Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-710004/2/BP/Se

Linz, 01.09.2008

 

Mitglied, Berichter/in, Bearbeiter/in:                                                                                                                               Zimmer, Rückfragen:

Mag. Dr. Bernhard Pree                                                                                     4A13, Tel. Kl. 15685

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung der I M, E, gegen den Bescheid des Bezirks­hauptmanns des Bezirks Schärding vom 5. August 2008, GZ.: Pol01-24-2008, in dem Frau N das Verbot der Haltung bzw. Verwahrung von Rindern angedroht wurde, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben, der angefochtene Bescheid wird be­hoben und die Angelegenheit wird zur neuerlichen Verhandlung und Er­lassung eines neuen Bescheids an die Behörde erster Instanz zurück­ver­wiesen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmanns des Bezirks Schärding vom 5. August 2008, GZ.: Pol01-24-2008, wurde der Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) das Verbot zur Haltung bzw. Verwahrung von Rindern angedroht. Als Rechtsgrundlage wird § 39 Abs. 2 Tierschutzgesetz (TSchG), BGBl I Nr. 118/2004 genannt.

 

Begründend führt die belangte Behörde zunächst zum Sachverhalt aus, dass die Bw erstmalig mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 14. Mai 2007, Zl. Pol96-30-2006-Egk, wegen Übertretung des § 5 Abs.1 iVm § 38 Abs.1 Z1 TSchG rechtskräftig bestraft worden sei. Im Zuge dieses Verfahrens sei ein Gutachten betreffend Feststellungen über die Bodenbeschaffenheit, die Erfordernisse von Freilandhaltung von Rindern und die Beurteilung über die Auswirkungen der Gegebenheiten auf die Rinder hinsichtlich Leiden und Schmerzen eingeholt worden. Die dagegen erhobene Berufung sei vom Oö. Verwaltungssenat mit Erkenntnis vom 2. Oktober 2007 als unbegründet abgewiesen worden. Demgemäß habe die Bw mehrere negative Faktoren ignoriert und ihren Rindern Leiden zugefügt, ohne entsprechende Maßnahmen wie etwa ein regelmäßiges Versetzen der Futterraufen auf verschiedene Futterplätze, eine Befestigung der Bodenflächen bzw. eine Kombination dieser Maßnahmen, eine Verringerung der Besatzdichte, Isolationsmöglichkeiten für kranke erwachsene Rinder oder die Bereitstellung von überdachten trockenen und eingestreuten Liegeflächen mit Windschutz zu setzen.

 

In weiterer Folge sei die Bw mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 14. November 2007, Pol96-29-2007-Hk, wiederum wegen Tierquälerei bestraft worden. Der dagegen erhobenen Berufung sei lediglich hinsichtlich der Strafhöhe vom Oö. Verwaltungssenat im Erkenntnis VwSen-300813 vom 20. Dezember 2007 statt gegeben worden. Im Zuge dieses Verfahrens sei seitens der erkennenden Behörde am 6. März 2007 ein Lokalaugenschein durchgeführt worden. Am 13. Dezember 2008 (gemeint wohl: 2007) sei seitens des Amtstierarztes des Bezirks Grieskirchen im Betrieb der Bw eine Kontrolle der Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit durchgeführt worden. Dabei sei festgestellt worden, dass nicht für jedes Tier eine überdachte, trockene und eingestreute Liegefläche mit Windschutz in einem Ausmaß zur Verfügung gestanden habe, die allen Tieren ein gleichzeitiges ungestörtes Liegen ermöglicht (Anlage 2 der Tierhaltungsverordnung, BGBl II Nr. 485/2004 vom 17. Dezember 2004). Darüber hinaus seien die sehr jungen bzw. kleinen Kälber aufgrund der vorgefundenen Bodenverhältnisse schwer beeinträchtigt gewesen. Diese Bodenverhältnisse seien aber selbst für erwachsene Jungrinder bzw. erwachsene Rinder während der kalten Jahreszeit gefährlich. Durch einen zeitlich begrenzten bzw. gezielten Einsatz eines Deckstieres hätten Abkalbungen in der unwirtschaftlichsten Jahreszeit verhindert werden können. Zur Frage betreffend die Mitverantwortlichkeit der Behörde am Anwachsen der Rinderherde sei angemerkt worden, dass es der Bw unbenommen sei, über ein entsprechendes Management, beispielsweise eine Trennung der deckfähigen männlichen Rinder von den belegfähigen weiblichen Rindern für eine größenmäßige Stabilisierung der Herde sorgen zu können. Zusammenfassend sei daher das Verhalten der Bw als Übertretung des § 5 Abs.2 Z10 TSchG zu werten.

