Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281001/20/Kl/RSt

Linz, 12.08.2008

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mit­glied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn Ing. C H, N, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G B, M, 40 L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 14. Mai 2007, Ge96-2607-2006, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 26. März 2008, zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als

-         das Straferkenntnis in Spruchpunkt 5 zur Gänze aufgehoben und das Verwaltungsverfahren eingestellt wird,

-         die Geldstrafe zu Spruchpunkt 3 des angefochtenen Straferkenntnisses auf 500 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 24 Stunden herabgesetzt wird.

         Im Übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II.              Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 450 Euro, das sind 10 Prozent der verhängten Geldstrafen; zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat (Spruchpunkt 1, 2, 4) ist ein Kostenbeitrag in der Höhe von 20 Prozent der verhängten Geldstrafen, das sind insgesamt 800 Euro, zu leisten. Zu Spruchpunkt 3 und 5 entfällt ein Kostenbeitrag.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 5, 19, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG

zu II: §§ 64, 65 und 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 14. Mai 2007, Ge96-2607-2006, wurden über den Berufungswerber (Bw) Geldstrafen von 1. 2.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 96 Stunden), 2. bis 4. je 1.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 48 Stunden) und 5. 1.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 96 Stunden) wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1. § 130 Abs.1 Z17 iVm § 43 Abs.2 Z5 ASchG, 2. § 130 Abs.1 Z15 ASchG iVm § 19 Abs.2 AStV, 3. § 130 Abs.1 Z15 ASchG iVm § 35 Abs.1 Z1 und 2 AStV, 4. § 130 Abs.1 Z15 iVm § 22 Abs.8 letzter Satz ASchG und 5. § 366 Abs.1 Z2 zweiter Fall iVm §§ 77 Abs.1 und 74 Abs.1 und 2 GewO 1994 verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das gem. § 9 Abs.1 VStG 1991 nach außen zur Vertretung berufene, verwaltungsstrafrechtliche verantwortliche Organ der M P GmbH mit Sitz in 48 U, Gemeinde S, O, nicht dafür Sorge getragen hat, dass die Vorschriften des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes und der Arbeitsstättenverordnung eingehalten werden, da anlässlich einer am 14.12.2006 durch die Arbeitsinspektionsärztin Dr. S K in der Arbeitsstätte P, 58 S durchgeführten Betriebsbesichtigung festgestellt wurde, dass durch den Arbeitgeber M P GmbH Arbeitnehmerschutzbestimmungen wie folgt nicht eingehalten werden:

1) Keiner der PU-Schäumautomaten ist mit einer Absaugung ausgestattet, welche die bei den Schäumvorgängen (inkl. der Entschäumung) entstehenden isocyanathaltigen Dämpfe an deren Entstehungsstelle erfasst und für die ArbeitnehmerInnen gefahrlos ins Freie ableitet, obwohl gem. § 43 Abs.2 Z5 ASchG Gase, Dämpfe oder Schwebstoffe, wenn ihre Entstehung nicht verhindert werden kann, an ihrer Austritts- oder Entstehungsstelle vollständig zu erfassen und anschließend ohne Gefahr für die Arbeitnehmer zu beseitigen sind, soweit dies nach dem Stand der Technik möglich ist.

2) Die Fluchtwege sind nicht als Fluchtwege zu erkennen, obwohl gem. § 19 Abs.2 AStV Fluchtwege auch im Gefahrenfall leicht und eindeutig als solche erkennbar sein müssen.

3) Es wurden keine Kleiderkästen für die ArbeitnehmerInnen der Produktion zur Verfügung gestellt, obwohl gem. § 35 Abs.1 Z1 und 2 AStV für jede(n) ArbeitnehmerIn ein Kleiderkasten zur Verfügung zu stellen ist der ausreichend groß, luftig und versperrbar sowie geeignet ist, Kleidung und sonstige persönliche Gegenstände gegen Wegnahme zu sichern und vor Einwirkungen wie Nässe, Staub, Rauch, Dämpfe oder Gerüche zu schützen.

4) Der Fußboden an ortsgebundenen Arbeitsplätzen (insbesondere an den Frauenarbeitsplätzen im Bereich Montage) weist keinerlei Wärmeisolierung auf, obwohl gem. § 22 Abs.8 letzter Satz ASchG Fußböden im Bereich der ortsgebundenen Arbeitsplätze eine ausreichende Wärmeisolierung aufweisen müssen, sofern diese nicht aus arbeitstechnischen Gründen ausgeschlossen ist.

5) Sie haben als gem. § 370 Abs.1 GewO 1994 verantwortlicher gewerberechtlicher Geschäftsführer der M P GmbH mit dem Sitz in 48 U, Gemeinde S, O, nicht dafür Sorge getragen, dass die Vorschriften der Gewerbeordnung eingehalten werden. Die M P GmbH betreibt bis zum heutigen Tag am Standort 48 S, P eine genehmigungspflichtige gewerbliche Betriebsanlage zur Kunststoffverarbeitung ohne die dafür erforderliche Betriebsanlagengenehmigung erlangt zu haben.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und das Straferkenntnis sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach angefochten. Begründend wurde dargelegt, dass das Unternehmen am 5.8.2006 in U, S, abgebrannt und der Standort fast zur Gänze vernichtet worden sei. Es war daher in kürzester Zeit eine Ersatzproduktionsstätte zu finden und wurde diese durch die Gemeinde S ab 1. September 2006 durch eine Tennishalle zur Verfügung gestellt. Es waren Maßnahmen und Investitionen erforderlich und konnten diese nur schrittweise durchgeführt werden, wobei auf die Sicherheit der Mitarbeiter und den Schutz der Umwelt Bedacht genommen worden sei. Die Absauganlage wurde zur Projektierung in Auftrag gegeben, wobei aber die Umsetzung eine entsprechende Zeit benötige. Die Halle wurde von der Gemeinde S samt Fluchtwegbeleuchtung übernommen. Die Kleiderkästen waren zum Tatzeitpunkt bereits in Auftrag gegeben, die Lieferung sei aber noch nicht erfolgt. Der Fußboden für die Tennishalle sei mit einem speziellen Gussasphalt ausgestattet und sei dadurch immer eine gute Isolierung gegeben und keine weitere Isolierungsmaßnahme notwendig. Eine Betriebsanlagengenehmigung habe zum Tatzeitpunkt noch nicht bestanden, aber war der Bw bereits tätig, die gesamten Unterlagen für das Projekt zu erstellen. Es sei auf die besonderen Umstände Bedacht zu nehmen. Die verhängte Strafe sei in der Höhe unangemessen.

 

In der Folge wurde vom Bw ein Messbericht (unausgefüllt) vom 22.6.2006 sowie ein vorläufiger Bericht des Chemielaboratoriums des AUVA-Unfallverhütungsdienstes vom 25.7.2007 vorgelegt.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 26. März 2008, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden. Der Bw und sein Rechtsvertreter sowie ein Vertreter des Arbeitsinspektorates haben an der Verhandlung teilgenommen; die belangte Behörde hat sich entschuldigt. Weiters wurde die Arbeitsinspektorin Dr. S K vom Arbeitsinspektorat Vöcklabruck als Zeugin geladen und einvernommen.

 

Im fortgesetzten Ermittlungsverfahren wurde das Parteiengehör gewahrt und keine Fortsetzungsverhandlung beantragt.

 

4.1. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung bestätigt der Bw keine Betriebsanlagengenehmigung zu haben, dass aber dieses Verfahren in der Berufung vor dem Oö. Verwaltungssenat hinsichtlich zweier Auflagenpunkte anhängig sei. Die Anlage sei grundsätzlich genehmigbar. Auch wurde zugestanden, dass zum Tatzeitpunkt keine Kleiderkästen vorhanden gewesen seien, allerdings der Vollbetrieb noch nicht gegeben gewesen sei und diese Kleiderkästen bereits geordert worden seien. Das Verschulden sei hier geringfügig. Es sei zu berücksichtigen, dass es sich um eine Notsituation gehandelt habe, weil die vorausgegangene Betriebsanlage abgebrannt sei und deshalb ein provisorischer Betrieb erforderlich gewesen sei. Bei den PU-Schaumautomaten können grundsätzlich isocyanathaltige Dämpfe entstehen, allerdings hat die Messung am 4.6.2007 ergeben, dass eine Überschreitung der MAG-Werte nicht gegeben sei und es seien daher entsprechende Absauganlagen nicht erforderlich. Bei der Betriebshalle handle es sich um eine Tennis- bzw. Veranstaltungshalle der Gemeinde S, welche auch über entsprechende Fluchtwege verfüge. Es seien vier Ausgänge, davon zwei Tore, die mit Klein-LKW befahrbar seien, vorhanden. Diese seien auch durch funktionstüchtige Fluchtwegskennzeichnungen abgesichert und sei jede Tür beleuchtet, welche Fluchtwegsbeleuchtung auch bei Stromausfall funktioniere. Diesbezüglich wurde eine Bestätigung des Bürgermeisters der Gemeinde S vom 25.3.2008 vorgelegt. Hinsichtlich Wärmedämmung wurde zum Bodenaufbau dargelegt, dass dieser aus Schotterrollierung, darüber eine Gussasphaltschicht und darüber ein Spielbelag für die Tennishalle besteht. Am Tattag hat eine Messung mit Infrarotmessgerät am Boden durchgehend eine Temperatur von 20 Grad ergeben. Gussasphalt stelle eine Wärmeisolierung dar.

 

4.2. Im Grunde der glaubwürdigen und widerspruchsfreien Aussage der zeugenschaftlich einvernommenen Arbeitsinspektorin Dr. S K, welche zum Tatzeitpunkt die Kontrolle vorgenommen hat, steht als erwiesen fest, dass das genutzte Betriebsgebäude eine ehemalige Tennis- bzw. Veranstaltungshalle ist und keine Kleiderkästen für Arbeitnehmer bzw. Arbeitnehmerinnen vorhanden gewesen sind. Es bestand zum Kontrollzeitpunkt keine gewerbebehördliche Genehmigung für diesen Betrieb. Innerhalb der Produktionshalle war es nicht möglich zu erkennen, wie im Gefahrenfall am kürzesten Wege der Arbeitsplatz verlassen werden kann. Es waren zwar beleuchtete Fluchttüren vorhanden und war eindeutig erkennbar, dass es sich um Fluchttüren handelte. Aus verschiedenen Standplätzen in der Halle war der kürzeste Fluchtweg nicht erkennbar, weil noch kein regulärer Produktionsbetrieb herrschte und noch Regale im Weg standen, sodass jedenfalls von nicht allen Arbeitsplätzen aus auf diese Türen gesehen werden konnte und die Wege zu den Fluchttüren nicht leicht erkennbar waren. Bei den PU-Schäumautomaten gab es nirgends eine Absauganlage. Bei Verwendung von Diphenylmethan-4, 4 – diisocyanat (MDS) handelt es sich um einen gefährlichen Arbeitsstoff und ist daher eine Absauganlage erforderlich. Hinsichtlich dieses Stoffes bestehen MAK-Werte und kann bei Einhaltung dieser Werte angenommen werden, dass keine Gesundheitsschädigung besteht. Allerdings ist dieser Stoff eindeutig auch als sensibilisierend für Haut und Atemwege angegeben und gekennzeichnet. Es müsste daher durch eine Absaugung soviel als möglich an der Entstehungsstelle erfasst werden, um diese Sensibilisierung zu verhindern. Diese Sensibilisierung kann zu Reizungen führen. Es ist bekannt, dass MDI in der Luft auch schon bei Raumtemperatur vorhanden ist und kann dies auch mit einem sensibleren Messgerät gemessen werden. Der Fußboden in der Produktionshalle weist keine ausreichende Wärmeisolierung auf. Es sind Montagearbeitsplätze vorhanden und gelten Maschinenbediener als ortsgebundene Arbeitsplätze. Auch sind im Bereich der Produktionshalle Frauen mit Montagearbeiten beschäftigt, welche Zahnarztsitze fertigen und Klebearbeiten durchführen. Die Bodentemperatur wurde bei der Begehung nicht gemessen, allerdings ist nach der deutschen Arbeitsstättenverordnung eine Wärmeleitzahl von Lambda 0,6 erforderlich und wird diese Wärmeleitzahl durch die Gussasphaltschicht nicht erreicht, was aus der Ö-Norm B 8110 zu entnehmen ist. Die Stärke der Gussasphaltschicht wurde nicht gemessen, allerdings ist aus der Materialbeschaffenheit und der Erfahrung des Kontrollorgans die Isolierung nicht ausreichend.

