Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163354/14/Br/RSt

Linz, 27.08.2008

 

Mitglied, Berichter/in, Bearbeiter/in:                                                                                                                               Zimmer, Rückfragen:

Hermann Bleier, Mag. Dr.                                                                                   3B09, Tel. Kl. 15695

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn R K, N, vertreten durch RAe Kreitmeier Dr. H & Kollegen, M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 22. April 2008, VerkR96-10778-2007, nach der am 27. August 2008 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung, zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

II.     Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.      § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008 - AVG iVm § 19, § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008 - VStG.

Zu II.     § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat mit dem o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber, wegen einer Übertretung nach § 103 Abs.1 Z1 iVm § 101 Abs.1 lit.a und § 134 Abs.1 KFG 1967 iVm § 9 Abs.1 VStG eine  Geldstrafe in Höhe von 140 Euro  und im Nichteinbringungsfall eine  Ersatzfreiheitsstrafen von 28 Stunden ausgesprochen, weil er  Sie haben es

am 02.09.2007    um 17.59 Uhr in  Kematen am Innbach, Innkreisautobahn A 8, auf als Inhaber der J K e.K. mit Sitz in K als Zulassungsbesitzerin des Sattelzugfahrzeuges mit dem Kennzeichen    und des Anhängers mit dem Kennzeichen    es unterlassen habe dafür Sorge zu tragen, dass der Zustand des genannten KFZ den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entsprach, weil mit dem  am angeführten Ort das von Herrn K W gelenken SATTELZUGFAHRZEUG das höchstzulässige Gesamtgewicht von 18.000 kg durch die Beladung um 1.190 kg - nach Abzug der Messtoleranz - überschritten wurde.

 

 

 

 

1.1. Die Behörde erster Instanz führte begründend Folgendes aus:

"Der im Spruch angeführte Sachverhalt wird durch die Angaben in der Anzeige der Landesverkehrsabteilung Oberösterreich vom 23.9.2007, den dienstlichen Wahrnehmungen der Polizeibeamten, durch die Verwiegung mittels geeichter Waage sowie durch das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens als erwiesen angenommen.

 

Auf Grund dieser Verwaltungsübertretung wurden Sie von der hiesigen Behörde mit Strafverfügung vom 19.11.2007 mit einer Geldstrafe in Höhe von 140,— Euro bestraft. Dagegen haben Sie Einspruch erhoben.

Wir haben Ihnen daraufhin das Wiegeprotokoll mit der Nummer 17720 mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 29.2.2008 übermittelt. In Ihrer Stellungnahme brachten Sie im Wesentlichen dazu vor, dass zur Zugmaschine ein Auflieger gehöre, der ein Gesamtgewicht von 35 Tonnen erreichen dürfe. Als das Fahrzeug verwogen wurde, war auf der Zugmaschine der Auflieger aufgesattelt, sodass das zulässige Gesamtgewicht nicht 18.000 kg sondern 35.000 kg betragen dürfe. Tatsächlich hatte das Zugfahrzeug plus Auflieger ein Gewicht von 19.240 kg und wog daher nicht zu schwer (?).

 

In rechtlicher Hinsicht wird von der Behörde dazu Folgendes festgestellt:

 

Die Ihnen zur Last gelegte Verwaltungsübertretung wird von Ihnen in objektiver Hinsicht bestritten.

Auf Grund des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens - im besonderen aufgrund der Verwiegung mittels geeichter Waage - sowie nachfolgender ständiger österreichischer Rechtsprechung der Unabhängigen Verwaltungssenate (UVS) und des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) steht für die Behörde aber fest, dass Sie die Ihnen zur Last gelegte Verwaltungsübertretung begangen und somit zu verantworten haben. Auch die mögliche Unkenntnis der tatsächlichen Überladung des Sattelzugfahrzeuges um 1.190 kg - nach Abzug der Messtoleranz - kann Sie von Ihrer Schuld an der gegenständlichen Überladung nicht entlasten.

Unbestritten scheint zu sein, dass die Sattelzugmaschine mit dem Kennzeichen ein höchstzulässiges Gesamtgewicht von 18.000 kg haben darf. Dies belegen die Angaben im Fahrzeugschein. Keinen Zweifel hat die Behörde auch an der Richtigkeit des Ergebnisses der Verwiegung des Sattelzugfahrzeuges, und dieses Ergebnis war 19.240 kg, ergibt nach Abzug der Messtoleranz von 50 kg eine Überladung von 1.190 kg.

Ein Zusammenzählen der Gesamtgewichte - wie von Ihnen beschrieben - ist nicht möglich bzw. erlaubt. Die Ursache der Überladung des Sattelzugfahrzeuges dürfte daher eine falsche Verteilung der Beladung gewesen sein.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Übertretung des § 103 Abs. 1 Z. 1 KFG 1967 ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) 1991 (Schuld) dar. Die im § 103 Abs. 1 Z. 1 KFG 1967 normierte Sorgfaltspflicht verlangt nicht, dass der Zulassungsbesitzer (bzw. sein nach § 9 VStG verpflichtetes Organ) selbst jede Beladung überprüft, ob Sie dem Gesetz oder den darauf gegründeten Verordnungen entspricht.

 

Der Zulassungsbesitzer hat aber nach dieser Gesetzesstelle jene Vorkehrungen zu treffen, die mit Grunde erwarten lassen, dass Überladungen vermieden werden. Hiefür reicht beispielsweise die bloße Dienstanweisung an die bei ihm beschäftigten Lenker, die Beladungsvorschriften einzuhalten, nicht aus. Der Zulassungsbesitzer hat vielmehr die Einhaltung der Dienstanweisungen gehörig zu überwachen. Sollte er etwa wegen der Größe des Betriebes nicht in der Lage sein, die erforderlichen Kontrollen selbst vorzunehmen, so hat er eine andere Person damit zu beauftragen, um Überladungen zu vermeiden. Dabei trifft den Zulassungsbesitzer nicht nur die Verpflichtung, sich tauglicher Personen zu bedienen, sondern auch die weitere Verpflichtung, die ausgewählten Personen in ihrer Kontrolltätigkeit zu überprüfen (VwGH vom 03.07.1991, 91/03/0005; ua.).

 

Belehrungen und Dienstanweisungen an die Lenker können den Zulassungsbesitzer nicht von seiner Verantwortung entlasten, zumal eine Überwälzung der ihn treffenden Verpflichtung auf den ohnedies diesbezüglich gesondert unter Strafsanktion stehenden Lenker nicht möglich ist (VwGH vom 19.09.1990, 90/03/0148). Es bedarf der konkreten Darlegung, wann, wie oft und auf welche Weise Kontrollen vorgenommen wurden (VwGH vom 29.01.1992, 91/03/0035, 0036), wobei bloß stichprobenartig durchgeführte Kontrollen die Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem nicht erfüllen (VwGH vom 15.12.1993, 93/03/0208).

 

Die Einhaltung der Verpflichtung des Lenkers - das höchst zulässige Gesamtgewicht nicht zu überschreiten - hat der Zulassungsbesitzer durch die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems sicherzustellen. Nur ein wirksames begleitendes Kontrollsystem befreit ihn von seiner Verantwortlichkeit für die vorschriftswidrige Beladung seiner Kraftfahrzeuge (vgl. VwGH 29.01.1992, 91/03/0032).

 

Auch mit einer allfälligen Berufung auf die Unkenntnis der in diesem Zusammenhang durchaus strengen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wäre mit Blick auf § 5 VStG (Schuld) nicht geeignet, Sie auf der Tat- oder auf der Schuldebene zu entlasten (VwGH 08.10.1992, 91/19/0130; UVS Oberösterreich vom 29.01.2003, VwSen-108801).

Im Sinne der genannten Judikatur trifft Sie jedenfalls ein Verschulden an der gegenständlichen Verwaltungsübertretung.

 

Gemäß § 103 Abs. 1 Z. 1 KFG 1967 hat der Zulassungsbesitzer dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug (der Kraftwagen mit Anhänger) und seine Beladung - unbeschadet allfälliger Ausnahmegenehmigungen oder -bewilligungen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht.

