Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-590195/2/Ste

Linz, 03.09.2008

 

 

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Präsident Mag. Dr. Wolfgang Steiner über die Berufung des W H, E, vertreten durch W Rechtsanwälte GmbH Dr. H K, A, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns des Bezirks Schärding vom 18. Juli 2008, GZ VetR01-4-2008, wegen Feststellung einer Sammelstelle im Sinn der Richtlinie 64/432/EWG, zu Recht erkannt:

         Der Berufung wird stattgegeben, der angefochtene Bescheid wird be­hoben und die Angelegenheit wird zur neuerlichen Verhandlung und Er­lassung eines neuen Bescheids an die Behörde erster Instanz zurück­ver­wiesen.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 2 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Schreiben vom 21. Mai 2008 beantragte der nunmehrige Berufungswerber (in der Folge: Bw) ohne jegliche weitere Details zu nennen oder Beilagen anzuschließen „die Zulassung als Sammelstelle für den innergemeinschaftlichen Handel (Rinder, Nutz- und Schlachttiere) gemäß RL 64/432/EWG“.

Die Behörde erster Instanz eröffnete ein Ermittlungsverfahrens, in dem ua. die Abteilung Ernährungssicherheit und Veterinärwesen / Veterinärdienst der Direktion Soziales und Gesundheit des Amts der Oö. Landesregierung eine (letztlich negative) Stellungnahme abgab.

Inhaltlich im Wesentlichen begründet mit Zitaten aus dieser Stellungnahme stellte der Bezirkshauptmann des Bezirks Schärding mit Bescheid vom 18. Juli 2008, GZ VetR01-4-2008, fest, dass die Voraussetzungen für eine Zulassung der Sammelstelle in 4773 Eggerding, Nr. 21, für den innergemeinschaftlichen Handel mit Rindern und Schweinen […] nicht gegeben sind.

Grund für die negative Entscheidung sei die räumliche Nähe und der betriebliche Zusammenhang der geplanten Sammelstelle mit einem benachbarten, genau genannten Betrieb.

1.2. Gegen diesen Bescheid, der dem Bw am 22. Juli 2008 zugestellt wurde, richtet sich die am 4. August 2008 (Postaufgabe) – und somit rechtzeitig – an die Behörde erster Instanz abgesendete Berufung vom 4. August 2008.

Darin wird der Bescheid erster Instanz seinem gesamten Inhalt nach wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten.

Im Punkt 1.2.3 teilt der Bw mit, dass er bereit sei, „seinen ursprünglichen Antrag hinsichtlich eines Eventualbegehrens dahingehend zu ergänzen, wonach er die Zulassung als Sammelstelle für den innergemeinschaftlichen Handel gemäß Richtlinie 64/432/EWG ausschließlich für Rinder, Nutz- und Schlachttiere mit Herkunft Österreich und gleichem Seuchenstatus beantragt“.

Abschließend werden konkret beantragt die Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheids und dessen Änderung dahingehend, dass festgestellt werde, dass die Voraussetzungen für eine Zulassung der Sammelstelle – allenfalls im Sinn des zitierten Eventualantrags – vorliegen.

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat die Berufung samt dem dort geführten Verwaltungsakt erster Instanz zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist gemäß § 76 des Tierseuchengesetzes sachlich und gemäß § 67a Abs. 1 AVG zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder zuständig.

2.3. Wie bereits im Punkt 1.2. dargestellt, wurde die Berufung rechtzeitig erhoben.

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde, der allerdings offenbar nicht alle Verfahrensschritte lückenlos dokumentieren dürfte. So ist etwa nicht nachvollziehbar, wie und von wem dem Bw im Rahmen des Parteiengehörs die Stellungnahme der Abteilung Ernährungssicherheit und Veterinärwesen / Veterinärdienst der Direktion Soziales und Gesundheit des Amts der Oö. Landesregierung vom 9. Juni 2008 zugekommen ist.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 67d Abs. 2 Z. 1 AVG).

3.  In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 66 Abs. 2 AVG kann die Berufungsbehörde den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheids an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen wenn der der Berufungsbehörde vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Ver­handlung unvermeidlich scheint.

3.2.1. Der der Entscheidung offenbar zugrunde liegende Sachverhalt ist dem vorgelegten Verwaltungsakt nur in wenigen Grundzügen zu entnehmen. Ein dem Gesetz entsprechendes Ermittlungsverfahren ist jedenfalls nicht dokumentiert. Abgesehen davon, dass offenbar Aktenteile fehlen (wie etwa die Original-„Checkliste“ oder die offenbar aufgenommenen Lichtbilder – vgl. jeweils das Schreiben der Behörde erster Instanz vom 27. Mai 2008 an „Dr. K M“) ist unklar, welche Qualität die Behörde erster Instanz der „für den Landeshauptmann“ ergangenen Stellungnahme der Abteilung Ernährungssicherheit und Veterinärwesen / Veterinärdienst der Direktion Soziales und Gesundheit des Amts der Oö. Landesregierung vom 9. Juni 2008 zumisst. Jedenfalls dürfte es sich dabei wohl nicht um ein Gutachten eines Amtssachverständigen handeln. Wesentlich ist auch, dass diese Stellungnahme, die letztlich ja den Grund für die negative Entscheidung darstellt, ohne Lokalaugenschein erfolgte.