 

Am 10. März 2008 sei vom selben Amtstierarzt ein Sektionsbefund des Oö. Tiergesundheitsdienstes von einem auf dem Betrieb der Bw verendeten weiblichen Jungrind übermittelt worden. Laut pathomorphologischem Ergebnis sei dessen Ernährungszustand schlecht bis kechektisch. Das Tier habe über kein Depotfett mehr verfügt, an einer Lungen- und Nierenentzündung gelitten und sei durch mehrere Nierenrindinfarkte beeinträchtigt gewesen.

 

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 20. Mai 2008 sei der Bw gemäß § 39 Abs. 1 TSchG die Haltung bzw. die Verwahrung von Rindern ab 1. September 2008 auf unbestimmte Zeit verboten worden. Weiters sei angeordnet worden, die am Anwesen der Bw gehaltenen Rinder bis zu diesem Zeitpunkt abzugeben.

 

Mit Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 24. Juni 2008 sei einer Berufung der Bw gegen den obgenannten  Bescheid stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben worden. Die belangte Behörde greift einige Elemente der Begründung dieses Erkenntnisses u.a., dass der belangten Behörde im Rahmen der "Kann-Bestimmung" des § 39 Abs. 1 TSchG ein Ermessensspielraum einzuräumen sei, welche diese nach dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen habe. Insbesondere sei zu erwägen, ob nicht ein gelinderes Mittel als das Verbot der Tierhaltung heranzuziehen geboten scheine. Es gäbe durchaus Fälle, in denen trotz Vorliegens der Tatbestandselemente des § 39 Abs. 1 TSchG die Verhängung der Rechtsfolge zu unterbleiben habe.

 

Der Oö. Verwaltungssenat habe auf das gelindere Mittel der Androhung unter Fristsetzung nach § 39 Abs. 2 TschG hingewiesen und die Verhältnismäßigkeit des Ausspruchs eines Tierhalteverbotes verneint.

 

Unter Anführung der einschlägigen Rechtsgrundlagen weist die belangte Behörde darauf hin, dass es sich im Sinne des TSchG bei den gegebenen Fällen um gröbliche Vernachlässigung der Tierhaltung bei der Unterbringung, Ernährung und Betreuung der Tiere gehandelt habe. Es lägen nunmehr zwei rechtskräftige Entscheidungen betreffend die Übertretung des § 5 Abs.1 TSchG vor.

 

Mit der Androhung des Tierhalteverbotes könne – nun auch nach Ansicht der belangten Behörde - im vorliegenden Fall das Auslangen gefunden werden, zumal ausgeschlossen werden könne, dass die Bw bewusst oder fahrlässig die Haltung ihrer Tiere nachträglich gestaltet habe. Darüber hinaus bestehe kein unmittelbarer und aktueller Handlungsbedarf etwa wegen Gefahr in Verzug.

 

Im Sinne der Verhältnismäßigkeit erscheine es daher geboten, das im Sinne des Rechtseingriffes gelindere Mittel der Androhung unter Fristsetzung vorzuschreiben.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich eine rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 20. August 2008.

 

Zunächst führt die Bw darin aus, dass der bekämpfte Bescheid das Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 24. Juni 2008 unterlaufe, da alle im angefochtenen Bescheid angeführten Fakten bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates aktenkundig gewesen seien. Die Androhung des Tierhalteverbotes sei für die Bw substantiell gleichbedeutend wie dessen Verhängung, da ihr kein Handlungsspielraum für allfällige Maßnahmen offen stehe.

 

Weiters sei längst zwischen den Amtstierärzten und der Bw ein Konsens gefunden worden; die Bw werde demnach die Vorstellungen der Amtstierärzte schriftlich erhalten und nach Möglichkeit umsetzen.

 

Anlässlich der letzten Begehung am 18. Juni 2008 mit Mag. S und Dr. G sei festgestellt worden, dass von Frühling bis Herbst kein Anlass zur Klage seitens der Amtstierärzte bestanden habe und eine unglaubliche Ruhe in der Herde herrsche. Zum Sektionsbefund vom 10. März 2008 treffe die Aussage von Dr. P zu, wonach eine Behandlung dieser Rinderrasse nur mit Zwangsmaßnahmen durchgeführt werden könne.

