Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222168/10/Kl/RSt

Linz, 10.09.2008

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn O T A, vertreten durch P selbständige B.m.b.H, G, 40 L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 22.10.2007, GZ 113962/2007 wegen Verwaltungsübertretungen nach der Gewerbeordnung 1994 nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 16. April 2008, zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

 

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

Zu II.: § 66 Abs. 1 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 22.10.2007, GZ 0113962/2007, wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von a) 500 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe 46 Stunden, b) 300 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe 28 Stunden, wegen jeweils einer Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs.1 Z1 iVm a) § 94 Z74 und b) § 339 GewO 1994 verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Fa. P selbständige B m.b.H. mit dem Sitz in 40 L, G und somit als nach § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten hat:

 

Auf Grund einer Anzeige des Magistrates der Stadt Wien, magistratisches Bezirksamt für den 4/5 Bezirk vom 10.09.2007 und auf Grund von eigenen Recherchen seitens der erkennenden Behörde im Internet unter der Webside – www. wurde festgestellt, dass von der Fa. P selbständige B m.b.H. folgende Tätigkeiten ausgeübt bzw. angeboten, werden:

 

Unternehmensberatung, gem. § 94 Z74 GewO

Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung und Informationstechnik, freies Gewerbe

Somit wurden zumindest vom 10.9.2007 bis dato von der Fa. P selbständige B m.b.H. auf eigene Rechnung und Gefahr in Ertragsabsicht die Gewerbe

a)    Unternehmensberatung, gem. § 94 Z74 GewO

b)    Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung und Informationstechnik, freies Gewerbe

ausgeübt, ohne im Besitz der dafür erforderlichen Gewerbeberechtigung zu sein.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und diese durch Vollmachtsbeibringung verbessert. Es wurde die ersatzlose Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass als selbständige B sämtliche Tätigkeiten gemäß § 32 GewO ausgeführt werden dürfen. Die Dienstleistungen an den Klienten werden in Form eines Kassasystems (zur Erleichterung der täglichen und monatlichen Erlösauswertung) durchgeführt. Zur Unternehmensberatung bestehe die Meinung, dass die Unternehmensberatung in Form der Buchhaltung ausgeführt werden dürfe. Im Übrigen werde auf das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz verwiesen.

 

3. Der Magistrat der Stadt Linz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme, insbesondere in die Anzeige und dem beigeschlossenen Ausdruck der Homepage unter der Adresse "www   ", sowie die vom Bw beigebrachte Bestellungsurkunde der Kammer der Wirtschaftstreuhänder über die Bestellung zum selbständigen Buchhalter vom 12. August 2005.

 

Weiters wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung für den 16. April 2008 anberaumt und an diesem Tage durchgeführt. Es wurde der Bw und die belangte Behörde geladen und haben diese an der Verhandlung teilgenommen.

 

Insbesondere führte der Bw in der mündlichen Verhandlung zum Vorhalt der Ausdrucke der Homepage aus, dass Statistik, Unternehmensberatung, für Gewerbeschein und Firmengründungen im Rahmen der Kassabuchführung und des Rechnungswesens erforderlich sei. Es werde eine Beratung für die Kassabuchführung und im Hinblick auf Gesellschafts- und Steuerrecht vorgenommen. Die Unternehmensberatung erfolge im Zusammenhang mit der Buchhaltung im Bereich Rechnungswesen und Insolvenzen, wie zum Beispiel Haftungsfragen, Fortführung des Unternehmens udgl. Die Beratung hinsichtlich Firmengründung erfolgt im Bereich der Buchhaltung, Kassaführung, Rechnungswesen, Haftungsfragen und Lohnverrechnung. Weiters verweist der Bw auf eine Gewerbeanmeldung für Unternehmensberatung, eingeschränkt auf Finanz- und Rechnungswesen mit 7.11.2007. Der Gewerbeschein sei seit 1.3.2008 ausgestellt. Die Homepageseite betreffend ADV- und IT-Dienstleistungen ist für Telefonshops und Telefoncenter bzw. Callcenter gedacht und umfasst auch Interneteinkauf mit Kassakarte und automatische Bonierung im Kassasystem. Es werden auch Homepages für die Kunden gestaltet und hinsichtlich Marketing ausgeführt. Die wöchentlichen und monatlichen Umsätze aus der Homepage werden erfasst und verarbeitet und im Rahmen der Unternehmensberatung gewertet. Das Unternehmen besitze einen EDV-Berater, welcher Beratung und die Installation durchführt. Die IT-Dienstleistungen sind pauschal in der Buchhaltung und Unternehmensberatung enthalten.

 

Im Grunde des Firmenbuchauszuges ist erwiesen, dass der Bw handelsrechtlicher Geschäftsführer der P selbständige B.m.b.H ist, wobei diese Gesellschaft vom 3.7.2003 bis 8.3.2006 als Gewerbeinhaberin des Gewerbes Buchhaltung am Standort Linz, G im Gewerberegister eingetragen ist. Als gewerberechtlicher Geschäftsführer war ebenfalls der Bw eingetragen.

 

Aus der Bestellungsurkunde der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom 12. August 2005 ist ersichtlich, dass der Bw als selbständiger Buchhalter öffentlich bestellt ist.

 

Aus dem Ausdruck der Homepage "www    " geht hervor, dass die P selbständige B.m.b.H folgende Leistungen anbietet: "Geprüfter Bilanzbuchhalter, Bilanzbuchhaltung-Lohnverrechnungen, Statistik, 1-Unternehmensberatung und Datenverarbeitung, 2-Gewerbeschein und Firmengründungen, Telekommunikation!" weiters sind Links zum "Team", zur "Adresse" und zur "Internetadresse suchen" vorgesehen. Darunter werden insbesondere Leistungen wie Registrierung einer neuen Homepage, Registrierung einer neuen E-Mail, Internet-Aktivierung und Programmierung, Telefonanlage und Aktivierung, Programmierung aller Waren – Einkauf und Verkauf, Wertkartenhandys, Einrichtung und Installation von Telefonanlagen und Callcenter, Telefonshops angeboten.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 (zum Tatzeitpunkt geltende Fassung) begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

 

Gemäß § 94 Z74 GewO zählt die Unternehmensberatung einschließlich der Unternehmensorganisation zu den reglementierten Gewerben. Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung und Informationstechnik können aufgrund der Gewerbeanmeldungen ausgeübt werden (freies Gewerbe gemäß §§ 5 und 339 GewO 1994).

 

Gemäß § 1 Abs.1 GewO gilt dieses Bundesgesetz, soweit nicht die §§ 2-4 anderes bestimmen, für alle gewerbsmäßig ausgeübten und nicht gesetzlich verbotenen Tätigkeiten. Gemäß § 1 Abs.2 GewO wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen.

 

Gemäß § 1 Abs.4 GewO gilt auch eine einmalige Handlung als regelmäßige Tätigkeit, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann oder wenn sie längere Zeit erfordert. Das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis an Personen oder bei Ausschreibungen wird der Ausübung des Gewerbes gleich gehalten.

 

Zweifelsfrei ist das Anbieten einer gewerblichen Tätigkeit auf einer Internethomepage ein Anbieten an einen größeren Preis von Personen gemäß § 1 Abs.4 GewO 1994 und daher der Ausübung des Gewerbes gleichzuhalten (vgl. Grabler-Stolzlechner-Wendl, Gewerbeordnung, Kommentar, 2. Auflage, Seite 24f). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist der Tatbestand des Anbietens einer gewerblichen Tätigkeit erfüllt, wenn einer an einen größeren Kreis von Personen gerichteten Ankündigung die Eignung zukommt, in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, dass eine unter dem Wortlaut der Ankündigung fallende gewerbliche Tätigkeit entfaltet wird. Dabei kommt es beim – der Ausübung des Gewerbes gleichzuhaltenden – Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit auf den zu prüfenden objektiven Wortlaut und nicht auf die Absicht des Anbietenden an. Es ist unbeachtlich, ob der Beschuldigte das Anbieten einer selbständigen gewerblichen Tätigkeit beabsichtigte oder nicht.

 

Es ist daher die Interneteinschaltung unter Verwendung des Firmenwortlautes und Anführung der Tätigkeiten Bilanzbuchhalter, Lohnverrechnung, Statistik, Unternehmensberatung, Gewerbeschein und Firmengründungen das Anbieten einer den Gegenstand des Gewerbes bildenden Tätigkeit gemäß § 1 Abs.4 GewO und somit der Ausübung des Gewerbes gleichzuhalten.

 

Allerdings muss eine "den Gegenstand des Gewerbes bildenden Tätigkeit" angeboten werden.

 

5.2. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

 

Es muss  daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 937 ff).

 

Diesen  Anforderungen  wird aus nachstehenden  Gründen  nicht entsprochen:

 

Um der Tatkonkretisierung gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu genügen, ist es daher erforderlich, jene Tätigkeit, die vorgeworfen wird und die den Gegenstand des angelasteten Gewerbes ausmacht, konkret zu umschreiben. Die Anführung des Gewerbes bzw. des Gesetzeswortlautes des Gewerbes allein genügt jedenfalls nicht.

 

Das angefochtene Straferkenntnis führt "Unternehmensberatung gemäß § 94 Z74" und "Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung und Informationstechnik, freies Gewerbe" sowohl als "folgende Tätigkeiten" als auch als "die Gewerbe" aus. Eine darüber hinausgehende konkretisierende, sich vom Gesetzeswortlaut der Gewerbe unterscheidende Umschreibung fehlt dem Straferkenntnis. Es fehlt daher dem Tatvorwurf eine die Tatbestandsmerkmale erfassende und erfüllende Tatumschreibung.

 

Weiters wird im angefochtenen Straferkenntnis zwar die Homepage "www.      .at" als Grundlage der Recherchen der Behörde angeführt, allerdings wird zur Tathandlung "angeboten" eine Tatkonkretisierung dieses Tatbestandsmerkmales gemäß § 1 Abs.4 GewO nicht vorgenommen. Gerade durch die Veröffentlichung einer Homepage und dadurch das Herantreten an einen größeren Personenkreis wird aber die Tat des "Anbietens einer gewerblichen Tätigkeit" begangen. Darüber hinaus wäre es auch zur Tatkonkretisierung der dem Gewerbe zuzuordnenden Tätigkeit erforderlich gewesen, jene Dienstleistungen, die in der Homepage aufgeführt sind, anzuführen.

 

Weder in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 11.9.2007 noch im Straferkenntnis ist eine entsprechende Tatkonkretisierung erfolgt, sodass gemäß § 31 VStG Verfolgungsverjährung eingetreten ist. Es war daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen.

 

6. Bei diesem Verfahrensergebnis entfallen gemäß § 66 Abs.1 VStG jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

Beschlagwortung:

Tatumschreibung, Tätigkeit des Anbieters, Tätigkeit, die das Gewerbe bildet, Gesetzeswortlaut nicht ausreichend

 

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