca. 70 m. Die Anhaltung erfolgte auf einem Rechtsabbiegestreifen. Die Firma S liegt nicht in unmittelbarer Nähe des Anhalteortes.

 

3.4.   Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem erstinstanzlichen Verfahrensakt sowie aus den Ergebnissen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 9. Juni 2008, insbesondere auch aufgrund des dort durchgeführten Lokalaugenscheins und den dabei gemachten Lichtbildern.

So wurde der genaue Ort der Anhaltung vom einvernommenen Zeugen GI S insofern glaubwürdig dargestellt, als dieser zwar sich nicht an die konkrete Kontrolle im Detail erinnern konnte, aber glaubwürdig angegeben hat, dass er des Öfteren Kontrollen auf die gleiche Art und Weise durchführt und er dabei sein Einsatzfahrzeug am Ende des Rechtsabbiegestreifens nach der E-Tankstelle aufstellt und davor auf diesem Abbiegestreifen die Fahrzeuge anhält. Auch der Berufungswerber hat diesen Ausführungen des Zeugen GI S in der öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht widersprochen.

Bei Ortsaugenschein hat sich auch gezeigt, dass die Firma S nicht in unmittelbarer Nähe des Anhalteortes liegt, sondern wie auch auf den Lichtbildern der Beilage 2 der Verhandlungsschrift zu ersehen, erst einiges nach dieser Stelle.

 

Der grundsätzliche Umstand, dass die Güterbeförderung ohne die erforderlichen Urkunden durchgeführt wurde, wurde vom Berufungswerber in keiner Lage des Verfahrens bestritten.

Die Information seines Chefs wurde durch den Berufungswerber als auch durch die vorgelegte Bestätigung des Herrn J M für den Unabhängigen Verwaltungs­senat ebenfalls glaubwürdig dargelegt.

 

 

4.      Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1.   Zur übertretenen Rechtsnorm kann auf die Ausführungen der Erstbehörde verwiesen werden, in denen die einschlägigen Bestimmungen des § 6 und § 23 GütbefG 1995 zitiert worden sind.

 

4.2.   Der Berufungswerber hat grundsätzlich auch das Vorliegen des objektiven Tatbestandes nie bestritten, sondern lediglich formale Mängel vorgebracht, zu denen im Einzelnen auszuführen ist:

 

4.2.1. Grundsätzlich hat der Spruch eines Straferkenntnisses gemäß § 44a Z1 VStG die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dazu ist nach ständiger Rechtsprechung auch der Tatort konkret anzuführen. Der Vorschrift des § 44a Z1 VStG ist nur dann entsprochen, wenn die Tat dem Beschuldigten in so konkretisierender Umschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Durch die Angabe der Örtlichkeit Terminalstraße 99 in Verbindung mit der Tatzeit bzw. dem Zeitpunkt der Anhaltung besteht für den Berufungswerber keine Gefahr einer Doppelbestrafung und auch keine Beeinträchtigung seiner Verteidigungsrechte. Damit ist die Tat für den Berufungswerber eindeutig festgelegt. Noch dazu, da ja die vorgeworfene Übertretung, nämlich eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern ohne die erforderlichen Urkunden durchgeführt zu haben, sich auf einen längeren Zeitraum (nach Angaben des Berufungswerbers in der Zeit von 08.00 Uhr bis 10.35 Uhr) bezogen hat. Sie wurde auch nicht nur am konkreten Ort der Anhaltung begangen, wie etwa bei einer Übertretung eines Halte- oder Parkverbotes. Es können daher auch an diese Tatortangaben keine so strengen Anforderungen gemacht werden als bei derartigen Delikten, die an einer bestimmten Örtlichkeit begangen werden. Fest steht auf jeden Fall, dass der Berufungswerber die Terminalstraße befahren hat und ca. 170 m vom Zentrum der E-Tankstelle bzw. 70 m von dem noch dieser eindeutig zuordenbaren Parkplatzrand entfernt angehalten wurde.

Die Firma S, Terminalstraße 100, befindet sich zwar im Folgebereich aber nicht in unmittelbarer Nähe des Anhalteortes sondern erst einiges nach dieser Stelle. Die nähere Lokalisierung des Anhalteortes mit Wels, Terminalstraße 99 ist somit angesichts der vorhin dargelegten Umstände zulässig.