 

Es gebe bereits seit 10 Jahren einen Behandlungsstand mit "Head gate". Allerdings liege das Problem darin, das jeweilige erkrankte Tier in diesen zu leiten. Erkrankte Tiere seien von der Bw separat im Hofgebäude untergebracht und behandelt worden, was zeige, dass die Bw sehr wohl um die Tiergesundheit bemüht sei. Im Sinne des § 5 TSchG sei es aber Tierquälerei diese freiheitsliebende Rinderrasse zu Behandlungen – noch dazu unter Einsatz von stark beeinträchtigenden Zwangsmaßnahmen zur Behandlung zu treiben, da die Tiere dabei Angst hätten.

 

Die Bw verweist weiters darauf, dass sie sich bislang keinem vorschreibenden Bescheid widersetzt habe, sondern im Gegenteil den mündlichen Wünschen der Amtstierärzte nachgekommen sei. Sie habe die Beschattung und ständiges Frischwasser als wichtige Lebensgrundlage für Schottische Hochlandrinder geschaffen, was ca. 15.000 Euro gekostet habe.

 

Abschließend beantragt die Bw den angefochtenen Bescheid aufzuheben und das Verfahren einzustellen. Weiters beantragt sie sämtliche vollständige Akten der einzelnen Bescheide bzw. Straferkenntnisse, die in diesem Bescheid als Entscheidungsgrundlage aufgeführt seien, dem Berufungsorgan vorzulegen, da die Zusammenfassung in diesem Bescheid einseitig sei und die Stellungnahmen der Bw unberücksichtigt blieben. 

 

 

2. Die belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt mit Schreiben vom 21. August 2008 zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

 

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde sowie das dort angesprochene Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 24. Juni 2008 zu GZ.: VwSen-710002.

 

Gemäß § 67d Abs.2 Z. 1 AVG kann eine mündliche Verhandlung entfallen, wenn der verfahrenseinleitende Antrag der Partei oder die Berufung zurückzuweisen ist oder bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist. Letzteres war im vorliegenden Fall zutreffend.

 

2.2. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus der Aktenlage und entspricht den Darstellungen unter Punkt 1. dieses Erkenntnisses.

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 39 Abs. 1 Tierschutzgesetz (TSchG), BGBl I Nr. 118/2004 idgF, kann die Behörde einer Person, die von der Verwaltungsbehörde wegen Verstoßes gegen die §§ 5, 6, 7 oder 8 leg.cit. mehr als einmal rechtskräftig bestraft wurde, die Haltung von Tieren aller oder bestimmter Arten für einen bestimmten Zeitraum oder auf Dauer verbieten, soweit dies mit Rücksicht auf das bisherige Verhalten der betreffenden Person erforderlich ist, damit ein Verstoß gegen die §§ 5, 6, 7 oder 8 leg.cit. in Zukunft voraussichtlich verhindert wird.

 

Nach Abs.2 dieser Bestimmung kann die Behörde ein solches Verbot lediglich androhen, wenn dies voraussichtlich ausreicht, um die betreffende Person in Zukunft von einem Verstoß gegen die §§ 5, 6, 7, oder 8 abzuhalten.

 

3.2. Im vorliegenden Fall steht zunächst außer Zweifel, dass gegen die Bw bereits zweimal und somit mehr als einmal im Sinn des § 39 Abs.1 TSchG rechtskräftige Verwaltungsstrafen verhängt wurden. Es handelte sich in beiden – auch beim Oö. Verwaltungssenat anhängig gewesenen – Fällen um Übertretungen des § 5 TSchG.

 

3.3. Um den vorliegenden Fall entsprechend zu würdigen empfiehlt sich an dieser Stelle eine auszugsweise Wiedergabe der im Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 24. Juni 2008 (VwSen-710002) angeführten rechtlichen Beurteilung:

 

Aus der "Kann-Bestimmung" des § 39 Abs. 1 ist ersichtlich, dass der Behörde ein Ermessensspielraum eingeräumt wird die Maßnahme zu setzen, soweit dies mit Rücksicht auf das bisherige Verhalten der betreffenden Person erforderlich ist, damit ein Verstoß gegen die §§ 5, 6, 7, oder 8 leg.cit. in Zukunft voraussichtlich verhindert wird.