 

[Für eine Gesamtbeurteilung der Fußflächenentwärmung müssen folgende Punkte berücksichtigt werden: Lambda-Wert der obersten Schicht, Oberflächentemperatur des Bodens (abhängig von U-Wert, Hallentemperatur und Strahlungsquellen), verwendetes Schuhmaterial der Beschäftigten.]

 

4.3. Im fortgesetzten Ermittlungsverfahren legte der Bw ein Gutachten des technischen Büro – Ingenieursbüro DI A G vom 7.4.2008 bezüglich thermische Behaglichkeit – Fußflächenentwärmung vor, wonach ein Niedriger Lambda-Wert für den Fußboden grundsätzlich ein wichtiger Teilaspekt der Behaglichkeit bzw. für die Fußflächenentwärmung ist (s.o.). Der vorhandene Gussasphaltboden erreicht tatsächlich nur einen Lambda-Wert von 0,7 W/mK. Dabei blieb aber unberücksichtigt die ca. ein Millimeter dicke, nicht näher spezifizierte Kunststoffbeschichtung des Bodens. Eine Kunststoffbeschichtung verfügt über einen Lambda-Wert von zumindest unter 0,5 W/mK (Polyurethan 0,25, Phenolplaste 0,3, Polyethylen HD 0,5, Silikonkautschuk gefüllt 0,375). Es wurde ausgeführt, dass aufgrund der hohen Temperaturen in der Halle (im Winter durchschnittlich 22 Grad), dem Bodenaufbau und dem typischerweise verwendeten Schuhmaterial für diese Arbeitsbereiche mit keiner negativen Auswirkung für die Mitarbeiterinnen zu rechnen ist. Für äußerst sensible Mitarbeiterinnen wird jedoch die Verwendung von speziellen Einlagen mit Aluminiumbeschichtung empfohlen.

 

Das Arbeitsinspektorat Vöcklabruck führt dazu in einer Stellungnahme vom 5.5.2008 aus, dass nicht ein Lambda-Wert (=Wärmeleitzahl) von max. 0,6 W/mK für die oberste Schicht gefordert wird sondern eine ausreichende Wärmeisolierung des Fußbodens. Diese Wärmeisolierung für stehende Tätigkeiten ist in ausreichendem Maß gegeben, wenn die Wärmeleitzahl der verwendeten Oberflächenmaterialien höchstens 0,6 W/mK beträgt. Da aber der Lambda-Wert die Dicke des Dämmstoffes nicht berücksichtigt, muss zur Klarstellung, dass eine Schichtdicke einer nicht näher spezifizierten Kunststoffbeschichtung des Fußbodens von einem Millimeter als Wärmeisolierung nicht ausreicht, noch der Begriff des U-Wertes (=Wärmedurchgangskoeffizient) dargelegt werden. Dieser hat die Einheit W/m2K und gibt an, wie gut ein fertiges Produkt die Wärme dämmt. Er berücksichtigt also auch die Schichtdicke des verwendeten Materials. Eine gute Wärmedämmung bezogen auf die Schichtdicke liegt bei einem U-Wert von 0,9 W/m2K vor. U-Wert und Lambda-Wert hängen wie folgt zusammen: U-Wert = Lambda-Wert durch die Dicke des Materials (in Meter). Bei Annahme einer Kunststoffbeschichtung aus Polyurethan und damit einem äußerst guten Lambda-Wert von 0,25 W/mK müsste diese Schicht 278 mm dick sein um auf einen U-Wert von 0,9 W/m2K zu kommen. Eine Schichtdicke von einem Millimeter hat also keine Auswirkung auf die Wärmeisolierung des Bodens. Der Gussasphalt müsste übrigens eine Schichtdicke von 630 mm aufweisen, um den U-Wert von 0,9 W/m2K zu erreichen. Nach den vorliegenden Einreichunterlagen zum gewerbebehördlichen Betriebsanlagenverfahren ist er aber nur 30 mm dick und weist die Schichtdicke des gesamten Bodenaufbaus nur 351 mm (inkl. Kunststoffbeschichtung) auf. Das von Herrn DI G erstellte Gutachten bestätigt also, dass keine ausreichende Wärmeisolierung vorliegt.

 

Die Ausführungen des Arbeitsinspektorates sind schlüssig und nachvollziehbar und stehen auch nicht im Widerspruch zum vorgelegten Privatgutachten. Vielmehr werden die darin dargelegten Komponenten zugrunde gelegt und näher ausgeführt. Der Bodenaufbau (bereits vorhanden) wird nachvollziehbar analysiert. Es kann daher als erwiesen zugrunde gelegt werden, dass sowohl die oberste Schicht als auch der Bodenaufbau eine ausreichende Wärmedämmung nicht aufweist.

 

4.4. Anlässlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde der Messbericht der AUVA vom 22.6.2006 (gemeint wohl 2007) über die Messung am 4.6.2007 auf Isocyanate (Diphenylmethan -4,4' – diisocyanat) vorgelegt. Nach den Ergebnissen sind zur Beurteilung, ob eine gefährliche oder in anderer Weise für die Gesundheit von Arbeitnehmerinnen nachteilige Konzentration von Gasen, Dämpfen oder Schwebstoffen gesundheitsgefährdender Arbeitsstoffe vorliegt, die in Österreich jeweils geltenden maximalen Arbeitsplatzkonzentrationen und technischen Richtkonzentrationen heranzuziehen. Bei den zum Zeitpunkt der Messung herrschenden Verhältnissen wurde der geltende Grenzwert an allen Messplätzen unterschritten.

 

Es wurde in der mündlichen Verhandlung auch eine Stellungnahme des Arbeitsinspektorates Vöcklabruck vom 26.11.2007 anlässlich der gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung vorgelegt, woraus ersichtlich ist, dass gemäß den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes in der Reihenfolge der zu treffenden Schutzmaßnahmen die Absaugung von Schadstoffen möglichst an der Entstehungsquelle vor allgemeiner Raumlüftung gesetzlich festgelegt ist. Auch bei mündlicher Unterschreitung des Grenzwertes ist die Richtung einer Maschinenabsaugung zwingend erforderlich, weil der Schadstoff Diphenylmethan-4,4' diisocyanat (MDI) gemäß Grenzwerteverordnung GKV 2007 (bisher GKV 2006) unabhängig vom Grenzwert von 0,5 mg pro m3 (oder 0,005 ppm) als sensibilisierend für Atemwege und Haut eingestuft ist. Außerdem gilt MDI gemäß GKV 2007 Anhang III B als Stoff mit begründetem Verdacht auf krebserzeugendes Potential, das heißt, es gibt Hinweise dafür, dass dieser Schadstoff krebserzeugend wirken kann. Studien haben ergeben, dass eine Schädigung der Arbeitnehmer beim Umgang mit Isocyanaten (MDI) auch dann gegeben war, wenn Messungen ohne Schadstoffnachweis geblieben sind, da bereits geringste Mengen (Konzentration gleich 0 bis zur Nachweisgrenze durch Messgeräte) zur Sensibilisierung führen könnten. Dieser Umstand wird im gegenständlichen Betrieb durch die aktuelle Feststellung einer Berufskrankheit in Folge des Umganges mit MDI eindeutig untermauert. Die im Messbericht der AUVA Wien nachgewiesene Unterschreitung des Grenzwertes kann keinesfalls unabhängig der zusätzlichen Einstufungen gemäß GKV 2007 (bisher GKV 2006) betrachtet werden, da die Sensibilisierung der Atemwege und der Haut unabhängig von der Schadstoffkonzentration gegeben sein kann.

 

Neben den gesetzlichen Forderungen hat die Arbeitsinspektion bei der Umsetzung von Maßnahmen zum Schutz der Arbeitnehmer auch den allgemeinen Stand der Technik zu berücksichtigen. Fehlen nationale Normen zu bestimmten Fertigungsverfahren, können auch europäische Standards zur Beseitigung oder Verringerung von Gefahren herangezogen werden. Die deutschen "technischen Regeln für Gefahrstoffe" (TRGS) geben den Stand der sicherheitstechnischen, arbeitsmedizinischen, hygienischen sowie arbeitswissenschaftlichen Anforderungen an Gefahrstoffe hinsichtlich Inverkehrbringen und Umgang wieder. Für Herstellung von PUR-Integralschaumstoffen (halbharte und harte MDI-Systeme) fordert die TRGS 430 in einem Katalog der Expositionsszenarien unter Berücksichtigung der sensibilisierenden Wirkung von Isocyanaten (MDI) als Mindeststandard eine Einhausung mit Objektabsaugung bei Dosier- und Schäumanlagen. Die TRGS 430 verweist in Kapitel drei auf die konkreten Gefährdungen am Arbeitsplatz beim Umgang mit Isocyanaten. Auch hier werden Erkrankungsfälle erwähnt, obwohl eine Exposition messtechnisch nicht nachweisbar war. Die über den gesetzlichen Grenzwert hinausgehende Einstufung des vorliegenden Gefahrstoffes, der vorliegende Krebsverdacht und die nicht außer Acht zu lassenden Regeln der Technik stellen für die Arbeitsinspektion die Grundlage für die Vorschreibung einer Maschinenabsaugung dar.

 

Es steht daher auch für den Oö. Verwaltungssenat fest, dass ein gefährlicher Arbeitsstoff in Verwendung steht bzw. beim Schäumvorgang isocyanathaltige Dämpfe entstehen, wobei eine Erfassung und Absaugung direkt an der Entstehungsstelle nicht vorhanden ist.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Der Bw ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der M P GmbH mit dem Sitz in 48 U, Gemeinde S, O, welche zum Tatzeitpunkt am 14.12.2006 eine Arbeitsstätte in der P, 58 S betrieben hat. Der Bw ist daher gemäß § 9 Abs.1 VStG als nach außen vertretungsbefugtes Organ verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen.

 

5.2. Zu Spruchpunkt 1 des angefochtenen Straferkenntnisses:

 

Gemäß § 130 Abs.1 Z17 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, ASchG, BGBl Nr. 450/1994 idF BGBl I Nr. 147/2006 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 bis 7.260 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die Verpflichtungen betreffend Arbeitsstoffe verletzt.

 

Gemäß § 7 Z5 ASchG haben Arbeitgeber bei der Gestaltung der Arbeitsstätten, Arbeitsplätze und Arbeitsvorgänge, bei der Auswahl und Verwendung von Arbeitsmitteln und Arbeitsstoffen, beim Einsatz der Arbeitnehmer sowie bei allen Maßnahmen zum Schutz der Arbeitnehmer folgende allgemeine Grundsätze der Gefahrenverhütung umzusetzen: Berücksichtigung des Standes der Technik.

 

Gemäß § 40 Abs.1 ASchG sind gefährliche Arbeitsstoffe explosionsgefährliche, brandgefährliche und gesundheitsgefährdende Arbeitsstoffe sowie biologische Arbeitsstoffe, sofern nicht die Ermittlung und Beurteilung gemäß § 41 ergeben hat, dass es sich um einen biologischen Arbeitsstoff der Gruppe 1 ohne erkennbares Gesundheitsrisiko für die Arbeitnehmer handelt.

 

Gemäß § 40 Abs.3 Z1 ASchG sind gesundheitsgefährdende Arbeitsstoffe, Arbeitsstoffe, die sehr giftige, giftige, gesundheitsschädliche (mindergiftige), ätzende, reizende, krebserzeugende, erbgutverändernde, fortpflanzungsgefährdende oder sensibilisierende Eigenschaften aufweisen.

 

Gemäß § 43 Abs.2 ASchG haben Arbeitgeber, wenn gefährliche Arbeitsstoffe in Verwendung stehen, Maßnahmen zur Gefahrenverhütung in folgender Rangordnung zu treffen:

4. Die Arbeitsverfahren und Vorgänge sind, soweit dies technisch möglich ist, so zu gestalten, dass die Arbeitnehmer nicht mit den gefährlichen Arbeitsstoffen in Kontakt kommen können und gefährliche Gase, Dämpfe oder Schwebstoffe nicht frei werden können.

5. Kann durch diese Maßnahmen nicht verhindert werden, dass gefährliche Gase, Dämpfe oder Schwebstoffe freiwerden, so sind diese an ihrer Austritts- oder Entstehungsstelle vollständig zu erfassen und anschließend ohne Gefahr für die Arbeitnehmer zu beseitigen, soweit dies nach dem Stand der Technik möglich ist.

 

Bei den gegenständlichen PU-Schäumautomaten entstehen bei den Schäumvorgängen (inkl. der Entschäumung) isocyanathaltige Dämpfe, nämlich Diphenylmethan-4,4'-diisocyanat, und damit ein Arbeitsstoff mit sensibilisierenden Eigenschaften, also ein gesundheitsgefährdender Arbeitsstoff gemäß § 40 Abs.3 Z1 ASchG bzw. ein gefährlicher Arbeitsstoff gemäß § 40 Abs.1 ASchG und hat daher gemäß der Anordnung des § 43 Abs.2 ASchG der Arbeitgeber in der Rangfolge zunächst darauf zu achten, dass Arbeitsvorgänge so gestaltet werden, dass Arbeitnehmer nicht mit gefährlichen Arbeitsstoffen in Kontakt kommen können und gefährliche Gase, Dämpfe oder Schwebstoffe nicht frei werden können. Wenn trotz dieser Maßnahmen nicht verhindert werden kann, dass gefährliche Gase, Dämpfe oder Schwebstoffe frei werden, so sind diese an ihrer Austritts- oder Entstehungsstelle vollständig zu erfassen und anschließend zu beseitigen (§ 43 Abs.2 Z5 ASchG). Da isocyanathaltige Dämpfe schon bei Raumtemperatur frei werden können, ist für eine Absaugung Sorge zu tragen. Dieser Verpflichtung ist der Bw zum Tatzeitpunkt nicht nachgekommen. Es hat daher der Bw den objektiven Tatbestand der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung erfüllt.

 

Wenn der Bw hingegen damit argumentiert, dass nach dem Messbericht der AUVA MAK-Werte nicht überschritten bzw. nicht festgestellt werden und daher keine Absaugung erforderlich ist, so wird der Bw auf die Bestimmung des § 45 Abs.3 ASchG hingewiesen, dass Arbeitgeber nicht nur dafür zu sorgen haben, dass dieser Wert nicht überschritten wird, sondern hier ausdrücklich auch geregelt ist, dass Arbeitgeber anzustreben haben, dass dieser Wert stets möglichst weit unterschritten wird. Es verweist daher das Arbeitsinspektorat zurecht auf die Grenzwerteverordnung (zum Tatzeitpunkt war noch die Grenzwerteverordnung GKV 2006 in Kraft), wonach der Stoff Diphenylmethan-4,4'-diisocyanat (MDI) in der Stoffliste des Anhang 1 aufscheint, wonach ein MAK-Wert von 0,05 mg/m3 verlangt wird, dass das MDI aber auch in dieser Liste mit "Sah" also sensibilisierend für Atemwege und Haut eingestuft ist. Gemäß § 40 Abs.3 Z1 ASchG zählen aber auch Arbeitsstoffe mit sensibilisierender Eigenschaft zu den gesundheitsgefährdenden Arbeitsstoffen. Darüber hinaus scheint das MDI auch in der Liste der Stoffe mit begründetem Verdacht auf krebserzeugendes Potential auf.

 

Dazu führt die Grenzwerteverordnung in § 9 Abs.4 Z1 aus, dass sensibilisierende Stoffe, die auch bei Einhaltung des MAK-Wertes oder des TRK-Wertes allergische Reaktionen in weit über durchschnittlichem Maß auslösen, mit "S" gekennzeichnet sind.

 

Gemäß § 10 Abs.2 der Grenzwerteverordnung werden krebserzeugende Stoffe in eindeutig krebserzeugende Stoffe, das sind Arbeitsstoffe, die bei Menschen erfahrungsgemäß bösartige Geschwülste zu verursachen vermögen oder sich im Tierversuch als krebserzeugend erwiesen haben, und Arbeitsstoffe mit begründetem Verdacht auf krebserzeugendes Potential unterteilt.

 

Die Grenzwerteverordnung ist aufgrund der §§ 48 Abs.1 Z3 sowie u.a. 40 Abs.3, 42 Abs.1 und 2, 43, Abs.2 und 45 ASchG ergangen.

 

Es kann daher den Ausführungen des Bws im Grunde der angeführten gesetzlichen Bestimmungen nicht gefolgt werden.

 

5.3. Zu Spruchpunkt 2 des angefochtenen Straferkenntnisses:

 

Gemäß § 130 Abs.1 Z15 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 bis 7.260 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die Verpflichtungen betreffend die Einrichtung und den Betrieb von Arbeitsstätten oder Baustellen einschließlich der Sozial- und Sanitäreinrichtungen verletzt.

 

Gemäß § 20 Abs.1 ASchG sind Arbeitgeber verpflichtet, Arbeitsstätten und Baustellen entsprechend den Vorschriften dieses Bundesgesetzes sowie den dazu erlassenen Verordnungen und entsprechend den für sie geltenden Vorschreibungen einzurichten und zu betreiben.

 

Es wurde daher im Grunde der §§ 19 bis 32 ASchG die Arbeitsstättenverordnung – AStV, BGBl II Nr.368/1998 erlassen.

 

Gemäß § 21 Abs.4 erster und letzter Satz ASchG muss dafür gesorgt werden, dass alle Arbeitsplätze bei Gefahr von den Arbeitnehmern schnell und sicher verlassen werden können. Fluchtwege und Notausgänge müssen gut sichtbar und dauerhaft gekennzeichnet sein.

 

Auch gemäß § 19 Abs.2 AStV müssen Fluchtwege auch im Gefahrenfall leicht und eindeutig als solche erkennbar sein. Sind sie aufgrund der Bauweise und der Einrichtung nicht eindeutig erkennbar, sind sie als Fluchtwege zu kennzeichnen. Verkehrswege, die im Gefahrenfall nicht benützt werden dürfen, sind als solche zu kennzeichnen.

 

Dem Bw wird vorgeworfen, dass Fluchtwege nicht als Fluchtwege zu erkennen sind und wurde dies auch im Beweisverfahren dahingehend erwiesen, dass durch das Verstellen von Regalen nicht von jedem Arbeitsplatz aus erkennbar ist, welcher Fluchtweg am schnellsten zum Notausgang führt. Nicht hingegen wurde dem Bw vorgeworfen, dass die Notausgänge selbst nicht gekennzeichnet sind. Es war daher im Beweisverfahren erwiesen, dass die vorgeworfene Verwaltungsübertretung begangen wurde. Dadurch, dass die Notausgänge nicht von allen Arbeitsplätzen aus gesehen werden konnten und durch noch nicht endgültige Einrichtung der Betriebshalle nicht von jedem Arbeitsplatz aus erkennbar war, wie schnell und sicher der Arbeitsplatz verlassen werden kann, wurde der Anforderung gemäß § 21 Abs.4 ASchG sowie § 19 Abs.2 AStV nicht entsprochen.

 

5.4. Zu Spruchpunkt 3 des angefochtenen Straferkenntnisses:

 

Gemäß § 35 Abs.1 Z1 und Z2 AStV ist für jede/n Arbeitnehmer/in ein Kleiderkasten zur Verfügung zu stellen, der ausreichend groß, luftig und versperrbar ist und geeignet ist, Kleidung und sonstige persönliche Gegenstände gegen Wegnahme zu sichern und vor Einwirkungen wie Nässe, Staub, Rauch, Dämpfe oder Gerüche zu schützen.

 

Vom Bw wurde zugestanden, dass zum Tatzeitpunkt Kleiderkästen nicht vorhanden waren und konnten diese bei der Kontrolle auch nicht vorgewiesen werden. Es ist daher der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung erfüllt.

 

5.5. Zu Spruchpunkt 4 des angefochtenen Straferkenntnisses:

 

Gemäß § 22 Abs.1 ASchG sind Arbeitsräume jene Räume, in denen mindestens ein ständiger Arbeitsplatz eingerichtet ist. Arbeitsplatz im Sinn des § 2 Abs.4 ASchG ist der räumliche Bereich, in dem sich Arbeitnehmer bei der von ihnen auszuübenden Tätigkeit aufhalten.

 

Gemäß § 22 Abs.8 letzter Satz ASchG müssen Fußböden im Bereich der ortsgebundenen Arbeitsplätze eine ausreichende Wärmeisolierung aufweisen, sofern dies nicht aus arbeitstechnischen Gründen ausgeschlossen ist.

 

In der gegenständlichen Produktionshalle befinden sich Montagearbeitsplätze als ortsgebundene Arbeitsplätze sowie auch die Arbeitsplätze der Maschinenbediener, die ebenfalls als ortsgebundene Arbeitsplätze anzusehen sind. Insbesondere werden auch in Teilbereichen der Produktionshalle Fertigungsarbeiten durch Frauen ortsgebunden an Montagetischen vorgenommen. Erwiesenermaßen besteht der Bodenaufbau aus Gussasphalt und einer 1 mm dicken Kunststoffschicht. Das Beweisverfahren hat erwiesen, dass dieser Bodenaufbau bzw. diese Bodenbeschaffenheit keine ausreichende Wärmeisolierung aufweist, zumal anerkannte Werte nicht eingehalten werden. Wenn hingegen eingewendet wird, dass das ASchG bzw. die AStV keine konkreten Vorschriften für die Wärmeisolierung, insbesondere auch keine bestimmten Werte vorschreibt, so ist dem Bw die Anordnung des § 7 ASchG entgegenzuhalten, wonach Arbeitgeber bei allen Maßnahmen zum Schutz der Arbeitnehmer die allgemeinen Grundsätze der Gefahrenverhütung umzusetzen haben, worunter nach Z5 auch die Berücksichtigung des Standes der Technik zählt. Gilt auch in Österreich diesbezüglich keine bestimmte Norm bzw. kein Grenzwert, so kann im Grunde des Standes der Technik auch auf Regelungen der Nachbarländer zurückgegriffen werden, was das Arbeitsinspektorat in seiner Erörterung betreffend Wärmeisolierung auch nachvollziehbar dargelegt hat. Insbesondere ist aus der Ausführung des Arbeitsinspektorates ersichtlich, dass die Wärmeisolierung des Fußbodens im Zusammenwirken von Raumtemperatur, Wärmeleitzahl der Fußbodenschicht sowie dem Wärmedurchgangskoeffizienten gesehen werden muss. Dies wurde auch rechnerisch nachvollziehbar dargelegt. Im Übrigen ist dieses Zusammenwirken auch dem vom Bw vorgelegten Gutachten des Herrn DI A G zu entnehmen. Es ist daher der vorhandene Fußbodenaufbau für einen ortsgebundenen Arbeitsplatz nicht ausreichend wärmeisoliert und wurde daher der objektive Tatbestand erfüllt.

 

5.6. Der Bw hat die Verwaltungsübertretungen (Spruchpunkte 1 bis 4) aber auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Berufungswerber initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die „Glaubhaftmachung“ nicht.

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinne der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Berufungswerber kein Entlastungsnachweis erbracht wird.

 

Der Bw bringt zu seiner Entlastung den Brand der vorausgegangenen Betriebsanlage vor und stützt sich auf einen provisorischen Betrieb der nunmehr kontrollierten Anlage bzw. Arbeitsstätte. Wenngleich die konkrete Situation und der Druck, die Produktion bald möglich wieder aufzunehmen, verständlich sind, so stellt dies aber trotzdem nicht einen Rechtfertigungsgrund für ein gesetzwidriges Verhalten bzw. einen Entschuldigungsgrund dar, der ein Verschulden ausschließen würde. Vielmehr ist dem Bw anzulasten, dass er um die erforderlichen Arbeitnehmerschutzvorkehrungen wusste, trotz Nichteinhaltung den Betrieb aufnahm und so in sorgfaltswidriger Weise, wenn nicht sogar unter bedingtem Vorsatz den Betrieb unter Außerachtlassung des erforderlichen Arbeitnehmerschutzes aufnahm. Dies trotz der bestehenden Möglichkeit, die Gesundheit von Arbeitnehmern zu gefährden. Weitere Umstände die für eine Entlastung sprechen, wurden jedoch nicht vorgebracht. Es ist daher im Sinn des § 5 Abs.1 VStG von Verschulden auszugehen. Auch das Vorbringen des Bws, dass er die Kleiderkästen bereits bestellt hat und diese auch nach der Kontrolle geliefert wurden, kann den Bw zum Tatzeitpunkt nicht entschuldigen.

 

5.7. Zur Strafbemessung hinsichtlich Spruchpunkte 1 bis 4 des angefochtenen Straferkenntnisses ist auszuführen:

 

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die belangte Behörde hat die Angaben des Bws zu den persönlichen Verhältnissen, Einkommen lt. Einkommenssteuerbescheid 2005 von insgesamt 14.735,83 Euro und Sorgepflicht für ein Kind, zugrunde gelegt und strafmildernd die bisherige Unbescholtenheit des Bws gewertet.

 

Auch das Berufungsverfahren brachte keine geänderten persönlichen Verhältnisse hervor. Dies ist dann daher auch der Berufung zugrunde zu legen. Allerdings ist auf den Unrechtsgehalt der jeweiligen Verwaltungsübertretungen im Besonderen hinzuweisen. So wird durch die Nichterfüllung einer Absauganlage Leben und Gesundheit der Arbeitnehmer im wesentlichen Umfang gefährdet. Dies war beim Unrechtsgehalt der Tat maßgeblich zu bewerten und erfordert daher in Anbetracht von mehreren solchen Arbeitsplätzen eine entsprechende Geldstrafe, wobei die verhängte Geldstrafe von 2.000 Euro nicht einmal ein Drittel der gesetzlichen Höchstgrenze ausmacht. Auch war zu den Fakten zwei und vier auf den besonderen Unrechtsgehalt der Tat hinzuweisen, nämlich insbesondere die Gefährdung von Arbeitnehmern. Es ist daher im Hinblick auf die Gesundheit und Unversehrtheit der Arbeitnehmer als Schutzzweck der Norm eine entsprechende Strafe erforderlich. Hingegen konnte zu Spruchpunkt 3 ebenfalls im Hinblick auf den Unrechtsgehalt der Tat die verhängte Geldstrafe herabgesetzt werden. Durch die Nichtbeschaffung von Kleiderkästen wurden zwar Arbeitnehmerschutzbestimmungen verletzt, allerdings ist eine Gefährdung von Gesundheit und Leben der Arbeitnehmer nicht damit verbunden. Im Hinblick darauf, dass der Schutz des Eigentums von der Gewichtung nicht dem Schutz von Gesundheit und Leben der Menschen gleichgestellt werden kann, war daher mit Herabsetzung der Geldstrafe vorzugehen. Dies auch unter dem Aspekt, dass der Bw bemüht war, den gesetzeskonformen Zustand herzustellen und nach seinen Angaben auch hergestellt hat. Auch waren keine nachteiligen Folgen zu verzeichnen. Die verhängte Geldstrafe von nunmehr 500 Euro ist tat- und schuldangemessen und erforderlich um den Bw von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten. Hingegen ist zu dieser Verwaltungsübertretung auszuführen, dass geringfügiges Verschulden nicht vorliegt, da geringfügiges Verschulden nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs nur dann anzunehmen ist, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Bws weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt. Indem aber genau jenes Verhalten gesetzt wurde, das unter Strafe gestellt wurde, war die Voraussetzung nach § 21 VStG nicht erfüllt. Auch lag nur der Milderungsgrund der Unbescholtenheit vor, sodass nicht von einem beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe auszugehen war und daher nicht mit einer außerordentlichen Milderung gemäß § 20 VStG vorzugehen war. Außer der Unbescholtenheit kamen keine weiteren Milderungsgründe hervor. Insbesondere kann das Vorbringen, dass ein Brand die Arbeitsstätte vernichtete und daher der Ersatz im provisorischen Betrieb noch nicht alle Anforderungen erfüllen konnte, nicht als Milderungsgrund gewertet werden, zumal zumindest bedingt mit der nicht ordnungsgemäßen Inbetriebnahme der Produktion die Gefährdung von erheblich zu schützenden Rechtsgütern in Kauf genommen wurde. Es waren daher die übrigen Geldstrafen und Ersatzfreiheitsstrafen zu bestätigen.

 

5.8. Zu Spruchpunkt 5 des Straferkenntnisses:

 

Gemäß § 366 Abs.1 Z2 Gewerbeordnung 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung errichtet
oder betreibt.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass  er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Gemäß  § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

 

Es muss  daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 937 ff).

 

Diesen Anforderungen entspricht der Tatvorwurf nicht. Insbesondere fehlt dem Tatvorwurf die Tatzeit. Insbesondere kann die Zeitangabe aus dem ersten Satz des Straferkenntnisses nicht herangezogen werden, weil im Spruchpunkt 5 keine Arbeitnehmerschutzbestimmungen verletzt wurden. Schon dieser Umstand, weil innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist nach § 31 VStG eine Verfolgungshandlung nicht gesetzt wurde, muss zur Aufhebung des Straferkenntnisses führen.

 

Darüber hinaus sind nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in Beziehung zur vorgeworfenen Straftat stehende wörtliche Ausführungen erforderlich, die nicht etwa durch die bloße paragraphenmäßige Zitierung von Ge- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Diesen Anforderungen kommt der Spruch des angefochtenen Bescheides insofern nicht nach, als ein Schuldspruch nach § 366 Abs.1 Z3 GewO 1973 (nunmehr § 366 Abs.1 Z2 GewO 1994), um das Erfordernis des § 44a Z1 VStG zu erfüllen, auch jene Tatumstände enthalten muss, die eine Beurteilung dahin zulassen, ob die vorliegende Betriebsanlage die in § 74 Abs.2 genannten Interessen zu beeinträchtigen geeignet und daher genehmigungspflichtig ist (vgl. zB VwGH vom 24.11.1992, Zl. 90/04/0310 mit Nachweisen).

 

Darüber hinaus definiert sich eine Betriebsanlage gemäß § 74 Abs.1 GewO 1994 als jede örtlich gebundene Einrichtung, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist. Auch diesbezügliche Sachverhaltsumschreibungen fehlen dem Spruch des Straferkenntnisses.

 

Mangels einer Verfolgungshandlung innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist war daher das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich Spruchpunkt 5 aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren wegen eingetretener Verfolgungsverjährung gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen.

 

6. Weil der Bw hinsichtlich Spruchpunkt 1, 2 und 4 des angefochtenen Straferkenntnisses keinen Erfolg hatte, war zusätzlich zum Kostenbeitrag erster Instanz ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind insgesamt 800 Euro aufzuerlegen (§ 61 VStG). Hinsichtlich Spruchpunkt 5 des angefochtenen Bescheides wurde die Strafe aufgehoben und entfallen daher gemäß § 66 Abs.1 VStG jegliche Strafkostenbeiträge erster und zweiter Instanz. Hinsichtlich Spruchpunkt 3 des angefochtenen Straferkenntnisses hatte die Berufung teilweise Erfolg, sodass sich gemäß der herabgesetzten Geldstrafe der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz auf 50 Euro gemäß § 64 VStG ermäßigt; gemäß § 65 VStG war zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat im Hinblick auf diese Tat kein Verfahrenskostenbeitrag zu verrechnen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr. Ilse Klempt

 

 

Beschlagwortung:

Sensibilisierende Stoffe als gefährliche Stoffe, Unterschreitung der MAK-Werte, ausreichende Wärmeisolierung, Stand der Technik, leicht erkennbare Fluchtwege, schnellster Weg ins Freie

 

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