 

Wer diesem Bundesgesetz, den aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen zuwider handelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist gemäß § 134 Abs. 1 KFG 1967 mit einer Geldstrafe bis zu 5.000,-- Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

 

Überladene und somit zu schwere Fahrzeuge gefährden durch ihr unzulässigerweise überhöhtes Gewicht nicht nur unmittelbar, konkret anderer Verkehrsteilnehmer, sondern auch mittelbar durch die stärkere Abnützung und Schädigung der Straßen. Dadurch kommt es vermehrt zu Fahrbahnschäden (Spurrillen), welche negative Auswirkungen auf das Fahrverhalten anderer Fahrzeuge haben und insbesondere bei Regen durch die erhöhte Aquaplaninggefahr ein immenses Sicherheitsrisiko bilden.

Der objektive Unwertgehalt derartiger Verstöße ist daher mit Blick darauf und die damit entstehenden volkswirtschaftlichen Schäden am öffentlichen Straßennetz als nicht unbeträchtlich einzustufen (siehe UVS Oberösterreich vom 29.01.2003, VwSen-108801).

 

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandlung gegen ein Verbot oder Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres an­zunehmen, wenn zum Tatbestand der Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Da zum Tatbestand der Ihnen zur Last gelegten Verwaltungsübertretung weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört, handelt es sich bei dieser Übertretung um ein Ungehorsamsdelikt.

Im Falle eines Ungehorsamsdeliktes tritt somit insofern eine Umkehrung der Beweislast ein, als die Behörde lediglich die Beweislast hinsichtlich der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes trifft. In einem solchen Fall besteht von vornherein die Vermutung eines Verschuldens des Täters, welche aber widerlegt werden kann.

Eine Widerlegung mangelnden Verschuldens ist Ihnen nach obigen Ausführungen nicht gelungen. Die Behörde ist daher zum Ergebnis gelangt, dass Sie gegen die einschlägigen Strafbestimmungen schuldhaft verstoßen haben, was als Verwaltungsübertretung strafbar ist.

 

Gemäß 19 VStG ist bei der Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, zu berücksichtigen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches (StGB) sinngemäß anzuwenden. Weiters sind die in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen und auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen; Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Da Angaben zu Ihren Einkommensverhältnissen nicht vorliegen, wurden diese von der Behörde wie folgt geschätzt: durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 1.300 Euro, keine Sorgepflichten.

Straferschwerende Umstände sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

Strafmildernd wurde Ihre bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit gewertet.

 

Unter Berücksichtigung der dargestellten Strafzumessungsfaktoren hält die Behörde die verhängte Strafe (nur ca. 3 % des vorgesehenen Strafrahmens) für angemessen und erscheint diese notwendig und geeignet, um Sie künftig zur Beachtung der gesetzlichen Vorschriften anzuhalten.

Die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe wurde im gesetzlich vorgegebenen Strafrahmen entsprechend der verhängten Strafe angepasst.

 

Die Entscheidung über die Kosten des Strafverfahrens stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen."

 

 

2. Dagegen wandte sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht erhobenen Berufung folgenden Inhaltes:

"In der Sache gegen R K, E  GZ. (H): VerkR96-10778-2007 lege ich namens und mit Vollmacht meines Mandanten gegen das Straferkenntnis vom 22.04.2008, zugegangen am 02.05.2008

 

Berufung

 

ein

 

Zur Begründung wird folgendes ausgeführt:

 

Das Fahrzeug hat das zulässige Gesamtgewicht nicht überschritten. Zugmaschine und Auf­lieger bilden zwangsläufig eine Einheit. Der Auflieger kann als Fahrzeug nicht einzeln be­wegt werden, sondern nur mit Hilfe einer Zugmaschine. Der Auflieger selbst darf jedoch bis 35 Tonnen beladen werden. Wenn man nun ein Gesamtgewicht von 18 Tonnen zugrun­de legt, könnte der Auflieger nie vollbeladen werden.

 

Es ist daher von einem Gesamtgewicht von 35 Tonnen auszugehen.