 

4.2.2. Bei der Änderung der Adresse des Arbeitgebers des Berufungswerbers von S auf S wurde hier nur eine geringfügige Richtigstellung vorge­nommen, die keinerlei relevanten Auswirkungen auf den Spruchinhalt und die darin vorgeworfene Übertretung hat.

 

4.2.3. Sofern vom Berufungswerber als Verfahrensmangel eine unzulässige Abtretung gemäß § 29a VStG angeführt wird, ist dem entgegenzuhalten, dass es sich bei der Abtretungsverfügung um eine bloße formlose Verfahrensanordnung handelt, an die keinesfalls so strenge Kriterien wie an einen Bescheid zu richten sind.

Gemäß § 29a Abs.2 VStG kann die zuständige Behörde das Strafverfahren oder den Strafvollzug an die sachlich zuständige Behörde übertragen, in deren Sprengel der Beschuldigte seinen Hauptwohnsitz oder Aufenthalt hat, wenn hiedurch das Verfahren wesentlich vereinfacht oder beschleunigt wird.

 

Die Frage, ob die Voraussetzungen des § 29a VStG zutreffen, bestimmt sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt des Vorgehens der Behörde (VwGH vom 31.05.1985, Zl. 85/18/0211,  sowie vom 23.09.1987, Zl. 87/03/0119). Demnach richtet sich die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer auf § 29a VStG gestützten Übertragung des Verwaltungsstrafverfahrens nicht danach, ob im nach Übertragung durchgeführten Verfahren tatsächlich eine wesentliche Verein­fachung oder Beschleunigung erzielt wurde sondern danach, ob die übertragende Behörde im Zeitpunkt ihres Vorgehens nach der angeführten Gesetzesstelle begründet der Auffassung sein konnte, durch die Übertragung des Verfahrens an eine andere Behörde werde der angeführte Erfolg eintreten (VwGH vom 28.02.1989, Zl. 88/07/0115; vom 25.01.1993, Zl. 92/10/0419; vom 17.03.1999, Zl. 97/03/0364).

Eine Übertragung des Strafverfahrens wegen einer im Straßenverkehr begangenen Übertretung an die zuständige Wohnsitzbehörde lässt grundsätzlich eine wesentliche Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens erwarten (dazu wieder VwGH vom 23.09.1987, Zl. 87/03/0119, und gleiche wie oben). Auch wenn die Arbeitsstelle des Beschuldigten zu einer anderen Bezirkshauptmannschaft näher gelegen ist, hindert dies nicht die Abtretung des Verfahrens nach § 29a VStG an die Wohnsitzbehörde, weil diese zum Beispiel auch unmittelbare Kenntnis von allfälligen bei einer Strafbemessung nach § 19 Abs.2 VStG zwingend zu beachtenden Vorstrafen hat (ebenfalls VwGH vom 17.03.1999, Zl. 97/03/0364).

 

Bereits unter Berücksichtigung der oben zitierten verwaltungsgerichtlichen Judikatur ist an der Abtretung an die Wohnsitzbehörde grundsätzlich kein Mangel zu erkennen. Im Zeitpunkt des Vorliegens der Anzeige konnte die ursprünglich örtlich zuständige Behörde durchaus erwarten, dass durch die Abtretung eine gemäß § 29a VStG verlangte Verfahrensvereinfachung oder -beschleunigung zu erwarten sein wird. Es lag eine vollständige Anzeige vor, die sowohl Tatort, Tatzeit und auch den Tatvorwurf bereits enthalten hat. Der Berufungswerber hat eindeutig seinen Hauptwohnsitz in L und somit im Bezirk Linz-Land. Auch für eine persönliche Einvernahme wäre hier der Weg vom Wohnsitz zur Bezirkshauptmannschaft Linz-Land kürzer als nach Wels. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land konnte natürlich auch ohne weiteres einen Verwaltungsvorstrafenauszug für den Berufungswerber aus eigenem erstellen, ohne hier einen Dritten dafür ersuchen zu müssen. Sie hat dies im Verfahren auch getan und auf Anforderung dem Berufungswerber zur Verfügung gestellt. Ob ein Lokalaugenschein notwendig wird, konnte die Tatortbehörde alleine auf Grund der Anzeige  und somit auch im Zeitpunkt der Abtretung noch nicht erkennen.

