Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222223/2/Kl/RSt

Linz, 27.08.2008

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des J Z, U, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 8. Mai 2008, Ge96-14-1-2007, wegen einer Verwaltungs­übertretung nach der Gewerbeordnung 1994, zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

 

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG sowie §§ 1 Abs.2 und 366 Abs.1 Z1 GewO 1994.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 8. Mai 2008, Ge96-14-1-2007, wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 500 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z1 iVm § 94 Z26 und § 111 Abs.1 Z2 Gewerbeordnung 1994 verhängt, weil er zumindest vom 8.10.2007 bis 24.1.2008 in seiner Garage in U, durch den Ausschank von alkoholischen Getränken (Bier und Wein) gegen Abgabe von Entgelt das Gastgewerbe in der Betriebsart eines Gasthauses ausgeübt hat, obwohl er hiezu keine erforderliche Gewerbeberechtigung besitzt.

 

Für 1 Flasche Bier (1/2 Liter) habe er 1 Euro, für 1/8 Liter Wein 50 Cent, für 1/4 Liter Wein 1 Euro und für 1/4 Liter gespritzten Wein 1 Euro erhalten.

 

Diese Tätigkeit wurde somit mit der Absicht einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen ausgeübt.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass kein Gastbetrieb geführt werde. Der Bw führte aus, dass er in seiner landwirtschaftlichen Einstellgarage einen Tisch und zwei Bänke aufgestellt habe, welche für ihn und seine Bekannten und Freunde dienen. Geld bleibe nicht übrig und werde daher kein wirtschaftlicher Vorteil erzielt. Mancher wirft in die Kasse nichts ein oder für ein Bier nur 0,50 Euro. Außerdem beziehe der Bw eine Pension und eine Unfallrente. Mit diesem Einkommen finde er leicht das Auskommen und sei auf keinen wirtschaftlichen Vorteil angewiesen. Da er allein in seinem Haus lebe, sei er froh, wenn ihn jemand besucht. Auch entstehe in den Gasthäusern in U kein wirtschaftlicher Schaden, da jene Personen, die ihn besuchen, auch in den Gasthäusern in U und Umgebung verkehren.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Weil bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG.

 

4.1. Aus Polizeiberichten der Polizeiinspektion U vom 13. Juni 2006, 11. April 2007 und 12. November 2007 geht hervor, dass es sich bei der Räumlichkeit, in der die Getränke verabreicht werden, um eine Garage, welche hinter dem Haus in U, liegt, handelt. In der Garage befindet sich ein Tisch, Sitzbänke, ein Ofen, eine Abwasch und ein Kühlschrank. Es wurde auch ein Lichtbild angefertigt und beigeschlossen. Es kommen des Öfteren – regelmäßig Sonntag vormittags und ein- bis zweimal die Woche – Leute zu Gast, vorwiegend Freunde, Bekannte sowie auch Einwohner der Ortschaft Lichtenberg. Es wird Bier und ab und zu Wein konsumiert, wobei es eine aufliegende Preisliste bzw. fixe Preise nicht gibt. Vom Bw ist eine Kassa aufgestellt, in welche jeder freiwillig einen Betrag einzahlen kann, welchen derjenige für angemessen erachtet. Ausdrücklich wird niemals Geld verlangt. Die Getränke werden größten Teils vom Bw beschafft. Manchmal werden die Getränke auch von zu Hause von den Leuten mitgenommen. Speisen werden nicht verabreicht. Es wurde daher auch im Bericht vom 11.4.2007 festgehalten, dass "kein begründeter Verdacht einer unbefugten Gewerbeausübung festgestellt werden" konnte.

 

Die in den Berichten angeführten Personen wurden von der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach zeugenschaftlich einvernommen und diese Einvernahmen auch in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses wiedergegeben. Daraus ist festzustellen, dass ein- bis zweimal wöchentlich Personen in die Garage des Bws kommen und Bier bzw. Wein konsumiert wird, wobei die Getränke vom Bw eingekauft werden, ab und zu auch von anderen Personen gespendet werden, aber für die Getränke vom Bw nichts verlangt wird. Jeder kann freiwillig in eine Kassa einen Geldbetrag, den er für angemessen erachtet einbezahlen. Es wird für eine Flasche Bier zwischen 0,50 und 1 Euro einbezahlt. Einige Personen geben auch Hilfe bei Arbeiten bekannt, wobei sie dann nichts einbezahlen. Es gibt auch keine fixen Öffnungszeiten.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

 

Gemäß § 1 Abs.2 GewO 1994 wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist. Selbständigkeit im Sinn dieses Bundesgesetzes liegt vor, wenn die Tätigkeit auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeübt wird (§ 1 Abs.3 GewO).

