Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163272/11/Bi/Se

Linz, 07.08.2008

 

 

                                              

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn J R, E, vertreten durch Herrn RA Dr. J B, L, vom 30. Mai 2008 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 14. Mai 2008, VerkR96-47271-2008, wegen Übertretungen der StVO 1960 und des FSG, aufgrund des Ergeb­nisses der am 23. Juli 2008 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungs­ent­scheidung) zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis im Punkt 2) behoben und das Verwaltungsstrafver­fahren diesbezüglich eingestellt wird.

     Im Punkt 1) wird das Straferkenntnis im Schuldspruch bestätigt, die  Geldstrafe jedoch auf 1.200 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 15 Tage herabgesetzt.

 

II. Im Punkt 2) entfällt jeglicher Kostenersatz.

     Im Punkt 1) ermäßigt sich der Beitrag zu den Verfahrenskosten der Erst­instanz auf 120 Euro; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelver­fahren entfällt.

 

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 19 und 45 Abs.1 Z2 VStG

zu II.: §§ 64ff VStG

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurden über den Beschuldigten wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 5 Abs.1 iVm 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 und 2) §§ 14 Abs.1 Z1 iVm 37 Abs.2a FSG Geldstrafen von 1) 1.500 Euro (18 Tagen EFS) und 2) 36 Euro (24 Stunden EFS) verhängt, weil er am 8. Dezember 2007 um 21.45 Uhr im Gemeindegebiet von E auf der E Landesstraße, auf dem öffentlichen Parkplatz des Gasthauses "Z S" den Pkw   in Betrieb genommen habe, wobei er 1) sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe (Alkoholisierungsgrad 0,99 mg/l) und 2) den vorgeschriebenen Führerschein nicht mitgeführt habe.   

Gleichzeitig wurden ihm Verfahrenskostenbeiträge von 153,60 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 23. Juli 2008 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw, seines Rechtsvertreters RA Dr. J B und der Zeugen Meldungs­leger BI H N (Ml) und Insp H B (B) durchge­führt. Der Vertreter der Erstinstanz war entschuldigt. Die Berufungsentschei­dung wurde mündlich verkündet.

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, aus dem Straferkenntnis ergebe sich kein Sachverhalt, von dem die Erstinstanz ausgehe. Die Angaben der Zeugen seien unterschiedlich gewesen und die angesprochene Fotobeilage samt Markier­ungen sei ihm nicht bekannt. Beantragt wird eine öffentliche mündliche Beru­fungs­verhandlung mit nochmaliger Einvernahme beider Zeugen. Bei den vorlie­gen­­den Zeugenaussagen sei im Zweifel davon auszugehen, dass er sein Fahr­zeug nicht in Betrieb genommen habe. Aber auch dann sei die Strafe weit über­höht.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer Berufungsver­hand­lung, bei der der Bw und sein Rechtsvertreter gehört, die Ausführungen der Erst­instanz in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses berück­sichtigt, der in Rede stehende Gasthausparkplatz besichtigt und die genannten Zeugen unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB einvernommen wurden.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Bw besuchte am Abend des 8. Dezember 2007 die Weihnachtsfeier der Feuer­wehr im Gasthaus "Z S" in E, wobei er mit seinem Pkw dort­hinfuhr, den er auf dem Parkplatz rechts vom Gasthaus abstellte. Der Park­platz hat eine Zufahrt von der E Landestraße her und liegt, da diese bergauf führt, etwas tiefer als diese, wobei sich zur E Landestraße hin eine Mauer befindet. Der Bw parkte den Pkw mit der Front leicht schräg zur Mauer und verließ gegen 21.45 Uhr das Gasthaus über den Haupteingang und ging entlang des Hauses zum Pkw, setzte sich hinein und startete diesen unter Verwendung des Abblendlichtes, wie beide Zeugen angaben. Unstrittig ist, dass ihm ein Gast nachging und beim geöffneten Seitenfenster auf der Fahrerseite mitteilte, dass oben auf der Straße die Polizei stehen würde. Zur gleichen Zeit befanden sich dort beide Zeugen, zumal Insp B in Anwesenheit des Ml Jugendliche beamtshandelte. Insp B bestätigte, er habe am Rande mitbe­kommen, dass ein Mann das Gasthaus verlassen habe, zu einem abgestellten Pkw ging und dieser dann unter Einschalten des Abblendlichtes gestartet wurde; das sei aufgrund des Motorengeräusches und des Auspuffnebels klar erkennbar gewesen und auch, dass ein zweiter Herr zum Fahrzeug gegangen sei und mit dem Lenker gesprochen habe. Der Ml habe gesagt, er schaue sich den Lenker an und sei zum abgestellten Pkw gegangen; er habe seine Amtshandlung abgeschlossen.       

