Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522021/2/Bi/Se

Linz, 21.08.2008

 

                                              

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn O P, J L, vom 10. Juli 2008 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 24. Juni 2008, VerkR21-581-2007, wegen Einschränkung der Lenkberechtigung durch Auflagen und Befristung, zu Recht erkannt:

 

     Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als die Befristung zu entfallen hat. Im Übrigen wird der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass der Berufungswerber der Erstinstanz alle drei Monate, gerechnet ab 27. Juni 2008, auf seine Kosten und unaufgefordert Drogenharnbefunde auf Kokain und Cannabinoide vorzulegen hat.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) gemäß § 24 Abs.1 Z2 FSG und § 2 Abs.3 FSG-GV die von der BH Vöcklabruck am 23. Mai 2007, Zl. 07/203024, für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung auf ein Jahr befristet und als Auflage eine dreimonatige Harn-Kontrolluntersuchung auf Dro­gen­parameter vorgeschrieben. Weiters wurde angeordnet, dass der Bw seinen Führerschein nach Rechtskraft unverzüglich der Behörde zur Neuausstellung vorzulegen habe.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte mit 27. Juni 2008.

 

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, die Erstinstanz habe festgestellt, dass er nicht beim Lenken eines Kraftfahrzeuges betreten sondern als Folge einer Anzeige amtsärztlich untersucht worden sei, da er in den letzten zwei Jahren gelegentlich Cannabiskraut sowie Kokain angekauft und konsumiert habe. Für eine auf § 14 Abs.5 FSG-GV gestützte Erteilung einer Lenkberechtigung sei aber ein in der Vergangenheit begangener gehäufter Missbrauch von Suchtmitteln erforderlich – dazu habe die Erstinstanz kein Ermittlungsverfahren durchgeführt. Die Zeitabstände von Kontrolluntersuchungen seien nachvollziehbar zu begrün­den; solches ergebe sich aber aus dem dem Bescheid zugrunde liegenden Gutachten der Amtsärztin nicht. Die Vorschreibung sei außerdem zu wenig bestimmt. Er könne ihr nicht entsprechen und laufe Gefahr, seine Lenkberech­tigung wegen Nichteinhaltung der Bedingung zu verlieren.

Er nehme seit April 2007 keine Drogen mehr und sei seither auch dreimal negativ getestet worden, was die Erstinstanz aber ebenso wenig berücksichtigt habe wie den Umstand, dass er sich der Risiken und Gefahren von Drogen be­wusst sei. Die Anwendung des § 14 Abs.5 FSG-GV sei nicht mehr gerechtfertigt, weil bei Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits eine mehr als 14mona­tige Drogenabstinenz vorgelegen habe. Es liege daher auch kein Grund dafür vor, einen Rückfall als wahrscheinlich anzunehmen. Ebenso wenig liege eine Erkran­kung vor, mit deren Verschlechterung gerechnet werden müsse. Beantragt wird, den Bescheid aufzuheben.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass der Bw laut Anzeige der PI L vom 28. Mai 2007 in der Zeit von 1. Jänner 2005 bis 12. April 2007verschiedene Straftaten nach dem Suchtmittelgesetz insofern begangen habe, als er Kokain verkauft und  Kokain bzw Cannabiskraut angekauft und konsumiert habe; die Straftaten habe er gestanden. Laut Niederschriften vom 12. und 18. April 2007 hat der Bw in diesem Zeitraum von seinem Freund W.R. regelmäßig Cannabiskraut (ca 200 g) und Kokain (ca 480 g) angekauft und in seiner Wohnung geraucht bzw Kokain geschnupft. Gelegentlich hat er auch namentlich bekannte Personen in der Wohnung des W.R. angetroffen, die ebenfalls Kokain konsumiert haben. Er hat an H.D. Kokain mit Gewinn weiter­verkauft und von diesem Canna­bis­kraut erhalten.

 

Auf der Grundlage des Geständnisses wurde der Bw seitens der Erstinstanz mit Bescheid vom 6. März 2007, VerkR21-581-2007, gemäß §§ 24 Abs.4 und 8 Abs.2 FSG aufgefordert, sich binnen zwei Monaten nach Bescheidzustellung amts­ärztlich untersuchen zu lassen und den zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Facharztbefund für Psychiatrie zu erbringen. 

Laut Kurzbefund des Institutes für Gerichtliche Medizin der Universität Innsbruck vom 24.9.2007 war der Harntest auf Cannabinoide und Kokain negativ. Die ver­kehrspsychologische Stellungnahme des Instututs Infar vom 14. November 2007 lautet auf "bedingt geeignet"; darin werden knapp ausreichende kraftfahrspezi­fische Leistungsfunktionen und eine ebensolche Bereitschaft zur Verkehrsan­passung, nach Absolvierung einer Nachschulung für drogenauffällige Lenker, attestiert und ein angemessenes Problembewusstsein, eine ausreichende Delikt­bearbeitung und eine Etablierung tragfähiger Strategien zur Bewältigung zukünf­tiger Konflikte bestätigt, allerdings weitere Maßnahmen zur Festigung bereits gesetz­ter Veränderungen und Verhinderung der Gefahr eines Rückfalls in alte Verhal­tens­muster empfohlen.

Die Stellungnahme Dris P R, FA für HNO-Krankheiten in V, vom 14. Jänner 2008 ist befürwortend unter der Voraussetzung der Drogenfreiheit. Laut Stellungnahme Dris L G, FA für Psychiatrie und Neurologie in V, vom 16. Oktober 2007 besteht kein Hinweis auf Abhängigkeit von Kokain oder Cannabis, der Bw ist aber erst nach Nachweis einer sechsmonatigen Drogenabstinenz für den Führerschein der Klasse B geeignet, wobei diese am besten durch unangemeldete und unvorhergesehene Harnkontrollen so erbracht werden könne, dass der Bw innerhalb von 24 Stunden nach Benachrichtigung Harn abgeben müsse. Aufgrund der hohen Rezidivgefahr bei Drogen seien die Harn­kontrollen auch nach Nachweis der sechsmonatigen Abstinenz durchzu­führen. Der CDT-Befund Dris B, FA für Labormedizin in Vöcklabruck, vom 7. November 2007 war normwertig. Nach Parteiengehör erging der nun­mehr angefochtene Bescheid.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 Z2 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4)  nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Ver­kehrssicherheit die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristun­gen ... einzuschränken.

Gemäß § 14 Abs.5 FSG-Gesund­heitsverordnung ist Personen, die ua suchtmittel­abhängig waren oder damit ge­häuf­ten Missbrauch begangen haben, nach einer befürwortenden fachärzt­liche Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenk­berechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.

 

Gehäufter Missbrauch von Suchtmitteln ist beim Bw in der Vergangenheit inso­fern mit Sicherheit anzunehmen, als er selbst im Rahmen seiner Einvernahme vor der PI L angegeben hat, von Jänner 2005 bis April 2007 wöchentlich Kokain konsumiert und nach seiner Aussage vom 18. April 2007 in den letzen Monaten davor täglich Kokain konsumiert und 2 Joints geraucht zu haben. Dass er inzwischen keine Sucht­mittel mehr konsumiert, ist allein aus seiner Behaup­tung und dem nega­tiven Drogenharntest vom September 2007 nicht objektivier­bar, jedoch unab­dingbare Voraussetzung für seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahr­zeugen der Klasse B. Die Vorschreibung von Drogen­harntests auf Kokain und Cannabinoide – andere Drogen scheint der Bw nicht konsumiert zu haben – für die Dauer eines Jahres ab Bescheidzustellung, dh ab 27. Juni 2008, alle drei Monate ist daher zur Dokumentation der von ihm behaup­teten Abstinenz erforderlich, nach den Ausführungen Dris G geboten und grundsätzlich auch geeignet, um gegebenenfalls eine ev. Wiederaufnahme des Konsums im Hinblick auf gesund­heitliche Überlegungen bei der Teilnahme am Straßenverkehr fest­stellen zu können. Da zumindest im September 2007 die Drogenharnbefunde negativ waren, besteht keine Notwendigkeit für Kontroll­untersuchungen in kürzeren Abständen als drei Monate; Unterlagen für eine behauptete dreimalige Testung mit negativem Ergebnis finden sich im Akt nicht. Der Bw hat die verlangten Harnwerte der Erstinstanz unauf­gefordert und auf seine Kosten rechtzeitig vorzulegen, weil ansonsten die Einleitung eines Ent­ziehungs­verfahrens zu erfolgen hat. Angesichts der nunmehr genaueren Spruchkon­kretisierung dürften ev. Unklarheiten des Bw, die zu einer Fehl­interpretation der Auflagen führen hätten können, beseitigt sein.  

 

Die Notwendigkeit von Nachuntersuchungen iSd § 8 Abs.3 Z2 FSG ist nur dann gegeben, wenn eine "Krankheit" festgestellt wurde, bei der ihrer Natur nach mit einer zum Verlust oder zur Einschränkung der Eignung zum Lenken von Kraft­fahr­zeugen führenden Verschlechterung gerechnet werden muss. Es bedarf da­her konkreter Sachverhaltsfeststellungen darüber, dass die gesundheitliche Eignung zwar noch in ausreichendem Maß für bestimmte Zeit vorhanden ist, aber eine gesundheitliche Beeinträchtigung besteht, nach deren Art in Zukunft mit einer die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausschließenden oder ein­schränkenden Verschlechterung gerechnet werden muss (vgl VwGH 18.1.2000, 99/11/0266; 24.4.2001, 2000/11/0337; 24.11.2005, 2004/11/0121, ua).

Aus der Sicht es UVS war die Befristung der Lenkberechtigung deshalb ent­behrlich, weil "nur" ein neuerlicher Suchtmittelkonsum, soweit er auf die gesund­­heitliche Eignung des Bw einzuwirken geeignet ist, ausgeschlossen werden soll, jedoch bei ihm keine "Krankheit" vorliegt, bei der auch noch eine Verschlech­terung vorher­zusehen wäre. Gelegentlicher Cannabiskonsum schließt die gesund­heit­liche Eignung nicht von Vornherein aus (vgl VwGH 24.8.1999, 99/11/0092; 28.6.2001, 99/11/0243; ua).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

Geschäften SM-Missbrauch -> keine Befristung, aber alle 3 Monate auf 1 Jahr Drogenbefund vorzulegen

 

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