Auch der angefochtene Bescheid enthält eine dem § 60 AVG kaum entsprechende Sachverhaltsdarstellung und Beweiswürdigung.

Der dem Unab­hängigen Verwaltungssenat vorliegende Sachverhalt ist daher jedenfalls mangelhaft.

Der Unabhängige Verwaltungssenat verkennt dabei nicht, dass schon der Antrag vom 21. Mai 2008 völlig unbestimmt und mangelhaft war (er nennt nicht einmal den Standort der geplanten Sammelstelle und enthält auch sonst keine nähere Beschreibung); es wäre allerdings Sache der Behörde erster Instanz gewesen, einen entsprechenden Verbesserungsauftrag nach § 13 Abs. 3 AVG zu erteilen. Wenn sie allerdings dem Antrag ohne einen solche Verbesserungsauftrag in Behandlung nimmt, ist es an ihr den Sachverhalt entscheidungsreif und nachvollziehbar zu erheben und zu dokumentieren.

3.2.2. Die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung (hier wohl verbunden mit einem Augenschein an Ort und Stelle) scheint unvermeidlich, weil eine solche – soweit ersichtlich – offenbar im gesamten bisherigen Verwaltungsverfahren nicht in der im Gesetz vorgesehenen Form stattgefunden hat und davon ausgegangen werden kann, dass der (nunmehr aktuelle) Sachverhalt im Rahmen einer solchen, bei der dem Bw alle von der Behörde erhobenen relevanten Sachverhaltsdetails vorgehalten werden und allenfalls unmittelbar Sachverständige befragt und Zeugen vernommen werden können, am effektivsten erhoben werden kann. Zusätzlich hast der Bw in der Berufung die Ergänzung des Ermittlungsverfahrens unter Durchführung eines Lokalaugenscheins ausdrücklich beantragt.

Letztlich ausschlaggebend für die Zurückverweisung ist der Umstand, dass mit einer mündlichen Verhandlung und unmittelbaren Beweisaufnahme durch den Unab­hängigen Verwaltungssenat selbst keine Ersparnis an Zeit und Kosten im Sinn des komplementären Tatbestands des § 66 Abs. 3 AVG verbunden wäre. Im Gegenteil gebietet es die Zweckmäßigkeit, der Raschheit, der Einfachheit und die Kosten­ersparnis (vgl. § 39 Abs. 2 letzter Satz AVG), die notwendigen ergänzenden Beweise durch die schon örtlich für alle Beteiligte näher gelegene belangte Behörde vor­nehmen zu lassen.

Zusätzlich würde bei einer Durchführung des zweifellos notwendigen ergänzenden Ermittlungsverfahrens durch den Unabhängigen Verwaltungssenat der dem Bw nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichts­hofs generell zustehende gericht­liche Rechtsschutz, ihm insofern entzogen werden, als der (gemäß Art. 130 und 131 B-VG zur allfälligen Überprüfung zuständige) Verwaltungsgerichtshof – im Gegen­satz zum Unabhän­gigen Verwaltungssenat (vgl. Art. 129a B-VG iVm. §§ 67a ff AVG) – im Wesentlichen nur als Revisionsinstanz und nicht als Tatsacheninstanz einge­richtet ist. Es ist daher davon auszugehen, dass die neuerliche Prüfung und Er­gänzung des Sachverhalts durch die Administrativbehörde zu erfolgen hat, sodass für den Bw eine allfällige nachfolgende (umfassende) Prüfungsmöglichkeit durch Un­abhängigen Ver­waltungssenat gewahrt bleibt.

Es war daher der angefochtene Bescheid zu beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheids an die belangte Behörde zurückzuweisen.

3.3. Im fortgesetzten Verfahren wird die Behörde erster Instanz auch den in der Berufung gestellte Eventualantrag mit zu berücksichtigen haben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Wolfgang Steiner

Rechtssatz:

 

VwSen-590195/2/Ste vom 3. September 2008

 

§ 60 AVG

§ 66 Abs. 2 AVG

 

Zurückverweisung zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheids an die Behörde erster Instanz, da der der Entscheidung offenbar zugrunde liegende Sachverhalt dem Verwaltungsakt nur in wenigen Grundzügen zu entnehmen ist.

 

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung - wohl verbunden mit einem Augenschein an Ort und Stelle - scheint unvermeidlich, da der Sachverhalt im Rahmen einer solchen, bei der dem Bw alle von der Behörde erhobenen relevanten Sachverhaltsdetails vorgehalten werden können und allenfalls unmittelbar Sachverständige befragt und Zeugen vernommen werden können, am effektivsten erhoben werden kann. Bei Durchführung des notwendigen ergänzenden Ermittlungsverfahrens durch den Unabhängigen Verwaltungssenat würde der dem Bw zustehende gerichtliche Rechtsschutz insofern entzogen werden, als der VwGH im Wesentlichen nur als Revisions- und nicht als Tatsacheninstanz eingerichtet ist.

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum