Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251600/26/Lg/Ba

Linz, 24.06.2008

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine VIII. Kammer (Vorsitzender: Dr. Werner Reichenberger, Berichter: Dr. Ewald Langeder, Beisitzer: Dr. Leopold Wimmer) nach der am 27. Mai 2008 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des C E, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. K Z, S S , H/A, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Kirchdorf an der Krems  vom 13. Juli 2007, Zl. Sich96-100-2007-Sk, wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungs­gesetzes 1975 (AuslBG) zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: §§ 45 Abs.1 Z 1, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

Zu II: § 66 Abs.1  VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 4.000 Euro bzw. Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Tagen verhängt, weil er am 12.4.2007 um 22.30 Uhr eine Kontrolle durch Organe des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr (KIAB) hinsichtlich der Einhaltung der Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes im Nachlokal und Bordellbetrieb "P" in I im K  beeinträchtigt habe, indem er vorerst telefonisch und in weiterer Folge persönlich die im Lokal anwesenden Damen (Kellnerin B K, M E) angewiesen habe, keine Personenblätter auszufüllen, woraufhin Frau B ihr Personenblatt, welches sie bereits mit dem Ausfüllen begonnen habe, wieder zerrissen habe. Im Zuge dieser Amtshandlung habe der Berufungswerber die Kontrollbeamten auch wüst beschimpft.

 

Der Berufungswerber habe dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 26 Abs.1 und 4 iVm § 28 Abs.1 Z 1 lit.f AuslGB. Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) sei der Berufungswerber gemäß § 28 Abs.1 Z 2 lit.c (sic!) AuslBG in der genannten Höhe zu bestrafen gewesen.

 

In der Begründung verweist das angefochtene Straferkenntnis auf den Strafantrag des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr vom 26.4.2007, auf die Stellungnahme des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr vom 18.6.2007 sowie auf den Umstand, dass der Berufungswerber von der Möglichkeit zur Rechtfertigung im erstinstanzlichen Verfahren nicht Gebrauch gemacht habe.

 

Weiters wird ausgeführt, der Berufungswerber habe eine rechtmäßig laufende Kontrolle durch Organe des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr durch seine telefonische Anweisung, keine Personenblätter auszufüllen und durch sein anschließendes Auftreten erheblich behindert und erschwert. Zweck der zitierten Bestimmungen des AuslBG sei es, den ermächtigten Kontrollorganen die Möglichkeit zu geben, die Einhaltung der Bestimmungen des AuslBG effizient zu überwachen und zu kontrollieren. Zu diesem Zweck habe der Gesetzgeber eine Auskunftspflicht und eine Pflicht zur Einsichtgewährung in Unterlagen normiert und den Kontrollorganen entsprechende Befugnisse erteilt.

 

Bei der Strafbemessung sei das rüpelhafte und aggressive Verhalten des Berufungswerbers trotz Hinweises auf die Rechtsfolgen (Kontrollverweigerung) als vorsätzlich und somit als besonders erschwerend zu werten. Außerdem würden über den Berufungswerber bei der BPD Linz zwölf Verwaltungsvormerkungen (KFG, StVO) aufscheinen. Mildernde Umstände seien nicht hervorgekommen. Auszugehen sei von einem geschätzten monatlichen Nettoeinkommen von 2.000 Euro.