Überdies hat die nunmehrige Erstbehörde schriftlich direkt mit dem Stadtpolizeikommando Wels bzw. dem Zeugen GI S kommuniziert ohne Umwege über eine dritte Behörde oder Stelle.

 

Auch an die inhaltlichen Anforderungen der Abtretungsverfügung kann – wie bereits ausgeführt – kein allzu hoher Maßstab gesetzt werden. So lässt sich nirgends ableiten, dass hier allenfalls die konkrete gesetzliche Bestimmung der Übertretung anzuführen wäre. Auch aus dem zitierten Erkenntnis des Verwaltungssenates vom 10. Dezember 2007, Zl. VwSen-162518/7, lässt sich das nach Ansicht des erkennenden Mitgliedes des Unabhängigen Verwaltungssenates nicht ableiten, da hier nur in Bezug auf eine mögliche Verfolgungshandlung und deren Verjährung auch ausgesprochen wurde, dass eben in der Abtretungsverfügung kein konkreter Tatvorwurf bzw. die Delikte nicht konkret erwähnt wurden. Dabei wurde lediglich relativiert, dass eine Änderung des Tatvorwurfs innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungs­verjährungsfrist nicht mehr möglich gewesen war. Im Übrigen ist auch nach ständiger Judikatur die rechtliche Beurteilung nicht zwingender Bestandteil eines Tatvorwurfs und einer Aufforderung zur Rechtfertigung. Sie kann bei unverändertem Tatvorwurf auch sogar noch im Berufungsverfahren abgeändert werden.

 

Ein "Rechtshilfeersuchen" ist im erstinstanzlichen Strafverfahrensakt nirgendwo enthalten, sondern lediglich die Aufforderung an GI S seine Ermächtigungsurkunde in Kopie vorzulegen. Auch wenn dort Delikte nirgendwo erwähnt sind, führt dies zu keinem Verfahrensmangel, da auch hier die obigen Feststellungen wie für die Abtretungsverfügung gelten.

 

4.2.4. Zur fehlenden Ermächtigung des einschreitenden GI S nach dem Güterbeförderungsgesetz 1995 ist auszuführen, dass derartige Ermächtigungen gemäß § 50 VStG nur für die Ausstellung von Organstrafverfügungen erforderlich sind. Das Einbringen einer Anzeige ist Sicherheitswachebeamten generell erlaubt bzw. sind sie bei Feststellen von Verwaltungsübertretungen bei Vorliegen der Voraussetzungen (z.B. keine bloße Abmahnung oder Organstrafverfügung ausreichend) sogar dazu verpflichtet. Überdies haben gemäß § 21 Z1 und 2 GütbefG Organe der Straßenaufsicht und der Bundespolizei an der Vollziehung dieses Bundesgesetzes auch ausdrücklich mitzuwirken.

 

4.2.5. Zum fehlenden Bescheidmerkmal der Unterschrift auf der Ausfertigung des Straferkenntnisses ist anzuführen, dass gemäß der im Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses noch geltenden Fassung des § 82 Abs.14 AVG bis 31. Dezember 2007 Ausfertigungen schriftlicher Erledigungen, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt, aber nicht elektronisch signiert worden sind, weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung bedurften. Es ist allgemein bekannt, dass in der heutigen Zeit auch von Behörden Erledigungen mittels eines Textverarbeitungsprogramms erstellt werden. So war es auch augenscheinlich beim angefochtenen Straferkenntnis.

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Schriftstücke, die unter Zuhilfenahme eines Textverarbeitungssystems hergestellt wurden, als mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt anzusehen (VwGH vom 21.10.1987, Zl. 87/01/0256).

 

Es musste somit die Ausfertigung des Bescheides nicht unterschrieben sein. Der interne Entwurf wurde sehr wohl vom Sachbearbeiter eigenhändig unterfertigt.

 

4.2.6. Hinsichtlich des Verfahrenskostenbeitrages hat der Berufungswerber den § 23 Abs.6 GütbefG anscheinend falsch verstanden. Diese Bestimmung legt lediglich fest, dass von den eingehobenen Strafgeldern 30 % der Gebietskörperschaft zufließen, die den Aufwand jener Behörde zu tragen hat, die das Strafverfahren in erster Instanz durchführt, und weitere 70 % dem österreichischen Verkehrssicherheitsfond zufließen. Dabei geht es lediglich um die Widmung von Strafgeldern, nicht jedoch um einen Verfahrenskostenbeitrag, der sehr wohl in § 64 VStG festgelegt ist und gemäß Abs.2 dieser Bestimmung hinsichtlich des Verfahrens erster Instanz mit 10 % der verhängten Strafe, für das Berufungsverfahren mit weiteren 20 % der verhängten Strafe bemessen wird.

 

4.3.   Hinsichtlich des Verschuldens hat der Berufungswerber selbst immer wieder eingestanden, dass ihm bewusst war, dass er die erforderlichen Unterlagen für den Transport nicht im Fahrzeug hatte. Er hat zwar seinen Chef davon informiert, die Fahrt auf dessen Anordnung jedoch trotzdem angetreten. Der Berufungswerber hat somit vorsätzlich im Sinne der Wissentlichkeit gemäß § 5 Abs.3 Strafgesetzbuch gehandelt.

Das Handeln im Auftrag und auf Weisung seines Dienstgebers wirkt auch nicht schuldbefreiend, da selbst mögliche wirtschaftliche Nachteile des im Dienstverhältnis stehenden Täters, selbst im Fall einer von ihm zu befürchteten Kündigung bei Nichtbefolgung einer Weisung seines Arbeitgebers, keine entschuldigende Notstandssituation gemäß § 6 VStG begründen können (VwGH vom 25.11.2004, Zl. 2003/03/0297).

Überdies hat der Berufungswerber das Androhen einer Kündigung durch seinen Dienstgeber auch gar nicht behauptet und hat dies auch der Dienstgeber in seiner Stellungnahme nicht angeführt. Der Berufungswerber hat daher die Übertretung auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten.

 

4.4.   Hinsichtlich der Strafbemessung gemäß § 19 VStG hat die Erstbehörde ihr Ermessen im Sinne des Gesetzes ausgeübt. Sie hat zu Recht die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Berufungswerbers berücksichtigt, ist zu Recht mangels Angaben von einer Schätzung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse ausgegangen und hat als Begründung auch spezialpräventive Gründe angegeben, um den Berufungswerber von weiteren Verletzungen des Güterbeförderungsgesetzes abzuhalten und ihn dazu zu bewegen, der Einhaltung der diesbezüglichen Vorschriften in Hinkunft mehr Augenmerk zu schenken. Dies ist aus Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates durchaus berechtigt, da der Berufungs­werber, wie er aus seinem eigenen Vorbringen durchaus zu erkennen gegeben hat, sich wissentlich über die Vorschriften hinweg gesetzt hat und offensichtlich ohne besondere Widerstände der Anweisung seines Arbeitgebers, den Transport ohne die Papiere durchzuführen, gefolgt ist.

 

Bei einem Strafrahmen von insgesamt 726 Euro macht die verhängte Strafe von 60 Euro weniger als 1 % der Höchststrafe aus und ist somit keinesfalls als überhöht anzusehen.

 

Von der Anwendung der Bestimmungen der §§ 20 und 21 VStG (außerordentliche Strafmilderung bzw. Absehen von der Strafe) war Abstand zu nehmen, zumal die hiefür erforderlichen kumulativen Voraussetzungen (geringes Verschulden bzw. geringe Auswirkungen der Tat) nicht gegeben waren. Ein beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe gegenüber den Erschwerungsgründen gemäß § 20 VStG liegt nicht vor. Angesichts der Umstände der Übertretung sowie dem Fehlen eines bloß geringfügigen Verschuldens gelangt auch die Bestimmung des § 21 VStG nicht zur Anwendung.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

5.      Der Kostenspruch ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Leopold Wimmer

 

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