Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251663/10/Lg/Ba

Linz, 04.08.2008

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ewald Langeder nach der am 4. März 2008 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des A B,  L, G, vertreten durch Dr. G Z, K, L, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Gmunden vom 23. November 2007, Zl. SV96-40-2006, wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975 (AuslBG) zu Recht erkannt:

I.                   Die Berufung wird dem Grunde nach abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis insoweit bestätigt. Die Geldstrafe wird jedoch auf 1.000 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 34 Stunden herabgesetzt.

II.                 Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich auf 100 Euro. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 16 Abs.2, 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: §§ 64 Abs.1 und 2, 65 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 2.000 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden verhängt, weil er am 14.10.2006 im Lokal "S", G,  L, den türkischen Staatsangehörigen B A beschäftigt habe, ohne dass die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen seien.

 

In der Begründung nimmt das angefochtene Straferkenntnis Bezug auf auf den Bericht der Fremdenpolizei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 16.10.2006, die Anzeige des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck vom 31.10.2007, die Rechtfertigung des Berufungswerbers vom 3.11.2007, die zeugenschaftlichen Angaben des Ausländers vom 16.10.2006 sowie auf eine Auskunft des Arbeitsmarktservice.

 

Der Argumentation des Berufungswerbers, eine Beschäftigung des Ausländers sei infolge der räumlichen Distanz zu seinem Wohnort auszuschließen, wird die Auskunft des Arbeitsmarktservice entgegen gehalten, wonach für den Zeitraum vom 20.8.2007 bis 31.10.2007 eine Beschäftigungsbewilligung erlangt worden sei. Daraus sei zu schließen, dass die räumliche Distanz einer Beschäftigung nicht entgegenstehe. Ferner ergebe sich aus dem Beschäftigungsbewilligungsantrag ein Arbeitskräftebedarf.

 

Der Ausländer sei bei einer Tätigkeit in einem Bereich im Lokal angetroffen worden, welcher normalerweise Betriebsfremden nicht zugänglich sei. Der Ausländer sei mit umgebundener Schürze und Arbeitskleidung hinter der Theke tätig gewesen.

 

Weder der Ausländer noch der Berufungswerber hätten "die Tätigkeiten" des Ausländers bestritten.

 

Das Vorliegen eines unentgeltlichen Gefälligkeitsdienstes sei auszuschließen. Dies insbesondere im Hinblick auf ein Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich, mit welchem zwar ein Freispruch erfolgte, in welchem aber auch der Berufungswerber ermahnt wurde, dass das Argument des Gefälligkeitsdienstes in Hinkunft nicht überstrapaziert werden sollte.

 

Gegen das Vorliegen eines Gefälligkeitsdienstes spreche die in weiterer Folge stattgefundene (legale) Beschäftigung des Ausländers.

 

Im Zusammenhang mit der Bemessung der Strafhöhe wird darauf hingewiesen, dass es sich wegen des Straferkenntnisses des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 22.4.2003, Zl. SV96-7-2003, um einen Wiederholungsfall handle. Demgemäß sei die verhängte Strafe in Höhe von 2.000 Euro die gesetzlich vorgesehene Mindestgeldstrafe.

 

2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht, der Ausländer habe nicht gearbeitet. Er wohne in Niederösterreich (L) und habe keine Arbeitsbewilligung gehabt. Er habe den Berufungswerber nur besucht. Erst später habe der Berufungswerber eine Saisonbewilligung für den Ausländer erhalten.

 

Der Berufungswerber habe mit dem Ausländer keinen Kontakt mehr.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt der Strafantrag des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck vom 31.10.2007 bei. Darin werden die bisherigen Ermittlungsergebnisse referiert. Beigelegt sind ein Versicherungsdatenauszug der Österreichischen Sozialversicherung sowie eine AMS ABB-Vollanzeige. Daraus ergibt sich das Vorliegen einer Beschäftigungsbewilligung des Berufungswerbers für den gegenständlichen Ausländer mit dem zeitlichen Geltungsbereich 20.8.2007 bis 31.10.2007 als Pizzakoch.