 

2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht, dass E M niemals im Lokal "P" in I als Kellnerin tätig gewesen sei. Sie habe sich beim Einschreiten der Beamten ordnungsgemäß ausgewiesen und habe diesen gegenüber auch mitgeteilt, dass sie im Lokal nicht tätig sei. Weshalb ihr dennoch ein Personenblatt zum Ausfüllen vorgelegt wurde, sei daher völlig unverständlich. Auch sonstige Anhaltspunkte für eine Tätigkeit im Lokal seien nicht vorgelegen. In der Anzeige sei nicht ausgeführt, dass M gegenüber den einschreitenden Polizeibeamten und auch gegenüber dem Finanzamt mitgeteilt habe, dass sie im Lokal nicht tätig ist. Sie habe sich damals im Lokal auf Besuch aufgehalten und auf das Eintreffen des Berufungswerbers gewartet. Dies sei der Zweck ihres Aufenthalts im Lokal gewesen. Mag es auch für Außenstehende befremdend erscheinen, so habe sich M bereits zuvor öfters im Lokal zu Besuch aufgehalten und habe sie niemals damit Probleme gehabt, sich mit dem Berufungswerber an diesem Ort zu treffen.

 

Aus der Anzeige sei nicht ersichtlich, weshalb M nach dem AuslBG kontrolliert werden sollte. Sie sei österreichische Staatsbürgerin und habe daher für sie auch keine Verpflichtung bestanden, im Zuge einer Erhebung wegen Verstößen gegen das AuslBG Auskünfte zu erteilen bzw. insbesondere Personalblätter auszufüllen. Nachdem sie den Reisepass vorgezeigt hat, sei klar gewesen, dass sie Österreicherin ist und dass sie auch keinen Verstoß gegen das AuslBG begangen haben kann.

 

Richtig sei, dass Frau B zum damaligen Zeitpunkt als Kellnerin im Lokal tätig war. Auch sie habe gegenüber den einschreitenden Beamten ihre Daten durch Einsicht in den Reisepass und Bekanntgabe ihrer Meldeadresse ordnungsgemäß bekannt gegeben. Sie habe auch niemals bestritten, im Lokal als Kellnerin tätig zu sein.

 

Zum damaligen Zeitpunkt sei sie, wie sich später herausgestellt habe, auf Grund der falschen Auskunft des Steuerberaters, welcher die Rechtslage geprüft habe, ordnungsgemäß als Kellnerin bei der Gebietskrankenkasse angemeldet worden und seien auch die entsprechenden Beiträge an das Finanzamt abgeführt worden.

 

Im AusBG sei unter § 26 festgehalten, dass der Ausländer verpflichtet ist, Auskünfte zu erteilen und darüber hinaus verpflichtet ist, den Kontrollbeamten Einsicht in Unterlagen zu gewähren. Insbesondere in Abs.4 sei festgehalten, dass die Behörden befugt sind, die Identität der Personen festzustellen.

 

Wie die Auskunft durch den Betroffenen zu erteilen ist, sei im Gesetz nicht festgehalten. Frau B habe jedoch jedenfalls die Auskünfte ordnungsgemäß erteilt. Sie habe ihren Reisepass den einschreitenden Beamten vorgezeigt und darüber hinaus mündlich nie in Abrede gestellt, als Kellnerin beschäftigt zu sein. Ferner habe sie dargelegt, dass sie bei der Gebietskrankenkasse ordnungsgemäß angemeldet sei.

 

Die Verpflichtung, ein Personenblatt auszufüllen, sei im AuslBG in keiner Weise enthalten. Es könne B daher nicht vorgeworfen werden, dass sie die Auskünfte nicht in hinreichendem Maße erteilt hat.

 

Richtig sei, dass Frau B, nachdem ihr der Berufungswerber telefonisch mitgeteilt habe, dass sie nur die Auskünfte zu erteilen (habe), aber kein Personenblatt ausfüllen müsse, in der Folge das Personenblatt zerrissen habe. Die Entscheidung, ein bereits teilweise ausgefülltes Personenblatt zu zerreißen, sei jedoch von ihr allein getroffen worden, nachdem sie über die tatsächliche Gesetzeslage (nämlich ausschließliche Verpflichtung zur Auskunftserteilung) aufgeklärt worden sei.