Der Ml bestätigte in der mündlichen Verhandlung, er habe zwar von seinem Blick­­winkel aus nicht gesehen, woher genau der Bw gekommen sei, aber ihm sei das eindeutige Starten des gleich nahe der Mauer abgestellten Fahrzeuges aufge­fallen aufgrund des Startgeräusches des Motors und der Auspuffwolke, die Beleuch­tung sei angegangen und die Fenster seien beschlagen gewesen. Beim offenen Fahrerfenster sei ein Mann gestanden; beide hätten miteinander gesprochen. Er habe sich dem Fahrzeug von hinten genähert und, als er hingekommen sei, sei der Motor abgestellt worden. Der Herr sei dann weggegangen und er habe den ihm völlig unbe­kannten Bw zu einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle aufgefordert. Er habe sofort Alkoholgeruch an ihm wahr­genommen und ihn zum Alkotest aufgefordert, nachdem er ihm mitgeteilt habe, dass das Starten des Motors eine Inbetrieb­nahme darstelle. Der Bw habe das Starten des Motors nicht abgestritten und sei anstandslos mitgegangen zum oben beim Gemeindeamt abgestellten Polizeifahr­zeug; auch Insp B sei dabei anwesend gewesen. Dort sei ein Vortest gemacht worden und, nachdem dieser positiv gewesen sei, ein Alkotest mittels mitgeführtem Alkomat Dräger, ARLL-0862, der um 21.59 Uhr und 22.01 Uhr Werte von 0,99 und 1,01 mg/l AAG ergeben habe. Der Bw habe zwar den Zulassungsschein, nicht aber den Führerschein mitgehabt. Der Schlüssel sei dann einer Dame übergeben worden, die den Bw heimgebracht habe.

 

Der Bw bestätigte, er habe die Weihnachtsfeier besucht und seinen Pkw auf dem Gasthausparkplatz mit der Front zur Mauer leicht schräg abgestellt gehabt. Er sei beim straßenseitig gelegenen Eingang des Gasthauses herausgekommen und beim Haus entlanggegangen. Von einer Amtshandlung mit Polizei oben auf der Straße habe er nichts bemerkt. Er habe sich ins Fahrzeug gesetzt, das Licht eingeschaltet und die Tür offenlassen; dann sei der Feuerwehrkommandant gekommen und habe ihn auf die Polizei aufmerksam gemacht. Dann sei schon ein ihm völlig unbekannter Polizist dagestanden, der Feuerwehrkommandant sei wieder gegangen. Er könne sich nicht erinnern, dass der Polizist ihn aufgefordert habe, den Motor abzustellen oder den Schlüssel herauszugehen; die Papiere habe dieser erst später verlangt. Er sei zum Alkotest aufgefordert worden und zum Polizei­fahrzeug mitgegangen. Dort habe sich herausgestellt, dass er die Papiere nicht mitgehabt habe. Er konnte sich erinnern, in ein großes Gerät hineingeblasen zu haben, und der Beamte habe ihm gesagt, er habe einen Atemalkoholwert von 0,89 mg/l. Das Fahrzeug sei einen Tag auf dem Parkplatz gestanden und von einem Bekannten abgeholt worden, der zum Wegfahren Starthilfe benötigt habe. Der Pkw wäre daher ohnehin gar nicht angesprungen, weil die Batterie schon sehr schlecht gewesen sei. 

 

Dieser Darstellung des Bw haben die Zeugen insofern widersprochen, als beide im Zusammenhang schlüssig und glaubwürdig bestätigten, das Startgeräusch des Motors sei eindeutig zu hören gewesen und sei ohne jeden Zweifel von diesem Pkw gekommen. Zu dieser Zeit sei sonst niemand wegge­fahren und es habe auch niemand sonst Lärm gemacht, der zu einer Verwech­s­lung oder einem Irrtum geführt haben könnte. Der Pkw sei zweifellos gestartet worden und auch angesprungen, habe sich aber nie in Bewegung gesetzt. Der Motor sei abgestellt worden, als der zweite Herr zum Fahrzeug gekommen sei und mit dem Bw gesprochen habe.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurden bei der PI Neuhofen/Krems die beiden Prüfprotokolle des verwendeten Atemalkoholtestgerätes der Fa D vom 11. Oktober 2007 und vom 8. Jänner 2008, also vor und nach dem ggst Vorfall, sowie der zum Vorfallszeitpunkt gültige Eichschein des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen eingesehen.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Zu Punkt 1) des Straferkenntnisses:

Gemäß § 5 Abs.1 StVO 1960 darf, wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darü­ber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.

Gemäß § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkohol­gehalt seines Blutes 1,6 g/l (1,6 Promille) oder mehr oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,8 mg/l oder mehr beträgt.

 

Nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens steht aus der Sicht des Unabhängi­gen Verwaltungssenates unzweifelhaft fest, dass der Bw den in Rede stehenden Pkw zum Vorfallszeitpunkt auf dem genannten Gasthausparkplatz, der ohne Zweifel eine Straße mit öffentlichem Verkehr im Sinne des § 1 Abs.1 StVO 1960 darstellt, durch Starten des Motors in Betrieb genommen hat. Die Aussagen der beiden Polizeibeamten im Hinblick auf ein eindeutig diesem Pkw zuzuordnenden und unverwechselbarer Motorengeräusches und Auspuffnebel lassen keine andere Deutung zu, auch wenn der Pkw einen Tag später ohne Starthilfe tat­sächlich nicht angesprungen wäre.

Demnach war die vom hinsichtlich § 5 StVO ermächtigten Ml unbestritten ergan­gene Aufforderung des Bw zur Durchführung einer Atemluftuntersuchung – der Bw gab laut Anzeige an, zwei Halbe Bier getrunken zu haben, und wies Alkohol­ge­ruch aus dem Mund auf – rechtmäßig. Die Durchführung der Amtshandlung wurde vom Ml als unauffällig beschrieben. Anhaltspunkte dafür, dass der Bw etwas nicht verstanden habe, bestehen nicht und auch der Alkotest verließ anstandslos.  Der günstigste Atemalkoholwert von 0,99 mg/l AAG von 21.59 Uhr ist daher dem Tatvorwurf zugrundezulegen, zumal auch an der Messgenauigkeit und Funktionstüchtigkeit des geeichten und überprüften Messgerätes kein Zwei­fel besteht.  Zusammenfassend war daher unzweifelhaft davon auszugehen, dass der Bw den Pkw tatsächlich in Betrieb genommen hat, wobei er einen Atem­alkoholwert von 0,99 mg/l aufwies, der einem BAG von immerhin etwa 2 Promille entspricht.

Er hat daher zweifellos den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und, da ihm die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG nicht gelungen ist, sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten.

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 von 1.162 Euro bis 5.813 Euro Geldstrafe, für den Fall der Unein­bring­lichkeit zwei bis sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe, reicht. 

Der Bw weist eine einschlägige Vormerkung aus dem Jahr 2004 auf, die die Erstinstanz zutreffend als erschwerend zu berücksichtigen hatte. Die Erstinstanz hat nach Nichtäußerung des Bw zu seinen finanziellen Verhältnissen diese als durchschnittlich angenommen; der Bw hat auch in der Berufung dahingehend nicht widersprochen.

Nach Ansicht des UVS ist aber trotz der 2. Übertretung innerhalb von drei Jahren zu werten, dass der Bw letztendlich aus eigenem Antrieb den Motor abgestellt hat und das Fahrzeug tatsächlich überhaupt nicht bewegt wurde, sodass der Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung etwas niedriger als von der Erstinstanz angenommen zu sehen ist. Aus dieser Überlegung war diesmal noch mit einer nahe der Strafuntergrenze liegenden Strafe das Auslangen zu finden, obwohl § 99 Abs.1 lit.a StVO von einer Alkoholisierung von 0,8 mg/l oder 1,6 %o aufwärts ausgeht und der Bw immerhin 0,99 mg/l AAG aufwies. Die nunmehr herabgesetzte Strafe entspricht den Kriterien des § 19 VStG, hält gene­ral­präventiven Überlegungen stand und soll den Bw umgehendst zu einem  Umdenken in Bezug auf seine Teilnahme am Straßen­­verkehr nach Alkoholkon­sum anhalten.

 

Zu Punkt 2) des Straferkenntnisses:

Gemäß § 14 Abs.1 Z1 FSG hat jeder Lenker eines Kraftfahrzeuges unbeschadet der Bestimmungen des § 102 Abs.5 KFG 1967 den für das von ihm gelenkte Kraftfahrzeug vorgeschriebenen Führerschein auf Fahrten mitzuführen.

Da der Bw den Pkw lediglich in Betrieb genommen, aber tatsächlich nicht gelenkt hat, war diesbezüglich gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG spruchgemäß zu entscheiden.

 

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

Beschlagwortung:

0,99 mg/l + Inbetriebnahme des Pkw erwiesen -> Strafherabsetzung wegen geringem Unrechtsgehalt; Führerschein "auf Fahrten" von "Lenker" mitzuführen, nicht bei bloßer Inbetriebnahme -> Aufhebung

 

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