Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522000/8/Bi/Se

Linz, 07.08.2008

 

                                              

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn J R, E, vertreten durch Herrn RA Dr. J B, L, vom 16. Juni 2008 gegen den Bescheid des   Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 14. Mai 2008 in der Fassung des Bescheides des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 23. Mai 2008, VerkR21-978-2008, wegen Entziehung der Lenk­berechtigung, Anordnung einer Nach­schulung sowie der Beibringung eines amts­ärztlichen Gutachtens gemäß § 8 FSG samt verkehrspsychologischer Stellung­nahme, Lenkverbot, Aberkennung des Rechts, von einem allfällig aus­gestellten ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, und Aber­kennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung, aufgrund des Ergeb­­nisses der am 23. Juli 2008 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhand­lung (samt mündlicher Verkündung der Berufungs­ent­scheidung) zu Recht erkannt:

 

     Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als die Entziehungsdauer auf neun Monate, gerechnet ab 8. Jänner 2008, herabgesetzt wird.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid vom 14. Mai 2008 wurde dem Berufungs­werber (Bw) gemäß §§ 24 Abs.1, 25 und 3 Abs.2 FSG die von der BH  Linz-Land am 30. September 1969 zu Zl Ra-50/1111-1969 für die Klassen A, B und F erteilte Lenkberechtigung für einen Zeit­raum von 10 Monaten, gerechnet ab 21. Jänner 2008 (FS-Abgabe), entzogen und ausgesprochen, dass ihm vor Ablauf der Entziehungsdauer keine Lenkberechtigung erteilt werden dürfe. Gemäß §§ 8 und 24 Abs.3 FSG wurde angeordnet, dass sich der Bw zusätzlich vor Ablauf der Entzieh­ungs­dauer auf eigene Kosten einer begleitenden Maßnahme (Einstellungs- und Ver­haltens­training und Aufbauseminar) zu unterziehen und ein amtsärzt­liches Gutachten über die gesundheitliche Eignung und überdies zur Erstattung eines amts­ärztliche Gutachtens eine verkehrspsychologische Stellungnahme einer verkehrs­psychologischen Untersuchungsstelle zu bringen habe. Gemäß § 32 Abs.1 FSG wurde dem Bw für die Dauer der Entziehung der Lenkbe­rechtigung, gerechnet ab Zustellung des Bescheides, das Lenken von Motor­fahrrädern, vier­räd­rigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen verboten und ihm gemäß §§ 30 Abs.1 und 32 Abs.1 FSG das Recht aberkannt, von einem allfällig ausgestellten ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen. Gemäß § 64 Abs.2 AVG wurde die aufschiebende Wirkung einer allfällig eingebrachten Berufung aberkannt.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 19. Mai 2008.

 

Mit Bescheid vom 23. Mai 2008 wurde der oben genannte Bescheid insofern geändert, als ausgesprochen wurde, dass die Entziehungsdauer ab 8. Jänner 2008 (Zustellung des Mandats­bescheides) zu berechnen sei.

Dieser Bescheid wurde am 2. Juni 2008 zugestellt.

 

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2.Satz AVG). Am 23. Juli 2008 wurde eine öffentliche mündliche Beru­fungs­verhandlung in Verbindung mit der Berufungsverhandlung betreffend das Verwaltungsstrafverfahren ua wegen Übertretung der StVO 1960 in Anwesenheit des Bw, seines Rechtsvertreters RA Dr. J B und der Zeugen Meldungs­leger BI H N (Ml) und Insp H B (B) auf dem in Rede stehenden Parkplatz in E durchge­führt. Der Vertreter der Erstinstanz war entschuldigt. Die Berufungs­entschei­dung wurde mündlich verkündet.

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, aus dem Bescheid ergebe sich kein Sachverhalt, von dem die Erstinstanz ausgehe. Die Angaben der Zeugen seien unterschiedlich gewesen und die angesprochene Fotobeilage samt Markier­ungen sei ihm nicht bekannt. Beantragt wird eine öffentliche mündliche Beru­fungs­verhandlung mit nochmaliger Einvernahme beider Zeugen. Bei den vorlie­gen­­den Zeugenaussagen sei im Zweifel davon auszugehen, dass er sein Fahr­zeug nicht in Betrieb genommen habe, sodass die Entziehung der Lenkberechtigung und die zusätzlich angeordneten Maßnahmen zu Unrecht erfolgt seien.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer Berufungsver­hand­lung, bei der der Bw und sein Rechtsvertreter gehört, die Ausführungen der Erst­instanz in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses berück­sichtigt, der in Rede stehende  Gasthausparkplatz besichtigt und die genannten Zeugen unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB einvernommen wurden.

Auf der Grundlage des durchgeführten Beweisverfahrens ist davon auszugehen, dass der Bw einen Pkw am 8. Dezember 2007 gegen 21.45 Uhr in Eggendorf /Tr. auf dem Parkplatz des Gasthauses "Zur Schütt", der ohne Zweifel eine Straße mit öffentlichem Verkehr im Sinne des § 1 Abs.1 StVO 1960 darstellt, durch Starten des Motors in Betrieb genommen hat. Die Aussagen der beiden Polizeibeamten im Hinblick auf eindeutig diesem Pkw zuzuordnende und unverwechselbare Motorengeräusche und Auspuffnebel lassen keine andere Deutung zu, auch wenn der Pkw einen Tag später ohne Starthilfe tat­sächlich nicht angesprungen wäre. Demnach war die vom hinsichtlich § 5 StVO ermächtigten Ml unbestritten ergan­gene Aufforderung des Bw zur Durchführung einer Atemluftuntersuchung – der Bw gab laut Anzeige an, zwei Halbe Bier getrunken zu haben, und wies Alkohol­ge­ruch aus dem Mund auf – rechtmäßig. Die Durchführung der Amts­hand­­lung wurde vom Ml als unauffällig beschrieben. Anhaltspunkte dafür, dass der Bw etwas nicht verstanden habe, bestehen nicht und auch der Alkotest verlief anstandslos. Der günstigste Atemalkoholwert von 0,99 mg/l AAG von 21.59 Uhr war daher dem Tatvorwurf zugrundezulegen, zumal auch an der Messgenauigkeit und Funktionstüchtigkeit des geeichten und überprüften Messgerätes kein Zweifel besteht. Zusammenfassend war daher unzweifelhaft davon auszugehen, dass der Bw den Pkw tatsächlich in Betrieb genommen hat, wobei er einen Atemalkoholwert von 0,99 mg/l aufwies, der einem BAG von immerhin etwa 2 Promille entspricht. Zur Beweiswürdigung wird auf die ausführliche Begründung des Erkenntnisses des UVS von 7. August 2008, VwSen-163272/11/Bi/Se, verwiesen.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4)  nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind.

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) ange­­nommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraft­­­fahrzeugen ua die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Sucht­mittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird. Als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 FSG hat gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 begangen hat.

Gemäß § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 begeht ua eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer in einem Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,6 %o oder mehr oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,8 mg/l oder mehr beträgt.    

 

Mit Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 7. August 2008, VwSen-163272/11/Bi/Se, wurde der Bw einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 99 Abs.1 lit.a iVm 5 Abs.1 StVO 1960 schuldig erkannt und bestraft. Dem lag der Tatvorwurf zugrunde, der Bw habe am 8. Dezember 2007 um 21.45 Uhr in E auf der E Landesstraße auf dem öffentlichen Parkplatz des Gasthauses "Z S" den Pkw    in Betrieb genommen, wobei er  sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befand (Alkoholisierungs­grad 0,99 mg/l).

 

Im Hinblick auf § 7 Abs.3 Z1 FSG war somit vom Vorliegen einer bestimmten Tatsache auszugehen, die gemäß § 7 Abs.4 FSG einer Wertung zu unterziehen ist, für die deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie gegangen wurde, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit  maßgebend ist.

Dem Bw wurde bereits einmal wegen eines Alkoholdeliktes die Lenkberechtigung entzogen, nämlich vom 8. Dezember 2004 bis 8. Jänner 2005 auf der Grundlage des § 26 Abs.1 FSG. Der neuerliche Vorfall ereignete sich genau drei Jahre später, wobei nunmehr aber eine Mindest­entziehungsdauer (für den Fall einer erstmaligen Begehung) von vier Monaten gemäß § 26 Abs.2 FSG zugrundezu­legen ist. Einerseits handelt es sich um die wiederholte Begehung eines Alkohol­deliktes mit einem Atemalkoholgehalt von 0,99 mg/l, andererseits war aber zu berücksichtigen, dass eine "bloße" Inbetrieb­nahme eines tatsächlich auf einem Gasthausparkplatz abgestellten Kraftfahr­zeuges vorliegt und der Bw von sich aus bereits vor dem Einschreiten des Ml den Motor abgestellt hat.

Aus dieser Überlegung ist die Herabsetzung der Entziehungsdauer, die auch die Prognose, wann der Bw die Verkehrszuverlässigkeit wiedererlangt haben wird, darstellt, auf 9 Monate insofern gerechtfertigt, als deren Berechnung zwar hier in Ermangelung einer vorläufigen Führerscheinabnahme mit der Zustellung des Mandatsbescheides beginnt – weshalb die Änderung im Bescheid vom 23. Mai 2008 auch geboten war – diese aber mit der Tat begonnen hat, sodass im Ergebnis von einer 10 Monate dauernden Verkehrsun­zuverlässigkeit insgesamt auszugehen ist. 

Alkoholdelikte gehören zu den schwersten Verstößen gegen Verkehrsvorschriften. Die besondere Verwerflichkeit der Wiederholung solcher Delikte fällt daher im Rahmen der Wertung besonders ins Gewicht (vgl VwGH 24.3.1999, 98/11/0298; 24.8.1999, 99/11/0216; ua). Eine weitere Herabsetzung der Entziehungsdauer war daher auch angesichts des 0,8 mg/l weit überschreitenden Atemalkohol­wertes nicht gerechtfertigt.

 

Da maßgebliches Kriterium für die Anordnung eines Lenkverbotes gemäß § 32 FSG bzw der Aberkennung des Rechts gemäß § 30 FSG, von einem allfällig bestehenden ausländischen Führer­schein in Österreich Gebrauch zu machen, ebenfalls die Verkehrs­unzuverlässigkeit ist, war die ausgesprochene Entziehungs­dauer (ab Zustellung des Mandatsbescheides am 8. Jänner 2008 gerechnet) auch darauf zu beziehen. Die Anordnungen gemäß § 24 Abs.3 Z3 FSG, nämlich die der Absol­vierung eines Einstellungs- und Verhaltenstrainings samt Aufbauseminar, die der Beibringung eines amts­ärztlichen Gutachtens gemäß § 8 FSG und (wegen  Übertretung des § 99 Abs.1 StVO 1960) die der Beibringung einer verkehrs­psychologischen Stellung­nahme sind gesetzlich vorgesehen und daher der Disposition der Behörde entzogen.

 

Gemäß § 64 Abs.2 AVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gemäß dieser Bestimmung im Fall des Entzuges der Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit auf Grund des Interesses des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug immer  geboten (vgl VwGH v 20.2.1990, 89/11/0252; uva).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

Beschlagwortung:

2. Alkoholdelikt genau nach 3 Jahren, 0,99 mg/l AAG aber Inbetriebnahme eines KFZ -> Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit ab Tat 10 Monate -> Herabsetzung der Entziehungsdauer gerechtfertigt

 

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