 

Weiters liegt dem Akt ein Aktenvermerk vom 16.10.2006, unterzeichnet von R K, bei, wonach im Rahmen einer fremdenpolizeilichen Kontrolle des gegenständlichen Lokals am 14.10.2006 von 2.15 bis 2.30 Uhr festgestellt worden sei, dass das Lokal geöffnet und noch recht gut besucht gewesen sei.

 

Hinter der Theke sei der gegenständliche Ausländer "in eindeutiger Arbeitskleidung und umgebundener, weißer Schürze" angetroffen worden. Er sei vom Unterzeichneten beim Putzen der Arbeitsfläche (Theke) beobachtet worden.

 

Der Berufungswerber habe angegeben, dass es sich bei dem Ausländer um seinen Neffen handeln würde, der ihn lediglich besucht habe. Der Ausländer habe nicht gearbeitet. Nach Hinweis auf die umgebundene Schürze und die beobachtete Tätigkeit habe der Berufungswerber angegeben, dass sein Neffe nur helfen würde.

 

Ferner ist beigelegt eine Asylkarte gemäß § 51 AsylG des gegenständlichen Ausländers.

 

Am 16.10.2006 gab der Ausländer vor der BH Gmunden zeugenschaftlich einvernommen an:

 

Es sei richtig, dass er sich zum Zeitpunkt der Kontrolle mit umgebundener weißer Schürze hinter der Theke befunden habe. Zum Zeitpunkt der Kontrolle habe er 5 oder 6 Teller abgewaschen.

 

Der Ausländer habe dem Berufungswerber geholfen, weil er sein Onkel sei. Dies im Ausmaß von ca. einer halben Stunde. Nach Erinnerung an die Wahrheitspflicht sagte der gegenständliche Ausländer, er könne nicht genau angeben, wie lange er seinem Onkel geholfen habe. Konfrontiert mit den Auskünften anwesender Gäste, welche angegeben hätten, dass der Ausländer bereits länger in der Pizzeria arbeite, sagte der Ausländer, dass dies nicht stimme. Er habe lediglich am Freitag in der Pizzeria "S" in L seinem Onkel geholfen.

 

Der Ausländer spreche gut Deutsch und habe alles verstanden.

 

Nach Aufforderung zur Rechtfertigung vom 16.10.2006 äußerte sich der Berufungswerber, vertreten durch seinen Steuerberater Dr. G Z, in einem Schreiben vom 3.11.2006 dahingehend, der Ausländer habe an diesem Wochenende seinen Cousin, den Berufungswerber, wie schon mehrmals an Wochenenden, besucht. Während der Woche habe sich der Ausländer an seinem Unterkunftsort in A/NÖ aufgehalten.

 

Ein Beschäftigungsverhältnis sei daher nicht vorgelegen.

 

Dem Akt liegen ferner zwei Aktenvermerke von K R (BH Gmunden) vom 5.12.2007 bei. In einem Aktenvermerk ist festgehalten, dass der Berufungswerber das Ansinnen an den Unterfertigten gestellt hat, er solle ihm die Berufung schreiben. Der Unterfertigte habe ihn darauf hingewiesen, die Berufung mündlich einzubringen.

 

Im zweiten Aktenvermerk ist ein Gespräch des Unterfertigten mit dem Steuerberater des Berufungswerbers (Dr. Z) festgehalten. Dieser habe bekanntgegeben, der Berufungswerber habe ihn angerufen. Er habe ihm gesagt, dass er in diesem Verfahren keine Argumente mehr habe. Er sei nicht gewillt, Briefe zu schreiben, die keinen Sinn ergeben würden. Auch habe er nicht den Willen, sich selber bzw. der BH und anderen Behörden nur Arbeit zu machen.