 

Eine Behinderung der Amtshandlung sei daher keinesfalls durch den Berufungswerber verursacht worden. Auch ohne Personenblatt habe Frau B sämtliche zur Beurteilung erforderlichen Auskünfte bereits erteilt gehabt. Die Amtshandlung habe daher durch den Berufungswerber nicht mehr behindert werden können, da alles Erforderliche bereits geschehen gewesen sei.

 

Als der Berufungswerber erschienen sei, hätten Frau B und Frau M sämtliche Auskünfte im Sinne des AuslBG bereits erteilt. Richtig sei, dass sich der Berufungswerber darüber geärgert habe, dass von den einschreitenden Beamten, obwohl hinreichende Auskünfte erteilt gewesen seien, dennoch das Ausfüllen des Personenblattes gefordert worden sei, obwohl eine solche gesetzliche Verpflichtung nicht bestehe.

 

Frau B habe angegeben, dass sie bei der Gebietskrankenkasse gemeldet sei. Bei dieser seien auch bereits die Daten aufgeschienen, für welche Wochenstundenzahl und für welchen Verdienst die Meldung erfolgt sei. Der Berufungswerber habe keine Amtshandlung mehr behindern können, da diese mit der Erteilung der Auskünfte bereits abgeschlossen gewesen sei.

 

Richtig sei, dass der Berufungswerber, nachdem alle Daten bereits bekannt gegeben worden seien, die einschreitenden Beamten aufgefordert habe, das Lokal wieder zu verlassen. Es habe auch kein Grund mehr bestanden, dass die Beamten weiterhin im Lokal verweilen.

 

Dass sämtliche erforderlichen Daten erteilt wurden, zeige auch, dass sämtliche Beteiligte unter den richtigen Namen und unter den richtigen Adressen angezeigt worden seien.

 

Unrichtig sei, dass der Berufungswerber Pächter des Lokales "P" gewesen sei. Der Berufungswerber sei lediglich Angestellter der Betreiber G C. GmbH, er sei aber niemals Pächter des Lokales gewesen.

Er sei daher auch nicht verpflichtet gewesen, Auskünfte zu erteilen. Ferner sei für ihn keine weitere Verpflichtung bestanden, nachdem vor seinem Erscheinen im Lokal Frau M und Frau B bereits sämtliche Daten bekannt gegeben hätten. Bei seinem Erscheinen im Lokal sei die Amtshandlung, nachdem sämtliche Erhebungsergebnisse festgestanden seien, abgeschlossen gewesen.

 

Keinesfalls könne die Nichtabgabe einer schriftlichen Stellungnahme einem Schuldbekenntnis gleichkommen. Der Beschuldigte habe die Möglichkeit, sich in erster Instanz nicht zu äußern, wenn er schon allein aus der Tendenz des bisherigen Verfahrens der Behörden erkenne, dass ohnehin seiner Stellungnahme kein Gehör geschenkt werde. Die gegenteilige Rechtsansicht sei befremdend.

 

Ausdrücklich bestritten werde, dass der Berufungswerber die Kontrollbeamten wüst beschimpft habe, was im Übrigen auch kein strafbares Delikt im Sinne des AuslBG darstelle.

 

Es wird beantragt, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben, in eventu, die verhängte Geldstrafe auf ein schuld- und tatangemessenes Maß herabzusetzen. Der Berufungswerber bringe lediglich 950 Euro monatlich netto ins Verdienen.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt der Strafantrag des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr vom 26.4.2007 bei. Dort ist festgehalten:

 

"Übertretungstatbestand: § 26 iVm § 28 Abs.1 Z 2 lit. c, d, e, f AuslBG

Dienstbehinderung:

Wer seinen Verpflichtungen gemäß § 26 Abs.1, 2, 3, 4 und 4a nicht nachkommt oder entgegen dem § 26 AuslBG die Durchführung der Amtshandlung beeinträchtigt ist gemäß § 28 Abs.1 Zif. 2 lit.c bis f mit Geldstrafe von € 2.500,-- bis € 8.000,-- zu bestrafen.