 

Weitere Ausführungen werden noch nachgereicht"

 

 

 

3. Die Behörde erster Instanz hat die Akte zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war hier angesichts der Verantwortung des Berufungswerbers für die Nachvollziehung der Verantwortung des Berufungswerbers in Wahrung der gemäß Art. 6 Abs.1 EMRK zu garantierenden Rechte erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Erstbehörde und dessen inhaltlichen Erörterung im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, an welcher der Berufungswerber persönlich teilnahm. Der Meldungsleger ChefInsp. H wurde am 5.8.2008 abgesondert zeugenschaftlichen einvernommen. Das nicht beim Akt befindliche Verwiegungsprotokoll und die Fahrzeug- u. Fahrerdaten wurden bei dieser Gelegenheit zum Akt genommen. Die gleichzeitig gg. den Fahrer W K erstattete Anzeige wurde im Wege des Anzeigelegers ebenfalls beigeschafft und zum Akt genommen.

Ein Vertreter der  Behörde erster Instanz nahm nach fernmündlicher Entschuldigung zur Berufungsverhandlung nicht teil.

Der Berufungswerber nahm ohne seine Rechtsvertreterschaft den Verhandlungstermin wahr. Er legte ergänzend ein Beladediagramm des Sattelanhängers und ein Verwiegungsprotokoll vom 26.8.2008 vor (Beil./1 u./2). 

 

 

4.1. Das Unternehmen des Berufungswerbers ist auf den Transport von  (gewaschenen) Kartoffeln und Zwiebeln spezialisiert. Die Beladung der sogenannten Sattelauflieger erfolgt stets nach dem gleichen Schema.

Die von Berufungswerber im Rahmen der Berufungsverhandlung getätigten Ausführungen überzeugten dahingehend, dass hier keine wie immer geartete Motivation einer Fehlbeladung bestanden haben konnte. Dies vor dem Hintergrund, dass Zwiebeln und Kartoffeln in Ausnützung der möglichen Ladekapazität stets in gleicher Weise verladen und  transportiert werden. 

Der Berufungswerber legte auch dar, dass er seine Fahrer regelmäßig schult und überwacht, sowie – wenn auch nicht in jedem Einzelfall -  Ausfahrtskontrollen auf der firmeneigenen Brückenwaage veranlasst.

Der Berufungswerber, welcher in einer dreistündigen Fahrt aus Deutschland zu dieser Berufungsverhandlung persönlich anreiste, überzeugte auch daher dahingehend, dass ihm diese Sache ein grundsätzliches Anliegen ist und er sich subjektiv keiner wie immer gearteten Schuld über den Umstand der Achsüberladung des Sattelzugfahrzeuges bewusst ist.

Mit der Vorlage des Ergebnisses der für diesen Fall extra vorgenommenen Vergleichsverwiegung von Auflieger und Zugfahrzeug (Beilage 2) erbrachte ebenfalls eine Gewichtsdifferenz von 500 kg zum tatsächlichen Gesamtgewicht der Fahrzeugkombination. Zur Verletzung des sogenannten Wochenendfahrverbotes erklärte er, dass es sich beim gewaschenen Kartoffel – im Gegensatz zum Ungewaschenen – um ein leicht verderbliches Lebensmittel handelte. Sehr wohl war ihm jedoch die gegensätzliche Rechtsauffassung der österreichischen Behörden bekannt, weil ihm ein diesbezügliches Ansuchen abgewiesen wurde.

Vor dem Hintergrund des hier erhobenen Beweisergebnisses kann dem Berufungswerber als Firmenverantwortlichen kein Verschulden in Form einer Aufsichtspflichtverletzung oder eines – nach der österreichischen Rechtsprechung – nicht ausreichend vorgehaltenen Kontrollsystems nachgewiesen werden.

Wenngleich die Ursache dieser Achsüberlast des Zugfahrzeuges nicht abschließend geklärt werden konnte, könnten die Ursachen allenfalls in der Verwiegung (Stellposition bei der Verwiegung) oder -  was auch nicht auszuschließen ist - ein Verrutschen der Ladung (nach vorne) im Zuge eines Bremsmanövers, vermutet werden. Dass diesbezüglich betreffend eines Zulassungsbesitzer kein schuldhaftes Verhalten rückschließbar ist, ergibt sich aus den strafrechtlichen Grundprinzipien.