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung legte der Berufungswerber dar, der Ausländer sei sein Cousin (Sohn der Schwester; der Berufungswerber glaube, dass der Begriff Neffe dasselbe bedeute). Der Berufungswerber habe mit dem Ausländer keinen Kontakt mehr, der Ausländer sei unbekannten Aufenthalts.

 

Es sei richtig, dass der Berufungswerber für den Ausländer nach der gegenständlichen Betretung eine Saisonbewilligung beantragt habe, der Ausländer sei aber wegen mangelnder Deutschkenntnisse gar nicht für die Arbeit brauchbar gewesen. Der Ausländer sei daher etwa nach einer Woche Arbeit auf der Grundlage der Saisonbewilligung abgereist. Er habe, wie zur Tatzeit, auch zur Zeit der Saisonbewilligung in Niederösterreich gewohnt.

 

Der Ausländer sei am Tattag aus Niederösterreich angereist, um den Berufungswerber an diesem Wochenende zu besuchen. Das Hauptgeschäft des Lokals spiele sich am Wochenende ab. Der Ausländer sei im Lokal gesessen und habe (um 2.00 Uhr nachts) gegessen. Der Berufungswerber habe dem Ausländer ausdrücklich gesagt, wenn er bei ihm esse, brauche er "nichts zu tun". Der Ausländer habe zum Zeitpunkt der Kontrolle eigeninitiativ Teller gewaschen und sich dazu, ebenfalls eigeninitiativ, eine Schürze aus dem Regal genommen und umgebunden. Andererseits sagte der Berufungswerber, er wisse nicht, welche Arbeitstätigkeit der Ausländer konkret verrichtet habe. Die Arbeit des Ausländers habe vor dem Zeitpunkt der Kontrolle etwa 10 Minuten, vielleicht eine viertel Stunde gedauert. Der Berufungswerber habe von der Arbeit nichts bemerkt, weil er gerade unter Stress Pizza zubereitet habe, obwohl man vom Pizzaofen aus die Stelle, an der die Teller gewaschen werden, sehe.

 

Der Ausländer konnte mangels bekannten Aufenthalts nicht zur öffentlichen mündlichen Verhandlung geladen werden.

 

Der Zeuge K (BH Gmunden) legte dar, der Ausländer habe sich zum Zeitpunkt der Kontrolle mit einer Schürze bekleidet hinter der Theke befunden und diese gereinigt. Der Berufungswerber habe sich so gut wie neben dem Ausländer befunden. Es sei ausgeschlossen, dass der Berufungswerber die Arbeit des Ausländers nicht bemerkt habe. Der Berufungswerber habe zunächst die Arbeit des Ausländers überhaupt bestritten und dann argumentiert, dass der Ausländer "nur helfen" würde. Anlässlich der Aufnahme der Niederschrift habe der Ausländer eingeräumt, im Lokal zu arbeiten, später aber gesagt, weitere Auskünfte nur über seinen Rechtsanwalt zu geben.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Auszugehen ist von der in der öffentlichen mündlichen Verhandlung letztlich unbestrittenen Tatsache, dass der Ausländer eine arbeitnehmertypische Arbeit verrichtete, wobei der Aussage des Zeugen K zu glauben ist, dass der Ausländer zum Zeitpunkt seiner Beobachtung durch den Zeugen die Theke reinigte. Dass der Ausländer auch Teller gewaschen hatte, erscheint wegen seiner Aussage am 16.10.2006 und der Darstellung des Berufungswerbers in der öffentlichen mündlichen Verhandlung (wenngleich der Berufungswerber später einschränkte, sich an die konkrete Tätigkeit des Ausländers nicht erinnern zu können) wahrscheinlich. Das Argument der Berufung, der Ausländer habe nicht gearbeitet, erscheint damit widerlegt. Dass der Berufungswerber von der Arbeit des Ausländers nichts bemerkte, erscheint – insbesondere im Hinblick auf die Aussage des Zeugen K, aber auch bei lebensnaher Berücksichtigung der konkreten Umstände – ausgeschlossen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass sich der Berufungswerber der arbeitnehmertypischen Arbeitstätigkeit des Ausländers durchaus bewusst war. Ferner ist – will man nicht den Boden der Lebensnähe verlassen – anzunehmen, dass die Arbeitstätigkeit des Ausländers auf einer Vereinbarung mit dem Berufungswerber beruhte.