 

Die Tätigkeit des Ausschanks von Getränken ist dem Gastgewerbe zuzurechnen und bedarf gemäß § 111 Abs.1 Z2 GewO 1994 einer Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe.

 

5.2. Nach dem Tatvorwurf im angefochtenen Straferkenntnis wird dem Bw zur Last gelegt, alkoholische Getränke (Bier und Wein) gegen Entgelt abgegeben bzw. ausgeschenkt zu haben und sohin das Gastgewerbe in der Betriebsart eines Gasthauses ausgeübt zu haben. Auch wurde das nach den Tatsachenfeststellungen übliche Entgelt von 0,50 bzw. 1 Euro angeführt.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist Entgeltlichkeit noch nicht zwingend mit der Absicht verbunden, dass mit der Betätigung ein Ertrag oder sonstiger wirtschaftlicher Vorteil herbeigeführt werden soll, die Betätigung also mit Gewinnabsicht unternommen wird. Im Besonderen wird das nicht zutreffen, wenn durch das Entgelt nur die – damit im Zusammenhang stehenden – Unkosten ganz oder lediglich zum Teil gedeckt werden sollen. Ob die dieser Absicht der Kostendeckung dienende Gebarung eine kaufmännische ist, ist in diesem Zusammenhang bedeutungslos (VwGH 26.2.1990, 89/04/0186). So stellt der Verkauf von Waren, die nicht im Rahmen eines Gewerbebetriebes eingekauft worden sind und später zum Selbstkostenpreis oder sogar unter den Gestehungskosten wieder abgegeben werden, keine gewerbsmäßige Tätigkeit dar. Die Entgeltlichkeit einer Tätigkeit injiziert allerdings den äußeren Anschein der Gewinnerzielungsabsicht, sodass es Sache des Beschuldigten in einem Verwaltungsstrafverfahren ist, im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht durch ein entsprechendes, mit Beweisen belegtes Vorbringen, die mangelnde Gewinnerzielungsabsicht trotz Entgeltlichkeit darzutun (Grabler-Stolzlechner-Wendl, GewO, Kommentar, Springer Verlag, Anmerkung 4 zu § 1 mit Nachweisen). Allerdings ist die Unentgeltlichkeit alleine nicht geeignet, das Tatbestandsmerkmal der Gewinnerzielungsabsicht und damit die Gewerbsmäßigkeit einer Leistung von vorne herein auszuschließen. Die Erzielung eines unmittelbaren Ertrages ist für den Begriff der Gewerbsmäßigkeit kein essenzielles Erfordernis. Diese ist schon bei der Absicht gegeben, einen "sonstigen", insbesondere auch bloß mittelbaren wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen. Ertragserzielungsabsicht liegt auch dann vor, wenn die Tätigkeit letzten Endes auch der Erreichung des mit dem Gewerbebetrieb verbundenen geschäftlichen Zieles dient (Grabler-Stolzlechner-Wendl, Anmerkung 5 zu § 1 mit Nachweisen).

 

Im Grunde der Tatsachenfeststellungen ist aber bereits die Entgeltlichkeit nicht nachgewiesen, da sämtliche Zeugen ausführen, dass das Entgelt freiwillig und nach Gutdünken der einzelnen Personen gegeben wird. Auch wird angeführt, dass gelegentlich die Getränke selbst mitgebracht werden. Jedenfalls aber ist ein sonstiger wirtschaftlicher Vorteil des Bws aus sämtlichen Aussagen nicht zu entnehmen. So ergibt sich aus den Aussagen der einvernommenen Personen, dass diese sich zum Beispiel Geräte oder Gegenstände ausleihen bzw. Räumlichkeiten nutzen. Aus der gelegentlichen Hilfe bei Waldarbeiten ohne nähere Definition der Größenordnung kann ebenso keine Gewinnerzielungsabsicht geschlossen werden. Jedenfalls kann auch aus dem freiwilligen Leisten eines von den Gästen selbst bestimmten Betrages bzw. aus den angegebenen Höhen kein Gewinn erblickt werden.

 

Es liegt daher ein wesentliches Element der Gewerbsmäßigkeit gemäß § 1 Abs.2 GewO 1994 nicht vor. Weil der Bw daher die Tat nicht begangen hat, war das Straferkenntnis gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag gemäß § 66 Abs.1 VStG nicht zu leisten.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

Beschlagwortung:

Gewerbsmäßigkeit, Entgeltlichkeit, Gewinnerzieltrugsabsicht, freiwillige Geldleistungen

 

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