 

Sachverhalt:

Am 12.04.2007 um 22:30 Uhr fand im Nachtlokal P,  I, (Inh. P S, whft.  L, W) eine gemeinsam durch Organe des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr, des Landeskriminalamtes Linz, sowie der Polizeiinspektion M durchgeführte Kontrolle nach dem AuslBG bzw. FPG statt.

Zu diesem Zeitpunkt waren neben mehreren Prostituierten auch zwei Kellnerinnen im Lokal anwesend:

Frau B K, und Frau M E. Fr. B war den KIAB-Organen bereits bekannt, da sie bei einer Kontrolle am 21.02.2007 bereits dort angetroffen worden war, worauf hin unter der Geschäftszahl 051/12046/2007 am 09.03.2007 ein Strafantrag wegen illegaler Ausländerbeschäftigung an die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf übermittelt wurde.

Fr. M war nicht zur SV angemeldet.

Nachdem die beiden Damen mit dem Ausfüllen von Personenblättern begonnen hatten, schaltete sich Herr C E, zunächst telefonisch, später persönlich anwesend, in die Amtshandlung ein und verhinderte durch sein Vorgehen und Verhalten die Durchführung der Kontrolle.

Das Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr kann ein solches Verhalten niemals dulden und beantragt deshalb die Durchführung eines Verwaltungsstrafverfahrens...

Die Finanzbehörde beantragt eine Strafe in der Höhe von € 4.000,00...

 

Aktenvermerk zur Kontrolle P,  I, am 12.04.2007:

Bei der am 12.04.2007 um 22:30 Uhr im P H I stattgefundenen KIAB-Kontrolle (Teilnehmer: P, W, BezInsp M (LKA), GrpInsp N (LKA), GrpInsp K (PI M)) kam es zu folgendem Sachverhalt:

Den zwei anwesenden Kellnerinnen (M E, B K) wurde nach Einsichtnahme in deren Ausweisdokumente je ein Personenblatt zum Ausfüllen überreicht. Nachdem die Damen mit dem Ausfüllen begonnen hatten, rief Fr. B den zu der Zeit nicht anwesenden Hrn. C an und dieser untersagte den Damen jegliches weitere Ausfüllen der Personenblätter, was C auch gegenüber AR P am Telefon nochmals ausdrücklich sagte. Weiters sagte C, dass er in 10 Minuten da sein werde. Daraufhin wurde von Fr. B das ausgehändigte Personenblatt zerrissen und weggeworfen. Fr. M verweigerte ebenfalls alle weiteren Angaben.

Die Kontrollorgane warteten nun das Eintreffen von Hrn. C ab.

Während dessen wurden die anwesenden Prostituierten von den Polizeiorganen auf Einhaltung der gesundheitsbehördlichen und fremdenrechtlichen Bestimmungen überprüft. Drei anwesende nigerianische Asylwerberinnen hatten keine gültige ärztliche Untersuchungen vorzuweisen. Deren Asylkarten wurden von den Polizeiorganen einbehalten, und den drei Damen wurde angeordnet, das Etablissement zu verlassen. Außerdem wurden seitens der Polizeiorgane von den anwesenden Damen Gesichtsfotos gemacht.

Als C um 22:50 Uhr eintraf, begann er sofort zu schreien: "Her mit den Fotos! Hier werden keine Fotos gemacht.!" Gegenüber den KIAB-Organen schrie C: "Schleichts Euch, verlasst sofort das Haus! Ihr von der Finanz und vom Zoll seid alle Arschlöcher!" Nachdem Hr. C sich nicht beruhigen liess, und auch dem Argument, dass dies eine Kontrollverweigerung sei, nicht zugänglich war (C: "Das ist mir Wurscht!"), verliessen P und W um 22:53 Uhr das Lokal und warteten im vor dem Haus abgestellten Dienst-KFZ auf die Beendigung der polizeilichen Amtshandlung, welche schließlich bis 23:35 Uhr andauerte."