 

Dass diese Vereinbarung auf einen unentgeltlichen Gefälligkeitsdienst abzielte, wurde nicht dezidiert behauptet. Wenn der Berufungswerber mit der Behauptung,  er habe dem Ausländer ausdrücklich gesagt, er brauche "für das Essen nichts zu tun" eine Unentgeltlichkeitsabrede andeuten wollte, so wäre dem entgegenzuhalten, dass diese Behauptung unglaubwürdig ist, weil sie – wenn, wie der Berufungswerber behauptete, keine Arbeitstätigkeit des Ausländers geplant war bzw. vor dem Hintergrund der Gastfreundschaft – unmotiviert gewesen wäre. Dazu kommt, dass der Berufungswerber die Glaubwürdigkeit seiner Darlegungen (abgesehen von weiteren Ungereimtheiten) mit der Behauptung, die (zunächst bestrittene!) Arbeitstätigkeit des Ausländers nicht bemerkt zu haben, insgesamt beeinträchtigte. Mangels einer Unentgeltlichkeitsabrede greift daher die Vermutung des § 1152 ABGB ein.

 

Da der Ausländer (überdies in Arbeitskleidung) hinter der Theke arbeitend angetroffen wurde, kommt außerdem die Vermutung des § 28 Abs.7 AuslBG für eine Beschäftigung zum Tragen.

 

Die Annahme einer Beschäftigung wird, wie hinzuzufügen ist, nicht dadurch widerlegt, dass der Ausländer einen entfernten Wohnort hatte. Dieser Umstand stand ja auch der späteren Beschäftigung des Ausländers auf Grund der Saisonbewilligung nicht im Wege. Überdies hinderte dieser Umstand den Ausländer nicht an der Arbeit an Einzeltagen (etwa an geschäftsstarken Wochenenden), zumal der Berufungswerber in der öffentlichen mündlichen Verhandlung die Übernachtungsmöglichkeit für den Ausländer einräumte. Auch eventuelle Mängel der Beherrschung der deutschen Sprache hinderten den Einsatz des Ausländers für Tätigkeiten, die keine einschlägigen Sprachkenntnisse erfordern (putzen der Theke, Teller waschen udgl.) nicht bzw. standen sie ja auch dem Antrag auf Saisonbewilligung nicht entgegen.

 

Die Tat ist daher dem Berufungswerber in objektiver, da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind, auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass der erhöhte (zweite) Strafsatz des § 28 Abs.1 Z1 AuslBG (Wiederholungstat) infolge der Tilgung (§ 55 Abs.1 VStG) nicht (mehr) zur Anwendung kommt, sodass die gesetzliche Mindestgeldstrafe in Höhe von 1.000 Euro eingreift (§ 28 Abs.1 Z1 erster Strafsatz AuslBG). Die Verhängung der Mindestgeldstrafe (und einer entsprechenden Ersatzfreiheitsstrafe) erscheint unter den gegebenen Umständen angemessen und entspricht auch der Bemessung im angefochtenen Straferkenntnis. Überwiegende Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG sind nicht ersichtlich. Die Tat bleibt auch nicht soweit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass an eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG zu denken wäre. Insbesondere ist das Verschulden des Berufungswerbers im Hinblick auf zahlreiche vorangehende Beanstandungen, die die Sensibilität des Berufungswerbers für die gegenständliche Materie geschärft haben müssten, nicht als geringfügig einzustufen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Ewald Langeder

 

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