Linz, 04.08.2008
E R K E N N T N I S
Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn Dipl.-Ing. P T, P, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 9. Juni 2008, Zl. S-20580/06-3, zu Recht:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Rechtsgrundlage:
§ 69 Abs.1 und 2 AVG iVm § 24 VStG.
Entscheidungsgründe:
1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid des Polizeidirektors von Linz wurde der Antrag des Berufungswerbers auf Wiederaufnahme des Verfahrens als unbegründet abgewiesen.
Dies im Ergebnis mit der Begründung, dass es für die Wiederaufnahme eines Verfahrens neu hervorgekommener Tatsachen oder Beweismittel bedürfe. Mit Tatsachen seien Geschehnisse im Seinsbereich, mit Beweismittel Mittel zur Herbeiführung eines Urteils über Tatsachen gemeint. Mit seinen Ausführungen hätte der Antragsteller einen Wiederaufnahmegrund nicht darzutun vermocht, da Tatsachen und Beweismittel nur dann einen Wiederaufnahmegrund darstellten, wenn sie bei Abschluss des Verfahrens schon vorhanden waren, deren Verwertung der Partei aber ohne sein Verschulden erst nachträglich möglich geworden ist (nova reperta). Ein ergänzender Erlass stellt jedenfalls keine nova reperta dar.
Unabhängig davon könnte der Inhalt eines Erlasses nicht einem Gesetz (FSG) derogieren. Gem. § 30a Abs. 2 Z. 5 FSG sind Übertretungen des § 18 Abs. 1 StVO, sofern die Übertretung mit technischen Messgeräten festgestellt wurde und der zeitliche Sicherheitsabstand 0,2 Sekunden oder mehr aber weniger als 0,4 Sekunden betragen hat, vorzumerken. Mit diesen Ausführungen ist die Behörde erster Instanz im Recht!
2. Diesem Bescheid tritt der Berufungswerber mit inhaltlich folgenden Ausführungen entgegen:
3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Bundespolizeidirektion Linz. Dem Berufungswerber wurde wegen der fehlenden Unterschrift im Berufungsschriftsatz Rücksprache gehalten, wobei die Authentizität und die Willenszurechnung des Schriftsatzes ebenso geklärt werden konnte, wie dem Berufungswerber gegenüber die Sach- u. Rechtslage erörtert wurde.
3.1. Wie bereits im h. Erkenntnis vom 21. November 2007, VwSen-162680/4/Br/Ps zum Ausdruck gelangte, wurde dem Berufungswerber eine Strafverfügung vom 12.07.2006 wegen einer Übertretung des § 18 Abs.1 StVO (der Sicherheitsabstand wurde mit einem technischen Messgerät bei einer Fahrgeschwindigkeit von 101 km/h mit 11,00 Meter zum Vorderfahrzeug festgestellt) zugestellt welche folglich offenbar in Rechtskraft erwuchs.
In der Strafverfügung fand sich ein Hinweis auf die Rechtsfolgen nach § 30a Abs.2 und § 30b Abs.3 FSG aufgenommen.
Am 25.05.2007 brachte der Berufungswerber bereits einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dieses mit der o.a. Strafverfügung rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens ein. Er verweist darin auf einen Erlass des BMVIT vom 05.12.2006. Gemäß dem Inhalt des Erlasses dürfe die ihm zur Last gelegte Übertretung zu keiner Vormerkung führen. Im Ergebnis inhaltsgleich ist nun auch der h. bereits abweisend beschiedene Antrag vom 30.4.2008 begründet.
4. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:
Gemäß § 69 Abs.1 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch rechtskräftigen Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn
· der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden ist oder
· neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten
· oder der Bescheid gemäß § 38 leg. cit von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde.
Gemäß § 69 Abs.2 AVG ist der Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen vom Zeitpunkt an, in dem der Antragsteller nachweislich vom Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Der angeblich dem Berufungswerber erst später zur Kenntnis gelangte Erlass zur Abstandsmessung des BMVIT ist weder als ein Beweismittel zu bezeichnen noch entbehrt dieser eines Sachbezugs zu dem in Rechtskraft erwachsenen Verfahrensergebnis. Nur in diesem Umfang wäre eine fehlende Kenntnis über Tatsachen – die ein anderes Verfahrensergebnis zu Folge haben hätten können – von Bedeutung. Dieser Erlass stellt auch keine Vorfrage des abgeschlossenen Verfahrens dar.
Der § 69 Abs.2 AVG knüpft ferner den Beginn der "subjektiven" zweiwöchigen Frist an den Zeitpunkt der Kenntniserlangung von einem vermeintlichen Wiederaufnahmegrund; siehe die in Walter-Thienel aaO, E38 zu § 69 AVG (Seite 1477) zitierte VwGH-Entscheidung.
Abgesehen davon, dass hier Gründe für eine Wiedereinsetzung vorliegen, waren die Gründe die der Berufungswerber in seinem Antrag ins Treffen führt, dem Berufungswerber längst vor dem 30.4.2008 bekannt, sodass – abgesehen von der fehlenden inhaltlichen Substanz - auch die o.a. Frist bei weitem nicht gewahrt worden wäre.
Der Berufungswerber hat in seinem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens
keinen in § 69 Abs.1 AVG genannten Wiederaufnahmegrund vorgebracht und auch nicht iSd § 69 Abs.2 AVG dargelegt, dass er von einem allfälligen Wiederaufnahmegrund erst innerhalb eines Zeitraumes von zwei Wochen vor Stellung dieses Wiederaufnahmeantrages Kenntnis erlangt hat.
In seinem Vorbringen vermögen demnach, wie die Behörde erster Instanz zutreffend aufzeigte, auch keine Wiedereinsetzungsgründe erblickt werden.
Wie bereits in seiner Berufung gegen den abgewiesenen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand musste auch diesem Rechtsmittel ein Erfolg versagt bleiben.
Abschließend sei bemerkt, dass laut einer von h. durchgeführten Abrage im Führerscheinregister (FS-Serie-Nr.: B1822790, VerkR1204/04/2457/1993) die eingetragene Vormerkung seit 30.7.2008 bereits getilgt ist.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. B l e i e r