 

Dem Strafantrag liegt ein teilweise von E M ausgefülltes Personenblatt bei. Darin gab sie an, österreichische Staatsbürgerin zu sein. Als Sozialversicherungsnummer gab sie an: . Amtlich ist vermerkt, dass alle weiteren Angaben nach Anordnung von Herrn C verweigert worden seien.

 

Weiters liegt dem Strafantrag ein Versicherungsdatenauszug für E M, Versicherungsnummer  bei. Demnach war sie zuletzt für die Zeit vom 1.7.2006 bis 28.2.2007 als Arbeiterin bei Verdienstgeberin P A und am 10.2.2007 als Arbeiterin bei der B G GmbH gemeldet.

 

Weiters liegt dem Akt eine seitens der BPD Linz übermittelte Liste von Vormerkungen betreffend den Berufungswerber bei.

 

Nach Aufforderung zur Rechtfertigung vom 14.5.2007 stellte der Vertreter des Berufungswerbers einen Antrag auf Aktenübersendung.

 

Mit Schreiben vom 18.6.2007 nahm das Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr dahingehend Stellung, dass das Nichterscheinen des Beschuldigten zum Ladungstermin und die Nichtabgabe einer schriftlichen Stellungnahme einem Schuldbekenntnis gleichkomme. Durch das im Strafantrag geschilderte Verhalten des Berufungswerbers gegenüber den Bediensteten der Abgabebehörde habe dieser die Durchführung der Amtshandlung am 12.4.2007 im Nachlokal P H beeinträchtigt.

 

Mit Schreiben vom 31.5.2007 erfolgte die Übersendung einer Aktenkopie an den Vertreter des Berufungswerbers unter neuerlicher Fristsetzung für eine Stellungnahme.

 

Dem Akt ist neben dem Straferkenntnis vom 13.7.2007 samt Zustellungsnachweisen bzw. der Berufung vom 30.7.2007 ein Ausdruck aus der Strafdatei, Stand 31.7.21007, beigelegt.

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung legte der Berufungswerber dar, er sei von B telefonisch von der Kontrolle verständigt worden. Er habe gegen die Identitätsfeststellung keinen Einwand gehabt und B gesagt, sie und M sollten sich ausweisen bzw. die persönlichen Daten (Name, Geburtsdatum, Wohnanschrift, Art der Tätigkeit im Lokal) bekannt gegeben, sehr wohl jedoch gegen das Ausfüllen des Personenblatts, weil in diesem die Fragen suggestiv bzw. in einer Weise gestellt seien, die die Ausländerinnen rechtlich überfordern und zu falschen Antworten verleiten würden, wie ihn die Erfahrung gelehrt habe. Der Berufungswerber habe auch keinen Einwand gegen die mit der Kontrolle nach dem AuslBG verbundene fremdenpolizeiliche Kontrolle durch Polizeiorgane gehabt.

 

Der Berufungswerber habe sich in das Lokal begeben. Die Polizisten hätten bereits die persönlichen Daten (Namen, Geburtsdaten, Wohnanschrift, Grund der Anwesenheit, bei B zusätzlich die sozialversicherungsrechtlichen Daten) aufgenommen gehabt. Der Berufungswerber habe auf dem Verbot des Ausfüllens des Personenblattes beharrt, die Kontrollorgane der KIAB auf dem Ausfüllen. Daraufhin habe der Berufungswerber die Kontrollorgane der KIAB aus dem Lokal verwiesen und sei die fremdenrechtliche Kontrolle durch die Polizeiorgane fortgesetzt worden.

 

B legte dar, sie habe sich mit einem Personalausweis ausgewiesen, welcher auch das Geburtsdatum enthalte, (glaublich unter Vorlage des Meldezettels) ihre Wohnanschrift bekannt gegeben und ferner bekannt gegeben, dass sie im Lokal als Kellnerin beschäftigt und sozialversichert sei (letzteres unter Vorlage einer Bestätigung).

