Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163215/5/Zo/Ps

Linz, 09.09.2008

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn D G, geb. , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J B, A, L, vom 5. Mai 2008, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 15. April 2008, Zl. VerkR96-20059-2007, wegen Übertretungen des KFG 1967 sowie des FSG zu Recht erkannt:

 

 

I.             Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.           Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 45 Abs.1 Z1 VStG;

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 14. März 2007 um 16.12 Uhr in Neuhofen an der Krems auf der Hainbergstraße ein Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen  gelenkt habe, welches als Motorfahrrad zum Verkehr zugelassen war. Mit diesem Kraftrad habe eine Geschwindigkeit von 90 km/h erreicht werden können, weshalb dieses nicht mehr als Motorfahrrad sondern als Kleinmotorrad gelte und daher nicht richtig zum Verkehr zugelassen sei. Weiters bestehe für das Kraftrad keine vorgeschriebene Haftpflichtversicherung, weil diese nur für ein Motorfahrrad bestehe. Der Berufungswerber sei nicht im Besitz einer Lenkberechtigung für die Klasse A, obwohl diese zum Lenken für dieses Kraftrad erforderlich gewesen wäre.

 

Der Berufungswerber habe dadurch Verwaltungsübertretungen nach § 36 lit.a sowie § 36 lit.d KFG 1967 und nach § 1 Abs.3 FSG begangen, weshalb über ihn Geldstrafen in Höhe von jeweils 50 Euro betreffend die Übertretungen des KFG 1967 sowie von 70 Euro wegen der Übertretung des FSG verhängt wurden. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 17 Euro verpflichtet und es wurden entsprechende Ersatzfreiheitsstrafen festgelegt.

 

Dieses Straferkenntnis begründet die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land im Wesentlichen damit, dass eine Messung der Bauartgeschwindigkeit des gegenständlichen Motorfahrrades mit dem Rollenprüfstand ergeben habe, dass mit diesem eine Geschwindigkeit von 90 km/h erreicht werden könne. Es handle sich daher nicht mehr um ein Motorfahrrad sondern um ein Kraftrad, weshalb der Berufungswerber die ihm vorgeworfenen Übertretungen zu verantworten habe.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung machte der Berufungswerber geltend, dass die Erstinstanz den Sachverhalt nicht richtig erhoben habe. Der Berufungswerber habe keine Geschwindigkeitsübertretung begangen, was die Erstinstanz nicht berücksichtigt habe. Dieser Umstand sei aber für die Frage der Vorwerfbarkeit des Verhaltens zu berücksichtigen gewesen ebenso wie die Tatsache, dass bei der Überprüfung des Motorfahrrades gegen das Verbot der Selbstbezichtigung verstoßen worden sei. Es sei das Verfahren bereits aus diesen Gründen einzustellen.

 

Weiters sei nicht festgestellt worden, seit wann der Berufungswerber im Besitz des gegenständlichen Motorfahrrades ist und es sei keineswegs erwiesen, ob ihm die höhere Bauartgeschwindigkeit bisher überhaupt aufgefallen sei.

 

Bei der Messung mit dem Rollenprüfstand würden weder der Luft- noch der Rollwiderstand des Motorfahrrades berücksichtigt und es müssten auch weitere Toleranzen in Abzug gebracht werden, weshalb die Ablesegeschwindigkeit nicht mit der Bauartgeschwindigkeit übereinstimme. Im Übrigen sei auch die Verkehrsfehlertoleranz des Messgerätes selbst zu berücksichtigen.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Linz-Land hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Einholung eines Gutachtens eines Sachverständigen für Verkehrstechnik. Bereits daraus ergibt sich, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, weshalb eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG nicht erforderlich war.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Der Berufungswerber lenkte am 14. März 2007 um 16.12 Uhr das Kraftrad mit dem Kennzeichen . Bei einer Verkehrskontrolle bzw. Messung der Bauartgeschwindigkeit mit dem Rollenprüfstand wurde eine Geschwindigkeit von 90 km/h erreicht. Das gegenständliche Fahrzeug war als Motorfahrrad zum Verkehr zugelassen, es handelte sich um ein Kraftrad der Marke Rieju RR mit der Handelsbezeichnung Spike 50.

 

Das Gutachten des Sachverständigen zur Messung der Bauartgeschwindigkeit mittels Rollenprüfstand ergab zusammengefasst, dass bei den Motorfahrrädern der Type Rieju die Motordrehzahl über die Drehzahl des Vorderrades geregelt wird. Der Motor regelt nur dann ab, wenn sich das Vorderrad des Mopeds mit entsprechend hoher Drehzahl dreht. Bei der Prüfung auf dem Rollenprüfstand dreht sich das Vorderrad aber gar nicht, weshalb der Grenzwert, ab welchem der Motor abregelt, nicht erreicht wird. Es kann daher eine wesentlich höhere Motordrehzahl erreicht werden als beim tatsächlichen Fahrbetrieb. Aufgrund dieser Art der Geschwindigkeitsbegrenzung ist der Rollenprüfstand nicht geeignet, um die tatsächliche Bauartgeschwindigkeit des gegenständlichen Motorfahrrades festzustellen.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 2 Abs.1 Z14 KFG 1967 ist ein Motorfahrrad ein Kraftrad (Z4) mit einer Bauartgeschwindigkeit von nicht mehr als 45 km/h, dessen Antriebsmotor, wenn er ein Hubkolbenmotor ist, einen Hubraum von nicht mehr als 50 cm³ hat (Kleinkraftrad im Sinne der Richtlinie 2002/24/EG).

 

Gemäß § 2 Abs.1 Z15 KFG 1967 ist ein Motorrad ein nicht unter Z14 fallendes einspuriges Kraftrad (Z4); dieser Bezeichnung entspricht die Bezeichnung "Kraftrad" im Sinne der Richtlinie 2002/24/EG.

 

Gemäß § 2 Abs.1 Z37a KFG 1967 ist die Bauartgeschwindigkeit die Geschwindigkeit, hinsichtlich der aufgrund der Bauart des Fahrzeuges dauernd gewährleistet ist, dass sie auf gerader, waagrechter Fahrbahn bei Windstille nicht überschritten werden kann.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

5.2. Aus dem Gutachten des Sachverständigen ergibt sich, dass der Rollenprüfstand nicht geeignet ist, die Bauartgeschwindigkeit des gegenständlichen Motorrades zu bestimmen. Dies deshalb, weil die Geschwindigkeitsbegrenzung bei dieser Type durch die Drehzahl des Vorderrades bestimmt wird und sich bei der Messung auf dem Rollenprüfstand das Vorderrad gar nicht dreht. Es ist damit nicht bewiesen, ob das gegenständliche Fahrzeug tatsächlich eine Bauartgeschwindigkeit von mehr als 45 km/h aufgewiesen hat. Anzuführen ist noch, dass nach dem Gutachten des Sachverständigen dieser Umstand erst seit kurzem bekannt ist und seither von der Polizei bei entsprechenden technischen Kontrollen auch berücksichtigt wird. Zum Zeitpunkt der gegenständlichen Messung mit dem Rollenprüfstand war dieser Umstand noch nicht bekannt.

 

Für das konkrete Verfahren bleibt festzuhalten, dass nicht bewiesen ist, welche Bauartgeschwindigkeit das gegenständliche Fahrzeug tatsächlich aufwies. Es kann daher auch nicht festgestellt werden, ob es sich um ein Motorfahrrad oder um ein Motorrad im Sinne der Bestimmungen des KFG 1967 gehandelt hat, weshalb die dem Berufungswerber vorgeworfenen Übertretungen nicht beweisbar sind. Es war daher seiner Berufung stattzugeben und das Verfahren einzustellen.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 


 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

 

Beschlagwortung:

Rollenprüfstand; Motorfahrrad der Marke Rieju;

 

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