Da die wirkliche Ursache des beim Zugfahrzeug hier mit 19.240 kg letztlich nicht geklärt werden kann, und das durchaus plausibel scheinende  Ergebnis der vom Berufungswerber vorgenommenen (Vergleichs-)Verwiegung keinen zwingenden Beweis auf die tatsächlichen Achslast(en) zuzulassen scheint, kann hier jedenfalls von einer Aufsichtspflicht- u. Kontrollpflichtverletzung, letztlich von einem Fehlverhalten in einer für ein Strafverfahren gebotenen Sicherheit jedenfalls nicht ausgegangen werden.

Faktum ist schließlich, dass dieses Fahrzeug in seinem Gesamtgewicht nicht überladen war. Bei logischer Beurteilung wäre bei diesem Umfang einer Achslastüberschreitung aus fachlicher Sicht zumindest auch keine nachteilige Auswirkung für die Betriebssicherheit des Kraftfahrzeuges gegeben gewesen.

 

 

 

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Nach § 103 Abs.1 Z1 KFG hat (auch) der Zulassungsbesitzer dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug (der Kraftwagen mit Anhänger) und seine Beladung - unbeschadet allfälliger Ausnahmegenehmigungen oder -bewilligungen - den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht; auf sich kann hier bewenden, dass es die Behörde erster Instanz unterließ die einschlägige Rechtsvorschrift der vermeintlichen Gewichtsüberschreitung iSd § 4 Abs.7 u.8 KFG (und mangels Beladung des Zugfahrzeuges wohl kaum Überladung) zu zitieren.

Eine Übertretung dieser Rechtsvorschriften ist wohl grundsätzlich ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG (vgl. VwGH, Slg. 9180 A/1976).

Dem Zulassungsbesitzer obliegt es demnach für ein geeignetes Überwachungssystem für die Beladung der Fahrzeuge zu sorgen, wobei er - im Falle eines festgestellten gesetzwidrigen Zustandes eines für ihn zugelassenen Fahrzeuges – darzutun hat, weshalb ihn an diesem Zustand - an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift durch den Lenker - kein Verschulden trifft.

Dies bedeutet im Falle des § 103 Abs.1 KFG, dass der Zulassungsbesitzer darzulegen hat, welche (geeigneten [!]) Maßnahmen (zB Kontrollen oder Beauftragung anderer Personen zur Vornahme dieser Kontrollen) er gesetzt hat, um derartige Verstöße zu vermeiden (siehe VwGH 25.10.1989, 89/03/0180).

Nur ein derart wirksames Kontrollsystem befreit den Zulassungsbesitzer von seiner Verantwortung für die vorschriftswidrige Beladung seiner Kraftfahrzeuge (Hinweis auf VwGH 25.10.1989, 89/03/0180).

Dem Zulassungsbesitzer bzw. dem iSd § 9  Abs.2 VStG für ihn Verantwortlichen kommt somit iSd § 103 Abs.1 iVm § 134 KFG eine  verwaltungsstrafrechtlich sanktionierte Überwachungsfunktion zu.

Das bedeutet aber dennoch nicht, wie oben bereits dargelegt, dass im Ergebnis jeder Beladevorgang einzeln überprüft werden müsste. Sehr wohl ist aber für ein geeignetes Überwachungssystem hinsichtlich der Beladungspraxis von Lastkraftfahrzeugen zu sorgen und - da es sich bei einer Übertretung des § 103 Abs.1 KFG um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt handelt (s. VwGH 8.4.1987, 85/03/0112) - ein solches darzulegen (VwGH 13.11.1996, 96/03/0232).

Abgesehen davon, dass hier im Ergebnis  die Überbelastung des Sattelzugfahrzeuges (wohl kaum dessen Überladung) nicht wirklich gesichert gelten kann, kann hier auch nicht eine Fehl- oder Minderleistung bei der Beladung selbst nachgewiesen gelten, hat hier der Berufungswerber  durchaus auch noch ein taugliches Kontrollsystem glaubhaft zu machen vermocht.

Im Sinne einer verfassungskonformen Interpretation geht etwa der Verfassungsgerichtshof davon aus, dass der § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG nicht etwa bewirkt, dass ein Verdächtiger seine Unschuld nachzuweisen hat (VfSlg. 11195/1986). Vielmehr hat die Behörde die Verwirklichung des (objektiven) Tatbestandes durch den Beschuldigten nachzuweisen und bei Vorliegen von Anhaltspunkten, die an seinem Verschulden zweifeln lassen, auch die Verschuldensfrage von Amts wegen zu klären.

Das Gesetz befreit die Behörde in Anbetracht der regelmäßigen Sachlage nur insoweit von weiteren Nachforschungen über die subjektive Tatseite (insbesondere einen Irrtum über den Sachverhalt oder die allfällige Unmöglichkeit, das Verbot zu beachten), als das entgegen dem Anschein behauptete Fehlen des Verschuldens, hier in Form eines tauglichen Kontrollsystems, nicht glaubhaft ist. Diesbezüglich verkennt die Behörde erster Instanz die Rechtslage, wenn sie in der Begründung ihrer Entscheidung (wo im übrigen fälschlich von einer Fahrzeugüberladung und nicht bloß von einer [nicht erweislichen] verfehlten Ladungsverteilung am Auflieger ausgegangen wird) eine auf eine Erfolgshaftung hinauslaufende und damit im Ergebnis von einer von jeglichen empirischen Schuldbeweis losgelöste Strafrechtsdogmatik zur Anwendung gelangen würde.

Dies bedeutet, dass im Falle des § 103 Abs.1 KFG - wie ebenfalls oben schon ausgeführt - der Zulassungsbesitzer darzulegen hat, welche (am Maßstab der Zumutbarkeit und kritischen Vernunft zu messenden)  geeigneten [!]) Maßnahmen (zB Kontrollen oder Beauftragung anderer Personen zur Vornahme dieser Kontrollen) er gesetzt hat, um derartige Verstöße zu vermeiden (siehe VwGH 25.10.1989, 89/03/0180).

Ein derart wirksames Kontrollsystem konnte der Berufungswerber hier ebenso dartun, wie er auch glaubhaft machte, dass wohl hier selbst die Übertretung an sich nicht zwingend erwiesen gelten kann, was ihn letztlich jedenfalls von einem Schuldvorwurf für die, wenn überhaupt dann  nur im marginalen Umfang vorschriftswidrigen Lastverteilung am Sattelauflieger seitens des Fahrers, befreit (Hinweis auf VwGH 25.10.1989, 89/03/0180).

Eine solche, der Lebenserfahrung Rechnung tragende Regelung ist nicht von vornherein durch Art 6 Abs.2 EMRK ausgeschlossen. Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes wäre eine am bloßen negativen Erfolg orientierte Schuldpräsumtion, die quasi ein in der Realität nicht erfüllbares Kontrollsystem am Fehlverhalten eines Dritten orientiert wohl rechtswidrig. Ein solches Verständnis mag selbst den sehr abstrakt bleibenden inhaltlichen Aussagen der  "Kontrollsystemjudikatur" in Wahrung der Grundsätze des Art. 6 Abs.2 EMRK nicht zugedacht werden (vgl. EKMR 19116/91 vom 13. Oktober 1993, Newsletter 1993/6, S 19 f).

Vor diesem Hintergrund ist aus der Rechtsprechung des VwGH kein Schluss dahingehend zulässig, der einer Praxisanwendung verschlossen bliebe und im Ergebnis zur einer verschuldensunabhängigen Erfolgshaftung führte.

Mangels eines nachweisbaren Verschuldens des Berufungswerbers  war nach § 45 Abs.1 Z1 VStG mit der Aufhebung des Schuldspruches vorzugehen und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens zu verfügen (vgl. VwGH 12.3.1986, Zl. 84/03/0251; ZfVB 1991/3/1122).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

 

 

 

Beschlagwortung:

Keine Strafe ohne Schuld; Kontrollsystem

 

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