 

M legte dar, sie habe sich privat im Lokal aufgehalten. Sie habe sich mit einem Reisepass ausgewiesen, in welchem auch das Geburtsdatum und ihr (immer noch aktueller) Wohnort festgehalten sei. Sie sei zu diesen Daten nicht gesondert befragt worden.

 

G M und W N (Landeskriminalamt) bestätigten, dass B und M sich ausgewiesen aber geweigert hätten, die Personenblätter auszufüllen. C habe lediglich die Organe der KIAB aus dem Lokal gewiesen, mit den Beamten des Landeskriminalamts jedoch kooperiert. Seitens der Beamten wären diesen bekannte Daten auf Anfrage natürlich an die KIAB weitergegeben worden.

 

Das Kontrollorgan P (Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr) sagte aus, die Daten von B seien bei der KIAB aufgrund früherer Kontrollen bereits bekannt gewesen bzw. im Amt aufgelegen. Beim Beharren auf dem Ausfüllen des Personenblatts sei es dem Zeugen lediglich darum gegangen, den Beweis für die Anwesenheit B durch deren Unterschrift zu sichern. M sei dem Zeugen nicht bekannt gewesen. Da sie sich ausgewiesen habe, sei klar gewesen, dass sie Österreicherin ist.

 

Das Kontrollorgan W (Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr) bestätigte, dass B und M sich ausgewiesen hätten.

 

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

5.1. Gemäß § 28 Abs.1 Z 2 lit.f AuslBG ist mit Geldstrafe von 2.500 Euro bis 8.000 Euro zu bestrafen, wer entgegen dem § 26 Abs.4 und 4a die Durchführung der Amtshandlungen beeinträchtigt.

 

§ 26 Abs.4 AuslBG lautet:

"Die Organe der Abgabenbehörden sind im Rahmen ihrer Kontrolltätigkeit nach diesem Bundesgesetz befugt, die Identität von Personen festzustellen sowie Fahrzeuge und sonstige Beförderungsmittel anzuhalten und zu überprüfen, wenn Grund zur Annahme besteht, dass es sich bei diesen Personen um ausländische Arbeitskräfte handelt, die beschäftigt werden oder zu Arbeitsleistungen herangezogen werden. Die Organe der Abgabenbehörden sind, wenn wegen Gefahr in Verzug das Einschreiten von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes nicht abgewartet werden kann, auch ermächtigt, Ausländer für die Fremdenpolizeibehörde festzunehmen, wenn Grund zur Annahme besteht, dass diese Ausländer im Bundesgebiet eine Erwerbstätigkeit ausüben oder ausüben wollen, ohne dazu berechtigt zu sein, und sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten. Den Organen der Abgabenbehörden kommen dabei die im § 35 VStG geregelten Befugnisse der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu. Die Ausländer sind unverzüglich der Fremdenpolizeibehörde oder der nächstgelegenen Sicherheitsdienststelle zu übergeben."

 

§ 26 Abs.4a AuslBG lautet:

"Die Feststellung der Identität ist das Erfassen der Namen, des Geburtsdatums und der Wohnanschrift eines Menschen in dessen Anwesenheit. Sie hat mit der vom Anlass gebotenen Verlässlichkeit zu erfolgen. Menschen, deren Identität festgestellt werden soll, sind hievon in Kenntnis zu setzen. Jeder Betroffene ist verpflichtet, an der Feststellung seiner Identität mitzuwirken und die unmittelbare Durchsetzung der Identitätsfeststellung zu dulden."