 

Bei diesem Ermessen hat die Behörde insbesondere, da es sich um einen massiven Eingriff in verfassungsmäßig gewährleistete Grundrechte (z.B. Eigentum, Erwerbsfreiheit) handelt das Prinzip der Verhältnismäßigkeit bei ihrer Entscheidung zu berücksichtigen und zu erwägen, ob nicht gelindere Mittel als das Verbot der Tierhaltung zunächst heranzuziehen sind. Zu diesem Schluss kommt man alleine deshalb schon, da der Gesetzgeber, wenn er das Vorliegen der Tatbestandselemente: zwei rechtskräftig festgestellte Verwaltungs­über­tretungen, Erforderlichkeit unter Berücksichtigung des bisherigen Verhaltens des Tierhalters im Hinblick auf die zukünftige Vermeidung von Verstößen, jedenfalls mit dem Eintritt der Rechtsfolge verknüpfen hätte wollen, auch die dafür vorgesehene obligatorische Form einer "Hat-Bestimmung" gewählt haben würde.

 

In diesem Sinn geht der Gesetzgeber aber davon aus, dass es Fälle gibt, wonach zwar die Tatbestandselemente des § 39 Abs. 1 TSchG als erfüllt anzusehen sind, dennoch aber die Verhängung der Rechtsfolge zu unterbleiben hat. Demnach ist die Besonderheit des Einzelfalles ausschlaggebend für die Beurteilung der Ausschöpfung des Ermessens.

 

 Zunächst ist das bisherige Verhalten der Bw näher zu beleuchten. Denn aus Sicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates spielt bei der Beurteilung durchaus eine Rolle, inwieweit die Gesinnung der betreffenden Person zur Vermeidung von nachteiligen Folgen und die Kooperationsbereitschaft vorliegen.

 

Dazu kann festgestellt werden, dass aus den bisherigen beim Oö. Verwaltungssenat anhängigen Verwaltungsstrafverfahren keinesfalls der Eindruck entstanden ist, dass die Bw bewusst oder aus ihrer Sicht fahrlässig die Haltung ihrer Tiere nachträglich gestaltet.

 

Im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit dieser Maßnahme stellt sich jedoch die Frage, ob dieses Ziel nicht auch anders erreicht werden könnte.

 

Zunächst bietet sich hier § 35 Abs. 6 TSchG an, wonach bei festgestellten Mängeln die Behörde dem Tierhalter Änderungen der Haltungsform oder der Anlagen, in denen die Tiere gehalten werden, oder sonstige Maßnahmen vorzuschreiben hat, mit denen innerhalb einer angemessenen Frist eine den Zielen und sonstigen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes entsprechende Haltung erreicht werden kann.

 

Aus dem Akt der belangten Behörde geht jedoch nicht hervor, dass sie der Bw diesbezügliche konkrete Maßnahmen – insbesondere unter Fristsetzung aufgetragen hat. Dieser Umstand wird auch von der belangten Behörde nicht in Abrede gestellt und ist bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit im konkreten Fall nicht außer Acht zu lassen.

 

Zuletzt ist auch auf die in ihrer Wirkung gelindere Androhung des Tierhalteverbots nach § 39 Abs. 2 TSchG hinzuweisen. Bei Maßnahmen nach Abs.1 leg.cit. ist es nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungs­senates – sofern nicht unmittelbarer und aktueller Handlungs­bedarf etwa wegen Gefahr im Verzug besteht, wovon im vorliegenden Fall offensichtlich nicht einmal die belangte Behörde selbst ausgeht – ihr zumutbar und im Sinne der Verhältnismäßigkeit geboten das im Sinne des Rechtseingriffs gelindere Mittel der Androhung unter Fristsetzung zu erwägen.

 

Abschließend wird festgehalten, dass zwar grundsätzlich die in § 39 Abs.1 TSchG normierten Tatbestandselemente für die Verhängung eines Tierhalteverbots im hier zu beurteilenden Fall weitgehend als gegeben erachtet werden, aber die Verhängung dieser Maßnahme einer konkreten Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht stand hält.

 

3.4. Im Sinne der eben angeführten Verhältnismäßigkeitsprüfung obliegt es nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates der belangten Behörde jemandem, demgegenüber ein Tierhalteverbot ausgesprochen werden soll oder dem ein solches angedroht werden soll, zunächst – oder im Fall der bloßen Androhung auch gleichgehend – innerhalb einer angemessenen Frist Verbesserungsmaßnahmen vorzuschreiben. Falls diese Maßnahmen nicht umgesetzt werden, ist die Verhängung des Tierhalteverbots dann grundsätzlich zulässig.

