Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100005/6/Weg/Bf

Linz, 28.05.1991

VwSen - 100005/6/Weg/Bf Linz, am 28. Mai 1991 DVR.0690392 Mag. J A, St. F; Übertretung der StVO 1960 - Berufung

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Einzelmitglied W.Hofrat Dr. Wegschaider über die Berufung des Mag. J A, St. F, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 31.1.1991, St 17793/90-In, aufgrund des Ergebnisses der am 17.5.1991 stattgefundenen öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, der angefochtene Bescheid behoben und das Strafverfahren eingestellt.

II. Die Verpflichtung zur Leistung des Kostenbeitrages zum Strafverfahren I. Instanz wird aufgehoben.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG, §§ 24, 45 Abs.1 lit.a, 51, 51c - 51i VStG, § 5 Abs.1 StVO 1960. zu II.: § 66 VStG ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I.1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit mündlich verkündetem Straferkenntnis vom 31. Jänner 1991, St 17793/90-In, gegen den Berufungswerber wegen Verletzung des § 5 Abs.1 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von S 10.000,-- und im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Tagen verhängt, weil er am 20.12.1990 um 1.22 Uhr in Linz vom Hause Untere Donaulände 12 bis Rechte Donaustraße gegenüber Nr. 7 den PKW in einem durch Alkohol beeinträchtigten und somit fahruntüchtigen Zustand gelenkt hat. Außerdem wurde er zum Ersatz des Strafkostenbeitrages in der Höhe von S 1.000,-und zum Ersatz der Barauslagen für das Teströhrchen von S 10,-- verpflichtet.

Diesem Straferkenntnis lag eine Anzeige des Wachzimmers Landhaus zugrunde, nach welcher der Berufungswerber aufgrund eines am 20.12.1990 um 1.32 Uhr bzw. um 1.33 Uhr durchgeführten Alkomatentestes einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,41 mg/l bzw. 0,42 mg/l aufgewiesen habe.

Zum mündlich verkündeten Straferkenntnis vom 31. Jänner 1991 hat der Berufungswerber keine Erklärung abgegeben. Im genannten Straferkenntnis ist als mildernd die geringfügige Alkoholisierung angeführt.

Gegen dieses Straferkenntnis brachte der Berufungswerber mit Schreiben vom 14. Februar 1991 Berufung ein und beantragte die Einstellung des Verfahrens.

I.2. Die Berufung ist rechtzeitig. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Da keine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch ein Einzelmitglied zu entscheiden. Da ein ausdrücklicher Verzicht bezüglich der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung von den Parteien nicht abgegeben wurde, war gemäß § 51e VStG eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen. Diese fand am 17. Mai 1991 in den Amtsräumlichkeiten des O.ö. Verwaltungssenates statt.

I.3. Der Berufungswerber bestreitet die ihm angelastete Verwaltungsübertretung und bringt sinngemäß vor, er habe kurz vor der Lenkerkontrolle, welche um 1.22 Uhr stattfand, nämlich um 1.15 Uhr ein Achtelliter Weißwein getrunken, sodaß er zum Tatzeitpunkt, nämlich um 1.22 Uhr, noch nicht einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber aufgewiesen habe bzw. in einem gemäß § 5 Abs.1 StVO 1960 alkoholbeeinträchtigten Zustand sein Kraftfahrzeug gelenkt habe. Er trage eine Metallgerüstzahnprothese mit einer Gaumenplatte, was einen längeren Verbleib der Speisereste und auch der Reste alkoholischer Getränke nach sich ziehe, was das Testergebnis verfälsche. Außerdem habe er sich um 1.22 Uhr noch in der Resorptionsphase des um 1.15 Uhr genossenen Alkohols befunden und er sei aus diesem Grund zum Zeitpunkt der Lenkerkontrolle noch unter dem Grenzwert von 0,4 mg/l gewesen. Er ersuchte um die Vernehmung des Beifahrers F F als Zeuge zum Beweis dafür, daß er kurz vor Antritt der Fahrt ein Achtelliter Weißwein getrunken habe. Außerdem ersuchte er um die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür, daß einerseits aufgrund der Trinkverantwortung und andererseits aufgrund der Gaumenplatte zum Zeitpunkt der Lenkerkontrolle eine Alkoholisierung im Sinne des § 5 Abs.1 StVO 1960 nicht vorgelegen sei.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat das Ermittlungsverfahren mit dem Ersuchen an den medizinischen Amtsachverständigendienst des Amtes der O.ö. Landesregierung ergänzt, ein Gutachten darüber zu erstellen, ob für den Fall des Zutreffens der Trinkverantwortung, insbesondere des Sturztrunkes, zum Tatzeitpunkt 0,4 mg/l oder darüber erreicht worden seien oder nicht. Dieses Aktengutachten ergab, daß - schenkt man der Verantwortung des Sturztrunkes Glauben - zum Tatzeitpunkt, also um 1.22 Uhr der Alkoholgehalt der Atemluft unter 0,4 mg/l zu liegen komme.

I.5. Daraufhin wurde aufgrund der als Rechtsgrundlage zitierten Gesetzesbestimmungen die mündliche Verhandlung anberaumt und neben den Parteien die Zeugen F F und M H (Meldungsleger) sowie die medizinische Amtsachverständige Dr. M P geladen.

I.6. Aufgrund der am 17.5.1991 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung kristallisierte sich nachstehender entscheidungsrelevanter Sachverhalt heraus:

Die Trinkverantwortung des Rechtsmittelwerbers, nämlich der Genuß eines Achtelliters Weißwein ca. 7 Minuten vor der Lenker- und Fahrzeugkontrolle konnte nicht mit jener Sicherheit widerlegt werden, die für den Schuldspruch im Verwaltungsstrafverfahren Voraussetzung wäre. Vor allem die Zeugenaussage des F F bestätigte diese Trinkverantwortung. Die Glaubwürdigkeit des Zeugen F F erscheint dadurch gegeben, daß diesen mit dem Beschuldigten kein enges freundschaftliches Verhältnis verbindet (sie sahen sich am Verhandlungstag das zweite Mal), aber auch der ausdrückliche und an Schärfe nichts zu wünschen übrig lassende Hinweis auf die strafrechtlichen Folgen einer falschen Beweisaussage. Außerdem ist es, wie schon das Wort "Reiseachterl" besagt, nicht unüblich, den Abschluß eines Abends noch mit einem Achterl Wein zu begießen. Zur Glaubwürdigkeit dieser Verantwortung trägt letztlich auch bei, daß sich der Beschuldigte von Beginn an, nämlich schon anläßlich der Alkokontrolle im Wachzimmer Landhaus damit verantwortet hat, kurz vor Antritt der Fahrt ein Achtelliter Weißwein getrunken zu haben. Dabei wird vom unabhängigen Verwaltungssenat nicht verkannt, daß die Trinkverantwortung in ihrer Gesamtheit nicht den Tatsachen entsprechen kann. Ein halber Liter Bockbier und ein Achtel Weißwein ergeben während eines Zeitraumes von 5 Stunden zumindest dann weniger Alkoholgehalt als 0,41 mg, wenn kein Restalkohol im Spiele war. Unabhängig davon, also unabhängig von der nicht glaubhaften Gesamttrinkverantwortung, konnte der Genuß des besagten Achtelliters Weißwein ca. 7 Minuten vor dem Tatzeitpunkt nicht widerlegt werden. Dieser Sturztrunk führte zur in sich widerspruchsfreien und logisch begründeten gutächtlichen Äußerung der dem Verfahren beigezogenen medizinischen Amtsachverständigen, daß nämlich der Rechtsmittelwerber zum Tatzeitpunkt einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,365 aufwies und somit die Grenze von 0,4 mg nicht erreichte. Bei der Rückrechnung über den Blutalkoholgehalt wurde dabei der Umrechnungsfaktor 2000 verwendet. Der Blutalkoholgehalt zum Tatzeitpunkt habe 0,73 Promille betragen.

I.7. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 5 Abs.1 StVO 1960 darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen, wer sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 Promille oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person als von Alkohol beeinträchtigt.

Der Gesetzgeber stellt mit dieser Formulierung hinsichtlich der Alkoholbeeinträchtigung auf das Lenken bzw. die Inbetriebnahme, sohin nicht auf den Zeitpunkt der später folgenden Kontrolle ab.

Aufgrund der als erwiesen angenommenen bzw. nicht widerlegbaren Trinkverantwortung und des geschilderten medizinischen Amtsachverständigengutachtens war dem Berufungswerber ein Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber auf den Tatzeitpunkt (1.22 Uhr) bezogen nicht nachzuweisen.

Der Akt enthält im übrigen auch keinen Hinweis darauf, daß die Anflutungsphase, hervorgerufen durch den Sturztrunk eines Achterl Weines, zu einer die Fahrunfähigkeit nach sich ziehenden Beeinträchtigung geführt haben könnte.

Gemäß § 45 Abs.1 lit.a VStG hat die Behörde von der Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann.

Dieser Beweis ist nicht glungen, sodaß spruchgemäß zu entscheiden war.

Zu II.: Die Entscheidung über die Verfahrenskosten stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider 6

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