 

5.2. Unbestritten steht fest, dass M und B sich bei der Kontrolle auswiesen, dass sämtliche Daten B beim Finanzamt amtsbekannt waren und dass infolge der Ausweisleistung klar war, dass M österreichische Staatsbürgerin ist. Zumindest im Zweifel ist von der unbestritten gebliebenen Behauptung des Berufungswerbers auszugehen, er habe gegenüber B und M zum Ausdruck gebracht, er habe keinen Einwand gegen die Bekanntgabe der für die Identitätsfeststellung im Sinne des § 26 Abs.4 und 4a notwendigen Daten. Ferner ist davon auszugehen, dass C M und B die "Weisung" erteilte, die Personenblätter nicht auszufüllen. Schließlich steht fest, dass der Berufungswerber durch das Wegweisen eine weitere Aktivität der Kontrollorgane verhinderte.

 

5.3. Aufgrund § 26 Abs.4 und 4a AuslBG sind die dort genannten Organe befugt, die Identität (= Name, Geburtsdatum und Wohnanschrift) von (möglicherweise) ausländischen (vgl. den Wortlaut des § 26 Abs.4 AuslBG) Arbeitskräften festzustellen. Die rechtlich relevante Fragestellung zielt darauf, ob der Berufungswerber durch sein Verhalten diese Identitätsfeststellung beeinträchtigt hat (und nicht, wie festgehalten sei, darauf, ob er sich angemessener Umgangsformen bediente).

 

Von einer solchen Beeinträchtigung kann von vornherein nicht die Rede sein, wenn die relevanten Daten bereits vor der Kontrolle bekannt waren bzw. während der Kontrolle bekannt gegeben wurden. Dies war (nach eigener Aussage des Kontrollorgans P) bei B nicht nur auf Grund der Ausweisleistung, sondern vor allem aufgrund der Amtsbekanntheit der Fall. Was M betrifft, waren aufgrund der Ausweisleistung ebenfalls Name, Geburtsdatum und Wohnort bekannt.

 

Aus diesen Gründen ist die Strafbarkeit des Berufungswerbers nicht gegeben. Bei M kommt im Übrigen hinzu, dass in der Kontrollsituation klar war, dass auf sie das Merkmal einer (möglichen) ausländischen Arbeitskraft nicht zutrifft.

 

Der Umstand, dass im angefochtenen Straferkenntnis die Tathandlung mit der Anweisung, kein Personenblatt auszufüllen, umschrieben ist und dies nach der Anzeige und den Aussagen in der öffentlichen mündlichen Verhandlung den Kernpunkt der Auseinandersetzung bildete, wirft, wie vom Berufungswerber zutreffend erkannt, die Frage auf, ob § 26 Abs.4, 4a AuslBG eine bestimmte Form der Informationsbeschaffung, nämlich das Ausfüllen des Personenblatts, (unter dem Blickwinkel der Beeinträchtigung der Amtshandlung durch Dritte!) unter strafrechtlichen Schutz stellt. Eine bejahende Antwort, wonach die Kontrollorgane die Freiheit der Formenwahl haben und daher etwa das Ausfüllen eines bestimmten Formblattes als einzig zulässige Form festlegen können, scheint zumindest nicht zwingend zu sein. Teilt man diese Auffassung nicht, so wäre wohl das Verhalten des Berufungswerbers auch unter diesem Blickwinkel straflos, da er nur eine bestimmte Form des Informationstransfers verhindert hat. Entscheidend ist jedoch, dass über Formulare wie das Personenblatt der Informationsumfang nicht über den durch § 26 Abs.4, 4a AuslBG vorgezeichneten Rahmen hinaus ausdehnbar ist, mithin die durch § 26 Abs.4, 4a AuslBG geschützte Informationssicherung auf die Identitätsfeststellung beschränkt ist und nicht auch die weiteren Angaben des Personenblatts umfasst.

 

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte und das Strafverfahren eingestellt wurde, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro (ab 1. Juli 2008: 220 Euro) zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. Werner Reichenberger

 

 

 

 

 

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