 

In der Begründung des bekämpften Bescheides nimmt die belangte Behörde Bezug auf eine Fristsetzung, die allerdings nicht näher ausgeführt wird. Im Spruch findet sich eine solche jedoch nicht. Weiters enthält der angefochtene Bescheid keinerlei Vorschreibungen von Verbesserungsmaßnahmen (vgl. § 35 Abs. 6 TSchG). Es wird der Bw also schwer fallen, den von der belangten Behörde als Voraussetzung für die Nicht-Verhängung des Tierhalteverbotes bedungenen Modus der Haltung ihrer Rinder zu erkennen. Dies wiederum widerspricht der Verhältnismäßigkeit, da zwar die Sanktion nicht aber die zu deren Verhinderung erforderlichen Maßnahmen und der dafür gewährte Zeitraum im angefochtenen Bescheid klar definiert sind.

 

Dazu ist insbesondere auf § 59 Abs. 2 AVG zu verweisen, wonach im Spruch eines Bescheides zugleich auch eine angemessene Frist zur Ausführung der Leistung oder Herstellung für den Fall zu bestimmen ist, dass die Verbindlichkeit zu einer Leistung oder zur Herstellung eines bestimmten Zustandes ausgesprochen wird.

 

3.5. Gemäß § 66 Abs.2 AVG kann die Berufungsbehörde den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen, wenn der der Berufungsbehörde vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.

 

Im vorliegenden Fall finden sich offensichtlich Mängel in der Sachverhaltsermittlung dahingehend, dass etwa die augenscheinlich zwischen der Bw und den Amtstierärzten getroffenen Übereinkünfte hinsichtlich der weiteren Vorgangsweise und als Folge daraus hinsichtlich der von der Bw zu treffenden Verbesserungsmaßnahmen nicht erhoben und somit auch nicht berücksichtigt wurden. Gerade die Frage der Umsetzung dieser Maßnahmen bildet aber die Grundlage für eine verhältnismäßige Beurteilung des vorliegenden Falles, da die Verbesserungsmaßnahmen – wie oben dargestellt – eventuell gemeinsam mit einer Androhung des Verbotes der Tierhaltung sowie unter entsprechender Fristsetzung von Seiten der belangten Behörde der Bw vorzuschreiben sind. Gleiches gilt für die Feststellung des aktuellen Standes der Tierhaltung am Anwesen der Bw; dieser "Ist-Stand" wird bei der Abwägung zur Vermeidung zukünftiger Mängel bei der Tierhaltung von Entscheidungsrelevanz sein.

 

Im Sinne des Effizienzgebotes ist es zweckmäßig, wenn die ausständigen Erhebungen direkt von der belangten Behörde durchgeführt werden.

 

Die Einwendung der Bw, dass die Androhung des Tierhalteverbotes auf Grund des Erkenntnisses des Oö. Verwaltungssenates vom 24. Juni 2008 (GZ.: VwSen-710002), mit dem ein Tierhalteverbot aufgehoben worden war, gleichsam wegen "ne bis in idem" konsumiert sei, geht ins Leere, da zwischen den Rechtsinstrumenten des § 39 Abs. 1 TSchG (Tierhalteverbot) einerseits und des Abs. 2 dieser Bestimmung (Androhung des Tierhalteverbotes) andererseits, zu unterscheiden ist und diese nicht wesensgleich somit nicht ein und die selbe Rechtssache darstellen. 

 

3.6. Aus den oben beschriebenen Gründen war der Berufung stattzugeben, der angefochtene Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Sachverhaltserhebung und zur Erlassung eines neuerlichen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Hinweis: Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro (Eingabegebühr) angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

Bernhard Pree

 

 

VwSen-710004/2/BP/Se vom 1. September 2008

Tierschutzgesetz – Androhung des Tierhalteverbotes

§ 66 Abs. 2 AVG; § 39 Abs. 2 TSchG

Rechtssätze:

Im vorliegenden Fall finden sich offensichtlich Mängel in der Sachverhaltsermittlung dahingehend, dass etwa die augenscheinlich zwischen der Bw und den Amtstierärzten getroffenen Übereinkünfte hinsichtlich der weiteren Vorgangsweise und als Folge daraus hinsichtlich der von der Bw zu treffenden Verbesserungsmaßnahmen nicht erhoben und somit auch nicht berücksichtigt wurden.

 

Gerade die Frage der Umsetzung dieser Maßnahmen bildet aber die Grundlage für eine verhältnismäßige Beurteilung des vorliegenden Falles, da die Verbesserungsmaßnahmen – wie oben dargestellt – eventuell gemeinsam mit einer Androhung des Verbotes der Tierhaltung sowie unter entsprechender Fristsetzung von Seiten der belangten Behörde der Bw vorzuschreiben sind.

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum